Tag 234: April bisher...

Apr 16, 2011 01:44

Genau einen Monat ist mein letzter wirklich chinabezogener Eintrag her, wenn man von dem Stundenplan mal absieht, irgendwie verliere ich nach einiger Zeit wohl immer die Lust am Bloggen. Schon blöd...

Aber mir geht es prima und das Wetter ist auch wieder ganz toll geworden. Hier ein paar chronologisch sortierte, bebilderte und nur kurz abgerissene Eindrücke des vergangenen Monats im Schnelldurchlauf:

Es gibt eine neue Spielhalle in der 圆西路 (Yuánxīlù). Wir waren ein paar mal da, ist ganz lustig (und sehr billig). Aber ich bin ja nicht (mehr) so der große Spielefan, zumindest was Automaten- und Computerspiele angeht. Hier übrigens ein ganz anderes Bild aus selbiger Straße, wo die Polizei gerade einen Taschendieb dingfest macht. Übrigens kann man sich in China auf der Straße sehr sicher fühlen: es mag zwar einige Diebe geben, aber allgemein scheint es sehr unwahrscheinlich, bedroht oder angefallen zu werden, im Gegensatz zu den Metropolen dieser Welt. Die Polizeipräsenz ist auch relativ hoch hier, auch wenn viele Sicherheitskräfte nicht allzu fähig aussehen.


Ich bin Donnerstagabends jetzt wieder öfter bei der English Corner am Green Lake (翠湖, Cuìhú), dem ältesten Englischtreffpunkt Kunmings, der schon seit den 80er Jahren regelmäßig am Rande des Green-Lake-Parks stattfindet. Zum Teil kommen dort über 70 Leute (grob geschätzt) zusammen, größtenteils Chinesen, und sprechen Englisch zum Üben. Auch einige Ausländer sind dabei, teilweise aus den USA, aus Frankreich, Bangladesch usw... die werden dann immer schnell umringt von einer Horde interessierter Chinesen, die immer die gleichen Fragen stellen, aber es entstehen dann auch immer interessante Diskussionen und das ist für die jeweiligen Ausländer dann auch interessant. Außerdem ist's ein schneller Weg, chinesische Freunde zu finden. Es ist erstaunlich, dass die meisten Chinesen auf Deutsch immerhin "Guten Tag!" und "Ich heiße..." sagen können. Das Phänomen dürfte aber auf die sprachbegabten English-Corner-Partizipanten beschränkt sein. Gerade diese Woche traf ich einen interessanten Chinesen, der mich plötzlich auf langsamem, aber deutlichem und sehr korrektem Deutsch ansprach. Er hatte Deutsch in Köln studiert, es auch in China unterrichtet und er war Übersetzer im deutschen Konsulat. Wow. Er sagt selbst, er sei der einzigste Chinese in Kunming, der fließend Deutsch spricht. Ich habe auch einen anderen Deutschen dort getroffen: Rainer aus Nürnberg. Noch krasser fand ich aber, dass da immer mal kleine Kinder sind, die offenbar schon sehr früh mit Englisch begonnen haben und schon sehr gut sprechen können: z.B. die zwei kleinen Schwestern auf dem Foto hier rechts, die sprechen praktisch fließend, verstehen alles, machen nur wenige Fehler (aber lustige, z.B. *she's statt her) und haben mir dann beide ein etwa 5 Minuten langes Statut auswendig heruntergerasselt darüber, wie ein guter Mensch sein sollte (ich weiß aber nicht, was das genau war, aber es war unheimlich lang!). Da war ich baff.


Noch viel erstaunlicher ist aber, dass ich jetzt - oh ja! - an immer mehr sportlichen Aktivitäten teilnehme. Erst waren wir mit unserer einen Lehrerin im Schwimmbad (wenn das als "Sport" zählt), das war aber nicht so schön, weil recht kalt, obwohl Hallenbad. Dann habe ich immer mal draußen hinter/vor dem Wohnheim Badminton gespielt. Eine andere Lehrerin hat uns mit zum Tischtennis genommen, wir haben in der Nachbaruni Volleyball gespielt (gegen eine Gruppe chinesischer Gymnasiasten, hihi!), dann auch mehrmals Tennis (siehe Bild links!) und einmal sogar American Football. Das tollste war aber einst, als wir (Amila, Navdeep, Karolina, Dennis und ich) auf dem Sperrmüll ein altes Brett, einen Tennisball und einen kaputten Stuhl fanden. Also haben wir Cricket (sieht stark nach unbeholfenem Anfängerbaseball aus) gespielt - mit einem Fleischermesser hat Amila das Brett in Form gebracht, der Stuhl diente als "Wicket", der Ball als Ball (ach!), es war ein Heidenspaß, bis das Brett kaputtging. Jetzt versuchen Guy und Navdeep irgendwo ein echtes Cricketset aufzutreiben. An dieser Stelle übrigens noch einmal mein herzliches Beileid an Sri Lanka, das leider die Cricket-WM von Indien geschlagen wurde.


Vor zwei Wochen rief mich dann Herr Wang an, der Lehrer, der mich einst dazu überredet hatte, an der Businessschule der Yunnan Normal University (云南师范大学商学院, Yúnnán Shīfàn Dàxué Shāngxuéyuàn) diesen Vortrag über Deutschland zu halten. Er lud mich auf eine internationale Studentenparty ein. War erst am Überlegen, ob ich hingehen sollte, aus Faulheit, aber dann hieß es, es ist eigentlich keine Party, sondern nur ein Treffen von Thais und Chinesen, da hab ich sofort zugesagt. Es stellte sich bei meiner Ankunft in der Yunnan University (云南大学, Yúnnán Dàxué) aber raus, dass die ca. 15 Thais (fast) alle Schüler sind und zum Austausch für 3 Wochen hier in Kunming sind (bzw. waren), sie haben alle bereits ein bisschen Chinesisch gelernt. Anders als 100 % der hier studierenden Thais konnten die meisten aber etwas Englisch. Ich fand's toll und hab mit einigen von ihnen gesprochen, z.B. mit จอย "Joy" und พั้นช์ "Punch", letztere lernt auf dem Gymnasium sogar Deutsch. Und eine studiert Mikrobiologie in Bangkok. Cool, die Thais erstaunen mich immer wieder... bin hinterher sogar noch mit ihnen essen gegangen. An dem Tag hab ich also Deutsch, Englisch, Chinesisch und Thai geredet.


Einen Tag später war Guys Geburtstag. Erst waren wir in seinem Appartment, dann hat uns Guys Vater in ein Restaurant eingeladen, zusammen mit einigen chinesischen Bekannten. Das Essen war superlecker, der Kuchen (siehe rechts mit Guy dahinter) auch. Danach lud uns einer der Chinesen in einen Club ins Vergnügungsviertel von Kunming - 昆堵 (Kūndū) - ein. Ich habe mir chinesische Clubs irgendwie anders vorgestellt, also vor allem anders als europäische. Der Unterschied war aber marginal und die Musik gar nicht mal so schlecht, nur sehr laut. Es wurde erträglicher, als ich mir in der Apotheke nebenan Ohrenstöpsel gekauft hatte. Draußen trafen wir dann einige Thais und Laoten von unserer Uni. Kunming ist doch ein Dorf. ^^
Als ich draußen kurz mit Tik telefoniert hatte, sah ich plötzlich einen Mann auf dem Fußweg liegen, bewusstlos mit Blut am Kopf. Ich dachte, da muss man doch was tun, also sprach ich einen jungen Mann auf der Straße an und frug, ob er nicht die Polizei bzw. den Krankenwagen anrufen könne, weil ich mir das nicht so ganz zutraue. Er meinte, das wäre für ihn sehr unpraktisch, da er in dem Restaurant arbeitete, vor dem der (offenbar niedergeschlagene) Mann lag. Aha? Naja... später fand ich selbst ein paar Polizisten und habe ihnen gesagt, dass dort ein bewusstloser Verletzter liegt. Sie haben mir gedankt und nahmen sich der Sache an. Ich bin dann wieder zurück in den Club gegangen, zu den anderen. Als der Morgen graute, sind wir wieder zurück in Guys Wohnung gefahren, haben uns einige Flugzeugkatastrophenreportagen angesehen, thailändisches Eis-Kokos-Dessert gegessen und sind dann gegen 6:00 pünktlich zur Öffnung der Wohnheimstüren wieder in zurückgekommen.


Nur kurz zum 13. April: da feierte Thailand nämlich Neujahr bzw. สงกรานต์ (Songkran), das hier irgendwie viel aufregender und schöner war, als das eigentliche chinesische Neujahr, erst recht als das "westliche". Zum einen gab's ein großes Fest in der Normal University, mit Tanz und Theater und obendrein einem Schönheitswettbewerb, an dem Tiks Mitbewohnerin Mhuey teilgenommen (aber leider nicht gewonnen) hat. Leider habe ich die Fotos davon noch nicht hochgeladen, weshalb ihr euch mit dem Übungsvideo (sehenswert!) eines Geistertanzes zufriedengeben müsst. Zur spaßigsten Tradition des Songkran-Fests gehört allerdings, dass ganz Thailand mit Wasserballongs, -pistolen und -flaschen aufeinander losgeht und sich gegenseitig nassmacht. Daher heißt's auf Englisch auch oft Water Splashing Festival. Ich wurde an dem Tag auch von Tik nicht verschont, aber sie hat auch was(ser) abgekriegt. ^^
Ich will das mal in "echt" in Thailand erleben. Vielleicht irgendwann einmal... zur Abwechslung mal hier ein Foto von den Laotinnen beim Tanzen Üben. Die präsentieren ihre Vorführung etwas später, am 25. April.


Und dann - ja, der Eintrag nimmt kein Ende! - waren wir alle im Erholungspark 大观楼 (Dàguānlóu), sind dort Boot gefahren, Riesenrad sowie Achterbahn und Wikingerschiff. Leider war dort alles sehr teuer, selbst für europäische Verhältnisse. Wie können sich die Chinesen das leisten?! Wir trafen dort auch zwei chinesische Mädels (16 und 17, siehe Foto, zusammen mit mir, Guy und Dennis), die mit uns die ganzen Sachen gefahren sind und ganz nett waren. Am tollsten war aber die Aussicht vom Riesenrad oben. Die Fotos sind echt sehenswert (dieses hier und folgende)! Danach waren wir dort auch noch lecker essen, mjam!

Und jetzt noch was total geekiges: ich konnte der Versuchung nicht wiederstehen, mir die komplette DVD-Box meiner Lieblingsserie Star Trek: Deep Space Nine zu kaufen, 47 DVDs mit allen 7 Staffeln bzw. 176 Episoden für nur 180 Yuan (ca. 20 €). Ein echtes Schnäppchen. Habe bereits 15 Folgen intus.

Und nun noch eine letzte, aber wichtige Sache: ab Montag bin ich für 5 Tage in 武汉 (Wǔhàn), einer Stadt ca. 1300 km nordöstlich von Kunming. Den Flug habe ich schon gebucht; ich werde dort an einem Esperanto-Treffen teilnehmen, endlich Esperanto in China, whoo!
Ich werde ausführlich und eventuell zweisprachig davon berichten, wenn ich wieder da bin. Leider ist das Treffen kein Jugendtreffen und ich werde wohl so ungefähr mit Abstand der jüngste Teilnehmer dort sein... aber mal sehen. Endlich sehe ich mal eine andere Stadt als Kunming.

china, german

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