RG Veda

Jan 23, 2010 16:33

Obwohl ich seit "Card Captor Sakura" schon ein großer Clampfan bin, bin ich erst vor kurzem in den Besitz aller sieben Bände von "RG Veda", Clamps größerem Debütwerk, gekommen. Yasha und Ashura waren mir bis dato zwar durch Tsubasa Reservoir Chronicles ein Begriff und auch da schon eines der tragischsten Liebespaare, aber RG Veda, das ich gestern Nacht um 4 beendete, übetrifft die kurze Episode in TRC um Längen.

Die Story hat mit den titelgebenden indischen Veden wenig zu tun, außer dass einige mystische Geschöpfe als Vorbilder für die Charaktere dienten - so ist etwa Souma, die in der Veda einer Unsterblichkeit spendenden Pflanze gleichkommt, in der Clampversion die letzte Überlebende aus einem alten Geschlecht von Heilkundigen und Medizinern.
Die Handlung ist schnell erzählt: Yasha, ein Kriegsgott wird von Taishaku-ten, dem grausamen Despoten des Himmelreichs, befohlen, die Seherin Kuyoh zu töten. Deren letzte Prophezeiung sagt, dass das Kind des von Taishaku-ten getöteten Ashura - ein hoher General - erwachen wird und zusammen mit "sechs Sternen", den Untergang des Himmels heraufbeschwören wird. Yasha ist einer dieser sechs Sterne und macht sich auf die Suche nach dem Kind, das ebenfalls Ashura heißt, so dass sie gemeinsam mit anderen Weggefährten gegen Taishaku-ten antreten können, um dessen Schreckensherrschaft zu beenden. 
Klingt kompliziert und ist es auch, denn  vor allem durch die ellenlangen und für deutsche Ohren ungewohnten Ehrentitel wie "Kriegsgottgeneral, Shitenno des Westens" usw. verliert man schnell den Überblick, wer nun in welcher Hierarchie zu Taishaku-ten steht/stand. Auch dass die Könige einzelner Stämme denselben Namen wie diese tragen (Yasha stammt aus dem Geschlecht der Yasha und ist deren König usw.), erschwert das Verständnis und man hat manchmal Mühe herauszufinden, um wen es eigentlich geht. Aber da die meisten eh sterben wie die Fliegen, braucht man sich darum nicht ganz so viele Gedanken zu machen. xD
Zum Stil: Da der Manga zwischen 1989 und 1996 erschien, ist das Charakterdesign deutlich von dem damals vorherrschenden Zeichenstil beeinflusst. Zwar erkennt man bereits darin Clamps Handschrift - besonders, was die unnatürlich langen und feingliedrigen Frauenkörper und endlos langen Haare angeht - doch auch sie können sich nicht dagegen wehren, die Männer mit Brustkästen von der Größe eines Pottwalkopfes auszustatten oder die Haare der männlichen Protagonisten als ein wuscheliges Vokuhila-Mischding zu zeichen. Für jemanden, der sich rückwärts durch das Clamp'sche Opus liest, ist dies ein gewaltiger Stilwechsel, denn die spinnenartigen, langen Glieder eines Watanuki oder eines Shaolan wird man hier vergeblich suchen. Selbst bei der Serie "X", welche ja 1992 debütierte, sind die Proportionen nicht ganz so übertrieben und auch Kudo aus "Wish", der zwar auch die Ausmaße eines Wandschranks hat, entbehrt wenigstens die in RG Veda omnipräsenten Schulterpolster, so dass er gefahrlos durch eine Tür gehen kann, was bei Yasha, Taishaku-ten und Co. nicht immer gewährleistet ist. Jemand, der nach leichter Shojo-Kost sucht, wie sie die anderen Serien dieser Schaffensperiode präsentieren (von "20 Masken" bis "Wish"), wird hier also enttäuscht werden. Vor allem das Maß an Gewalt dürfte überraschen. Eine Schlacht folgt auf die nächste, ein episches Duell jagt das andere, Blut fließt in Strömen und selbst vor Kannibalismus wird nicht zurückgeschreckt. Rg Veda ist von der ersten bis zur letzten Seite ein Schlachtfest, ab und zu unterbrochen von tragischen Vergangenheiten, verzweifelt gehaltenen Schwüren und unerwiderter Liebe, quer durch alle Beziehungsnetze.
Was einen dennoch so für die Geschichte einnimmt, ist die charakterliche Tiefe jedes Einzelnen, wobei die Nebencharaktere fast noch mehr Mitleid fordern als Yasha und Ashura.
Karuda-oh, die blaue Königin vom Volk der Karuda (ich erwähnte es xD), ist dabei diejenige, die mich am wenigsten überzeugt, denn obwohl der tragische Tod ihrer Schwester durchaus ein Motiv für ihren unerbittlichen Rachefeldzug gegen Taishaku-ten darstellt, wirkt sie gerade dadurch ein wenig eindimensional. Abgesehen von ihrer Schwester scheint sie keinen Grund zu haben, weiterzuleben, was aber so nicht stimmt, denn sie hat enge Freunde, die sich um sie sorgen, denen sie jedoch keinen Zugang mehr zu ihren Gedanken gewährt, nachdem Karyobinga ermordert wird. Nichtsdestotrotz kann man sie gern haben. 
Souma und Kendappa-oh teilen ebenfalls eine seltsame Beziehung, wobei Kendappa-oh ein besonderer Plottwist zu Gute kommt, der ihren Charakter von sympathisch zu absolut teuflich herumdreht und dabei nichts an Glaubwürdigkeit einbüßt- fantastisch gemacht und hervorragend erzählt und gleich zwei Frauen, die ich gut finde. xDDD!!!
Der vierte im Bunde der sechs Sterne, Ryu-oh, ist ein typischer comic-relief Charakter und bleibt leider ein wenig auf der Strecke. Neben seiner Unlust, sein Volk zu regieren (ja, die Ryus xD), besteht für ihn kein Grund gegen Taishaku-ten ins Feld zu ziehen. Zwar wird genau dieser Fakt auch im Manga angesprochen, doch zu keiner befriedigenden Lösung gebracht. Schade!
Die beiden letzten und wichtigsten Charaktere, Yasha und Ashura sind ein Kapitel für sich. In den ersten drei der ingesamt sieben Bände ist Ashura unglaublich nervig, alle zwei Minuten bricht er in Tränen aus und jammert, weil seine Mutter ihn töten wollte. Das ist zugegebenermaßen sehr traumatisierend für ein Kind, vor allem weil so ziemlich alle Freunde, die er unterwegs macht, wegen ihm umgebracht werden, doch nach der sechzehnten Weintirade, die immer gleich endet  - nämlich mit Yasha, der Ashura tröstet und ihm sagt, dass er auf keinen Fall sterben wird -  möchte man Ashura nehmen und gegen eine Felswand werfen, begleitet vom Ruf "Get a grip, girl...boy...whatever!". Naja, kurz bevor ich beschloss, dass Ashura mein erster nicht-geliebter Hauptcharakter bei Clamp wird, hat er eine 180Grad-Kehrtwende vollzogen und wurde zu einer wirklich tragischen Gestalt, deren Schicksal leider keine allzulange und daher wenig befriedigende Auflösung erfährt. Yasha, der stoisch und durch alle Gefahren hinweg treu zu Ashura hält, verliert auch ein wenig an Glanz, aus dem einfachen Grund, weil er zu Ashura hält, ihm alles durchgehen lässt und selbst als Ashuras BÖSE Seite hervortritt, kaum Augen für seine Mitstreiter hat sondern einzig und allein für Ashura kämpft. Aber was solls, schön sind die beiden dennoch zusammen.

So, nachdem ich nun alle möglichen Charaktere abgegrast habe, komme ich zu dem, was ich eigentlich schon ganz am Anfang schreiben wollte: Taishaku-ten ist der Antagonist schlechthin in RG Veda, er hasst alles und jeden und bringt Tod und Verderben über das gesamte Reich. Da sich dieses Bild - bis auf einige, vage Andeutungen, die im blutigen Gemetzel beinah untergehen - kaum ändert, wird er schnell langweilig, doch dann, in Band 7 explodiert die Handlung. Hätte ich gestanden, wäre ich höchstwahrscheinlich umgefallen, als ich das las, doch so, konnte ich meinen Schädel vor größeren Schäden bewahren. Wie auch immer: In Band 7 erfährt man endlich den Grund für Taishaku-tens Kriegstreiberei und oh my fucking God, es ist großartig. Was mich am meisten überrascht hat, ist, dass Clamp es geschafft haben, diesen Grund trotz der Andeutungen, die mit Worten wie "abscheulich", "dämonisch" und was nicht noch alles gespickt sind, nicht banal enden zu lassen. Es ist zwar weder abscheulich noch dämonisch aber es ist  ein angemesser, total überraschender, schön und logisch erzählter und vor allem sehr... erwachsener Grund. Ich will ihn eigentlich nicht aufschreiben, weil ich Angst habe, dass er ohne die Bilder wirklich zu Banalität verkommt, aber... wer für seine unerwiderte Liebe den Himmel in Blut und Flammen ertränkt, kann eigentlich kein schlechter Kerl sein, oder? *stirbt* Ernshaft, auf drei, vier Seiten wird etwas zusammengefasst, das Yashas und Ashuras Bindung zur Nebensache macht und mein Fangirlgehirn auf die regenbogengesprenkelte Wolke 7 schickt. Auf drei, vier Seiten!!! Manche Bücher schaffen das nicht auf 1874! 
Uff. Ich habe fertig. Fazit: Rg Veda ist wirklich ein wunderschöner Manga, voll von beeindruckenden Zeichnungen, kleinen Ungereimtheiten in den Charakteren und einer absolut bedingungslosen Liebe, die das ganze Konzept von "alles für jemanden tun" vollkommen auf den Kopf stellt. Es lohnt sich.XD
Gut, dass ich dafür jetzt nicht Jahrhunderte gebraucht habe, denn so kann ich in den anderthalb Stunden bis zum Arbeitsbeginn noch wirklich viel konstruktives tun. HAHAHA, als ob. xDD

manga, review

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