Countdown - Das Ende rückt näher

Sep 26, 2018 19:20

Nun gibt's also ein unerwartetes Stuhlrücken an der Spitze der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion...
13 Jahre war Kauder da, parallel als Merkel in die Position des Kanzlers wechselte und damit nicht beide Ämter gleichzeitig ausüben konnte.
Einerseits, dass Kauder auch noch zu der alten Garde Politiker gehört, die jetzt alle Stück für Stück ihren Abgesang feiern, wenn nicht der Sensenmann persönlich früher an ihre Tür klopft - zum anderen kann man dieses als scheinbar wirklich sehr unerwartetes Ereignis der Abwahl als Indiz nehmen, dass die Uhr von Merkel als Kanzlerin läuft. Vielleicht ist es nur eine Frage, wie lang das noch geht.
Zum einen galt Kauder als ihr Favorit, zum anderen - die vorherigen Male, als er in seinem Amt als Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag bestätigt wurde, konnte dies nur so reibungslos geschehen, weil es schlichtweg keinen Gegenkandidaten gab. Wer weiß also, wann er von dieser Position schon vorher entbunden worden wäre, hätte es die Möglichekeit dazu gegeben...
Diese völlig legale Möglichkeit, ohne einen weiten offenen Streit über die Unzufriedenheit mit Merkels Politik intern in der Union zu provozieren, wurde also vollstens ausgenutzt, als sie sich einfach ergab. Warum schließlich auch große Machtkämpfe diese Woche wieder in die Schlagzeilen zerren, wenn man das auch diskreter abwickeln kann...
Dass man sich jetzt von Regierungsseite hinstellt und sagt, die Vertrauensfrage wäre kein Thema, ist so vorhersehbar wie logisch - schließlich würde die CDU danach höchstwahrscheinlich nur in den Ergebnissen absacken. Mal gar nicht zu schweigen davon, dass sie niemand akzeptables hätten, mit dem sie Merkels Position füllen könnten...
Was aber dieses Woche für Woche rumorende Theater indirekt impliziert ist: Hier wird schon lang lediglich mit Hängen und Würgen die Regierung zusammengehalten. So wie bei einem absteigenden Stern namens Kohl, der es erst schwarz auf weiß haben musste, dass er offiziell abgewählt wurde, und damit seine Ära zu Ende war, so scheint man es jetzt auch bei einer Frau Merkel erst zu brauchen, dass sie offiziell keine Mehrheiten mehr erzielt, bis man sie aus dem Spiel herausnimmt, weil die Machtgeilheit derer, die hinter ihr stehen, so groß ist und diese von ihrem Dasein abhängen. Im Gegensatz zu Herrn Kohl ist es hier nur nicht genau bekannt wie viel dieses Festhaltens von Merkel selbst kommt und wie viel ausschließlich gemacht ist von ihrer eigenen Partei und den Unterstützern ihrer Partei.
Dass sie dort noch sitzen darf, wird wohl vielmehr auf den Einfluss ihrer Unterstützer zurückzuführen sein als durch ernsthaften Rückhalt in ihren eigenen Reihen - wenn es anders wäre, dann hätte man längst schon jemand anderes in dieser Position zu sitzen. Auf gut Deutsch ausgedrückt: Sie nützt jemandem in dieser Position immer noch mehr als sie schadet, darum ist sie noch dort.
Diesen Umstand dürften andere, auf die dies nicht zutrifft, durchaus wahrnehmen, denn was ist ein König ohne die Treue seiner Gefolgschaft? Er ist höchstens eine Witzfigur - einer Witzfigur gibt man aber nicht so viele kritische Kompetenzen in die Hand, vielmehr arbeitet man darauf hin, sie ihm schleichend zu entziehen...
Gibt es offiziell keine Königstreuen mehr, so müssen diese eben ganz woanders sitzen.
In diesem Fall dürfte es dazu dienen, Zeit zu gewinnen, um das Meiste noch aus dieser Sache herauszuholen, bevor die große Krise kommt. Sprich, für Merkel bedeutet das: Sie darf noch ihr letzen Runden drehen kann und das Kartenhaus gegen den Verfall zusammenhalten bis sich etwas neues vorzeigbares gefunden hat.
Schafft sie es noch, es über ihre Regierungszeit hinaus nicht zusammenbrechen zu lassen, dann ist es gut für sie persönlich - sie kann sich dann immer noch mit Ehre auf der Straße sehen lassen.
Schafft sie es hingegen nicht, dann lässt man sie offiziell als gefallenen Engel enden, so wie ihren Ziehvater in der Partei auch - und je nach dem, wie nützlich sie dann mit etwas zeitlichem Abstand nach objektiven Gesichtspunkten war, wird man diesen Teil in der Geschichte verblassen lassen, oder eben ganz im Gegenteil.
Anders ausgedrückt kann man es so auffassen: Merkel sitzt nur noch in ihrer Position, weil andere ihre Schäfchen noch ins Trockene bringen müssen und sie Zeit dafür brauchen. Um sie herum bröckelt alles, eigentlich ist es schon relativ offenkundig.
Es ist nur noch eine Frage dessen, wie lang sie sich persönlich das alles noch antut (immerhin könnte sie auch selbst gehen), und wie lang alle anderen um sie herum diese Art der Abwicklung brauchen oder dulden.
Die Uhr läuft.
Es weiß nur noch niemand das Enddatum, wann ihre Zeit auf dem Stuhl vorbei ist...
(Und man sollte nicht den Fehler machen, anzunehmen, dass es diese Legislaturperiode vor den nächsten geplanten Wahlen endet - diesen voreiligen Schluss haben wahrscheinlich viele auch schon in der letzten und der vorletzten Amtsperiode gemacht, und es ist nicht wahr geworden.)

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