Generation To Go

Jun 30, 2006 15:20

Wir wollen es gerne allen recht machen. Den Eltern, den Gewerkschaften, den Arbeitgebern und den Freunden. Vor allem aber uns selbst. Wir möchten unseren eigenen Weg gehen und trotzdem soll man von uns sagen: „Aus dem ist doch noch was geworden!“.

Unser Durchhaltevermögen schulen wir, indem wir es durchhalten, immer wieder fremd zu sein. Wir schnipseln unsere Lebenslauf aus tausend Praktika, Zusatzkursen und Auslandsaufenthalten zurecht. Als würde es nicht reichen, dass unsere Familien schon Patchwork sind.

Das Aufdröseln der eigenen Strukturen bis ans Existenzminimum tarnt sich als Vorausschauung. Alles soll geplant sein. Mit 21 soll ich wissen, wie die nächsten fünf Jahre meines Lebens zumindest in beruflicher Hinsicht aussehen. Ausweichmöglichkeiten sollte ich aber bitte auch noch in petto haben. Und spontan und flexibel sein. Klappt das Studium in Australien nicht? Macht nix. Gehste eben nach Schweden.

Zuhause wartet vielleicht jemand, vielleicht auch nicht. Wir sind ja jung, da muss man so was machen. Das gehört dazu. Und wir tragen Digitalkameras mit uns herum, um festzuhalten, wo wir sind. Weil wir uns im nächsten Moment auch schon wieder woanders befinden könnten. Und vergessen will ja niemand. Dann schreiben wir E-Mails nach Hause und dokumentieren unsere Reisen um die Welt. Die tränenden Augen von Mama leuchten. Und Opa schüttelt den Kopf.

Lebenslauftuning ist Regel Nummer Eins. War man in der elften Klasse nicht im Ausland, wird man schief angeschaut. Studiert man in derselben Stadt, in der man Abitur gemacht hat, erntet man freches Grinsen. Dass wir trotz unseres Bemühens, möglichst flexibel und vielseitig zu sein, auch ein Bedürfnis nach Kontinuität haben, wirkt dabei fast lächerlich. Heimatgefühle, ein Zuhause, langjährige tiefe Freundschaften zu mehr als nur einem Menschen, das sind so Dinge, die sollen wir im Zaum halten. Wild und frei sind wir jetzt und das sollen wir bitteschön auch ausnutzen. In die Welt hinaus und ab durch die Mitte. Äußern wir den Wunsch nach etwas Permanentem im Leben, und damit meine ich eben nicht permanente Check-Ins und Kurzfassungen, fragt man uns: „Haste Schiss, oder was?“.

Ja. Habe ich. Davor, dass das alle meine Freunde so machen und ich irgendwann nicht mehr weiß, wie sie sich anfühlen, weil wir nur noch über Telefon und E-Mail kommunizieren. Ich will nicht Meisterin im Smalltalk und den oberflächlichen, einfachen Gesprächen sein müssen, weil keine Zeit da ist für mehr. Ich will nicht mich nicht erst in zehn Jahren niederlassen dürfen. Sondern jetzt und dort, wo es mir gefällt. Und wenn das hier ist, dann eben hier.
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