Dies und das und überhaupt

Oct 24, 2010 12:27

Heute habe ich ganz viel zu erzählen - und darum schiele ich jetzt erstmal in die Richtung meines englischen Lektors. Paul, das Lästermaul, hat nämlich neulich, als ich einen langen Eintrag in mein Blog geschrieben habe, gefragt, ob ich etwa unter "Verbal Durchfall" leide. Ich doch nicht! Ich habe immer wichtiges und wesentliches zu sagen! Und was kann ich dafür, dass ich ein so ereignisreiches Leben und dadurch immer viel zu erzählen habe?


(c) Ferdinando Klemenz
Wahrscheinlich ist Paul nur neidisch, weil er nicht so schön und geliebt ist wie ich (und nein, ich werde kein Bild von ihm zum Vergleich veröffentlichen). Pfff!

Also, ich fange jetzt mal an: Wir sind seit einigen Tagen in Nürnberg, die letzte Stadt unserer diesjährigen Krone-Tournee. Und immer, wenn ich in die Umgebung gucke, muss ich grinsen.


(c)Pietro Bento
Wir sind nämlich neben dem deutschen Pseudo-Colloseum gelandet. Das Ding wurde als "Kongresshalle" zum Reichsparteitag von Herrn Hitler und Consorten erbaut, aber hält natürlich keinen Vergleich mit den Original in Rom aus. Abgesehen davon, dass das Nürnberger Ding nur halbrund ist und innen keine Arena hat - welche Kopie kann schon mit dem Original mithalten? Und als weitgereister Löwe kenne ich das natürlich. Schließlich hat das Colosseum in Rom eine nicht zu kleine Rolle in der Geschichte der Löwen gespielt, wobei ich die Behauptungen, dass Löwen darin massenweise Christen gefressen hätten, für fürchterlich übertrieben und rufschädigend halte.
Wir Löwen haben nämlich, was unsere Beute angeht, einen Ehrenkodex: Wir jagen nur das, was eine reelle Chance hat, zu entkommen - also schnelle Vierbeiner wie Zebras, Gazellen, Antilopen, Wasserbüffel (okay, die nur, wenn sie schon etwas schwächeln und nicht als Herde auftreten. Sonst machen sie einen nämlich alle). Menschen passen absolut nicht in unser Beuteschema. Und wenn Sie je in einemBericht aus Afrika lesen, dass ein Löwe sich an einem Zweibeiner vergriffen hat, dann war der Löwe entweder ein schon reichlich klappriges, älteres Exemplar, das bei der Jagd auf Vierbeiner keine Chance mehr hatte oder der Mensch hat's provoziert, in dem er den Löwen geärgert hat. Normalerweise aber seid Ihr vor uns sicher. Zudem glaube ich einfach nicht, dass Menschen schmecken.

Was mich angeht, so würde ich viel lieber mal ein leckeres Pferd jagen. Abgesehen davon, dass es eine angemessene Herausforderung wäre - sieht Janas Liebling Jasi nicht zum Anbeißen aus?


(c)HKM/Maresa Mader
Aber Jana lässt mich ja nie mit Jasi und seinen Kumpels spielen. Sie will immer selbst. Weil sie mir aber gestern mit ihrem großartigen Rehrücken - extra für mich gekocht - den eigentlich miesen Tag gerettet hat, erfülle ich ihr jetzt trotzdem eine Bitte. Jana möchte nämlich, dass ich Sie einlade. Sie meint, wer mich mag, mag auch schöne, elegante Pferde und möchte mehr über sie wissen. Also lädt Jana herzlich ein:


Bei der Tagung können Sie nicht nur erfahren, wie Jana und ihre Freundin und Trainerin Anja Beran (das ist auch eine sehr nette Dame mit einer schönen Stimme)ihre Dressurpferde klassisch ausbilden, sondern auch zuschauen, wie Jana ihren Pferden die Freiheitsdressur beibringt. Also, ich würde hingehen!
Nur bin ich zu der Zeit in Italien. Meine Familie und ich finden den deutschen Winter nämlich etwas unfreundlich, auch wenn wir ihn im gut geheizten Quartier in München verbringen könnten. Aber was ist schon das Winterquartier gegen italienische Wintersonne, blauen Himmel, italienische Lebensfreude und ein enthusiastisches Publikum? Darum reisen wir über die Alpen und verbringen Dezember und Januar im Land, wo die Zitronen blühen. Und sollten Sie zufällig auch in Italien sein: Schauen Sie nach den Plakaten vom Circus Medrano. Da können Sie mich dann treffen.

Genug von den Zukunftsplänen. Sie wollen sicher wissen, warum ich gestern Rehrücken zum Trost über einen doofen Tag brauchte? Hören Sie mich wieder einmal seufzen.
Und dann muss ich wohl erklären: Ich bin ein sozialer Löwe. Ich weiß, dass man als König der Löwen eine gewisse Verantwortung gegenüber anderen Löwen hat und deswegen bin ich ja bereit, alles, woran mir gelegen ist - meinen Menschen, mein Futter (solange es nicht gerade Rehrücken oder meine Steaks sind)und wenn es denn sein muss, auch mein Tonga-Mobil, mit anderen Löwen zu teilen. Doch bei aller Löwennächstenliebe - gefallen muss mir das nicht, oder? Unter uns darf ich da schon mal ein bisschen maulen und meckern, oder?
Gestern war es nämlich mal wieder so weit. Der Morgen graute noch nicht, als Martin schon mit dem Frühstück kam. Und weil ich ihn ja sehr gut kenne, sah ich dabei schon, dass er relativ hektisch war. Kein gutes Zeichen.
Tatsächlich hat er auch nur deswegen so früh gefüttert, weil er etwas vor hatte: Lady Jane von nebenan musste in die Klinik nach Augsburg. Die Arme ist auch nicht mehr die Jüngste und wie das halt bei uns Löwen auch ist: Wenn wir älter werden, befallen uns diverse Malaisen. Bei Jane war es eine Linsentrübung. Sie sah nicht mehr richtig und wäre wohl auf Dauer erblindet. So weit wollte es Martin natürlich nicht kommen lassen. Ergo diente mein Tonga-Mobil wieder einmal als Krankentransporter: Nachdem er uns gefüttert hatte, verlud der Jane und brauste mit ihr nach Augsburg in die Tierklinik, wo sie operiert wurde.

Ich armer Tonga blieb zurück: Unbeschmust, unbespaßt und ziemlich gelangweilt. Dazu war es so kalt, dass ich noch nicht mal groß Lust hatte, in meinem Außengehege zu spielen (und Laubschnitt hat's in Nürnberg auch nicht gegeben! Der Service hier lässt echt zu wünschen übrig). Also legte ich mich im Wagen unter die Wärmelampe in mein gemütliches Strohbettchen, schlief ein bisschen, betrieb ausführlich Körperpflege, schaute über Mittag der Sekretärin zu, die mit Freunden gekommen war und vor meinem Gehege ein kleines Picknick hatte (Hühnerbrust auf Sandwich - und nein, sie hat nicht mit mir geteilt. Aber das ist schon okay. Es war nur eine ganz kleine Portion).
Martin unterdessen hielt wohl Jane die Pranke - und ich bin sicher: Als sie aus der Narkose aufwachte, saß er neben ihr, war ganz lieb zu ihr und hat sie vermutlich auch noch auf die Nase geküsst. Und das alles, während ich auf ihn wartete! Er kam nämlich erst ganz spät - die Vorstellung lief schon - wieder und dann hat er mich nur ganz kurz gebürstet und sich entschuldigt, weil er so in Eile war. Ich hab's ihm natürlich verziehen - ich bin ja ein sozialer Löwe. Und natürlich bin ich auch froh, dass Jane nach der Operation - ihr wurde die getrübte Linse entfernt - wieder gut sehen wird (nur lesen könnte sie jetzt nicht mehr. Da bräuchte sie eine Brille dazu). Und schließlich gab's ja Rehrücken von Jana. Aber insgesamt war es trotzdem kein guter Tag und darum hoffe ich, dass jetzt mal wieder eine Weile Normalbetrieb hier ist, Martin mal wieder zum Ausschlafen kommt (ich mag es nicht, wenn er so groggy ist. Dann möchte ich ihn immer einladen, mit mir eine Runde unter die Wärmelampe zu liegen)und wir in Nürnberg noch viel Spaß haben.

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