Ich schreibe dies aus meinem eigenen Zimmer! Was daran so besonders ist? Dass mein klägliches Dasein als Matratzenbewohner auf fremden Zimmerböden endlich ein Ende gefunden hat... Ich bin gestern quasi in einer gewaltigen Explosion aus Chaos verschwunden und in Hamburg wieder aufgetaucht, wo ich für die nächsten vier Wochen ein Zimmer zur Zwischenmiete ergattern konnte, um mich während meines Qualitätsjournalismus-Praktikums nicht weiterhin erdreisten zu müssen, Wohnraum in den Zimmern meiner Freunde und Verwandten zu beanspruchen. Der Preis meines jetzigen Zimmers ist horrend, ich dagegen glückselig.
- Und überlege mir ernsthaft, zu Wordpress umzuziehen. Ich wollte gerade schnell mal ein Bild für den Eintrag hochladen, aber das geht nur mit bezahlten Accounts. Ja, nee, danke. Also kein Bild vom Zimmer, was sehr süß ist, ein riesiges Bett, gelbe Wände mit Stuck an der Decke und ein übergroßes Poster von Audrey Hepburn hat.
Das Bad dagegen ist ein Schlauch und nicht mal einen Meter breit. Ich bin gestern Abend zwischen Wand und Waschbecken steckengeblieben. Die ursprünglichen Bewohner dieser WG können keine Freunde mit Übergewicht haben, die nämlich kämen gar nicht bis zum Klo...
Das Praktikum beginnt morgen und ich bin gar nicht aufgeregt, nur genervt. Gestern hat mich Fabi vom Bahnhof abgeholt und meinen Koffer nach oben getragen, der mindestens so schwer war wie er selber. Am Abend sind Markus, Eugen, Fabi und ich ins Kino gefahren und haben "Into the Void" gesehen. Danach war ich komplett hirngefickt - drei Stunden Geflimmer, Shakey Cam und Nachtoderfahrung auf Drogen durch die Augen eines Franzosen, der in Tokyo auf einer Toilette erschossen wird. Jeder Epileptiker wäre schon während des Vorspanns gestorben. Als ich nach Hause kam, musste ich mich aufs Bett legen und die Decke anstarren, während ich noch mit Juli telefoniert habe. Das Telefongespräch bestand aber nur aus rätselhaftem und unzusammenhängendem Gestammel meinerseits, als ich versucht habe, mein unfassliches Kino-Erlebnis zu verbalisieren. Was mir nicht recht gelingen wollte - aber auf der anderen Seite habe ich damit wohl die Essenz des Filmes auf den Punkt getroffen...
(Übrigens fand ich den Film ganz gut.)
Bis eben war ich alleine zu Hause, habe mit Ruthchen & Mama geskypet, die China wohl sehr spannend finden, und danach Ruthchen geholfen, ihren Blog zu formatieren. (
Ruth hat nen China-Blog und ich finde ihn natürlich großartig! :D) Dann kam meine "neue Mitbewohnerin" Silvie, die heute Abend drei Leute zum Essen eingeladen hat, und schockte mich gleich maximalst: "Ja, ich seh heute wieder so gammelig aus!"
Ich schau an ihr runter: Weite Jeans und Pulli, so seh ich jeden Tag aus. "So geh ich höchstens zum Penny, jetzt bin ich damit eine Stunde lang Bahn gefahren, oh Mann. Naja. Gleich kommen Leute, Felix ist total witzig und nett, die anderen beiden sind aber nicht repräsentativ für meinen Freundeskreis. Die sind irgendwie uncool. Sind zusammen und kochen und gehen nie aus und trinken keinen Alkohol."
- Schluck. Meine eigenen Wohn- und Beziehungsverhältnisse erwähnte ich mal lieber gar nicht. Ist aber sonst sehr nett; nur ob wir, wenn ich mich so anzöge, wie ich wollte - was ja während des Praktikums eher unangebracht ist -, modisch auf einen Nenner kämen, bezweifle ich. Aber was solls. Gerade sitze ich hier in meinem Strickponcho, um nicht zu frieren, bin sehr uncool und wünsche mir auch noch ein Paar Wollsocken herbei, mit denen ich in meiner Jogahose weiter in der WG herumschlurfen und alle schockieren kann.
Hm. Also Wordpress? Oder kein Wordpress? Ich mag Wordpress.
Anekdote aus der Bahn gestern:
Mutter mit Kind am Tisch auf der andren Seite des Ganges. Der Junge, vielleicht sechs oder sieben, produziert Gasblasen mit unfassbaren Geruchskolorationen und informiert jedes Mal ganz stolz alle Mitreisenden, dass tatsächlich die Abgründe seiner Gedärme für diese Penetration unserer Nasenschleimhäute verantwortlich sind. Die Mutter versucht verzweifelt, ihn zum Schweigen zu bringen. Der Junge erklärt diplomatisch, dass er jetzt zum Pupsen unter den Tisch geht; es stinkt weiter. Die Mutter schämt sich sichtlich. Der Junge macht mit vor Stolz geschwollener Mitteilung darüber, dass er viermal am Stück gepupst hat. Die Mutter fordert wieder Stillschweigen über seine giftigen Ausdünstungen. Der Junge stellt fest, dass er mit Pupsen fertig ist. Ende der Geschichte.