Dec 10, 2007 20:58
Yukimura seufzte leise, als die Tür, die auf das Dach des Krankenhauses führte, sich schloss und auch der Letzte der Regulars verschwunden war.
Er setzte sich auf eine der Bänke und sah herunter auf die Straßen. Es war inzwischen relativ spät, sodass es bereits dämmerte und die meisten Lichter der Stadt schon an waren.
Der Blauhaarige stand auf, ging zu dem Zaun, der das ganze Dach umschloss, und lehnte den Kopf daran.
Er mochte es nicht, wenn die Regulars wieder nach Hause gingen. Sie konnten gehen und jederzeit wiederkommen, wenn sie sollten - er musste dort bleiben.
Wie ungerecht das war. Er wollte raus.
Raus und mit den Anderen gemeinsam nach Hause gehen.
Er lächelte leicht und sah weiterhin auf die Lichter der Stadt.
Zur selben Zeit war die Familie Yukimura gerade auf dem Weg zu dem Zimmer ihres Sohnes, oder in Sachikos Fall, dem ihres Bruders.
Die 10-Jährige hüpfte fröhlich vor ihren Eltern her und freute sich darauf, ihren älteren Bruder wiederzusehen.
„Mama! Mama, das Zimmer ist es, oder?“, meinte sie strahlend und zeigte auf eine Tür. „Da ist Seiichi, oder?“
Ihre Mutter nickte lächelnd und klopfte vorsichtig an die Türe.
Keine Antwort.
Verwundert sah sie die Tür an und klopfte erneut, doch wieder erhielt sie keine Antwort.
„Vielleicht schläft Seiichi ja?“, schlug Sachiko vor und öffnete die Tür, ehe ihre Eltern etwas dagegen einwenden konnten.
„Seiichi?“, fragte sie vorsichtig und lief in den Raum hinein. Als sie bemerkte, dass der Blauhaarige nicht in dem Raum war, wirbelte sie herum und sah ihre Eltern erschrocken an. „Seiichi ist weg!“
„Bitte?“ Ihr Vater sah sie an und stürmte dann, gefolgt von seiner Frau, ins Zimmer. „Seiichi?“, rief er fragend und sah sich um.
Beinah panisch lief seine Frau zum Bad und klopfte an die Tür. „Seiichi? Bist du da drin?“
Sachiko sah ihre Eltern an und überlegte, wo ihr Bruder sein könnte.
Plötzlich lief sie los und sprintete die Treppe hoch, zum Dach des Krankenhauses.
„Seiichi, warum sitzt du alleine hier? Wird dir nicht kalt?
Ein Lächeln.
„Nein. Ich sitze gerne hier. Es ist schön, die Stadt zu beobachten. Guck doch auch einmal, es gefällt dir bestimmt.“
Ein Blick auf die Stadt.
„Oh. Das ist wirklich schön!“
„Nur von hier kann man die Stadt so schön sehen.“
Ein begeistertes Nicken.
Doch das traurige „Ich wünschte, ich könnte auch wieder dorthin“ hatte sie nicht gehört...
Natürlich. Ihr Bruder musste auf dem Dach sein. Er hatte ihr erzählt, wie schön er es fand, abends dort zu sitzen und die Stadt und die langsam untergehende Sonne zu beobachten.
„Seiichi!“, rief Sachiko, als sie die Tür des Daches aufriss. „Seiichi, bist du hier?“
Der Blauhaarige zuckte zusammen, als plötzlich jemand seinen Namen rief. Er wandte den Kopf vom Zaun ab und sah seine kleine Schwester auf sich zurennen.
Lächelnd kam er ihr einige Schritte entgegen und umarmte sie, als sie ihn erreicht hatte.
„Seiichi! Mama, Papa und ich haben uns Sorgen gemacht! Du warst nicht in deinem Zimmer und wir konnten dich nicht finden“, meinte sie ernst und stemmte die Hände in die Hüften. „So was darfst du doch nicht machen, Seiichi!“
Seiichi fing an, breit zu lächeln, als seine jüngere Schwester anfing, ihm eine Predigt zu halten.
„Es tut mir wirklich leid. Ich wusste nicht, dass ihr mich heute besuchen wolltet, sonst hätte ich in meinem Zimmer auf euch gewartet.“
Das schwarzhaarige Mädchen nickte zufrieden. „Gut. Denn wenn du das noch einmal machst, bekommst du Ärger mit mir“, meinte sie grinsend und piekte ihn leicht in die Seite. „Also, kommst du jetzt mit? Mama und Papa machen sich bestimmt immer noch Sorgen. Ich bin auch vorhin einfach weggerannt, weil mir eingefallen ist, wo du sein könntest.“
Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. „Das solltest du aber auch nicht öfter machen, ja?“
Doch trotzdem lächelte er sanft, nahm die Hand seiner jüngeren Schwester und ging mit ihr langsam wieder zurück zu seinem Zimmer.
„Ne, Seiichi. War dir da oben eigentlich gar nicht kalt?“ „Nein. Aber darauf habe ich auch gar nicht geachtet.“ „Ach so.“ Sachiko nickte. „Aber du musst aufpassen, dass du dich nicht erkältest. Dann müsstet du ja noch länger hier bleiben...“ „Ich weiß. Tut mir leid, Sachiko.“ „Schon okay.“ Die Schwarzhaarige grinste. „Du musst halt nur aufpassen, nicht?“
Seiichi lächelte sanft und beeilte sich etwas, als er sah, dass seine Zimmertür offen stand.
„Seiichi!“, riefen seine Eltern gleichzeitig, als er das Zimmer zusammen mit Sachiko erreichte.
„Da bist du ja! Wo warst du denn die ganze Zeit, wir haben uns Sorgen gemacht“, meinte seine Mutter erleichtert und schloss ihren Sohn in ihre Arme. „Mach das nie, nie wieder, ja Seiichi?“
Der Blauhaarige nickte und lächelte schwach. Wenn er gewusst hätte, wie viel Sorgen er seiner Familie damit bereitete, wäre er sofort zurück in sein Zimmer gestürmt.
„Tut mir wirklich leid, dass ich euch solche Sorgen gemacht habe“, meinte er leise und lächelte schwach.
Er hatte ja wirklich nur auf die Stadt gucken wollen.
Doch dann lächelte Seiichi wirklich etwas. „Und Sachiko hat mir auch schon eine Standpauke gehalten, keine Sorge.“
Bei diesen Worten fing die Schwarzhaarige an zu grinsen und schien voll auf zufrieden mit sich zu sein.
„Ne, Sachiko, warum fängst du jetzt an zu grinsen?“, meinte Seiichi lächelnd und sah seine jüngere Schwester fragend an.
Diese kicherte nur. „Ich finde es lustig, dass du Mama das erzählst“, meinte sie fröhlich und grinste weiter.
Der Blauhaarige nickte schmunzelnd. „Wie du meinst“, lächelte er und setzte sich dann auf sein Bett.
„Geht es dir nicht gut, Seiichi?“, fragte seine Mutter besorgt, doch Seiichi schüttelte den Kopf. „Es ist alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen. Ich bin nur etwas müde. Es ist einfach jedes Mal wieder anstrengend, wenn das Team da ist“, antworte er und lachte etwas.
„Heißt das, wie sollen gehen?“, fragte Sachiko und sah ihren Bruder traurig an.
„Nein. Das heiß es nicht. Ich möchte mir nur etwas ausruhen, aber ich habe absolut nichts dagegen, wenn ihr weiterhin hier bleibt.“
Die Jüngste atmete erleichtert aus und strahlte Seiichi an. „Dann ist ja alles gut. Es wäre nämlich wirklich gemein gewesen, wenn du uns herausgeschmissen hättest.“ Zur Bestätigung nickte sie heftig, was ihren Bruder erneut zum Lachen brachte.
Der Blauhaarige ließ sich erschöpft auf das Bett fallen und lächelte zufrieden.
„Seiichi“, flötete Sachiko auch sofort, „darf ich mich neben dich setzen?“ „Gerne.“
Das Mädchen strahlte erneut über das ganze Gesicht. Ihr Vater hob sie hoch und setzte sie auf das Bett, während ihr Bruder die Augen schloss, um sich etwas zu entspannen.
„Brauchst du etwas, Seiichi?“, fragte seine Mutter plötzlich, „Wenn du etwas brauchst, sagst du das, ja?“
Der zierliche Junge lächelte. „Danke, aber ich brauche im Moment wirklich nichts. Mir geht es gut, ich bin nur müde“, beteuerte er.
Ungefähr eine Dreiviertelstunde später hatte sich Seiichis Familie verabschiedet und nur weniger Minuten später war der Blauhaarige auch schon eingeschlafen.
Am darauffolgenden Tag kam seine Familie wieder erst gegen Nachmittag, sodass er vorher noch etwas lesen oder sich eventuell ausruhen konnte.
Als Erste kam wie immer Sachiko in sein Zimmer gehüpft und strahlte ihren Bruder fröhlich an. „Seiichi!“, rief sie und wartete etwas ungeduldig darauf, dass Seiichi aus seinem Bett aufstand, „guck mal, ich hab dir etwas mitgebracht!“
Aufgeregt streckte sie ihre Hand aus und drückte Seiichi etwas Rundes und Gelbes in die Hand.
„Ein Tennisball?“, fragte er Blauhaarige verwundert und sah auf den Ball in seiner Hand. „Du musst ihn umdrehen, irgendwo steht noch etwas drauf!“, meinte das Mädchen, immer noch aufgeregt und ungeduldig.
Also drehte Seiichi den Tennisball, bis er den Schriftzug „Fight-o, Seiichi!“ entdeckte. Ein breites Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. „Danke, Sachiko. Das ist wirklich lieb von dir.“
Die Schwarzhaarige strahlte noch mehr als zuvor und umarmte ihren Bruder. „Gut, dass er dir gefällt! Und mit diesem Ball wirst du, wenn du wieder gesund bist, alle Matches gewinnen, versprochen?“, grinste sie zufrieden und hob den Kopf, um Seiichi ansehen zu können.
„Versprochen, Sachiko“, meinte er lächelnd und schloss seine Hand fest um den Ball. „Und ich werde auch gut auf den Tennisball aufpassen.“
„Das erwarte ich auch“, grinste das Mädchen.
In der Zwischenzeit hatten auch seine Eltern den Raum betreten und beobachteten die Szene lächelnd. Sie waren wirklich froh, dass sich die Geschwister so gut verstanden.
„Und, wie geht es dir heute, Seiichi?“, fragte seine Mutter plötzlich und ging lächelnd auf ihren Sohn zu, um ihn ebenfalls zu umarmen.
„Gut“, antwortete dieser, „dank Sachikos lieben Geschenk geht es mir wirklich sehr gut.“ Er lächelte und sah erneut auf den Tennisball, bevor er ihn auf seinem Nachttisch ablegte.
„Wollten dich deine Freunde heute auch besuchen kommen?“, fragte seine Mutter weiter, zog einen der Stühle and Bett und setzte sich.
„Sie hatten nichts gesagt, aber wahrscheinlich wird Sanada kommen. Bis jetzt war er jeden Tag hier. Und vielleicht kommt Yanagi auch, er hat mich auch fast jeden Tag besucht“, lächelte Seiichi und setzte sich wieder auf das Bett. Sitzen war einfach bequemer als die ganze Zeit nur stehen.
Seine Mutter lächelte. „Du bist also nie allein in diesem Zimmer?“ Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. „Nur nachts eigentlich. Manchmal sind tagsüber einige der Kinder hier.“
„Dann ist ja gut. Weil falls etwas passieren würde und niemand da wäre...“ „Mama. Mir passiert nichts. Es geht mir gut.“
Seiichi warf lächelnd einen Blick auf den Tennisball. Ein Photo, welches den gesamten Tennisclub der Rikkaidai zeigte, stand direkt daneben.
Es würde wirklich nichts passieren. Denn er war nicht allein.