Besonderheiten des russischen Studiums

Mar 13, 2012 17:59


Drei Wochen sind um, übermorgen bin ich wieder in Berlin. Sicher ist es noch zu früh, Schlüsse zu ziehen, aber einige Beobachtungen bezüglich des Studiums möchte ich doch festhalten.


  1. Subjektivität, Bewertung

    Belegung der Autoren und Werke mit eindeutigen Epitheta wie „Klasse“, „Schlecht“, „furchtbar“ usw


  2. Fehlender Respekt

    Bemerkbar macht sich die Hierarchie zwischen den Lehrenden und den Studierenden, es wird das Gefühl vermittelt, „Я начальник, ты дурак». Die Dozentin fragt „Zeigt per Handzeichen, wer NN gelesen hat“ Es strecken 2-5 Menschen die Hand.
    . Und dann folgt eine (nach meiner Meinung völlig unnötige, zu persönliche Aussage, deren Kern ist „Schämt euch! Ich habe es gelesen, und was seid ihr für Philologen!“ Natürlich, hast du es gelesen, du bist die Dozentin, und wir die dummen Studenten. Aber wäre es nicht motivierender, aufmunternder das anders auszudrucken?


  3. Genderstereotype

    Genderbewusstsein fehlt völlig - Geschlechterstereotype werden vermittelt und durch solches Studium geprägt - diese Bücher sind für eure Väter gut geeignet, weil sie historisch sind, und jene - für eure Mütter - weil sentimental...


  4. In die Breite und nicht in die Tiefe

    Sehr viel Info in kurzer Zeit - Vorlesungen sind sehr informativ, man greift sehr breit, aber nicht tief. Oft ist es nicht einfach das Wichtige herauszugraben und das Übrige wegzulassen.



  1. Biographiefanatismus

    Sehr viel Zeit wird den Biographien gewidmet, es wird sehr persönlich gearbeitet, man sagt nicht „Der Erzähler sagt“, sondern „Puschkin sagt“


  2. Literatursprache live

    Wie sie sprechen!!! Wörterbuch, Ausdrucksweise der studierenden.. das, was ich von den Philogogen erwartet habe und an der HU kaum gesehen habe. Sie haben einen riesigen Text-Gepäck hinter sich, operieren mit ziemlich feinen Ausdrücken, Büchersprache existiert doch in mündlicher Rede.


  3. Das Alter der Studierenden - sie sind alle sehr jung, 17-18 Jahre alt. Alle sehen ziemlich ähnlich aus.


  4. Formloser Inhalt

    Form wird gegenüber dem Inhalt vernachlässigt! Z.B PPT-Folien mit Bildern „das ist der berühmte Verleger, das ist DIE Journalistin, den habe ich interviewt...“ ohne Namen! Sogar ich kann die Namen rein durch Hören nicht wahrnehmen, aber wie geht es den wirklich ausländischen Studierenden?!


  5. Schule oder Uni?

    Als eine Prüfung sollten meine Mitstudenten Orte auf geographischen Karte Russlands zeigen. Ist das universitäres Niveau??? Die Dozenten erlauben sich die Studenten zu „schimpfen“, dafür das sie zu wenig gelesen haben. Irgendwie tun mir die hiesigen StudentInnen Leid.


  6. Autoritärer, Frontalunterricht in harter Form. Die Meinung der/des Lehrenden ist entscheidend. Ich war kein Fan von Gruppenarbeit in Deutschland, aber jetzt verstehe ich wozu das eigentlich dient...


  7. Disziplin - man kommt schon öfter zu spät, aber in den Hörsälen ist es viel ruhiger, die Menschen gehen nicht zur Toilette. Die wenigen spielen in ihren Handys.


Mal schauen, wie ich diese Liste am Ende meines Auslandssemesters wahrnehme.


За первые три недели учебы в российском вузе я имела удовольствие наблюдать такое количество удивительных вещей, не знакомых мне по учебе в Берлине, что не могу не запечатлеть эти особенности, пока взгляд свеж, а отличия разящи.


  1. Оценочность, субъективность. Отсутствие отстраненного взгляда на дело, предмет. Писатели у них классные, книги хорошие, ужасные и плохие.

  2. Ощущение себя дураком, дистанция между преподавателем и студентом «поднимите руку, кто из вас читал N, а вот я читааала...

  3. «Мамам посоветуйте то, а папам - се. Настоящая мужская проза.» Гендерные стереотипы транслируются так беззастенчиво, что у иностранных студентов отвисает челюсть... Типичная женщина!!! Настоящий мужчина!!! Не мудрено, что ЛГБТ штрафуют...

  4. Большой поток информации, сложно выделить главное и второстепенное.

  5. Много внимания биографиям, переход на личности. Нет рассказчика, есть автор.

  6. Студенты очень изощренно изъясняются - живой язык. Не катит ни в какое сравнение с нашим братом эмигрантом.

  7. Все дико молодые - 17-18 лет и очень одинаковые.

  8. Очень мало внимания уделяется форме и очень много содержанию. Смысл зачастую теряется за неудачной подачей. Слайды с портретами без подписей. Плохое структурирование, постоянные лирические отступления «а вот в моей молодости...»

  9. Ощущение школы. Требования какие-то абсурдные - второкурсники сдают зачет по карте России. Это университетский уровень?! Их ругают за непрочитанные тексты.

  10. Преподаватель ведет урок, даже на семинарах чувствуется, что мнения студентов робкие и зачастую ошибочные... Авторитарность. Отсутствие работы в группах.

  11. Народ дисциплинированней.


Посмотрим, как я восприму этот список по окончании моего семестра здесь.)))

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