EHEC Rant (Klorollenalarm!)

Jun 20, 2011 10:23

(Zahlen und Behauptungen nach bestem Wissen und Gewissen, kein Schießeisen!)

Deutschland wird von einem Bakterium heimgesucht.

EHEC.

Keiner weiß so recht wo es herkommt, keiner kennt die Folgen, unsere Damen und Herren Politiker sehen sich zum Handeln gezwungen und warnen, von ersten Untersuchungsergebnissen angespornt, vor Gurken, Salat und Tomaten.

Schade, keiner der drei war nach aktuellem Erkenntnisstand der Auslöser für die Verbreitung von EHEC. "Die Sprossen waren es" titeln namhafte Nachrichtenagenturen ein paar Tage später. Alles klar.

Das ist DIE Gelegenheit für Anbaubetriebe von Salat, Gurken und Tomaten, laut aufzuheulen und Schadensersatz zu fordern. 210 Millionen Euro werden nun voraussichtlich unter den „Betroffenen“ verteilt.

Über's Wochenende ist jetzt auch der Einzelhandel auf den Gedanken gekommen, man könnte ja mal .... "Von Umsatzeinbußen bis zu einem Drittel ist die Rede. Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) gab in den betroffenen Sortimenten - also bei Gurken, Tomaten oder Salat - zum Teil Umsatzrückgänge bis zu einem Drittel." (Q:tagesschau.de)
Ok, für den "Gemüsehändler an der Ecke" ist das bestimmt nicht witzig. Bekommen die auch was, oder geht alles an REWE & Co?

Ich persönlich warte jetzt noch auf die Gastronomen: „Wir haben nur noch teure Rumpsteaks verkauft, keine Salate mehr - wir wollen auch was vom Mutli-Millionen-Entschädigungskuchen!“

Immer wieder wird von "vorschnellem Handeln" und "Panikmache" gesprochen. Mal ganz ehrlich, liebe Gemüsebauern und Einzelhändler, wenn Deutschlands beliebtestes Kopfschmerzmittel mit dem großen A im Verdacht stünde, durch einen Fehler in der Produktion plötzlich schwere Nierenschädigungen zu verursachen, und das schon nach Einnahme nur einer Dosis .... würdet ihr das nicht auch gerne GLEICH wissen wollen, und nicht erst 2 Wochen später, wenn es zweifelsfrei bewiesen und unumstößlich ist? - Vielleicht wäre ja am Schluss ein beliebtes Mineralwasser Auslöser für die Probleme ... also kann man die Leute ja erstmal weiter alles schlucken lassen!?

So sieht's momentan aus:
Nach den jüngsten Zahlen des Robert Koch-Instituts sind bundesweit bisher mehr als 2600 EHEC-Fälle bekannt, davon rund 800 mit dem sog. "schweren Verlauf des hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS)". Zudem sind schon rund 40 Menschen an den unmittelbaren Folgen von EHEC gestorben. (Q:AFP)

Worin die Ursache für EHEC und deren Verbreitung besteht ist noch nicht ganz raus.
Favoriten sind wohl im Moment die Gülle, die auf die Felder ausgebracht wird, sowie Bio-Gas-Reaktoren. Oder ist der Erreger doch schon im Saatgut enthalten?
Alles Öko, logo. Bio ist Gesundheit. Bio ist toll, alles wird gut.
Lustigerweise werden europaweit immer noch mehr Bio-Produkte verkauft, als überhaupt hergestellt werden. Die Steigerung verkaufter Bio-Ware ist deutlich höher als der Zuwachs an Bio-Betrieben, bzw. deren Anbaufläche. Mit etwas Glück erwischt mal also einen "Bio-Salat" aus Nicht-Bio-Anbau.

Warum ich mich überhaupt aufrege?
Nicht wegen der Steuergelder, die da reingepumpt werden, nein.
Sondern weil die _eigentlichen_ Opfer von EHEC, die Erkrankten nämlich, die dauerhaft Geschädigten, sowie die Hinterbliebenen der Verstorbenen voraussichtlich mal wieder keinen Cent sehen werden.

Warum ich mich aufrege, obwohl ich gar nicht betroffen bin?
Sagen wir mal, ich bin nicht _direkt_ betroffen.
Aus der Presse und den Berichten im Fernsehen kennt jeder die "Dänische Reisegruppe" und die "Gewerkschaftsgruppe" die in dem mittlerweile gut bekannten "Kartoffelkeller"(*) in Lübeck zu Gast waren. Die "Familie" wird in kaum einem Bericht erwähnt. Ganz abgesehen davon, dass es nicht eine Familie, sondern eher eine kleine Festgesellschaft war. Zu dieser Festgesellschaft zählten auch meine Bruder und seine Frau.
(*) Gutes Restaurant, leider mit den falschen Sprossen beliefert
Von den Feiernden hatten zwei Leute den Salat-Teller. Eine Woche später liegen beide im Krankenhaus, darunter meine Schwägerin.
Zwei Wochen Dialyse, Blutplasma, künstliche Ernährung, Angst und Ungewissheit - das volle Programm. Mittlerweile ist sie wieder zu Hause und muss nur noch regelmäßig zur Untersuchung ins Krankenhaus. Ihre Blutwerte sind nach wie vor eine Katastrophe, daran wird sich auch in den nächsten Wochen nichts ändern. Sie ist voraussichtlich noch weitere 6-10 Wochen arbeitsunfähig.
Langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen sind im Moment "nicht zu erwarten, aber natürlich nicht auszuschließen". Weiterhin gute Besserung Annika!

Ein Einzelschicksal. Eins von mindestens 800 weiteren. Schöner Mist!

Vielleicht sollten sich alle Patienten und Hinterbliebenen zusammenrotten, so wie es Bauern und Händler in ihren Verbänden tun, und auch mal Schadensersatz fordern. Bauern und Einzelhandel haben ja jetzt bald wieder Geld, wenn ihre Gelder gezahlt werden.

Mahlzeit!
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