FF: Von einem, der auszog... Chapter 3 - 5 (Johnny Depp/Jack Sparrow)

Aug 21, 2006 12:31



Chapter 3

Jetzt starrte ich Jack keuchend an und begann dann, heftig den Kopf zu schütteln.
"Das... das geht nicht, das... ist unmöglich!"
"Schätzchen..."
Jack hob in gewohnter Manie seine beiden Zeigefinger, seine Ringe funkelten und ich ahnte fast schon, was kommen würde:
"Für einen Captain Jack Sparrow ist nichts unmöglich, savvy?"
Ich spürte ein leises Klopfen hinter meinen Schläfen. Eine Migräne konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen, also schüttelte ich erst mal meinen Kopf und holte tief Luft.
"Stop! Moment!"
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Jack noch einmal seinen Mund geöffnet hatte, ihn nun aber prompt wieder zuklappte. Sehr gut! Soviel also zum Thema Autorität in den eigenen vier Wänden! Ich pustete nochmals die Luft aus.
"Um eines gleich mal klarzustellen: Ihr werdet auf gar keinen Fall mit an die See fahren! Das ist mein Urlaub, ich will ihn genießen und nicht..."
Mein Blick war kurz auf Johnny gefallen und ich brach mitten im Satz ab, als ich so ein kleines Schmunzeln auf seinen Lippen und ein Funkeln in seinen Augen bemerkte. Und unwillkürlich entfuhr mir ein "Was??". Er machte einen kurzen Schmollmund, schüttelte den Kopf, zog leicht die Schultern hoch und murmelte nur ein rasches "Ach, nichts, schon gut!". Ich kniff die Augen zusammen.
"WAS??"
Johnny zog wieder die eine Schulter hoch.
"Naja, ähm... manche Frauen würden sich ein Bein ausreißen, um mit ihm oder mir ihren Urlaub zu verbringen!"
Er deutete kurz zu Jack hinüber. Ich folgte seinem Blick. Und natürlich: Jack strahlte wie Captain Jack Sparrow nur strahlen kann, präsentierte mir dabei seine Goldzähne und grinste zufrieden. Fehlte nur noch, dass er "Siehste?" sagen würde!
"Siehst du?"
Ich stöhnte auf und ließ meinen Kopf hängen. Ganz ruhig bleiben, Kitty, ganz ruhig... Ich schrak hoch, als ich draußen ein Hupen hörte. VERDAMMT! Mein Taxi! Mein Termin beim Frauenarzt!
"Oh neiiiiiiin..."
Es fehlte nicht viel und ich hätte mir die Haare gerauft. Das konnte nicht wahr sein! Ich MUSSTE da hin! Aber was sollte solange mit den beiden Kerlen hier passieren? Ich konnte sie ja schlecht allein in meiner Wohnung lassen. Aber sie allein auf die Straße lassen?? In unserem kleinen Kaff??? Innerhalb von einer halben Stunde würden sich die Fernsehsender aus aller Welt in unserer kleinen Straße versammeln! Das durfte auf gar keinen Fall passieren! Lieber würde ich beide Männer mitnehm...

Das erneute, schon etwas ungeduldigere Hupen unterbrach mich erneut in meinen Gedanken und ich sprang auf und rannte an Johnny vorbei, um meine Handtasche zu holen.
"Ich muss zum Doktor. Los, raus mit euch, ihr kommt mit!"
Während sich Jack mit leuchtenden Augen schon an mir vorbeischob und ich bei seiner Rumfahne automatisch kurz die Luft anhielt, hielt mich Johnny am Arm zurück.
"Bist du dir sicher? Wir könnten auch solange hier warten, ich würde auch auf ihn aufpassen! Immerhin bin ich er. Er ich. Ähm..."
Er zog die Stirn kraus und lachte dann verlegen.
"Naja, du weißt schon, was ich meine. Sollen wir? Hier bleiben, meine ich?"
Sekundenlang zögerte ich. Aber ein exzentrischer Schauspieler (wie ich gelesen hatte!) und ein Pirat? In meiner Wohnung? Meine Gedanken rasten. NEIN! Lieber die Praxis meines Frauenarztes aufmischen als meine kleine Wohnung!
"Wir gehen. Alle!"
Meine Stimme klang energischer, als ich mich fühlte. Ich hastete raus, wartete, dass Johnny auch an mir vorbei geschlurft kam, mich noch einmal angrinste und dann sahen wir beide schon Jack auf den grauen Wagen vor der Gartenpforte zuschwanken. Mit einem Aufstöhnen schloß ich rasch meine Haustür ab.
"Komm schon!"
Ich hörte Johnny leise hinter mir lachen, ignorierte es und beeilte mich, noch vor Jack am Taxi zu sein. Der Fahrer, der mich schon kannte und mich mit einem beschwingten "Morgen, Frau Ballou!" begrüßen wollte, stoppte mit offenem Mund bereits hinter dem "Frau!" und starrte mir entgeistert entgegen. Ich grinste gespielt fröhlich.
"Morgen! Meine zwei... Bekannte kommen heut mit! Sind überraschend zu Besuch hier, toll, ne?"
"Oh. Ja. Klar!"
Ich spürte genau, dass der Blick des Fahrers auf Jack gerichtet war, der eben vor dem Auto Position bezogen hatte, mit spitzen Fingern auf die silbern glänzende Motorhaube tippte und gleichzeitig einen raschen Schritt zurück machte.
"Beißt das?"
Mit einem leisen Stöhnen sah ich Johnny verzweifelt an. Der grinste verlegen, trat dann auf Jack zu und zog ihn neben sich auf die Hintertür des Taxis zu.
"Rein mit dir!"
Er öffnete die Tür, doch Jack stemmte sich wie ein störrischer Esel gegen seinen Griff.
"Ich lass mich doch nicht noch mal fressen!!!"
Hilflos starrte ich den Taxifahrer an. Vielleicht hätte ich die beiden Männer doch bei mir in der Wohnung verstecken sollen. Anketten! Genau! An der Heizung! Bloß da ich keine Ketten zu Hause hatte und mein letztes Paar Handschellen im letzten Urlaub bei einem total verrückten Spiel losgeworden war... Ich winkte ab, es war nicht wichtig! Wichtig war mein Termin!

Ich atmete tief durch.
"Wenn ich hinten einsteige, setzt du dich dann zu mir?"
Keine Ahnung, wessen Blick jetzt entgeisterter war: der des Taxifahrers, Jacks oder Johnnys. Es war mir auch egal, ich wollte nur endlich weg hier! Jack legte gedankenverloren seinen Zeigefinger an den Mundwinkel, ich stöhnte auf.
"JACK!"
Er zuckte zusammen, ich verdrehte die Augen, packte ihn am Ärmel seines Mantels und zerrte ihn mit mir, kroch auf den Hintersitz und durch auf die andere Seite, so dass er nun mit einem "UFF" neben mir landete. Im nächsten Moment hatte Johnny schon die Tür zugeschlagen, Jack zuckte zusammen und rückte unwillkürlich dichter an mich ran. Ich wäre sicherlich noch weiter nach links gekrochen in dem Augenblick, aber da war die andere Tür, keine Flucht möglich. Mit einem tiefen Seufzen sackte ich zusammen. Johnny war bereits vorn eingestiegen, der Taxifahrer ebenfalls. Ich bemerkte seinen Blick im Rückspiegel und grinste schief.
"Zum Ärztehaus, bitte!"
"Klar, machen wir!"
Er nickte, drehte den Zündschlüssel, der Motor sprang an und Jack neben mir sicherlich einen halben Meter hoch. Seine linke Hand krallte sich in meinen Unterarm, ich schrie auf, der Taxifahrer stieg voll in die Bremsen.
"WAS??"
Ich konnte nur aufstöhnen. Und hätte nicht mal genau gewusst, weswegen. Weil mir der wirklich super nette Taxifahrer leid tat, mit dem ich sonst immer rumscherzte, wenn mir mal zusammen unterwegs waren, der sich mittlerweile wohl selbst zu fragen schien, in was für einem Alptraum er gelandet war? Weil ich mir selbst leid tat? Erst recht bei dem harten Griff von Jacks Hand an meinem Arm? Weil mir Johnny leid tat, seinen erschaffenen Charakter in der realen Welt so zu erleben? Oder... ich mochte kaum weiterdenken und schluckte nur hart. Oder hatte ich aufgestöhnt, weil ich das scharfe Durchatmen von Jack gespürt hatte und auch, wie kalt seine Hand war, als er nach mir gegriffen hatte? Mit einem raschen Seitenblick nach rechts sah ich, dass er mit weit aufgerissenen Augen neben mir saß. Und er - ich musste schlucken... er hielt die Luft an, das merkte man genau!

Hastig holte ich Luft.
"Jack?"
Er reagierte nicht. Verzweifelt biss ich mir auf die Lippen.
"Jack???"
Nichts. Verdammter Mist! Mein Arzttermin! Mit einem Blick auf die Taxiuhr stöhnte ich auf, dann forderte ich den Fahrer auf:
"Los! Fahren Sie!"
Unsere Blicke trafen sich nochmals im Rückspiegel, er sah aus, als wolle er sagen "Na gut, auf Ihre Verantwortung!", ich nickte, er gab Gas, Jack zuckte erneut zusammen - und im nächsten Moment packte ich ihn, riss ihn zu mir herum und presste meine Lippen auf seine.

Tbc...

Chapter 4

Im Wartezimmer saß ich in der hintersten Ecke, den Kopf hatte ich an die Wand gelehnt, die Augen hielt ich geschlossen. Die Schmerzen in der Stirn waren weg, das Hämmern in den Schläfen auch. Dafür hatte ich den Geschmack von Tabak, Rum und irgendetwas Undefinierbarem im Mund, schluckte, seufzte und öffnete die Augen, als ich die Sprechstundenhilfe meinen Namen sagen hörte. Noch während ich mich aufrichtete und wie benebelt hinter ihr her tapste (musste am Rum liegen!), bemerkte ich die seltsamen Blicke der anderen beiden Frauen, die noch warten mussten. Logisch, Johnny und Jack hatten sich auch erhoben und folgten mir. Ich musste mir mit Mühe ein lautes Auflachen verkneifen, als diese ältere Dame mit zartmeliertem Grauton in den Haaren entgeistert zurückwich, als Jack mit einem eleganten Schwung den kleinen Glastisch umkreiste und dabei die Mini-Vase mit der Orchidee fast zur Seite gefegt hätte, es aber schaffte, noch irgendwie ganz geschickt auszuweichen. Diese ganze Situation war dermaßen absurd, es war einfach nur unglaublich!

Mit einem Seufzen marschierte ich auf die Stühle hinten im Flur zu, direkt vor den Behandlungszimmern der beiden Ärzte, die sich die Praxisräume teilten. Zum Glück saß hier weiter keiner, der uns anstarren konnte. Obwohl... nein! Falsch! ICH wurde mit Sicherheit nicht so angestarrt wie Jack. Der lehnte sich nun interessiert umschauend an eine Wand, während seine Augen überall waren. Ich beobachtete ihn unter leicht gesenkten Wimpern, während Johnny neben mir Platz nahm. Diese Szene vorhin im Taxi beschäftigte mich immer noch. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich drauf gewettet, dass Jack genau das beabsichtigt hätte, was passiert war! Aber er WAR starr vor Angst gewesen, als er im Auto gesessen hatte! Nur als meine Lippen seine getroffen hatten, war es an mir gewesen, die Augen weit aufzureißen, als ich im nächsten Moment spürte, wie seine meine auseinander gedrängt hatten und ich gleich darauf seine Zunge im Mund hatte.

Ich schluckte und blinzelte heftiger. Zunächst hatte ich ihn zurückstoßen wollen, aber so war er wenigstens ruhig gewesen und die Chance, unbeschadet bei der Praxis anzukommen, war somit wesentlich größer gewesen! Ich hörte zwar ein scharfes Quietschen und spürte, wie das Taxi schlingerte, aber da ich die Augen geschlossen gehalten hatte (Warum eigentlich, frage ich mich jetzt noch...), konnte ich nur ahnen, dass diese ganze Rücksitz-Aktion sicherlich beim Fahrer für einiges Erstaunen gesorgt haben musste! Also blinzelte ich leicht, traf genau auf die dunklen Augen von Jack, blinzelte daraufhin nur noch heftiger, bemerkte dann auch erst, dass er mich im Arm hielt, keuchte auf und beschloss kurzerhand zu wagen, ihn loszulassen und - vor allem! - aufzuhören, ihn zu küssen. Doch kaum hatte ich meinen Kopf etwas zurückgezogen, hatte ich ihn kaum hörbar flüstern hören:
"Nicht... nicht aufhören..."
Wieder waren seine Augen so weit aufgerissen. Sie flackerten leicht. Verdammt! Er HATTE Angst, ich war mir sicher! Und ich konnte doch nicht... ich... okay, ich küsste ihn erneut! Natürlich nur, um ihm ein bisschen seiner Angst zu nehmen! Zwar hatte er von dem Wort "Zahnpasta" wohl noch nie was gehört, aber - Himmel, es gab ja nun wirklich Schlimmeres!!! Beispielsweise einen Unfall zu bauen, weil man auf dem Rücksitz eines Taxis einen klaustrophobischen Piratenkapitän sitzen hatte! Und genau DAS der Polizei zu erklären... ich glaube, dass man das sowohl meinem Lieblings-Taxifahrer als auch mir und Johnny und erst recht diesen besagten Captain ersparen konnte! Ersparen sollte!!! Genau, das war's! Das war genau der Grund, nachdem mein verzweifeltes Hirn gesucht hatte!

Auf jeden Fall waren wir so alle Vier unbeschadet bei der Praxis angekommen. Und jetzt saß ich hier direkt vor dem Behandlungszimmer, hatte Johnny Depp neben mir sitzen und mir gegenüber stand Captain Jack Sparrow und musterte gerade die Sprechstundenhilfe, die im knappen kurzen weißen Kittelchen aus dem Zimmer kam, kurz stutzte und dann meinte, dass ich jetzt reingehen könne. Also erhob ich mich. Johnny ebenfalls. Und Jack stieß sich von der Wand ab und schwankte, noch bevor ihn einer zurückhalten konnte, als erster über die Schwelle. Rasch folgte ich ihm und konnte ihn gerade noch zurückziehen, bevor er sich auf den Stuhl gegenüber vom Arzt breit machen konnte. Mit einem schiefen Grinsen reichte ich dem Doktor die Hand.
"Hallo, ich sollte heut noch mal vorbeischauen!"
Mein Arzt nickte, nicht jedoch, ohne ein paar unsichere Blicke auf die beiden Männer zu werfen, von denen sich Johnny gerade ins Zimmer schob, die Tür hinter sich schloß und sich mit verschränkten Armen an die Wand lehnte. Doch dann fiel mein Blick auf Jack und ich stöhnte leise auf. Gleichzeitig fuhr meine Hand hoch zu meinem Mund, um das Grinsen zu verbergen, während ich mich bemühte, ein Aufglucksen zu unterdrücken. Jack saß am unteren Ende des gynäkologischen Stuhles, baumelte mit den Beinen und schien sich überhaupt nicht an den beiden Beinstützen links und rechts von ihm zu stören. Oder sich nichts dabei zu denken. Das war es wohl eher, da er nun lässig einen Arm auf der rechten ablegte und sich mit dem Fingernagel etwas aus dem Zahn pulte. Schräg hinter mir hörte ich Johnny husten. Und jetzt bemerkte ich auch erst, dass mich der Arzt fragend ansah. Ich hustete ebenfalls und verlegen.
"Was meinten Sie? Entschuldigung, ich war grad etwas abgelenkt!"
Mein Arzt blinzelte etwas irritiert, das konnte man sogar durch die Brille durch erkennen.
"Diese beiden... Männer gehören zu Ihnen?"
NEIN!!!
"Ähm... ja."
Ich zeigte mein schönstes Lächeln.
"Ähm, mein, ähm, Cousin und sein Bruder!"
"Freund!" kam es in dem Moment von der Liege her. Jack grinste und zeigte, was für tolle Goldzähne er im Mund hatte.
"Sie hat mich den ganzen Weg hierher geküsst, so was hab ich noch nie erlebt! Und ich hab einiges erlebt, das könnt Ihr mir wohl glauben!"
Oh Himmel! Ich spürte, wie ich zusammensackte. Haltung, Kitty, Haltung, tu so, als ob alles ganz normal wäre! Also lachte ich kurz und richtete mich wieder auf.
"Er neigt etwas dazu zu übertreiben!"
"Schätzchen, ich übertreibe nie! Klar soweit?"
Die schon so bekannte Geste mit den hoch gereckten Zeigefingern kannte ich ja schon, aber mein Gynäkologe sah doch ziemlich - irritiert aus? Geschockt? Beeindruckt? Seine Miene war jedenfalls ziemlich einzigartig, wenn ich ihn so betrachtete. Aber lieber ihn betrachten als Jack. Oder Johnny. Der hätte ja auch mal was dazu sagen können! Also drehte ich mich halb um und blitzte ihn einmal demonstrativ an. Und was tat er? Zuckte kurz die Achseln, atmete tief durch und meinte dann seelenruhig:
"Also meinen Segen hast du, das weißt du!"
Verräter!!! Ich stöhnte lautlos auf und wandte mich wieder an meinen Arzt.
"Also ich wollte nur fragen, ob Sie diese Tabletten für mich haben, über die wir am Telefon gesprochen hatten!"
Er riss sich mit Mühe von Jacks Anblick los, nickte - immer noch sichtlich verwirrt - und verschwand mit einem Murmeln im Nebenzimmer. Hastig zischte ich Jack zu:
"Komm da runter, verdammt noch mal!"
"Wieso? Und überhaupt..."
Er beugte sich leicht vor, schmunzelte und zog dabei einen Mundwinkel leicht in die Höhe, um so deutlich zu raunen:
"Man sagt ‚Bitte!', Schätzchen!"
Dazu nickte er energisch und ließ seine Augen blitzen. Ich warf einen raschen Blick zur Tür, wo der Doktor verschwunden war und sah dann wieder Jack an.
"Beweg deinen Arsch da runter, oder willst du, dass deine Beine da liegen, wo dein Arm grad liegt und mein Arzt dich auch mal untersucht??"
Jack zuckte kurz zurück, zog die Augenbrauen zusammen, öffnete den Mund, hob eine Hand incl. Zeigefinger, stutzte und schaute dann, ohne den Kopf zu bewegen, von der einen Schiene zur anderen. Er schien zu überlegen, das erkannte man deutlich. Und dann weiteten sich seine Augen etwas, er schluckte und war im nächsten Moment runter von der Liege, hechtete zu Johnny rüber, drängte sich an ihm vorbei und stand nun direkt hinter mir. Um es kurz zu machen: Die Situation hatte sich nicht unbedingt für mich verbessert! Jedenfalls nicht mit einem unberechenbaren Piraten in meinem Rücken!

Umso mehr verwunderte es mich, dass der restliche Besuch beim Doc normal verlief. Abgesehen davon, dass Jack über meine Schulter hinweg zuerst zur Tablettenpackung gegriffen hatte, bevor ich hatte zugreifen können, war nichts Außergewöhnliches passiert. Ich hoffte zudem, dass das kreislaufstärkende Pflanzenpräparat auch für Männer unschädlich sein würde, nachdem mir Johnny auf dem Weg nach draußen zugeflüstert hatte, dass Jack eine dieser Pillen probiert hätte und jetzt immer noch interessiert darauf herum zu lutschen schien. Ich konnte nur seufzend den Kopf schütteln und marschierte jetzt auf das Treppenhaus zu. Doch dort prangte jetzt ein Schild: "WEGEN REINIGUNGSARBEITEN BITTE FAHRSTUHL BENUTZEN!". Ich nickte, fast schon resignierend und trabte auf den Fahrstuhl zu. Johnny folgte mir, Jack in gebührendem Abstand. Er hatte wohl schon bemerkt, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Und als sich jetzt nach meinen Knopfdrücken die Tür öffnete, zuckte er sofort mindestens zwei Meter zurück. Ich rang die Hände.
"Jack, bitte... vertrau mir einfach, es ist..."
"Eine Krake! Genau wie damals! Sie riss ihr Maul auf und SCHWUPPS - das war's dann mit mir!" knurrte er und riss im selben Moment sein Messer aus dem Gürtel, so dass ich erschrocken zurückwich. Jetzt entschloss sich Johnny, sich einzumischen. Er hob die Hände (ohne Zeigefinger!!!) und schob sich zwischen Jack und mich.
"Jack... hör mir zu! Das hier ist keine Krake!"
Er deutete auf den offenen Fahrstuhl.
"Das ist ein Lift, ein Fahrstuhl. Er bringt dich von einem Ort zum anderen!" versuchte er zu erklären. Jacks zusammengezogene Augenbrauen und der Ausdruck in seinen Augen verriet nur zu deutlich, dass er grübelte. Seine Kieferknochen mahlten und jetzt kratzte er sich kurz an der Brust. Langsam nickte er.
"Also gut!"
Sein Zeigefinger bohrte sich in die Luft, zaghaft machte er einen Schritt weiter vor und auf den Fahrstuhl zu, warf einen raschen Blick hinein, zuckte zurück, als er seinem Spiegelbild begegnete, blinzelte heftig, verzog kurz den Mund und meinte dann mit vorgerecktem Kopf:
"Dann bring mich zur Pearl! Zu meinem Schiff!"
Er nickte nochmals und wich wieder zurück.

Ich hörte Johnny tief durchatmen. Und befand mal wieder, dass Männer zwar mit Sicherheit einiges können, aber eben nicht alles! Überredungskünste gehörten scheinbar nicht dazu!
"Jack?"
Mit einem skeptischen "Hm?" sah er mich an. Wahrscheinlich hatte ich ein bisschen zu freundlich geklungen... Also räusperte ich mich erst mal, fuhr mir rasch mit der Zunge über die Lippen, holte tief Luft und lächelte ihn so an, wie ich es immer tat, wenn ich genau wusste, dass ich von meinem Gegenüber die Aufmerksamkeit bekam, die ich brauchte, um das durchzuziehen, was ich wollte!
"Jack, wenn du mit uns in diesen Fahrstuhl steigst, küss ich dich, bis wir wieder draußen..."
Ich hatte noch nicht ausgesprochen, als er schon an mir und Johnny vorbei segelte und den Fahrstuhl betrat.

Tbc...

Chapter 5

Nachdem wir aus dem Fahrstuhl raus waren und sich Jack missmutig geäußert hatte, warum die Fahrt nach nur ein paar Sekunden zu Ende gewesen war, hatte Johnny, noch bevor ich etwas hatte sagen können, gemeint:
"Wir fahren ja gewiss bald wieder nach Hause. Ich meine, zu ihr!" - und dann auf mich gedeutet! Toll, meine Wohnung war soeben geadelt worden! Zu einem Zuhause für diese beiden... Kerle geworden! Genau das hatte mir noch zu meinem großen Glück gefehlt! Ich trabte jetzt auf die Apotheke zu, weil ich vorhin festgestellt hatte, dass ich mein Handy zu Hause vergessen hatte und wollte dort bitten, dass sie uns ein Taxi rufen würden. Kurz davor drehte ich mich noch einmal um:
"Ihr könnt hier warten, ich bin..."
‚Gleich wieder da' entfiel, da Jack schon wieder an mir vorbei und in die Apotheke spazierte. Ich hastete ihm stöhnend hinterher, konnte mir aber nicht verkneifen, Johnny zuzuzischen:
"Ist der immer so schnell?? Du bist doch viel ruhiger!"
"Es ist noch morgens!" kam seelenruhig zurück. Mein Kopf ruckte rum zu ihm und ich wäre fast gegen das Regal mit den Allgäuer Latschenkiefer-Produkten gerannt - hätte Johnny nicht erneut reflexartig zugegriffen und mich festgehalten. Teufel, der Mann hatte Reflexe, da konnte ich nur von träumen! Beeindruckt starrte ich ihn an. Und hielt unwillkürlich die Luft an. Johnny hatte Hut und Sonnenbrille bei mir liegengelassen und seine dunklen Augen, das kleine Schnurrbärtchen und seinen unheimlich schön geschwungenen Mund so dicht vor mir zu sehen war schon ein Ereignis für sich. Woher kamen übrigens diese Trommeln? Ich stutzte und merkte dann erst, dass das wohl mein Herzschlag war, der jetzt überdeutlich zu hören war. Leise keuchte ich auf.
"Ich, ähm..."
Johnny nickte langsam.
"Ja, schon klar."
Jetzt ließ er mich los. Bzw. meinen Arm. Dussel! Ob ich noch mal ein bisschen schwanken sollte? Ich kam nicht dazu, über diesen Gedanken länger nachzugrübeln, weil ich jetzt hinter uns die Stimme einer Apothekenhelferin hörte:
"Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein??"
Jetzt fuhr ich herum. Ich hätte es nicht tun sollen! Drei Frauen standen hinter dem Tresen und starrten Jack fasziniert an, die vierte hatte sich jetzt wohl einen Ruck gegeben und ihn angesprochen. Vielleicht hatten sie auch gelost und sie hatte gewonnen. Oder verloren? Egal! Mit einem Satz war ich neben Jack, der eben schon den Mund zu einer Antwort geöffnet hatte, in seiner rechten Hand eine Flasche mit giftgrünem Inhalt hielt, jetzt einmal aufhickste, eine Handvoll Blasen ausspuckte und sich hustend an die Kehle griff. Sofort riss ich ihm die Flasche aus der Hand. Eukalyptus-Schaumbad! Großartig!!! Bevor ich etwas sagen konnte, kam nun auch Johnny rasch auf uns zu. Er hatte aus dem Wasserspender einen Becher mit dem kühlen Nass gefüllt und streckte es mir entgegen.
"Gib ihm das!"
"NEIN!"
Entgeistert schüttelte ich den Kopf, während ich Jack kräftig auf den Rücken klopfte.
"Soll er noch mehr sprudeln??"
"Ich... puäääh... spru..."
Jack würgte kurz, hustete nochmals und röchelte:
"Sprudle gar nicht!"
Ich spürte Johnnys Atem dicht an meinem Ohr:
"Ich wette mit dir, dass er nicht mal weiß, was Sprudeln bedeutet!"
Fast hätte ich aufgegluckst, aber nun nahte eine der netten Apothekenhelferinnen und reichte uns einen Becher, in dem eine dunkle Flüssigkeit schimmerte.
"Hier, geben Sie ihm das, das wird helfen!"
Dankend nahm ich den Becher entgegen und sah Jack an.
"Geht's wieder? Hier, komm - trink das! Und gib mir die Flasche!"
Ich wollte ihm das Schaumbad abnehmen, aber Jack drehte sich demonstrativ ein Stück weg und hielt sie hinter dem Rücken fest. Mit dem linken Zeigefinger wedelte er vor meiner Nase herum.
"Ich gewöhn mich schon dran! Schmeckt... interessant!"
Er setzte noch einen Huster hinterher, dem zwei grünlich schimmernde Blasen folgten.
"Himmel, Jack, gib diese verdammte Flasche mit dem Schaumbad her und trink dies hier!"
So langsam begann mein Geduldsfaden zu reißen und mit einem raschen Griff entwand ich Jack die Plastikflasche und drückte sie hastig der Apothekenhelferin in die Hand.
"Würden Sie uns wohl bitte ein Taxi rufen? Die bekannte Nummer?"
Ich sah sie flehentlich an. Sie nickte, aber ihr Blick huschte zu Johnny hinüber. Dann hauchte sie:
"Verzeihung, aber das ist er doch, oder?"
Ich beschloss einfach mal, mich dumm zu stellen.
"Wer?"
"Na er! Das ist doch Johnny Depp, oder??"
Sie deutete aufgeregt auf Johnny, der irgendwo hinter mir stehen mochte. Ich schluckte, räusperte mich und überlegte fieberhaft. Dann öffnete ich den Mund, um zu antworten, als besagtes Objekt ihrer Begierde (was man deutlich an ihrem Gesicht erkennen konnte!) neben mir auftauchte, kurz einen Arm um mich legte und mit sanfter Stimme erklärte:
"Siehst du, ich hab dir schon so oft gesagt, dass ich so ausseh wie Johnny Depp! Du glaubst mir ja nie!"
Mir blieb die Sprache weg. Und DAS passierte MIR nun wirklich nicht oft! Aber ich konnte Johnny nur anstarren. Sein Gesicht war dicht neben mir. Er lächelte, während seine Augen die unmissverständliche Nachricht "LEUGNEN!" aussendeten. Ich konnte nur schlucken. Dann holte ich tief Luft und riss mich von diesen unwahrscheinlich schönen Augen los.
"Ich sag immer, dass er überhaupt keine Ähnlichkeit mit ihm hat! Johnny Depp ist viel... größer als er!"
Ich nickte hastig und versuchte, das kurze Aufglucksen neben mir zu ignorieren. Die Enttäuschung im Gesicht der freundlichen Dame in Weiß war dagegen fast ein Grund, Schuldgefühle zu bekommen, daher wandte ich mich mit einem verlegenen Lächeln ab. Eine Kollegin von ihr tauchte jetzt auf und erklärte, dass unser Taxi gleich kommen würde. Ich nickte dankbar, dann sah ich mich zu Jack um, der fasziniert weitere Blasen ausgehustet hatte und jede einzelne mit seinen Fingerspitzen vor sich her zu treiben versuchte. Verrückter Kerl! Unwillkürlich musste ich grinsen. Doch dann packte ich ihn am Ärmel, drehte mich noch einmal rasch zu den netten Damen um und erklärte, wir würden vorn bei der Sitzgruppe warten, dann zerrte ich Jack mit mir, während Johnny uns mit einem kleinen Lächeln im Gesicht folgte und dann direkt mir gegenüber Platz nahm.
"Wir sind arg anstrengend, oder?"
NEIIIIIIN! Gut, dass er das ansprach, mir war das überhaupt noch gar nicht aufgefallen!!! Daher verdrehte ich nur mit einem kleinen Seufzer die Augen und ließ mich in den Stuhl zurücksinken. Mein Blick huschte von Johnny zu Jack, der gerade noch mal probehustete und enttäuscht dreinschaute, als keine Blasen mehr auftauchten. Dann seufzte er tief und verzog das Gesicht. Sekundenlang schwiegen wir.
"Ich möchte zurück..."
Die Stimme war ganz leise, zuerst kaum zu verstehen. Überrascht schaute ich hoch. Jack saß auf dem Stuhl, verzog das Gesicht und grinste jetzt schief.
"Das Leben ist ein tolles Abenteuer, aber ohne Schiff und dem Rum und meiner Crew und all dem..."
Er wiegte kurz den Kopf und zog die Schultern hoch. Es war überdeutlich: Er fühlte sich äußerst unwohl und man sah es ihm auch an. Ich schluckte und wusste kaum, was ich sagen sollte. Hilfesuchend schaute ich Johnny an. Der verzog nun den Mund, öffnete ihn kurz, schloß ihn wieder und griff dann mit einer Hand rüber zu Jack, um sie ihm auf den Unterarm zu legen. Jack starrte trübsinnig auf die Hand und dann hoch zu Johnny. Und ich - ich starrte aus großen Augen auf die beiden Männer, die so verschieden aussahen und sich doch so ähnlich waren.

Jetzt blinzelte Johnny etwas. Er schluckte, setzte ein paar Mal zum Sprechen an und meinte schließlich:
"Jeder von uns vermisst etwas. Ich - ähm... meine Familie. Ich - weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin. Ich war mit einem Mal hier!"
Er zog die Schultern hoch und seufzte leise, obwohl er immer noch dieses kleine, kaum wahrnehmbare Lächeln im Gesicht hatte. Jack starrte ihn an. Verzog nun auch das Gesicht.
"Familie, aye? Ich vermisse das Meer. Mein Schiff. Die Pearl!"
Beim letzten Wort leuchtete sein Gesicht so dermaßen auf, dass ich einen Kloß im Hals spürte und den Kopf senkte. War es meine Schuld? Lag es an mir? Hatte ich irgendetwas getan, gesagt oder gedacht, dass wir alle Drei in dieser vertrackten Situation gelandet waren? Und wenn ja: Wie konnte ich das wieder rückgängig machen? Gutmachen? Konnte ich überhaupt irgendetwas tun?

Tbc...

Previous post Next post
Up