Erst nachdem
alycia1701 mich gestupst hat, fiel mir auf, dass ich den dritten Teil nie gepostet habe. Und dabei lag das File fertig im entsprechenden Ordner. Nach dem Motto "Lieber spät als nie". (;
Titel: C. Bergamia (3/3)
Autorin: Nicke
Pairing: Rodney McKay/Carson Beckett
Freigabe: M
Spoiler: "48 Stunden" (SG-1 05x14), "Duett" (SG-A 02x04)
Wortanzahl: ~3380 (dieser Teil)
Disclaimer, Fanart & der ganze Rest:
Kapitel-Index Zurück zu
Teil 1und
Teil 2 Mit großen Schritten und nach vorn geschobenem Kinn stürmte Rodney durch die Gänge zur Krankenstation. Irgendwie machte plötzlich alles Sinn, dachte er.
Der undefinierbare Geruch gestern in der Krankenstation und an Carsons Kittel, als er auf dem Krankenbett gelegen hatte. Es war nicht nur Schweiß oder Duschgel oder die Mischung der üblichen Gerüche der Krankenstation gewesen.
Earl Grey!
Irgendwo in der Krankenstation, am Bett eines Patienten oder an der Station, an der Chen und Miller ihr Experiment beaufsichtigt hatten, wenn nicht sogar an Carsons Schreibtisch im Nebenraum, musste ebenfalls eine Tasse dieses Tees gestanden haben.
Als er an Elizabeths Tasse geschnuppert hatte, war ihm plötzlich eingefallen, bei welcher Gelegenheit ihm dieses Aroma noch untergekommen war.
Nachdem ihn Cadman dazu gebracht hatte, Carson zu küssen, hatte er auf seinen Lippen einen leicht bitteren Geschmack wahrgenommen. Carson, der seinen Patienten immer empfahl, einen Tee zu trinken, statt ihnen ein Beruhigungsmittel zu verschreiben, war selbst auch ständig dabei, Tee zu trinken. Da Rodney selbst jedoch Kaffee bevorzugte, war es ihm erst aufgefallen, nachdem er in so kurzer Zeit zweimal mit dem gleichen Aroma konfrontiert wurde.
Rodney zögerte und verlangsamte seine Schritte, als er in den Gang zur Krankenstation einbog. Er holte tief Luft und trat auf die Türe zu, die sich vor ihm öffnete. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen; nur zwei Patienten und eine Krankenschwester waren anwesend, doch Carson war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich war er in seinem Labor, dachte Rodney und ging an den Krankenbetten vorbei hinüber zu dem kleineren Raum, in dem Carson sein Labor und Büro eingerichtet hatte.
Durch die großen Fenster in der Doppeltüre konnte er lediglich Carsons Schreibtisch, einige medizinische Gerätschaften und den kleinen Lagerraum ausmachen. Als er näher trat, sah er Carson, das Kinn auf die Hand gestützt, auf den Monitor seines Laptop starren. Rodney lächelte, als Carson die Stirn runzelte und vor sich hin murmelte, während er nebenher Notizen machte. Er trat einen weiteren Schritt auf die Türe zu, die vor ihm zur Seite glitt und nahm sofort den typischen Geruch von Earl Grey wahr, der ihm entgegen wehte.
Carson hob den Kopf und schenkte ihm ein Lächeln, das ihm wohlige Schauer durch den Körper jagte. "Rodney, kann ich dir helfen?"
Rodney erwiderte Carsons Lächeln und ging langsam auf ihn zu. Neben Carsons Notizen sah er auf dem Schreibtisch eine Tasse stehen, die noch halb voll war. "Ja, das kannst du in der Tat, Carson."
Er tätschelte Carsons Hand, die auf dem Schreibtisch neben dem Laptop lag und warf einen Blick über seine Schulter in Richtung des Lagerraumes, in dem irgendwelche Medikamente, Verbandssachen und kleinere Geräte untergebracht waren und sah dann zurück zur Eingangstüre, die sich wieder geschlossen hatte.
"Rodney?"
"Carson?"
"Was hast du vor?"
Rodney lehnte sich nah an den Arzt heran. "Komm mit, dann zeig ich es dir...", flüsterte er in Carsons Ohr.
Er spürte sein Herz schneller schlagen, als Carson, ohne einen Moment zu zögern, von seinem Stuhl sprang und ihn mit großen blau-grauen Augen erwartungsvoll ansah.
"Wo gehen wir hin? Ich sage nur schnell Bescheid, damit..." Carson deutete über Rodneys Schulter in Richtung des größeren Behandlungsraumes.
Rodney schüttelte den Kopf und deutete dann mit dem Kopf in Richtung des Lagerraumes. Er verschränkte die Arme vor der Brust und spielte mit dem Zeigefinger an seiner Lippe, während er aufmerksam Carsons Gesicht musterte, dessen Gedankengänge deutlich an seiner Miene abzulesen waren.
"Rodney?", hauchte Carson, als ihm dämmerte, was Rodney im Sinn hatte. Sein Blick wanderte von Rodneys Augen zu seinem Mund und zurück und Rodney schluckte, als er sah, wie sich Carsons Pupillen weiteten.
"Komm", drängte Rodney und schob Carson, ihn am Ellbogen fassend, in Richtung des Lagerraumes. Und wieder ging Carson ohne Zögern auf seinen Vorschlag ein und schritt voran. Ein Teil von Rodney war überrascht und zugleich erregt, dass Carson ihm soviel Vertrauen entgegenbrachte und seinen Vorschlag ohne Widerspruch hinnahm. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse und er verstärkte den Griff um Carson, um sich zu versichern, dass das alles wirklich passierte und er nicht träumte.
Doch Carsons Ellbogen lag warm und fest an seiner Hand und als er den Kopf hob, streifte sein Blick Carsons Hals. Er sah das Spiel der Nackenmuskeln unter der Haut und wie der dunkle Kragen von Carsons Pullover bei jedem Schritt über den Haaransatz rieb. Er hatte das Gefühl, noch die Wärme des Nackens an seiner Handfläche und die weichen Haare zwischen seinen Fingern spüren zu können.
Als sie den Lagerraum betraten, verlangsamte Carson seinen Schritt und Rodney löste seinen Griff um den Ellbogen des Arztes. Ohne sich umzudrehen, strich Carson mit der Hand über die Regale und die darin liegenden Gegenstände, so als machte er im Geiste eine Inventur.
"Sind auch nicht mehr viele da, da müsste ich wieder welche...", begann Carson und drehte sich langsam um. Sein Blick traf Rodney, der sich, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, in dem kleinen Raum umsah, und er verstummte.
Rodneys Blick wanderte von Carsons Augen, über den leichten Schatten auf seinen Wangen hinunter zu seinem Mund, als er sich nervös mit der Zunge über die Lippen fuhr. Er imitierte Carsons Bewegungen und strich mit der Fingerspitze über den Rand der Regalböden. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Carson in den Lagerraum zu locken und dann Angst vor der eigenen Courage zu bekommen.
"Ja, so wirklich voll sieht das Lager...", plapperte Rodney und stieß seinen Zeigefinger gegen einen unbeschrifteten Karton. "...nicht aus. Aber wenigstens kannst du nun auf Nachschub von der Erde..." Er drehte sich zu Carson, der ihn mit großen Augen ansah.
"Rodney, warum sind wir hier?", fragte Carson sanft.
Einen Moment erwog Rodney, "Ich bin Atheist, diese Frage kann ich dir nicht beantworten" oder etwas Ähnliches zu erwidern, doch er besann sich.
"Ich...", begann er und sah an Carson vorbei. "Ich wollte..."
"Was wolltest du, Rodney?"
Stirnrunzelnd trat Rodney auf Carson zu und legte ihm die Hand auf die linke Schulter. Als Carson den Kopf drehte und ihn mit großen Augen ansah, beschloss er, Taten sprechen zu lassen.
"Das", erklärte er, schloss die Augen und senkte den Kopf, um Carson zu küssen. Vorsichtig presste er seinen Mund auf den des anderen Mannes. Bartstoppeln rieben an seiner Oberlippe, kitzelten ihn, ein völlig ungewohntes, aber nicht unangenehmes Gefühl. Er spürte Carsons Hand in seinem Nacken und wie sich dessen Mund um seine Unterlippe schloss. Sanft saugte und knabberte der Arzt an seiner Lippe, ohne ihm die Chance zu geben, den Kuss zu vertiefen.
Die Lippen des anderen waren warm und schmeckten ein wenig bitter. Intensiver als der Hauch, der an seinem Mund gehaftet hatte - damals, als er Carson unfreiwillig geküsst hatte. Ein Geschmack, den er danach nicht hatte einordnen können. Earl Grey, kam ihm in den Sinn, als er seine Hand hoch in Carsons Nacken schob. Aromatisierter Schwarztee. Bevor er den Gedanken jedoch weiter verfolgen konnte, öffnete Carson den Mund und ließ seine Zunge zwischen Rodneys Lippen gleiten. Mit kleinen Bewegungen strich er über Rodneys Zähne und seinen Gaumen, während er mit den Fingerspitzen seinen Haaransatz massierte.
Rodney stöhnte in Carsons Mund und griff mit der freien Hand, Halt suchend, nach seiner rechter Schulter. Der Kuss am Vorabend, ein auf seine Lippen gehauchtes Versprechen,
hatte ihn die halbe Nacht wach gehalten. Er hatte sich unruhig und erregt auf dem Bett gewälzt und erst nachdem er sich - schon wegen seiner Verletzungen - gegen die kalte Dusche entschieden und mit der Hand Erleichterung verschafft hatte, war er endlich eingeschlafen. Und nun hielt ihn Carson an sich gepresst und küsste ihn auf eine Art und Weise, von der er der festen Überzeugung war, dass sie auf der Erde - zumindest in einigen Staaten und Ländern - illegal sein musste.
Abgesehen davon, dass es mehr als leichtsinnig war, ausgerechnet an diesem Ort - in einem kleinen Nebenraum der Krankenstation, in den jeden Moment jemand hereinplatzen konnte - mit Carson zu knutschen, war das so ziemlich das Heißeste, das er in den letzten drei Jahren erlebt hatte. Nicht dass er viele dieser Erlebnisse gehabt hatte, dachte er, genau genommen waren es...
Weiter kam er nicht, denn plötzlich wand Carsons den Arm um seine Taille und zog ihn gegen seinen kräftigen Körper. Bei aller Leidenschaft, mit der Carson ihn an sich drückte und berührte, merkte Rodney deutlich, dass der Arzt seine Verletzungen an Oberarm und am Schenkel nicht vergessen hatte. Rodney spürte die Erregung des anderen an seinem Oberschenkel und als Carson begann, sich mit langsamen, kreisenden Bewegung an seiner Hüfte zu reiben, griff er den Rhythmus auf und erwiderte die Geste. Wie von selbst wanderte sein Hand über den breiten Rücken seines Freundes langsam nach unten zu seiner Hüfte und spielte mit dem Saum des Pullovers.
"Carson, oh,...", stöhnte er gegen die Lippen seines Freundes und schob langsam seine Hand unter Carsons Pullover. Er wollte Haut spüren, warme, weiche Haut. Mehr als nur das Bisschen, das er im Moment erreichen konnte. "Ich..."
Carson stöhnte in seinen Mund und zerrte ungeduldig mit einer Hand an seiner Uniformjacke und seinem Shirt. "Ich auch, Rodney...", flüsterte er. "Ich auch..."
Rodney hatte keine Ahnung, was Carson meinte, er war sich nicht mal sicher, was er selbst gemeint hatte. Doch irgendwie spielte es auch keine Rolle. Es fühlte sich einfach viel zu gut an, Carson so anzufassen, ihn an sich gepresst zu halten, seine warme Haut unter seinen Fingern zu spüren und ihn zu küssen. An nichts weiter zu denken, als diesen Moment zu genießen, diesen Kuss...
"Zelenka an McKay!"
Reflexartig schlug Rodney die Augen auf, zog seine Hand unter Carsons Pullover hervor und versuchte, seine Lippen von Carsons zu lösen.
"Carson...", murmelte Rodney und legte seine Finger auf Carsons Lippen. "Zelenka hat mich angepiepst, ich..." Er lächelte, als der Arzt die Augen aufschlug und ihn anblinzelte. Er lehnte seine Stirn an Carsons und massierte sanft seinen Nacken, während er Zelenkas Funkspruch annahm.
"Was gibt's Zelenka?"
"Wir haben einen Durchbruch erzielt, Dr. McKay!"
"Sagen Sie bloß, Sie haben das Teil endlich zum Laufen gebracht?!" Rodney richtete sich auf und strahlte Carson an. "Ich bin sofort bei Ihnen, Zelenka, bringen Sie es ja nicht wieder zum Abstürzen!"
Mit einem Fingerdruck auf den Knopf in seinem Ohr beendete er den Funkkontakt. Er packte Carson an den Schultern, zog ihn an sich und küsste ihn stürmisch.
"Da erkläre ich dem Mann fast drei Wochen lang ununterbrochen die Grundlagen der Elektronik und der Antiker-Technik und kaum lasse ich ihn eine halbe Stunde alleine, löst dieses kleine tschechische Wiesel das Rätsel! Ha!" Er schüttelte den Kopf. "Wenn ich ihn nicht so gut kennen würde, könnte ich meinen, dass er mir den Erfolg streitig machen will!"
"Rodney!" Carson legte seine Hände auf Rodneys Wangen und sah ihn ernst an. "Du hast ihn fast rund um die Uhr bedrängt und belästigt!"
"Ich habe ihn lediglich seinen Möglichkeiten und Fertigkeiten entsprechend motiviert", verteidigte sich Rodney. "Und wie du siehst, mit Erfolg!"
Mit einem herausfordernden Lächeln zog Carson Rodney an sich und küsste ihn hart. "Komm heute Abend in mein Quartier und ich zeige dir eine ganz andere Art der Motivation!" Er presste seinen Unterleib gegen Rodneys, um sein Versprechen zu untermauern.
Keuchend musterte Rodney den Mann, den er jahrelang lediglich als Freund betrachtet hatte. "Solange du nicht erwartest, dass ich meine Mitarbeiter und Untergebenen auf die selbe Art und Weise motiviere..."
Besitzergreifend schob Carson seine Hände unter die Uniformjacke und ließ sie über Rodneys Brust nach unten zu seinen Hüften gleiten, um ihn dann an sich zu ziehen. Ernst sah er ihm ins Gesicht. "An deiner Stelle würde ich es nicht darauf ankommen lassen, Rodney, du solltest wissen, ich bin manchmal sehr..."
"Eifersüchtig?"
"Besitzergreifend wäre vielleicht treffender", erklärte Carson und küsste ihn erneut. Doch bevor Rodney den Kuss vertiefen konnte, schob ihn Carson sanft von sich.
"Radek wartet auf dich", stichelte er zwinkernd und strich mit dem Zeigefinger über Rodney feuchte Lippen. "Nicht dass er den ganzen Ruhm alleine einheimst."
"Das werde ich zu verhindern wissen", informierte ihn Rodney mit hochgezogenen Brauen. "Aber erwartest du ernsthaft, dass ich in meinem Zustand Zelenka unter die Augen trete?"
Carson lächelte ihn an und ließ seine rechte Hand langsam von Rodneys linker Hüfte über seinen Bauch, am Bund seiner Hose entlang, zu seiner rechten Hüfte gleiten. "Du meinst deine schweren Verletzungen von gestern? Soll ich dich krank schreiben?" Er nahm seine Hand von Rodneys Hüfte und berührte mit dem Handrücken leicht seinen rechten Oberarm.
Rodney starrte Carson einen Moment lang verwirrt an. Wollte ihn der Schotte etwa verladen? Die einzigen Symptome, die sein Körper momentan aufwies, waren die sexueller Erregung. Ein angenehmes Kribbeln am ganzen Körper, eine Art nervöser Unruhe. Die Wunden selbst spürte er fast schon nicht mehr, nur die Klebestreifen, die die Wundauflagen an ihrem Platz hielten, ziepten ein wenig auf der Haut und an den Haaren.
"Ich...", begann Rodney, doch plötzlich wurde ihm klar, was Carson gemeint hatte. "Oh!"
Carson trat einen Schritt zurück und lächelte ihn an. "Keine Krankschreibung?"
"Das wird nicht nötig sein", erklärte Rodney bestimmt.
"Zur Sicherheit werde ich heute Abend besser einen Hausbesuch machen."
"Versprechungen, Versprechungen..."
"Ich kann auch anordnen, dass du in der Krankenstation erscheinst und ich werde eine der Schwestern bitten, die Wundauflagen auszutauschen."
"Das würdest du nicht tun."
"Willst du es darauf ankommen lassen?"
Rodney konnte deutlich die Herausforderung hören, die in Carsons Stimme mitschwang und musterte sein Gesicht. Der Arzt lächelte ihn an und sah aus, als könne er kein Wässerchen trüben. In Rodney formte sich der leise Verdacht, dass Carson lange nicht so harmlos und unbedarft war, wie er auf den ersten Blick wirkte. Stille Wasser waren tief und Carson war sehr still. Hinzu kam, dass Carson Arzt war. Der Mann hatte Latexhandschuhe, Spritzen mit großen Nadeln und die verschiedensten Folterinstrumente, die er medizinische Geräte nannte. Das waren Geschütze, gegen die er mit seinem brillanten Geist alleine nicht ankommen konnte.
"Nein", gestand er schließlich.
Carsons Lächeln wurde breiter. Er machte eine Geste in Richtung der Türe und schob Rodney sacht zurück in den anderen Raum. "Kennst du 'Austin Powers 2'?"
"Möglich, dass ich ihn mal zufällig gesehen habe. Aber..."
"Prima, ich habe vor ein paar Tagen von Radek eine Kopie bekommen, die ich immer noch nicht angesehen habe. Ich bringe die DVD mit und du besorgst Popcorn. Ich werde so gegen zehn bei dir sein, okay?" Carson strich Rodney sanft über den Rücken und Rodney gab sich geschlagen.
"Okay." Offensichtlich hatte er Carson falsch eingeschätzt. Er hatte ihn zumindest unterschätzt. Er grinste, wenn nur jede seiner Fehleinschätzungen mit solchen Küssen belohnt würde!
"Bis um zehn", meinte er mit einem letzten Blick auf Carson, dann verließ er den kleinen Raum und machte sich auf den Weg ins Labor.
***
Radek schien seine Worte mit Bedacht zu wählen. "Ich mache mir ernsthaft Gedanken um seine mentale Gesundheit, Carson." Der Tscheche machte eine Pause und stocherte mit der Gabel auf seinem Teller herum.
"Er war knapp eine Stunde außerhalb des Labors. Allein das hat mich stutzig gemacht. Die letzten drei Wochen war er praktisch Tag und Nacht dort und kurz bevor wir den großen Durchbruch schaffen, verschwindet er, um sich einen Kaffee zu holen."
Carson lächelte ihm zu. "Ist das so ungewöhnlich?"
"Normalerweise befiehlt er einem der Techniker, ihm einen Kaffee zu holen."
"Ach, tatsächlich?"
Radek lehnte sich vor. "Er kann manchmal sehr eigen sein. Er ist ein wirklich genialer Wissenschaftler. Von sich selbst außerordentlich eingenommen, jedoch völlig unbegabt, was die Motivation seiner Mitarbeiter angeht und außerdem nahezu resistent gegen jegliche Art der Kritik." Er seufzte. "Aber ein genialer Wissenschaftler."
Ein paar Minuten aßen sie schweigend, dann griff Carson den Faden auf. "Und was war denn nun vorher so ungewöhnlich?"
"Als er zurückkam, hatte er eine Tasse Tee dabei. Er trug sie mit sich herum, als wäre sie der heilige Gral." Kopfschüttelnd sah Radek zu Carson. "Und weißt du, was er zu mir gesagt hat?"
"Nein, Radek", erwiderte Carson wahrheitsgemäß.
"Gute Arbeit, Radek." Der Mann legte seine Gabel auf den Rand des Tellers und sah Carson an. "Er hat mich noch nie gelobt..."
"Und das kommt dir merkwürdig vor?"
"Das ist ja noch lange nicht alles! Als er an seinen Laptop saß und einen Bericht tippte, brabbelte er ständig etwas von Earl Grey vor sich hin. Und dass "sie", wer auch immer, ihm gesagt hätte, er solle doch eine Limone lutschen... Dann murmelte er noch ein paar Mal die Buchstaben 'c' und 'b' und grinste dabei vor sich hin."
Er schüttelte den Kopf, murmelte etwas auf Tschechisch und griff wieder nach seiner Gabel.
"Ich weiß ja nicht, wie du das siehst, Carson, aber ich glaube, er mutet sich einfach zu viel zu. Aber erzähl ihm bloß nicht, dass ich dir davon erzählt habe, sonst wittert er eine Verschwörung!"
"Natürlich, Radek", versprach Carson. "Darauf kannst du dich verlassen. Ich werde ihn mir mal ordentlich vornehmen. Immerhin bin ich der Leiter der medizinischen Abteilung."
Radek sah von seinem Teller auf und direkt in Carsons Augen. "Wie hältst du das eigentlich aus, Carson?" Er sah, wie sich Carsons Wangen kaum merklich röteten.
"Was meinst du, Radek?"
Der Wissenschaftler lächelte ihn an. "Du bist der Einzige, dem es nichts auszumachen scheint, mit ihm Zeit zu verbringen. Ich habe dich noch nie schlecht über ihn reden hören, auch wenn er dir das Leben schwer gemacht hat."
Carson senkte den Blick und starrte auf seinen Teller, ohne Radeks Worte zu kommentieren.
"Allerdings scheinst Du auch der Einzige zu sein, bei dem er sich um ein halbwegs zivilisiertes Auftreten bemüht."
Ein paar Augenblicke saßen sie sich schweigend gegenüber.
"Radek", brach Carson schließlich das Schweigen und suchte den Blick des Physikers. "Ich..." Mit großen Augen sah er sein Gegenüber an und spürte, wie noch mehr Blut in seine Wangen stieg. "Ist es so offensichtlich?"
Radek lächelte ihn an, als er jede von Carsons Regungen auf dessen Gesicht lesen konnte und tätschelte seine Hand, die neben dem Teller lag. "Man müsste blind sein, um es nicht zu sehen, mein Freund." Er griff wieder nach seiner Gabel.
"Und wenn es dich beruhigt, Carson..." Er machte eine kleine Pause. "Verstanden habe ich es auch erst heute Mittag."
Als er Carsons fragenden Blick sah, führte er es aus: "Er hat immer Kaffee getrunken und plötzlich trinkt er den Tee, den du immer trinkst? Aromatisierten Schwarztee? Außerdem war es wenig subtil, deine Initialen zu murmeln. CB, Carson Beckett..."
*
Eine halbe Stunde später war Carson wieder auf dem Weg in die Krankenstation. Das Gespräch mit Radek ließ ihn nicht los. Dass Rodney so unvorsichtig und indiskret war und seine Initialen murmelte, konnte er nicht so recht glauben.
Die "sie", die Radek erwähnt hatte, war ohne Zweifel Sam Carter. Rodney hatte ihm von dem Zwischenfall im Stargate Center erzählt, bei dem er ihr eine Beleidigung an den Kopf geworfen hatte, die er sich jedoch zu wiederholen strikt weigerte, und die Carter veranlasst hatte, ihm im Gegenzug den weniger praktikablen Rat zu geben, doch eine Limone zu lutschen.
Unwillkürlich fasste er sich an den Mund, als er sich an die Küsse in dem kleinen Lagerraum erinnerte. Die Art und Weise, wie Rodney sich an ihn gedrängt, mit den Händen seinen Rücken gestreichelt und mit der Zunge seinen Mund erforscht hatte. Er konnte noch Rodneys kräftige Arme um seine Schultern spüren, die kräftige Brust, die sich an seine gepresst hatte. Rodneys Wärme und das leichte Zittern, das durch Rodneys Körper gelaufen war, als er seine Erregung an Rodneys Hüfte gepresst hatte.
Carson holte tief Luft und schloss für einen Moment die Augen. Es war vielleicht keine so gute Idee, ausgerechnet in diesem Moment an Rodney denken, und daran, wie gut es sich angefühlt hatte, ihn endlich anfassen und küssen zu können, wo er wieder auf dem Weg zur Krankenstation war. Vielleicht sollte er sich darauf besinnen, was Radek ihm erzählt hatte.
Radek hatte Recht, dachte er, er trank viel Tee, in den letzten Tagen hauptsächlich Schwarztee, weil es nicht immer Kaffee gab.
Aromatisierter Schwarztee, grübelte er. Earl Grey. Schwarztee, der parfümiert war mit...
Plötzlich musste er laut lachen. "Rodney, du bist ein Genie!", entfuhr es ihm, als er plötzlich verstand, was Rodney mit den Buchstaben gemeint hatte.
Nicht seine Initialen, Carson Beckett, hatte Rodney da vor sich hin gemurmelt! Sondern die Abkürzung des Aromas, mit dem Schwarztee parfümiert wurde - Citrus Bergamia! Bergamotte!
Zufrieden grinsend setzte Carson seinen Weg zur Krankenstation fort. Was es mit dem Rest des Rätsels auf sich hatte, würde er ganz sicher auch noch herausfinden!
fin