Passend zu meinem Ausflug in die Lüneburger Heide wurde "Von Norden rollt ein Donner" von Markus Thielemann in die Shortlist für den deutschen Buchpreis gewählt.
Positiv fand ich gleich zu Beginn, daß Thielemann seiner Geschichte kein Zitat von
Hermann Löns sondern eines von
Theodor Storm vorangestellt hat. Natürlich kommt der für diese Landschaft offenbar unvermeidliche Hermann Löns später dann doch vor.
Ein bißchen ist es ein
Heimatroman - doch ohne die kitschige Heimatverklärung, die sich bei
Ganghofer und Konsorten findet. Immer wieder wird die Heidelandschaft und das Schäferleben zurück auf den Boden der Realität geholt, bevor es droht, kitschig zu werden. Und sowieso ist das Umfeld von Rheinmetall, Bergen (Truppenübungsplatz und ehemaliges KZ), der Touristen und von Touristenattraktionen, wirtschaftlichen und gesundheitliche Sorgen und seit jüngerer Zeit auch von Wölfen wenig anheimelnd. Und doch findet sich diese Heideromantik.
NDR Kultur - Das Journal: NDR Buch des Monats Juli: Markus Thielemann 'Von Norden rollt ein Donner' - hier anschauen
Die Lüneburger Heide ist ein deutscher Mythos, verklärt als Heimatlandschaft, aber auch ein Ort mit Nazisymbolik und Holocaust-Geschichte. Hier spielt der neue Roman von Markus Thielemann: 'Von Norden rollt ein Donner' (C. H. Beck). Thielemann erzählt die Geschichte eines jungen Schäfers, der mit...
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Die Wolfsangel, dieses alte Symbol der Nazis, die im Buch immer wieder vorkommt, wird zur Zeit wieder gerne in der Ukraine benutzt. Die Geister der Vergangenheit, die über das Symbol der Wolfsangel in die Geschichte gewoben werden, erscheinen im Buch tatsächlich als Geister, die Jannes eine grausame Geschichte aus der Vergangenheit offenbaren, bevor sie sich gegen Ende des Buches manifestieren.
Magie und Mystik werden im Buch strapaziert, was ich problematisch finde. Wenn die eigentliche Handlung in Träumen stattfindet, die Jannes, der Protagonist der Geschichte, in einer Art Trance erlebt, wird die Handlung unschlüssig. Das stört den ansonsten sehr gut konstruierten Erzählfluß und nimmt der Geschichte Plausibilität.
Die Rückkehr des Wolfes, der Schäfer in Panik versetzt, wird im Roman als gesellschaftliches Ereignis, erzählt: jeder hat irgendwann mal gehört, daß der Wolf irgendwo ein Schaf gerissen habe und auch die Protagonisten holen sich einen Herdenschutzhund. Einen Kontakt gibt es im Umfeld der Geschichte aber nicht bzw. nur "mutmaßlich".
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Ich mag die Tiefe des Romans und die vielschichtige Betrachtung der Landbevölkerung. Es wird durchaus stimmig die Stimmung der Gesellschaft dargestellt und in verschiedene Zusammenhänge gesetzt.
Lauthals lachen mußte ich dennoch, als der Autor es nicht fertig brachte, Zigeuner zu schreiben und stattdessen Z- schreibt (es gibt ja im Deutschen sehr, sehr viele Wörter, die mit Z beginnen - im Kontext wird dann aber deutlich, was der Autor meint). Ist es wirklich schon so weit? Ist die Gesellschaft so verblödet, daß sie nicht kapiert, daß Z- ein Platzhalter für ein Wort ist. Welches man schlußendlich kennen muß und im Geiste den Buchstaben durch das Wort ersetzen. Auch etwas, was Glaubwürdigkeit nimmt.
Viel an dem Buch ist sehr gut gelungen, doch die Ausflüge in die Magie und die vielen offen gelassenen Handlungsstränge lassen mich unschlüssig zurück.
Es läßt sich aber sehr gut lesen und hat mich gut unterhalten.