(no subject)

Dec 23, 2009 16:35

Ich bin schon längst gestorben,
Der Körper liegt in Ruh'
Im Sarg verwelkt, verdorben;
Der Deckel ist fest zu.

Doch jede zwölfte Stunde,
Die stille Mitternacht
Gibt meiner Seele Kunde,
Sie sei nunmehr erwacht.

Sie lässt den Körper liegen
Und stiehlt sich aus der Gruft.
Hurrah! Jetzt heisst es fliegen!
Die Nacht, die Freiheit ruft!

Die Nebelschwingen breitet
Sie aus von Schlosses Rand,
Wo blond die Donau gleitet
Im tiefen Pusztasand.

Erst nach dem Zauberberge
Lenkt sie den leichten Flug;
Die grauen Felsenzwerge
Erhalten heut' Besuch.

Ach! werden die sich freuen!
(Sie war'n ihr immer gut)
Gewiss, sie würden schreien,
Wär'n sie aus Fleisch und Blut.

Die alten Tannen nicken
Den stummen Willkommgruss,
Und stille Grüsse schicken
Die Berge und der Fluss.

Es huscht, ein Nebelstreife,
Die Seele her und hin,
Gleich einem Mövenschweife
Im dunkeln Fichtengrün.

Doch jetzt ist sie geblieben,
Wo Bild und Verse sind,
Die hat sie selbst geschrieben
Einst für ihr liebes Kind.

Und zur Gebenedeiten
Fleht sie, wie dazumal,
Sie möge schützend leiten
Die Lieben dort im Thal.
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