der dich hält | Twlight, Jessica x Mike

Mar 05, 2017 19:00

Titel: der dich hält
Gehört zu: everytime the snow touches your skin (the fire inside you burns brighter)
Fandom: Twilight
Pairing: Jessica + Mike
Rating: P12
Prompt aus daswaisenhaus #_2137 :: komm schon, das wird romantisch / wenn ich dich halte, damit du nicht auf den Klorand brichst



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DER DICH HÄLT

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Sie verliert ihr Herz an Mike während sie gleichzeitig ihren Mageninhalt verliert.

Sie hatten übers Wochenende Verwandte zu Besuch da, und Jessicas Cousine, die kleine, süsse Ally, die noch alle Milchzähne hat, brachte nebst Schmusedecke, Schnuller und Lieblingsteddy auch einen Magen-Darm-Virus mit. Sie hat nur das Falsche gegessen, hatte Tante Betsy versichert, als das Kind samstagabends allmählich blass um die Nasenspitze wurde und quengelig geworden das Abendessen verweigerte. Bis zum Morgen hatte Ally alles von sich gegeben, was sie im Verlauf ihres jungen Lebens zu sich genommen hatte, und lag von Erschöpfung völlig schlapp in ihrem Kindersitz, als es nachmittags zurück nach Hause ging. Bis dahin war es Jessica noch bestens gegangen. Und vor einer Stunde, als ihr Magen vor Hunger, wie sie dachte, laute Geräusche von sich gab, hatte sie sich eine riesige Portion Frühstücksflocken gemacht.

Und für diese Entscheidung verflucht sie sich jetzt, da sie kurz vor Unterrichtsbeginn vor der Schule steht und sich, von einer plötzlichen Übelkeit geplagt, nicht von der Stelle traut. Das Grummeln in ihrem Magen hat mit Hunger ganz eindeutig nicht das Geringste zu tun, ihre Gedärme tanzen Cha-Cha-Cha und der Würgereiz in ihrer Kehle ist übermächtig. Sie muss zur Toilette, auf der Stelle, bevor Milch und Frühstückslocken aus ihrem Mund explodieren, und zwar jetzt, jetzt sofort. Aber das nächste Mädchenklo scheint tausend Meilen entfernt. Das schafft sie nie, niemals. Besser, sie rennt in die andere Richtung los, auf den Wald zu, wo die Bäume sie verbergen und-

„Hey, alles okay?“

Verdammt. Verdammt. Verdammt.

Es ist der neue Junge, Mike mit dem süssen Grinsen, der es so eilig hatte, es in allerletzter Sekunde vor dem Schulklingeln auf seinen Platz zu schaffen, dass er beinahe direkt neben ihr vorbei ins Gebäude gerannt wäre, ohne sie zu bemerken. Aber eben nur fast.

Er bremst so abrupt ab, dass es ihn auf dem eisigen Boden um ein Haar auf die Nase haut, und schlittert dann auf sie zu. Seine Monate in Forks konnten ihm seine Sonnenbräune noch nicht vollständig nehmen, bald verblasste Sommersprossen zieren seine Nase, und die Sorge in seinen Augen ist so aufrichtig, dass Jessica beinahe die Tränen kommen. Dieser nette, hübsche Junge wird sie gleich kotzen sehen, und Jessica kann nur noch wackelig den Kopf schütteln, als er ihr die Hand auf den Arm legen will.

Dann kotzt und kotzt und kotzt sie und kann sich währenddessen nicht einmal dafür schämen. Sie würgt, bis ihr der Hals schmerzt, bis weder Frühstück noch Galle übrig sind, und es ist ihr egal, wie das aussehen muss, wie sehr alle über sie lachen werden, wenn die Geschichte die Runde macht. Es soll einfach nur aufhören.

„Komm“, dringt Mikes Stimme zu ihr durch, „ich bringe dich zur Schulkrankenschwester.“

Ein Taschentuch wird in Jessicas Hand gedrückt, Finger, die bis eben noch ihr Haar im Nacken zusammengehalten und dafür gesorgt haben, dass kein Erbrochenes auf ihnen landet, lösen sich behutsam und ohne Eile und weilen noch kurz auf ihrer Schulter. Sie versucht, etwas zu sagen, wenigstens ein Danke zu stammeln, aber Mike führt sie bereits sanft ins Schulgebäude. Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, einer undichten, vermutlich hochgradig stinkenden Mitschülerin behilflich zu sein. Und er verlässt sie nicht eher, bis Jessicas Mom da ist, um sie abzuholen, behauptet sich gegen die strenge Krankenschwester, die keinen Grund sieht, warum er noch mehr vom Unterricht versäumen sollte.

Als Jessica am Ende der Woche, nach fiebrigen Träumen von Mike, während der Eimer stets neben ihr stand, zur Schule zurückkehrt, verliert keiner ein Wort über die grosse Lache, die sie gut sichtbar vor der Tür hinterlassen hat. Niemand lacht, niemand grinst sie hämisch an.

Niemand hat davon erfahren.

Erleichtert und ungläubig sieht sie sich nach Mike um. Kaum dass sie ihn im Flur gesichtet hat, dreht er sich um und erwidert ihren Blick. Jessica läuft rot an, während sie versucht, den nötigen Mut aufzubringen, ihn dankbar anzulächeln.

Mike lächelt zuerst.

Wie er sie noch unzählige Male anlächeln wird. Wie ihr bester Freund, der keine Ahnung davon hat, wie sehr sie in ihn verliebt ist.

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„Waschfüreinewahnschinnsparty.“

„Was?“ Mike lacht, sie sieht es nicht, dafür dreht sich der Raum mit den ganzen tanzenden Menschen darin zu sehr, dafür sieht sie schon lange viel zu verschwommen, aber sie hört diesen frohen Laut deutlich heraus, trotz hämmernder Bässe, johlenden Studenten und Herzpochen in den Ohren.

Jessica versucht, ihre Zunge zu entknoten, die Taubheit in ihrem Mund in den Griff zu bekommen. Nicht dass Mike noch meint, sie wäre betrunken. Beziehungsweise so betrunken, dass sie nur noch lallen und nuscheln kann. So betrunken, dass er nie im Leben versuchen würde, sie heute noch zu küssen. Da hat er seine Grenzen. Sie hat ihn noch nie eine andere küssen (und mit auf sein Zimmer, mit in sein Bett, für kurze Zeit mit in sein Leben nehmen) sehen, die mehr als leicht angeheitert war, selbst dann nicht, wenn er selbst schon völlig hinüber war. Jessica darf sich ihre Chance nicht vermasseln, indem sie den Eindruck erweckt, irgendwo zwischen absoluter Besoffenheit und Alkoholvergiftung zu schwanken. Heute ist die Nacht der Nächte. Heute ist sie an der Reihe. Heute und morgen und dann für immer. Sie kann sich doch nicht umsonst Mut angetrunken haben.

„Was für eine Wahnsinnsparty“, wiederholt sie. Dieses Mal scheint sie es hinbekommen zu haben, denn Mike nickt, legt einen Arm um ihre Schulter und erwidert mit dem Mund dicht an ihrem Ohr: „Die besten Partys sind die, die man verlässt, bevor es mit ihnen den Bach runtergeht.“

Er beginnt, sie hinauszuführen, Jessica ist so berauscht, von Mikes Nähe oder dem Wodka oder dem Anfang von etwas ganz Grossem, dass ihre wackeligen Knie versagen und sie wie ein Sack Mehl zu Boden stürzen würde, wäre da nicht Mikes Halt. Zuerst ist Jessica bereit, überall mit ihm hin zu gehen, ist es seit Jahren, hat hiervon geträumt, seit Mike ihr Haar von Kotze gerettet und Stillschweigen darüber bewahrt hat. Endlich will er sie; endlich sieht er sie.

Aber dann schafft es Jessica, den schweren Kopf so weit zu heben, dass sie ihm ins Gesicht blicken kann, im selben Moment schreiten sie durch die letzte Tür und stehen in der Gedanken klärenden, frischen Nachtluft. Es ist unmöglich, sich noch etwas vorzumachen. Mike sieht sie an wie immer; voller Zuneigung und Ernsthaftigkeit, mit dem Versprechen in den Augen, stets für sie da zu sein, wenn er kann.

Da ist kein Verlangen, kein Begehren.

Er will sie bloss in ihr Bett bringen, bevor sie sich völlig blamiert, sie in Sicherheit wissen, damit nicht ein anderer Student kommt und ihren Zustand ausnutzt. Er ist, was er immer war, ihr bester Freund, für jetzt und immer und niemals mehr als das.

„Hey, was ist denn?“, fragt er besorgt. Er hat, wie soll es anders ein, sofort gemerkt, dass ihre Stimmung gekippt ist. Er zieht sie noch ein paar Schritte mit sich, bis sie auf einer niedrigen Mauer Platz findet, um sich hinzusetzen, und geht vor ihr in die Knie, ihre Hände in seinen. „Jess, was ist los?“

Nichts, sollte sie sagen. Mir ist bloss schwindelig oder ach, ich bin einfach müde, irgendetwas in der Richtung, so lahm es auch klingt, auf jeden Fall besser als: ich bin seit acht Jahren verknallt in dich, überspiele das, schwärme wie blöd von anderen, damit du vielleicht eifersüchtig wirst, verteufle dich, hasse dich für jedes Mädchen, das du mir vorgezogen hast, und will trotzdem nur dich.

Natürlich sagt sie genau das.

Und obendrauf noch: „Du bist mein bester Freund und ich kann die ganze Zeit nur daran denken, dich zu küssen.“

Gott, so betrunken war sie noch nie.

Auch egal jetzt. Was soll's. Sie hat ihr schönstes Kleid angezogen, die hochhackigsten Schuhe, Ewigkeiten damit verbracht, ihr widerspenstiges Haar zu glätten. Sie sieht gut aus - oder hat gut ausgesehen, vor dem Wodka -, die Kerle haben sie ausnahmsweise beachtet, mit ihr geflirtet, und sie hat darauf geachtet, dass Mike das alles mitbekommt. Hat nichts genutzt. Mike. Steht. Einfach. Nicht. Auf. Sie.

„Ich will nur noch in mein Zimmer.“

„Jess...“

„Es macht nichts, wirklich.“ Das bisschen Würde, das sie noch hat, will sie bewahren; heulend zusammenbrechen und im Anschluss jeden Eiskübel im Umkreis von fünf Meilen leer löffeln kann sie später noch. „Ich muss mich hinlegen und meinen Rausch ausschlafen. Ich weiss doch gar nicht mehr, was ich rede.“

Sie will aufstehen, doch Mike rückt nicht zurück, behält ihre Hände in seinen, verstärkt den Druck auf ihre Finger sacht aber bestimmt. Ein paar Mal öffnet und schliesst er seinen Mund, ohne ein Wort hervorzubringen. Geschieht dir recht, denkt Jessica. Wie oft hat er sie sprachlos gemacht? Soll doch er einmal derjenige sein, der sich in Verlegenheit windet, weil ihm keine passende Antwort in den Sinn kommt.

„Jess...“, wiederholt er. „Ich...wusste nicht, dass...“ Er schüttelt den Kopf, hat plötzlich den Anflug seines spitzbübischen Lächelns auf den Lippen. „Hast du schon einmal daran gedacht, mich nicht wie den letzten Trottel zu behandeln, wie eine Mischung aus kleinem Bruder und Labradoodle, wie jemanden, der gerade noch gut genug ist, um mit dir abzuhängen?“ Jetzt lächelt er eindeutig. „Hast du von diesen Irren gehört, die es dir tatsächlich zeigen, wenn sie dich gern haben? Die dir nicht in einem Fort das Gefühl geben, dass du sowieso abblitzen würdest?“

Die Worte ergeben keinen rechten Sinn in Jessicas Kopf, sie wirbeln wild durcheinander und zerfliessen zu einer einzigen undefinierbaren Masse. Sie glaubt, raus zu hören, dass sie mal wieder alles falsch gemacht hat, mehr aber auch nicht. Mike sagt noch mehr, er redet und redet, während sein strahlendes Lächeln die ganze Nacht erhellt und seine blauen Augen sie und nichts als sie betrachten. Sagt er gerade etwas Nettes?

Egal, egal, egal.

Der Wodka meldet sich zurück.

Ein kräftiger Stoss in seine Brust reisst Mike in letzter Sekunde aus der Gefahrenzone. Jessica kippt vornüber von der Mauer, landet schmerzhaft auf Händen und Knien. Und erbricht das zu viel, das sie heute in sich hineingeschüttet hat. Natürlich hält Mike ihr Haar, streichelt ihr tröstend über den Rücken, während sie würgt und spuckt; er ist an ihrer Seite, und das ist immerhin besser als nichts. Das ist verdammt viel mehr wert als nichts.

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„Es kommt mir vor, als würde ich nichts anderes machen als das.“

„Haha“, würgt Jessica hervor, bevor es sie wieder würgt.

Sie kotzt und kotzt und kotzt, es ist nichts Neues. Ihr Kopf hängt in der Schüssel und Mike kauert neben ihr auf den kalten Badezimmerfliessen, hält sie, damit sie am Ende nicht noch ganz im Klo verschwindet. Wie oft wird sie sich noch übergeben müssen und seinen Beistand brauchen? Wird das jemals aufhören?

„Es dauert ja nicht mehr lange“, versucht Mike sie zu trösten. „Die meisten Frauen haben nur im ersten Trimester mit der Übelkeit zu kämpfen. Du hast höchstens noch fünf Wochen.“

Jessica taucht gerade so lang aus dem Klo auf, dass sie kreischen kann: „FÜNF. WOCHEN.“

„Ja, ich liebe dich auch“, erwidert er fröhlich und vergräbt die Nasenspitze in ihrer krausgelockten Morgenfrisur. „Sieh es ein, Jess, das war von Anfang an unser Ding. Du musst kotzen und ich halte dich. Wie viele Jahre geht das schon so? Ist doch eigentlich recht romantisch.“

Sie würde ihm eine runterhauen, hätte sie noch die Kraft dazu. Ihm die Zähne ausschlagen und dann vermutlich seine blutigen Lippen küssen. Ihre Hormone sind unberechenbar, steuern sie in Hochs und Tiefs und lassen sie bei absolut jeder Gelegenheit weinen. Gestern hatte Mike eine Packung Twix in der falschen Grösse nach Hause gebracht, Jessica war am Boden zerstört über diesen eindeutigen Beweis seiner mangelnden Liebe zu ihr. Du weisst nicht einmal, welche Twix ich mag! Nein, die sind NICHT ALLE GLEICH!

Vielleicht hat sie überreagiert. Vermutlich. Definitiv.

Was ihr sofort wieder die Tränen in die Augen treibt. Sie ist so ein Biest. Sie behandelt den Mann, der immer für sie da ist und sich nie von ihr hat verjagen lassen, nicht so, wie er es verdient. Er sollte ihr eine runterhauen.

Tut er natürlich nicht.

„Es wird vorbeigehen“, verspricht er. „Du wirst dich sicher noch mehr als ein Mal übergeben müssen, du wirst es hassen und es wird dich anekeln, aber du wirst nicht allein sein. Mir ist doch bislang noch jede Gelegenheit recht gewesen, dich halten zu dürfen, oder? Und am Ende...“

Jessica tastet blind nach der Spülung und denkt, das Wasserrauschen in den Ohren, fest an das noch winzige Mädchen oder den noch winzigen Jungen, an das entstehende Leben in ihr. Immerhin hat sie dieses Mal einen guten Grund dafür, sich zu übergeben. Und sie hat Mike, bei allem hat sie Mike, der sie an seine Brust zieht und ihr einen Kuss auf den Mundwinkel haucht; der verhindert, dass sie sich selbst besudelt und sich die eigenen Haare vollkotzt.

„Wenn das Baby bricht, darfst du es halten, versprochen.“

Der fast immer das Richtige sagt.

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fandom: twilight saga, project: adventskalender, 2017, chara: jessica stanley, genre: romance, genre: friendship, chara: mike newton, oneshots, project: waisenhaus, pairing: jessica s./mike n.

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