Ich werde dann mal alle bisherigen Kapitel updaten, schließlich ist da schon einiges zusammengekommen. *grins*
2.
„Und schmeckt Ihnen der Wein?“, kam ungewöhnlich sanft die Frage von Boerne.
„Joah, schon“, murmelte Thiel eher seine Antwort und bemerkte nur nebenbei, dass Boerne ihm doch recht nah gekommen war und nun nicht mal mehr ein halber Meter Abstand zwischen ihnen bestand. Es war mal wieder einer dieser Abende, wie sie in letzter Zeit gehäuft vorkamen, Boerne lud Thiel zu einem Wein, wahlweise auch Bier, oder Thiel Boerne zu einem selbstgekochten Abendessen ein. Sie verbrachten einfach viel mehr Zeit miteinander und Thiel genoss das sehr. Boerne machte wie üblich seine Witze und ironischen, fast beleidigenden Bemerkungen über die Ereignisse und Personen des Tages, aber war dabei stets unterhaltsam.
„Thiel?“
„Ehm, ja?“, schreckte der Angesprochene aus seinen Gedanken auf.
„Was?“
„Ich habe Sie gerade etwas gefragt, aber scheinbar sind Sie mit Ihren Gedanken nicht bei mir, was ich doch sehr bedauerlich finde. Geht es Ihnen nicht gut?“ Da war es wieder, dieses ganz spezielle Lächeln von Boerne. Thiel sah nur einen kurzen Augenblick auf und seufzte innerlich, denn seine Gedanken waren in letzter Zeit immer bei Boerne. Wie er redete. Wie er sich kleidete. Wie er lächelte, und stets hatte Thiel das Gefühl, dass Boernes Verhalten auch ein wenig darauf abzielte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein - wie so vieles.
„Nein, nein, es ist nichts. Ich bin nur etwas müde. In den letzten Tagen war wieder soviel los und …“ Doch wurde er in seinen Bemühungen, seine Gedanken mit irgendeiner Aussage zu überspielen, von Boerne unterbrochen.
„Ich allerdings habe des Öfteren den Eindruck, dass Ihre Gedanken auf Wanderschaft gehen. Woran denken Sie, Thiel?“ Dabei kam Boerne ihm stetig einige Zentimeter näher.
Thiel merkte, wie ihm heiß wurde und er sich nicht sicher war, ob er jetzt endlich mit der Sprache herausrücken oder sich der Situation entziehen sollte. Boerne lächelte ihn verführerisch an. Oh, wie er dieses Lächeln liebte. Es machte diesen Mann noch attraktiver.
„Ich, ich ...“ Aber weiter kam er nicht, denn da hatte Boerne ihm schon das Weinglas aus der Hand genommen und auf den Tisch neben sie gestellt. Jetzt, dachte Thiel. Jetzt ist es also soweit. Boerne war nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt und nur für einen Bruchteil einer Sekunde dachte Thiel, wie kitschig es doch war, hier in Boernes Wohnzimmer zu stehen, mit all den Kerzen und der ruhigen Klaviermusik im Hintergrund, die plötzlich zu einem schrillen Piepen mutierte ...
Aufgeschreckt durch das Klingeln seines Handys, versuchte Thiel das Geräusch zu orten.
„Ja?“, grummelte er verschlafen in den Hörer.
„Was? Wo?“ Hellwach und alarmiert saß Hauptkommissar Thiel sofort aufrecht in seinem Bett.
„Weiß Boerne schon Bescheid? Und die Klemm?“
„Ja, ich komme.“
Es war halb fünf Uhr morgens. Es waren kaum Autos auf den Straßen Münsters unterwegs, geschweige denn Fußgänger. Thiel hatte nicht, wie sonst immer, bei Boerne geklingelt, um dann mit ihm zum Tatort zu fahren. Er hatte versucht, seinen Vater zu erreichen, aber der ging verständlicherweise in dieser Herrgottsfrühe nicht ans Telefon. So musste er wohl oder übel das Rad nehmen. Als Thiel dann nach einer knappen halben Stunde Radfahrens durch den nasskalten Morgen am Tatort ankam und schon von Weitem das Blaulicht der Streifenwagen sah, wollte er nichts lieber, als wieder zurück in sein warmes Bett und erneut in einen Traum wie dem letzten versinken. Es kam nicht selten vor, dass er von Boerne und ihm, ihm und Boerne träumte und sich dann tagsüber immer wieder an diese Träume erinnerte, ja regelrecht in sie eintauchte. Aber zumindest dieser letzte Traum war doch mehr, denn er war gleichzeitig die Erinnerung an den letzten Abend mit Boerne.
„Moinsen!“, murmelte Thiel zur Begrüßung, als er zu Nadeshda, seiner Assistentin, trat und einen kurzen Blick auf die Leiche warf.
„Moinsen, Chef. Wir wissen noch nicht, wer sie ist, aber die Art der Platzierung der Leiche ist identisch mit der im Fall Schimmrock“, fing Nadeshda auch schon an ihrem Chef Bericht zu erstatten, immerhin wusste sie, dass er um diese Uhrzeit kein Freund großer Frage-Antwort-Spiele war.
„Mmh... sind die Verletzungen ebenfalls identisch?“
„Das ist schwer zu sagen. Ich denke, dass Prof. Boerne uns da weiterhelfen kann. Wo ist er eigentlich? Ich dachte, Sie würden mit ihm fahren“, wunderte sich Nadeshda und warf ihre Frage untermalend einen suchenden Blick hinter Thiel, der ihren neugierigen Unterton deutlich wahrnahm. Allerdings grummelte er nur ein „Weiß nicht wo der steckt“, und machte sich daran, den Tatort genauer unter Augenschein zu nehmen.
„Keine Panik, Fräulein Krusenstern, ich bin ja jetzt da!“ Und wie er da war, dachte Thiel. Boerne war mal wieder mit einem Affenzahn am Tatort angekommen und schien nun, völlig er selbst, den Auftritt zu genießen, den er vollführte. Schließlich wusste Boerne nur zu gut, dass alle auf seine Einschätzung gewartet hatten. Immerhin ist dieser Schimmrock-Fall nicht irgendeine Leiche, die gefunden worden war, sondern die Sensation im beschaulichen Münster. Staatsanwältin Klemm nervte Thiel deshalb mittlerweile täglich mit ihren Anrufen, um ihm immer wieder klarzumachen, wie wichtig dieser Fall doch war. Als ob er das nicht selber wüsste.
„Und, was sagen Sie?“, fragte Thiel und versuchte dabei, so unbeteiligt wie möglich zu klingen. Er war nervös. Boerne zu sehen und das nach diesem Traum, war einfach zu viel. Er konnte förmlich noch den Rotwein auf seiner Zunge schmecken und deutlich die Wärme der Kerzen spüren. Ja, dieser Abend würde ihm sicher nicht so schnell aus dem Gedächtnis gehen. Aber das wollte er auch nicht. Viel zu lange waren sie beide um einander herumgetänzelt und Andeutungen gemacht, und doch war nie etwas Eindeutiges passiert - bis zu jenem Abend.
„Guten Morgen, Herr Thiel! Von Höflichkeiten der allgemeineren Art halten Sie anscheinend immer noch nichts, was?“, stichelte Boerne und schaute ihn dabei mit einer Mischung aus Entschlossenheit und etwas, das Thiel nur als Trotz deuten konnte, an.
„Ja, ehm, guten Morgen!“, überwand er sich dann schließlich doch zu sagen, denn wem nützte es schon, wenn sie nicht einmal an einem Tatort normal miteinander umgehen konnten.
„Und, können Sie schon was sagen?“
„Also auf den ersten, aber wirklich nur den ersten Blick scheinen die Verletzungen identisch mit denen bei Schimmrock, aber ehrlich gesagt, will ich mir eine endgültige Aussage bis nach der Obduktion aufheben“, beantwortete Boerne Thiels Frage ohne Umschweife.
„Bis wann könnten Sie das schaffen?“
„Was drängeln Sie denn so, Thiel? Sitzt Ihnen etwa die Klemm im Nacken?“, aber ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr Boerne fort:
„Wenn Sie um zehn in mein Büro kommen, kann ich Ihnen sicher mehr sagen und jetzt entschuldigen Sie mich, ich muss ins Institut und alles für die Obduktion vorbereiten. Immerhin bin ich allein, Alberich hat ja noch das Vergnügen in Morpheus Armen zu liegen.“ Und diesen Worten ließ Boerne dann auch Taten folgen, gab die Leiche zum Abtransport frei und rauschte in seinem schicken Audi davon. Thiel blieb ein wenig unschlüssig zurück. Hatte er sich das eben nur eingebildet? Boerne hatte tatsächlich mehr oder weniger subtil darauf bestanden, dass er, Thiel, zu ihm in die Rechtsmedizin kommen sollte, um die Ergebnisse abzuholen. Die Wörter Sie und Ihnen in seinem letzten Satz waren eindeutig überbetont gewesen.
Vielleicht war nun der unvermeidliche Zeitpunkt gekommen, an dem sie beide sich allein begegnen würden. Aber noch hatte er eine Schonfrist von ein paar Stunden. Als würde er sich jegliche Nervosität und Anspannung abstreifen wollen, fuhr Thiel sich mit seinen Händen über das Gesicht und durch die Haare, bevor er wieder zu Nadeshda ging.
3.
Als Hauptkommissar Thiel den Gang zu den Obduktionsräumen und den Büros von Boerne und Frau Haller entlangging, wusste er noch nicht, was er sagen würde. Es war kurz nach zehn Uhr und er hatte sich während der letzten Stunde sehr zusammenreißen müssen, um nicht jeden, der ihn ansprach, anzumaulen oder vollzupflaumen. Er war gespannt, zum Zerreißen gespannt wie eine Gitarrensaite. Sollte es jetzt also soweit sein? Würden Boerne und er nun das scheinbar nicht zu vermeidende klärende Gespräch führen? Thiel wusste noch nicht einmal, ob er das überhaupt wollte - die Sache klären. Er wusste allerdings, dass er seit mehr als einer Woche Nacht um Nacht wach lag und diesen einen Abend durchging. All die Bilder des Abends tauchten immer wieder vor seinem geistigen Auge auf. Der Wein. Die Musik. Die Kerzen. Die Wärme und das schummrige Licht. Boerne, der ihn anlächelt. Boerne, der ihn ...
Sekundenbruchteile, bevor Thiel die Tür zur Rechtsmedizin öffnen konnte, tat es Frau Haller. Mit raschen Schritten trat Boernes Assistentin in den Gang.
„Herr Thiel, da sind Sie ja endlich.“ Ihre Stimme klang dabei nach einer Mischung aus Ärger und Verzweiflung.
„Moinsen. Wieso endlich, ich bin doch nur fünf Minuten zu spät oder so“, grummelte Thiel kleinlaut.
Nach einem kurzen Blick auf ihre Armbanduhr sah Silke Haller nun wieder zu Thiel.
„Ja, Sie haben recht. Ich dachte nur ...“, allerdings unterbrach sie sich selbst, so als würde sie nicht sagen wollen, was sie wirklich dachte.
„Naja, der Chef ist in seinem Büro und … wartet.“ Diese Aussage betonte sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck, den Thiel in diesem Moment nicht zu deuten wusste.
Mit einem „Danke, Frau Haller“ setzte er daraufhin seinen Weg fort, um Boerne nicht noch länger warten zu lassen. Irgendetwas war eigenartig, soviel stand fest. Boernes Assistentin war sonst nicht so merkwürdig, ja fast ruppig zu ihm. Vielleicht löste er, ihrer Ansicht nach, nicht schnell genug das Problem zwischen ihm und Boerne. Als jedoch die Tür hinter ihm ins Schloss fiel und ohrenbetäubende Musik ihm entgegenschlug, konnte Thiel sich jedoch sehr gut vorstellen, wieso Frau Haller wütend war. Boerne musste mörderische Laune haben, denn zumindest die Musikauswahl sprach regelrecht Bände.
„Boerne“, schrie Thiel gegen die Musik an auf der Suche nach dem Professor.
„Boerne!“
Boernes Büro war leer, aber immerhin konnte Thiel so wenigstens die Stereoanlage ausschalten, von der Boerne jetzt sicher sagen würde, dass sie ein hochentwickeltes technisches Präzisionsgerät sei und er keine Ahnung von der Bedienung hätte. So oder so ähnlich war zumindest seine Aussage Thiel gegenüber, als dieser den CD-Player in Boernes Wohnung das erste Mal bediente. Mit einem Schmunzeln drehte sich der Hauptkommissar dann wieder dem Rauminneren zu. Er verharrte jedoch in der Bewegung, als er Boerne in der Tür stehen sah. Der Professor lehnte ganz locker mit verschränkten Armen im Türrahmen und schaute ihn an, als wüsste er genau, worüber Thiel schmunzelte. Und da war es wieder, langsam stahl es sich auf den Mund, auf die Lippen des Professors - dieses Lächeln, so verschmitzt und ehrlich.
„Alberich holt grad Kaffee“, sagte Boerne und blieb einfach dort, wo er war.
„Ja, ich ehm … ich hab sie gesehen. Wir haben uns gesehen auf dem Gang“, stotterte Thiel auch schon los, denn diese Situation war eindeutig eine von denen, die in sämtliche Richtungen führen konnten, und er war sich nicht sicher, ob er derjenige sein wollte, der die Richtung angab. So als hätte Boerne jeden von Thiels Gedanken erahnt, löste er sich aus seiner Position und ging mit den Worten „Folgen Sie mir“ in Richtung Obduktionssaal.
Beide standen sich am Präparationstisch gegenüber und Boerne erklärte, fachmännisch wie immer, dass die zweite Leiche zwar weiblich, aber dennoch genauso zugerichtet war wie Schimmrock. Messerstiche im Bereich der Herzgegend und Fesselungsspuren an den Handgelenken, dazu Würgemale am Hals.
„Aber ich habe ein Haar sicherstellen können“, beendete Boerne soeben seine Ausführungen, um auf weitere Nachfragen Thiels zu warten.
„Haare? Was denn für Haare?“, fragte der Hauptkommissar verwirrt und sah Boerne fragend an.
„Keine Haare, sondern ein Haar. Mein lieber Thiel, Sie müssen mir schon genauer zuhören, aber das ist ja nichts Neues“, korrigierte Boerne ihn in einem freundlich ermahnenden Tonfall. Thiel wusste auch genau, worauf Boerne mit seiner letzten Bemerkung anspielte. Er ignorierte Boernes Aussage zwar, aber nur um dann mit schneller schlagendem Herzen fortzufahren, nach weiteren Details zu fragen.
„Okay, ein Haar und von wem?“
„Von Schimmrock.“
„Von ...“
„Ja, ich weiß. Schimmrock ist seit drei Tagen tot. Er kann also wohl kaum an einer nackten Leiche seine Haare hinterlassen. Aber es ist zweifelsfrei Schimmrocks Haar“, erläuterte Boerne, dem man anhörte, dass er sich selbst auch keinen Reim auf diesen Tatumstand machen konnte.
Nach einer Weile merkte Thiel, dass beide in ein grüblerisches Schweigen verfallen waren, und räusperte sich unbehaglich.
„Haben Sie noch mehr herausgefunden?“
Boerne, der offenbar etwas länger brauchte, um wieder zu sich zu finden, antwortete nach einigen Augenblicken, in denen er den Hauptkommissar prüfend ansah.
„Nein, aber vielleicht kann ich Ihnen ja heute Abend mehr dazu sagen.“
Thiel spürte deutlich den fragenden Blick Boernes auf sich ruhen, er wusste allerdings nicht recht, was er davon halten sollte. Wollte sich Boerne etwa mit ihm verabreden? Doch noch bevor er antworten konnte, kam Frau Haller mit zwei dampfenden Kaffeebechern in den Raum.
„Ich wusste nicht, wie Sie Ihren Kaffee trinken, Herr Thiel, deswegen habe ich ihn schwarz gelassen. Ich hoffe, das ist in Ordnung?“, richtete Frau Haller ihre Frage an den Hauptkommissar, während sie beiden einen der Becher gab.
„Ehm, ja, klar. Danke“, stotterte Thiel und wurde sich bewusst, dass Boernes Blick noch immer auf ihm ruhte und er beharrlich auf eine Antwort zu warten schien .
„Ach, übrigens soll ich ausrichten, dass Frau Staatsanwältin Klemm gleich dazustoßen wird. Ich sollte Sie beide schon einmal warnen“, grinste Silke Haller.
„Na das wird ja immer besser, bekommen wir jetzt jeden Tag Besuch von der Staatsanwaltschaft?“, nörgelte Boerne, dem es offenbar nicht gefiel, dass immer mehr Leute die Zweisamkeit zwischen ihm und Thiel zerstörten.
„Oh, ja, ich ehm werd dann mal lieber gehen, bevor sie mich hier noch beim Kaffeetrinken erwischt und ich mir wieder was anhören darf, weshalb ich keine Ergebnisse liefere“, verabschiedete sich Thiel gerade, gab den Kaffeebecher zurück an Frau Haller und ging Richtung Augang, als Staatsanwältin Klemm die Tür öffnete und hereinkam.
„Thiel, was musste ich hören?“, motzte sie auch gleich los.
„Wie, was denn?“
„Nichts! Und genau das ist es, was ich meine. Wieso werde ich nicht über den neuesten Leichenfund informiert und bekomme das sozusagen über den Buschfunk mit und nicht von Ihnen persönlich?“, wetterte sie los.
Thiel, der immer kleiner wurde, ob der gewaltigen Standpauke der Staatsanwältin, blieb nichts weiter übrig, als sich ihr Gezeter anzuhören. Bis plötzlich:
„Aber sehr geehrte Frau Staatsanwältin Klemm, jetzt tun Sie aber dem Herrn Hauptkommissar Unrecht. Immerhin wollte er sich gerade auf den Weg zu Ihnen machen“, mischte sich Boerne ein, der nun neben Thiel getreten war, und mit einem Seitenblick auf diesen fortfuhr.
„Schließlich wollte er nur meine Ergebnisse abwarten, um Ihnen einen lückenlosen Bericht geben zu können.“
„Ach … wenn das so ist“, entgegnete die Klemm, während sie abwechselnd einen prüfenden Blick auf Thiel und Boerne warf.
„Na dann erstatten Sie mir mal gleich Bericht. In meinem Büro“, fuhr sie nach einer kleinen Pause fort, und wandte sich zum Gehen.
Thiel, dem nichts weiter übriggeblieben war, als dem Schauspiel von Boerne und der Klemm staunend beizuwohnen, wollte der Klemm gerade auf den Fuß folgen, als er von Boerne am Handgelenk festgehalten wurde.
„Was ist mit heute Abend?“, flüsterte Boerne kaum hörbar sehr nahe an seinem Ohr.
„Hälst du das für eine gute Idee?“, wisperte Thiel zurück, den die körperliche Nähe Boernes verunsicherte.
„Thiel!“, kam es in einem scharfen Tonfall von Staatsanwältnin Klemm, die bereits vorangegangen war und nun anscheinend ungeduldig im Flur auf den Hauptkommissar wartete.
Boerne sah Thiel weiterhin fragend an.
„Bitte“, flüsterte Boerne und unterstrich damit seinen Blick.
„Okay, um acht bei dir?“, nuschelte Thiel.
„Ich koche“, erwiderte Boerne daraufhin lächelnd und verstärkte kurz den Druck um Thiels Handgelenk, bevor er ihn losließ.
Obwohl Thiel die Rechtsmedizin darufhin mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel verließ, war er sich doch nicht sicher, ob er sich auf den Abend freuen konnte. Boerne und er, allein in dessen Wohnung. Thiel wusste nicht, ob er eine Wiederholung des letzten Abends wollte und auch nicht, ob er mit Boerne endlich darüber reden sollte. Allerdings hatte er sich bisher auch nie allzu viele Gedanken darum gemacht, ob Boerne sehr unter der Situation litt, und das schien er zu tun. Vielleicht ist der Abend ja eine Chance, dachte Thiel. Vielleicht.