fühlen, schmecken, leben - kapitel 1, teil 1 [harry potter fanfiction]

May 25, 2011 22:50

TITEL: Fühlen. Schmecken. Leben.
FANDOM: Harry Potter
GENRE: Allgemein, Drama, Romanze
RATING: P-18 Slash (m/m & f/f)
HAUPTCHARAS: Seamus Finnigan, Anthony Goldstein, Dean Thomas, Lavender Brown, Daphne Greengrass, Parvati Patil, Hannah Abbott
SONSTIGE CHARAS: Astoria Greengrass, Millicent Bulstrode, Draco Malfoy (weitere, die mir gerade nicht einfallen wollen)
SUMMARY: Das Schuljahr 1996/97, Voldemort ist zurück, das Leben komplizierter, die Zeit kostbarer.
WARNUNGEN: Leichtes Lime, Sprache, Substanzenmissbrauch.
BEMERKUNGEN: Überdosis Skins (das UK Original, bääh für die US Version). In der Serie wird jede Folge einem der Hauptcharas gewidmet, pro Staffel gibt es jeweils auch eine Episode am Anfang und/oder Ende die alle gleich in den Fokus rückt; das mache ich in dieser Fanfiction auch so, die 'Folgen' nenne ich eben 'Kapitel', und die Kapitel sind aufgeteilt (ich schätze pro Kapitel 5 Parts).


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FÜHLEN, SCHMECKEN, LEBEN.

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Kapitel Eins.

Alle.

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Part Eins.

Friedhöfe und Karussells.

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»Hey, was ist denn los?« Daphne wälzte sich in ihrem breiten Himmelbett auf die Seite und strich Lavender sachte das goldblonde Haar aus dem Gesicht. »Du bist so still. Die ganzen letzten Tage schon. - Liegt es an mir?  Habe ich was Falsches getan?«

Lavender lächelte mit geschlossenen Augen. »Wieso zum Teufel sind wir eigentlich nur während der Ferien Freundinnen?«

Daphne antwortete nicht; die eigentliche Frage wäre gewesen, warum sie überhaupt noch zu irgendeiner Zeit Freundinnen waren. Seit ihrer Einschulung in Hogwarts begegneten sie einander die meiste Zeit des Jahres mit Feindseligkeit, und so eingebrannt die Häuserfeindschaften in den Köpfen der Schüler war, war diese noch nicht einmal richtig zum Schein vorgetäuscht. Daphne war eine Slytherin und ihre Loyalität galt den Schlangen. Lavender war eine Gryffindor und stand somit hinter Harry Potter auf der Seite des Wiederstands gegen Voldemorts Ideologie.

Keine Freundinnen.

Nur während der Ferien, wenn Daphne und Astoria die einzigen auf dem Anwesen der Greengrass waren und sich Lavenders beste Freundin ausser Landes im Urlaub befand.

»Weisst du, ich habe nachgedacht.« Lavender berührte Daphnes Hand und öffnete die Augen, deren strahlendes Blau Daphnes Sinne benebelten.

»Worüber?«

»Über uns. Über Hogwarts. Über Leben.«

»Okay.«

»›Okay‹? Das ist alles?« Lavender lachte und setzte sich dabei im Bett auf. »Ich bin zum Schluss gekommen, dass dieses ganze ›geheime Freundinnen in den Schulferien‹ Getue echt bescheuert ist. Eine Verschwendung von Leben. Es ist auch so schon verdammt kurz und voll mit Entbehrungen. Müssen wir wirklich auch noch freiwillig auf Dinge verzichten, die wir lieben und uns gut tun?«

»Lieben?«

Lavender schraubte die Wodkaflasche zwischen ihnen auf und trank einen grossen Schluck daraus, ehe sie sie an Daphne weiterreichte. Sie hatten diesen ganzen letzten Ferientag gemeinsam in Daphnes Bett verbracht, mit Flaschen teuren Elfenweins aus dem Vorrat der Greengrass’, billigem Wodka, den sie in einem Muggeldiscounter gekauft und auf den Dealer wartend im Freien getrunken hatten, Joints und jede mengen Brownies. Daphne fühlte sich leicht als wäre sie schwerelos und würde schweben, der Alkohol betäubte die Sehnsucht in ihrer Brust.

Sehnsucht nach Lavender, jetzt schon.

»Unsere Freundschaft bedeutet etwas, Daphs. Mir bedeutet sie etwas. Dir nicht?«

»Doch. Natürlich. Aber-«

»Es ist eine Verschwendung«, wiederholte Lavender. »Ich will nicht noch mehr Leben verschwenden.«

»Du verstehst das nicht. Für dich ist das einfacher. Die Gryffindors würden ein bisschen schmollen und sich dann darauf besinnen, dass wir im Grunde eh alle gleich sind - scheiss auf dein Blut, dein Haus. Aber meine Freunde. Für Pansy, Millicent und die anderen wäre ich eine verfickte Verräterin.«

Lavender sagte nur »überleg es dir - ich bin bereit«, dann steckte sie sich den nächsten Joint an und sang laut mit zur Musik, die aus dem Radio dröhnte. Bis Lavender ihr Zeug packte und mit dem Flohnetzwerk zurück nach Hause reiste, lachten und hüpften sie ausgelassen auf dem Bett, und Daphne ignorierte bei jeder zufälligen Berührung die Schauer und die Gier nach Mehr.

+

Die Kleine - Suzanne? Annie? Wie auch immer. - saugte mit den Lippen an seinem Hals und öffnete mit geschickten Fingern seine Hose. Seamus zerrte ihr Höschen beiseite, stimulierte ihren Kitzler. Sie war wahrscheinlich schon feucht gewesen, noch bevor sein Schwanz hart geworden war. Ein williges Muggelmädchen im Arm, Irlands in Rot getauchter Himmel über ihnen, X in seinem Kreislauf, die Whiskeyflasche noch nicht leer getrunken.

So hatten die Ferien auszusehen.

Wie-auch-immer umfasste seinen Schwanz, lachte ihm heiser ins Ohr. »Und wenn uns hier jemand erwischt?«

»Schert uns das was?«

Wie-auch-immer liess von ihm ab, lehnte sich mit hungrigem Blick auf die Ellbogen zurück und spreizte die angewinkelten Beine. »Du weiss doch sicher, wie man ein Mädchen glücklich macht?«

Seamus zog ihr das Höschen unter dem hochgeschobenen Rock aus, leckte sich an den Innenseiten ihrer Oberschenkel hoch. Ihre Schamlippen waren erhitzt, Wie-auch-immer krallte sich in seinem Haar fest dass es schmerzte, stöhnte in die Abenddämmerung hinein. Seamus bearbeitete sie mit der Zunge, bis sie sich unter ihm wand, sich ihm entgegendrücke und ihn keuchend einen »verfickten Bastard, scheisse verdammte« nannte.

Seamus grinste. Beim Orgasmus fluchende Muggelmädchen würde er in Hogwarts vermissen, genauso das viele Grün überall und seine Lieblingskneipe mit dem knarrenden Holzfussboden.

Aber dem ganzen Rest wollte er lieber heute als morgen wieder für Monate entfliehen.

+

Irritiert über das Mädchenkichern, stiess Dean die Tür zu seinem Zimmer auf und fand seine beiden älteren Halbschwester furchtbar amüsiert über seinem Schreibtisch gebeugt vor. Scheisse, er hatte seine Zeichnungen nicht weggeräumt.

»Verzieht euch!«, maulte er, woraufhin seine Schwestern erst recht lachten.

»Ist sie das?«, fragte Maureen und hielt sein Skizze von Ginny hoch. »Deine Freundin?«

»Viel zu hübsch für dich, Bruderherz.«

»Ja, wie hast du sie dazu gekriegt, sich mit dir abzugeben?«

»Hast gesagt, sie hätte ein tolles Profil und würde total deine Fantasie und künstlerische Ader anregen, was?«

»Uh, sei meine Muse.«

Dean riss Maureen die Zeichnung aus der Hand, sammelte die Blätter auf seinem Tisch rasch ein und brachte sie vor seinen albernen Schwestern in Sicherheit. Verdammtes Irrenhaus, in dem er hier lebte. »Ich hab euch schon tausendmal gesagt, ihr sollt nicht ständig ohne meine Erlaubnis in mein Zimmer! Habt ihr nichts Besseres zu tun?«

»Och.« Jennifer zog mit schräg gelegtem Kopf einen Schmollmund und klimperte wie eine Bekloppte mit den Wimpern. »In ein paar Stunden wirst du schon wieder verschwunden sein. Wir vermissen dich, Bruderherz.«

»Total. Wir haben uns danach gesehnt, deinen letzten Ferientag mit dir zu verbringen.«

Klar. Weswegen sie sein Zimmer stürmten, während er selber sich in der Küche aufhielt.

»Wie auch immer«, grummelte Dean nur, als er die Tür hinter den beiden ins Schloss warf und sich mit der Zeichnung von Ginny quer übers Bett legte. Hübsches Mädchen, sinnliche Lippen, duftendes Haar, zarte Haut.

Wie auch immer.

Dean nahm diese Dinge an Ginny wahr, die Lippen, das Haar, die Haut, die Blicke, die ihr folgten, grinste, wenn jemand sagte guter Fang, Mann, und vertuschte dabei, dass ihn nichts davon wirklich rührte. Er mochte Ginny - vielleicht war er sogar zum ersten Mal im Leben verliebt -, aber was ihn reizte, sein Innerstes berührte und aufwühlte, war der Ausdruck von Leben und Feuer und Freiheit in ihren Augen, die Energie in jeder ihrer Bewegungen. Eine menschgewordene Explosion an Gefühlen, die er wider besseren Wissens wieder und wieder verbissen auf Papier zu bannen versuchte, mit Kohle, Tinte, Ölfarben (Tränen, Schweiss und Blut, Dean schlief nur noch, um von gezeichnetem Leben in seinen Händen zu träumen, das ihn aus der Starre reissen könnte).

Wie auch immer.

+

»So eine gottverfluchte Scheisse!« Parvati stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Deckel ihres Koffers, drückte und presste, bekam den Verschluss aber trotz allem nicht zu. »Verdammt noch mal. Mum! MUM! Ich brauche einen dritten Koffer!«

»Jetzt halt endlich die Schnauze!« Padma warf ihr vom Flur aus einen finsteren Blick zu und drückte dabei die Sprechmuschel des Telefons an ihr Brustbein. Den ganzen Morgen schon telefonierte sie mit Anthony Goldstein und besprach irgendwelche öden Vertrauensschülerangelegenheiten - als ob sie nicht ohnehin in Kürze miteinander im Hogwarts Express sitzen würden. »Ich versuche hier ein Gespräch zu führen!«

»Buhu. Rate mal, das - interessiert - mich - nicht!«

Parvati klappte ihren Koffer wieder auf und legte ein halbes Dutzend neuerworbene Schuhpaare auf ihr Bett. Wusste sie doch, dass sie beim letzten Shoppinexzess noch Reisetaschen hätte kaufen sollen, jedes Jahr der selbe Mist.

»Egoistisches Miststück.«

»Lieb dich auch. Wo ist dein Gepäck?«

»Vergiss es. Deinen Kram kriegst du bei mir nicht unter.« Padma lauschte kurz am Hörer, ehe sie ihn wieder ans Brustbein drückte. »Alles klar, Anthony schwafelt noch immer von seinen angeblich so grandiosen Cunnilingus Fähigkeiten.«

Für einen Moment vergass Parvati tatsächlich ihr Schuhdilemma. »Mh, so weit ich weiss, gehört das Lecken von Muschis nicht zu den üblichen Tätigkeiten der Vertrauensschüler.«

»›Absprache der Kontrollgänge‹ ist in Gegenwart von Eltern ein Code für vorehelichen Sex.« Padma verdrehte ungeduldig die Augen.

»Hast du das etwa aus einem deiner ach so tollen Bücher?«

»Hör auf, die Leute entsprechend ihres Hauses in Schubladen zu stecken und gönn dir lieber selber mal ein wenig Spass, Schwester. Du verpasst noch dein halbes Leben. Sollen sich deine ganzen Jugenderinnerungen ums Schuhe einkaufen drehen?«

Natürlich nicht.

Hoffentlich nicht.

Oh Gott.

»Halt den Mund«, fauchte Parvati. »Ich habe Spass, jede Menge. Ich gebe bloss nicht überall damit an.«

»Sicher.«

»Habe ich wirklich!«, brüllte Parvati ihrer Schwester hinterher, als diese sich mit Anthony am anderen Ende der Telefonleitung wieder aus dem Staub gemacht hatte. Dieses Jahr würde sie Spass haben. Sich verlieben, Herzen brechen, betrunken unter dem Sternenhimmel tanzen.

Schuhe für jeden erdenklichen Anlass dabei zu haben, war immerhin ein Anfang.

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Anthony schmiss sein Handy achtlos über die Schulter (in Hogwarts würde es ohnehin nutzlos sein) und betrachtete im Spiegel über dem Waschbecken sein sorgfältig zur scheinbar unberührter Unordnung frisiertes Haar. Nichts Neues, aber solange es nur gut aussah… Seine Koffer waren gepackt, Bartholomew und Marla Goldstein hatten sich in aller Herrgottsfrühe während der fünf Minuten zwischen ihrer ersten Tasse Kaffee und der Arbeit von ihm verabschiedet, und der nicht ganz so legale Stoff war in präparierte Tüten gewickelt (es hatte sich herausgestellt, dass Hagrids stets sabbernder Köter in einem früheren Leben bei der Drogenfahndung tätig gewesen sein musste - glücklicherweise erklärte sich Hagrid Fangs Knurren und Gekläffe damit, dass Anthonys Koffer nicht dem gängigen Geschmack eines Hundes entsprach).

Zeit, das Leben zurück nach Hogwarts zu bringen.

Draussen wartete bereits das Taxi auf ihn und die Fahrt zum Bahnhof King’s Cross dauerte schlappe zwanzig Minuten; gerade genug Zeit, um unter den argwöhnischen Blicken des Fahrers die Lunchpakete für die Zugfahrt vorzubereiten. Selbstverständlich auch für seine engsten Freunde. Verlässliche Kundschaft, die nicht ständig etwas anschreiben lassen wollte und wusste, wann Weitersagen und wann Verschwiegenheit angebracht war. Irgendwann würde er damit genug Geld zusammengebracht haben, um der Welt der Hexen und Zauberer samt dem ganzen Scheiss, der sich darin abspielte, den Rücken zukehren zu können.

Ganz bestimmt.

Anthony klemmte sich einen der eben gedrehten Joints in den Mundwinkel, doch der Fahrer wies sofort auf das Rauchen verboten Schild am Armaturenbrett. Spielverderber. Am Ziel angekommen knauserte Anthony ohne schlechtes Gewissen beim Trinkgeld und wuchtete seinen Koffer selber auf einen Gepäckwagen. Die ersten nickten ihm zwischen diversen Ich stelle keinen Blödsinn an, versprochen, Mum und Klar werde ich mich um gute Noten bemühen, Dad verschwörerisch zu und Anthony klopfte als Zeichen dafür, dass er verstanden hatte, mit den Fingern auf seinen geschulterten Seemannssack. Gerade noch Stolz der Eltern, in ein paar Stunden bereits auf einem Trip.

»Na?« Padma Patil hatte sich ihm von hinten genähert und knuffte ihm in die Seite. »Keine feuchten Abschiedsküsse von Mummy und Daddy?«

»Hey, wenn das Ministerium ruft, hat man zu kuschen. Was ist mit deinen Eltern?«

»Mum dreht die Runde, Dad ist wahrscheinlich noch immer dabei, die tausend Koffer und Taschen meiner Schwester aus dem Auto zu wuchten.«

Schade, dass Parvati nicht ganz so aufgeschlossen war wie Padma - was gab es besseres als lüsterne Zwillinge? Auf einen Streich, verstand sich.

»Dann bis gleich. Und wage es nicht, ohne mich anzufangen, Goldstein.«

Anthony verstaute seinen Koffer und kramte im Abteil für Vertrauensschüler die verhasste Schuluniform aus dem Seemannssack raus. Ausser ihm befand sich bislang nur Hannah Abbott im Abteil, die unter grösstem Bemühen vorzugeben versuchte, dass sie unbedingt jedes Fitzelchen Konzentration und Aufmerksamkeit fürs Rumfingern an ihrem Abzeichen brauchte (nur ihr schlagartig rot gewordenes Gesicht verriet, dass sie sein Eintreffen registriert hatte). Möglicherweise fürchtete sie, allein durch Blickkontakt mit ihm auf die falsche Bahn zu geraten (betrunken, high, ungewollt schwanger, der Schule verwiesen, alles im Eimer), und weil Anthony zwar in vielerlei aber nicht jeder Hinsicht ein Arsch war, liess er Hannah weitgehendst in Ruhe, verführte sie weder zum Alkohol noch zu anderem, sorgte bei Gelegenheit, dass auch andere sie nicht drängten, und fragte sich dabei, wie sich leben angefühlt hätte, wäre er mehr wie sie und weniger wie er gewesen.

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»Ich würde ja sagen ›geil, zweitletztes Schuljahr, bald sind wir durch‹, aber mit nur noch einem Jahrgang über uns, ist die Auswahl in punkto Jungs total rar, und eigentlich kann man die meisten von denen eh total in die Tonne kloppen. Ich mein, Goyle, Miller, Simmens? Sehen aus wie Trolle, riechen wie Trolle und machen Grunzgeräusche wie Trolle. Abstossend. Und alles, das unter unserem Jahrgang ist, wird gar nicht erst in Betracht gezogen. Uw, das wäre total krank.«

»Mhm.«

»Danny Parker ist auf dem ersten Blick okay, aber der soll echt einen an der Waffel haben und ständig mit imaginären Leuten quatschen. Zabini und der verbliebene Dymont stünden auf meiner Rangliste unter den ersten fünf, wären sie nicht ausgerechnet Slytherins. Den Umstand können sie mit ihrem Aussehen dann doch nicht wettmachen. Harry ist immer noch zehn Zentimeter kleiner als ich, also kommt der natürlich auch nicht in Frage. Und bevor ich mich von Ron besabbeln lasse, bohre ich mir lieber den Zauberstab ins eine Ohr rein und ins andere wieder raus. Wenn wenigstens Hogsmeade nicht so ein totales Schnarchkaff wäre-«

»Okay. Jetzt hol erst mal Luft, sonst kippst du gleich um.« Lavender zog die Knie ein wenig hoch und streckte die Beine, bis ihre Füsse links und rechts von Parvati ihr gegenüber auf der Bank lagen. »Die ersten 90% an männlichen Wesen hast du schon mal für untauglich befunden und aussortiert, und ich wette, an den verbliebenen 10% wirst noch genug zu bemängeln haben. Bleibt dir wohl nichts anderes übrig, als dich umzuorientieren. Wie wär’s mit Cho Chang? Lange Beine, schmale Taille, superglänzendes Haar. Oder Rons Schwester, nur ein Jahr unter uns. Ganz ehrlich, Ginny läuft nie mit Essensresten zwischen den Zähnen durch die Gegend und waschen tut sie sich auch regelmässig. Wenn du eher an eine Blondine gedacht hast, würde ich es als erstes bei Hannah Abbott versuchen. Du weisst ja, was man sich sagt: Stille Wasser sind tief.«

Plus: Hannah war seit dem zweiten Schuljahr bis über beide Ohren in Parvati verschossen.

»Hör auf so einen Quatsch zu reden, sonst träume ich heute Nacht noch von den dreien.« Parvati erschauderte und sah anklagend aus der Wäsche. »Bei der blossen Vorstellung, mit einem Mädchen zu knutschen, wird mir schon ein wenig übel. Soll jeder wie er will, ist klar, ich misch mich da bestimmt nicht ein - aber du und ich? Ist die Auswahl im Moment eben ein wenig kleiner als gewünscht, lässt sich ja auch nichts daran ändern - aber deswegen fangen wir doch noch lange nicht an, auf Brüste abzufahren, nicht wahr?«

»Ja. Exakt. Du sagst es.« Lavender unterdrückte den Impuls, Parvati laut ins Gesicht zu lachen. Irgendwo zwischen ihrer ersten Schulwoche in Hogwarts und dem heutigen Tag hatten sie aufgehört, unzertrennlich zu sein. Lavender starrte auf Parvatis Lippen, die unaufhörlich neue Worte formten, und versuchte zu zählen, wie viele oberflächliche Gespräche dieser Art sie miteinander geführt hatten, und wie sehr Lavender sie genossen, sie geliebt hatte. Wenn sie jetzt daran zurückdachte, begegnete sie ihrem ehemaligen Empfinden mit Verständnislosigkeit, und weil sie nicht begriff, wie anders sie bis vor einer Woche noch gewesen zu sein schien, kam sie sich einsam und verlassen vor.

Und als sie heute aufgewacht war, war ihre Angst im Vergleich zu gestern wieder ein Stück gewachsen, und verglichen mit ihrer Angst vor sechs Tagen nahezu explodiert. Sie war sich absolut sicher, dass sie-

Dass sie-

Und sie wusste, so wie es jetzt war, so wie sie jetzt war, würde sie unglaubliche Reue empfinden, wenn es dann passierte. Sie wollte nicht noch mehr von ihrem Leben verschwenden.

»Parvati?«

»Huh?« Parvati, die man nicht einfach mal so mitten in einem Satz unterbrechen durfte, wirkte leicht verärgert. »Ja, was denn?«

Hast du das Gefühl, wirklich zu leben? Könntest du beschreiben, was Leben ist? Würdest du mir den Rücken stärken, wenn ich zu finden versuchen würde, was Leben für mich bedeutet?

Scheisse, ihr kamen die Tränen.

»Wollte nur fragen, ob du ein Taschentuch hast«, sagte sie rasch. »Mir ist da was frontal ins Auge geflogen.«

+

Ebony Thomas warf ihm über die Schulter ihres Sohnes einen tadelnden Blick zu, doch Seamus zuckte nur mit den Schultern und nahm einen weiteren Zug von seiner Muggel Zigarette. Der Bahnsteig von Gleis 9 ¾ war überfüllt, das rege Schnattern und Schluchzen um ihn herum trat seinen Kater hemmungslos mit Füssen. Seine Mum und ihren Ersatz für den geflüchteten Mann hatte er bereits zu Hause abgeschüttelt, und sein Dad hatte am Telefon mit kratziger Stimme eine weitere Entschuldigung genuschelt.

»Scheisse, tut mir leid, Grosser, hatte echt viel zu tun. Aber bei deinen nächsten Ferien komme ich bestimmt für ein, zwei Tage vorbei.«

Seamus hatte mit nichts anderem gerechnet, aber sich darüber Gedanken machen, ging dennoch nicht ohne Drink. Und ein paar Drinks mehr.

»Komm schon her, weg mit dem Glimmstängel.« Ebony hatte Dean aus der peinlich innigen Umarmung entlassen und kam nun auf ihn zu. »Du steigst erst in diesen Zug, wenn ich dich gedrückt habe.«

Dean seufzte genervt, aber da hatte Seamus die Mutter seines besten Freundes bereits in die Arme geschlossen (wenigstens diese Mutter war noch eine Mutter, und Alkohol, Drogen und Sex hin oder her, Seamus war noch nicht erwachsen genug, um schon ganz ohne auszukommen).

»Baut keinen Mist, Jungs. Vor allem nicht jetzt, wo dieser böse Mann-«

»Lass gut sein, Mum. Wir stellen schon nichts an.«

Auf der Abschussliste standen sie so oder so, Dean besonders und Seamus abhängig davon, wie »rein« der Unnennbare es denn gern hätte. Ein Grund mehr, das Gerede von Gesundheit in den Wind zu schiessen und das Leben mit massenweise Feuerwhiskey und Zigaretten auszukosten, so lange es noch ging. Das Morgen hatte auch schon beachtlich rosiger ausgesehen.

»Hast du es ihr erzählt?«, fragte Seamus, als sie sich schliesslich von Ebony lösten.

»Dass dieser ›böse Mann‹ das Niedermetzeln von Muggeln wie sie, Maureen, Jennifer und Muggelstämmigen wie mich als fröhlichen Freizeitspass versteht?« Dean schnaubte. »Klar, als ob sie mich da noch aus dem Haus gelassen hätte.«

»Was glaubt sie dann, was in der magischen Welt läuft?«

»Äh, dass Du-weisst-schon-wer dem Niedermetzeln von allen Menschen nachgeht, unabhängig von der Abstammung, und ich deswegen nicht mehr in Gefahr bin als alle anderen auch.«

»Du hättest das ›Niedermetzeln‹ gleich ganz auslassen sollen, dann könnte sie nachts noch schlafen. Sie sieht total erschöpft aus.«

»Auf diese Weise ist sie aufmerksamer und vorsichtiger. Angst ist angebracht.« Dean blieb stehen und sah durch die Glasscheibe einer Abteiltür. »Setzen wir uns zu Parvati und Lavender?«

»Zergehst du denn nicht aus lauter Sehnsucht zu Ginny?«, merkte Seamus an, aber Dean schob statt einer Antwort die Abteiltür auf und kletterte über Lavenders hochgelegte Beine. Auch gut. Sich die Ketten einer Beziehung anzulegen, konnte man auch noch, wenn der Unnennbare Geschichte war. Falls es je so weit kommen würde. Seamus setzte sich neben Parvati und legte ihr mit einem anzüglichen Grinsen einen Arm um die Schultern; anders als sonst zog sie zwar die Nase kraus, schlug seinen Arm aber nicht weg.

»Gratuliere, Seamus, aktuell gehörst du noch zu den 10%, die Parvati noch nicht aussortiert hat.« Kichernd zog Lavender die Knie an und stemmte die Fersen auf die äusserste Kante der Sitzbank. »Verbock es nicht, diese Dame verteilt keine zweiten Chancen.«

Seamus interpretierte die Worte als ein »Geh ran!« und rückte bereitwillig näher an Parvati. Mit ein wenig Glück hatte vielleicht auch sie der Situation wegen endlich beschlossen, das Leben zu geniessen - wenn, war das definitiv das Sahnehäubchen auf dem geplanten Schuljahr voller Exzesse.

»Wenn du noch näher rückst, sitzt du auf meinem Schoss.«

»War das eine Aufforderung?«

»Er vermasselt es«, nuschelte Dean.

»In Rekordzeit«, stimmte Lavender ihm zu. »Trottel.«

Schliesslich schüttelte Parvati seinen Arm doch noch ab und schaffte wieder Raum zwischen ihren Körpern. »Hier gibt es nichts zu vermasseln«, sagte sie. »Bloss verstehe ich was anderes unter Spass, als ein Riesenbaby auf dem Schoss zu wiegen. Also?«

Seamus tauschte Blicke mit den anderen, die ebenso ahnungslose Gesichter machten wie er. »Also was?«

»Na, Spass. Seid ihr dabei, oder was?« Parvati wickelte ihr langes Haar geschickt zu einem Knoten und sah dabei erwartungsvoll in die Runde. »Kommt schon, Leute, die Bücherwürmer in Ravenclaw laufen angeblich die halbe Zeit nackt rum und haben bescheuerte Geheimcodes, und was die können, können wir schon lange und vor allem besser.«

Lavender unterdrückte sichtlich ein Lachen, und Dean erkundigte sich vorsichtig: »Was schwebt dir denn vor?«

»Ähm… Das Übliche?« Parvati zuckte genervt mit den Schultern. »Was man eben so macht. Keine Ahnung. Seamus? Du bist doch der Experte.«

»Okay, dann fangen wir mit einem Abstecher bei Goldstein an. Dann kann ich auch gleich nachfragen, ob das mit den nackten Ravenclaws stimmt und wenn ja, wie das mit dem Wechseln des Hauses funktioniert. Wartet im letzten Wagon auf mich.«

»Ich komme gleich mit.« Lavender sprang auf die Füsse und zog Seamus an der Hand hoch. »Als du das letzte mal allein zu Anthony gegangen bist, haben wir dich danach mit blau gefärbten Haaren ausgeknockt am Seeufer gefunden.«

So etwas passierte selbst den Besten mal. Wahrscheinlich.

+

»Denkst du, es ist wegen der Sache mit seinem Vater?«

Daphne, die bis dahin wie paralysiert ihr Spiegelbild angestarrt hatte, ohne sich dabei wirklich zu sehen, schreckte hoch und wandte sich in der winzig bemessenen Toilette um. Pansy hatte sie ohne Erklärung hier reingeschupst und für die Dauer einer Kippe geschwiegen. Jetzt zündete sie sich die zweite an und reichte auch Daphne eine.

»Von wem sprichst du?«

»Von Draco natürlich«, erwiderte Pansy. »Er verhält sich zwar eigentlich wie immer, aber er wirkt so…angespannt und bedrückt. Ich glaube, ihm geht’s beschissen, will es aber nicht zeigen. Nicht mal mir.«

»Ja, liegt vermutlich an Lucius«, stimmte Daphne ihr zu und versuchte sich daran zu erinnern, warum er ein Grund für Draco war, bedrückt zu sein.

»Ob ich ihn direkt darauf ansprechen soll?«

Als ob Pansy mehr von Draco erfahren hätte, als Gregory, Vincent oder Blaise. Eigentlich war es traurig mit anzusehen, wie Pansy mit Welpenblick an Dracos Fersen klebte, alles für ihn getan, alles für ihn gegeben hätte und sich selber weismachte, er würdigte ihr Bemühen. Aber in diesem Punkt liess Pansy nun mal nicht mit sich reden, Millicent, Daphne und selbst Theodor hatten es versucht.

»Warte lieber noch ein wenig ab«, riet Daphne. »Vielleicht rückt er selber mit der Sprache raus, und wenn er in ein paar Wochen noch immer so drauf ist, versuch es.«

Von draussen klopfte jemand ungeduldig gegen die Tür, Pansy verdrehte die Augen und warf ihre halb aufgerauchte Zigarette durch die Toilettenschüssel auf die Gleise. »Wir werden sehen. Ich komme später wahrscheinlich noch in eurem Abteil vorbei.«

Daphne schob die Tür auf und machte sofort wieder einen Schritt zurück. Neben der ungeduldigen 3.klässlerin mit zusammengekniffenen Beinen stand Lavender; sie sah in eine andere Richtung und bemerkte Daphne nicht, bis Pansy ihr ungeduldig einen Schubs gab und sie geradewegs in sie reinstolperte.

»Oh. Hey - Greengrass?«

Oder darf ich jetzt doch Daphne sagen?

Auf keinen Fall.

»Brown.«

»Meine Güte, rede doch nicht mit der.« Pansy packte Daphnes Ellbogen und schob sie unnachgiebig an Lavender vorbei. »Es gibt keinen Preis dafür, freundlich zu den Idioten zu sein.«

»Ich war nicht freundlich. Und so schlimm ist sie gar nicht.«

»Ach?«

Verdammt.

»Reinblütig«, erklärte Daphne.

»Als ob das alles entschuldigt. Sie war letztes Jahr in diesem heimlichen Club. Dumbledores Armee.«

»Ich mein ja nur, das sie nicht das grösste aller Übel ist«, druckste Daphne herum. »Im Vergleich mit Granger beispielsweise.«

Und sie lacht mit offenen Augen, steckt sich beim Essen die Tischdecke als Lätzchen in den Kragen, formt den Zigarettenqualm mit dem Mund zu Ringen, malt Gänseblümchen auf die Fingernägel.

Daphne schüttelte heftig den Kopf, verbat sich die Gedanken an Lavender und ihre gestrigen Worte. Es ging einfach nicht, jetzt weniger denn je. Der Dunkle Lord war zurück, die Familie Greengrass ihm in der zweiten Generation treu ergeben und wer sich gegen ihn stellte, stellte sich auch gegen sie.

Lavender durfte für sie nicht mehr sein, als ein Traum zum Füllen leerer Löcher.

+

»Ich weiss nicht.« Parvati trat mit deutlichem Unbehagen von einem Fuss auf den anderen. »Ist es da draussen nicht gefährlich? Passen wir da überhaupt alle drauf? Was, wenn jemand runterfällt? Und was ist mit dem Fahrtwind?«

»Passiert schon nichts«, winkte Seamus ab. »Ehrlich, Generationen an Hogwartsschülern standen während der Reise genau dort und haben sich den ersten Joint des Schuljahres geteilt.«

Lavender lehnte sich gegen die Tür, die auf die kleine Plattform am Ende der Lok führte (verriegelt mit einem Zauber, den selbst jüngere Jahrgänge knacken konnten und somit überflüssig war) und musterte ihre irgendwie-und-irgendwie-doch-nicht-mehr beste Freundin eingehend. Parvatis Aufzählung an passablen und nicht passablen Jungs war an sich nichts Ungewöhnliches, wenngleich sie das Thema dieses Jahr mit ein wenig mehr Eifer als sonst anzugehen schien - aber dann diese Sache mit dem Spass haben. Parvati und Marihuana, das war neu, ebenso das Erdulden von Seamus’ Annäherungsversuchen. Für einen Moment war sie versucht, Seamus und Dean wegzuschicken und Parvati anzuvertrauen, was ihr seit den Ferien so zu schaffen machte. Sich mit ihr zu beratschlagen, mit ihr zu weinen, die verbliebene Zeit gemeinsam zu geniessen und Zufriedenheit statt Reue zu empfinden, wenn es schliesslich passierte, wenn es endete.

Parvati, ich werde sterben.

Was?

Ich werde sterben.

Aber-

Ich weiss es einfach. Ich spüre es, höre es in meinem Kopf ticken. Ich sterbe. Bald.

»Na schön«, seufzte Parvati. »Aber wir übertreiben es nicht. Und wehe, ihr turnt auf dem Geländer herum oder macht sonst einen leichtsinnigen Scheiss.«

»Wie sich beispielsweise bekiffen?« Lavender rückte von der Tür weg, damit Seamus sie öffnete und hakte sich bei Parvati unter. »Wir setzen uns einfach gleich neben der Tür hin und lehnen uns an die Wand. Die Chance vom Wind davongetragen zu werden, ist minimal.«

»So lange du mich nicht loslässt.«

»Würde ich nie.«

Wollte ich nie. Werde ich.

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