Jul 21, 2006 05:54
Ich bin in einem fremden Bett aufgewacht. Nunja nicht ganz so fremd. Es war das Bett meines Opas. Seltsam, nicht ? Vielleicht sogar auf eine Art pervers, aber in solchen Situationen kommt es wohl nicht mehr darauf an. Ich hab es getan, weil mich meine Oma darum gebeten hat. Ich wollte nicht wirklich, denn das Bett ist zu weich und es ist das aufgetreten, was ich befürchtet habe. Schlimme Rückenschmerzen und ein eingeklemmter nerv. Ich will nie wieder in diesem Bett schlafen. Zurück in meinem eigenen Bett kriege ich kein Auge zu. Resumê.
Gestern bin ich um 14 Uhr aufgewacht, nach dem Arbeiten in der Nacht. Die Welt war in Ordnung und meine Oma erzählte mir, dass der Zustand meines Großvaters, heute morgen, sogar eine Verbesserung aufgewiesen hat. Er wurde vor 3 Tagen in ein künstliches Koma verlegt, damit sich seine Herzfrequenz und seine Atmung stabilisieren und normalisieren kann. 14:10 Uhr und ich mache, noch etwas schlaftrunken, Scherze über die Pflegerin meiner Oma. Das Telefon klinkelt und mein Onkel ist dran. Der Zustand hat sich verschlechtert. Ich soll ins Krankenhaus kommen und du besser auch. Ohnmacht. Ich ziehe mich an und fahre los. Ich beeile mich nicht, denn ich will auf keinem Fall vor meinem Onkel im Krankenhaus ankommen. Er ist schon da als ich ankomme und sieht schrecklich besorgt aus. Ich rechne mit dem schlimmsten, hoffe jedoch nur auf eine drastische Verschlechterung.
Der Arzt holt uns rein und er führt uns nicht in sein Zimmer, sondern in einen Seperaten Raum, gleich am Eingang. Ich habe ein schreckliches Gefühl der Hilflosigkeit und ich schwebe über allem. Der Arzt erzählt uns, dass er vor wenigen Augeblicken, unter den letzten, scheinbar nuztlosen Rettungsversuchen, an einem Herzinfarkt gestorben ist. Sein Herz hätte zu viel durchgemacht in den letzten Wochen. Ich bin gefasst, angespannt und ich weiß, dass es meinem Onkel genau so geht. Mir schwirren tausend Gedanken durch den Kopf, nur nicht der, dass mein Opa gestorben ist. Vielleicht ein leichter Schock. Wir werden in das kühle Röntgenzimmer geführt, wo eine Menschengestalt von einem weißen Laken verhüllt ist. Die schwester zieht das Lakel bis runter an die Schultern und in dem Moment bricht die Welt zusammen.
Mein Onkel weint und ich, mit dem Rücken zu den beiden, fast hypnotisiert in einer Art Verwirrung und Paralyse. Bei dem Tod meiner Mutter vor einigen Jahren habe ich das nicht so erlebt. Ich war jung, hatte zu wenig Kontakt zu meiner Mutter gehabt, hatte zu große Vorwürfe und die Weltordnung war noch Intakt, denn ich hatte meine Großeltern, die sich sowieso immer um alles gekümmert haben. Doch die Liebe und Abhängigkeit zu meinem Opa, die ist so groß, dass ich nicht weiß, wie mein...unser Leben weitergehen soll.
Im Vergleich zu meinem Onkel ( seinem Sohn ) und meiner Oma, habe ich recht wenig geweint. Besonderst schlimm war jedoch, als meine Oma verlangt, dass ich sie ins Krankenhaus bringe, damit sie Ihn sehen kann. Es muss unvorstellbar sein, wenn man 40 oder mehr Jahre mit jemanden verheiratet ist und auf einmal schlagartig, die einzige und große Liebe weg ist. Ich kann nicht einmal erahnen, wie schwer sowas ist und ich schätze, dass ich sogar selbstmord begehen würde, wenn mir das passiert wäre.
Wenn ich Momentan daran denke, wie sehr er eine klaffende Wunde in unserer Mitte hinterlässt, dann lässt es mir die Tränen in die Augen schießen. Ich bereue mich nicht mehr angestrengt zu haben, damit er wenigstens etwas Stolz gewesen wäre und all dieser Kram, der wahrscheinlich in einer Familären Beziehung nur zweitrangig ist. Und nun habe ich keine Gelegenheit mehr dafür. Ich bin jetzt wohl vollkommen Erwachsen und es gibt kein Zurück mehr.
Es ist inzwischen 6:22 Uhr, morgens und ich kann immer noch nicht schlafen. Mein Rücken tut weh und ich habe Angst vor der Zukunft. Durch den Tod meines Opas müssen wir nun hier wegziehen. Die Wohnung ist zu groß für 2 Personen und innerhalb des nächsten Monats werden wir wohl hier ausziehen müssen und uns eine kleinere Wohnung zulegen müssen. Es ist seltsam, dass mit einem Menschen die ganze Welt einstürzt und mir gehen Momentan tausend Dinge durch den Kopf, die teilweise sogar bizarr sind. Ich besitze nun ein Auto, habe mehr Verantwortung als ich je wollte und das ist wohl für die nächste Zeit mein letzter Eintrag. Wer weiß, ob ich, wenn wir wegziehen, danach noch Internet haben werde. Bestimmt, aber nicht sofort, wenn es die finanzen nicht erlauben. Komisch, dass mich Momentan sowas beschäftigt, wie ich meine Internetsucht in Zukunft befriedigen werde, aber mein Kopf macht sich selbstständig und zeigt mir Dinge auf, die sich ändern werden.
Tim, Moritz und Pyow werde ich ja sicherlich wiedersehen. irgendwann. Wie es mit dem Rest aussieht kann ich nicht sagen. Auch wenn ihr nie wirklich ein Teil meines Lebens wart, auch wenn ich euch an meinem Leben teilhaben lies, so werde ich euch irgendwie vermissen. Zumindest glaube ich, dass ich das Momentan so sagen sollte. Biss bald, hoffentlich !