Shakespeare war ein kluger Mann. Er hatte zwar keinen Löwen als Berater an seiner Seite, aber er hat trotzdem eine ganze Menge gescheiter Sachen gesagt - wie zum Beispiel den schönen Satz, dass der, der eine Krone trägt, unter der Last ihrer Verantwortung nicht immer gut schläft. Nun kann ich zwar nicht über Schlaflosigkeit klagen, aber die letzten Wochen waren doch recht anstrengend. Da war nämlich nicht nur der Ärger mit den Tierrechtlern in Köln, sondern außerdem unser Abgang dort - und der war krimireif!
Eigentlich sind wir ja die absoluten Reise-Routiniers. Wenn wir mit dem Gastspiel in einer Stadt durch sind, geht es normalerweise ganz schnell: In der Nacht nach der letzten Vorstellung packen unser Mensch und seine Helfer unsere Show-Ausstattung - vom Zentralkäfig über den Laufgang bis zu den Podesten - auf den Lastwagen, am nächsten Morgen nach der Fütterung werden dann unsere Außengehege zusammen gepackt und verladen und während wir unseren Verdauungsschlaf in unseren Wagen halten, werden die an die großen Zugfahrzeuge gehängt und schaukeln uns gemütlich in die nächste Gastspielstadt, wo dann die fleißigen Krone-Arbeiter und unser Mensch blitzschnell wieder aufbauen. Da sitzt jeder Handgriff, das ist tausendmal geübt, da kommt noch nicht mal mehr Hektik auf.
Nur was Köln angeht, hat's nicht so hingehauen. Als da die ersten LKWs fuhren, schritt nämlich die Staatsmacht ein. Die Polizei, dein Freund und Helfer, verschaffte uns eine "Gastspielverlängerung" der eher unangenehmen Art. Obwohl der komplette Krone-Fuhrpark erst im Februar vor unserem Tournee-Start in München beim TÜV war, obwohl wir in Köln 17 Tage lang praktisch neben einem Polizeirevier gestanden hatten, meinten die uniformierten Damen und Herren nämlich nun, unsere Fahrzeuge - und nicht nur die der Löwentruppe, sondern die des kompletten Zirkus, überprüfen zu müssen. Und nach einigen Monaten Tourneebeanspruchung und holprigen Plätzen ... lassen Sie es mich so ausdrücken: Wer da sucht, der findet auf jeden Fall etwas.
Sprich: Wir saßen erst mal in Köln fest. Uns Löwen musste es wenig stören. Wir schliefen. Aber ... also, ich bin ein spezieller Löwe (ja, ich weiß, ich habe das schon ein paar mal erwähnt. Aber es ist halt in dem Zusammenhang wichtig)und als solcher fühle ich mich für unseren Menschen verantwortlich. Und der war natürlich total genervt. Es hat nämlich Stunden gedauert.
Doch um Krone wirklich auszubremsen, braucht es mehr als eine Razzia. Wir haben's schließlich - mit reichlich Verspätung - geschafft, in Köln weg- und in Worms anzukommen, wo uns ein riesiger Platz erwartete. Da wurde dann im Eiltempo - ja, da kam dann durchaus Hektik auf - aufgebaut, wobei die Krone-Menschen wieder einmal bewiesen, dass sie in Krisenzeiten erst richtig zu Form auflaufen. Jeder packte mit an und von wegen, dass jemand in "Ich trage die Verantwortung und die anderen das schwere Zeug!" gemacht hätte. Ganz im Gegenteil: Jana hat selbst - keine halbe Stunde vor der Premiere - noch Stühle im Zelt aufgestellt, während Martin dafür sorgte, dass bei uns und Tsavo wieder alles in Ordnung ist. Und es hat geklappt: Wir hatten zwar ein Viertelstündchen Verspätung, aber unsere Premiere ist gelaufen und die Wormser belohnten uns mit tollem Beifall.
Dazu hatten sie aber auch allen Grund. Obwohl Martin an dem Tag aussah, als ob er sein Mini-Manegen-Ruhepäuschen auf Kasanga wirklich gebraucht hätte ...
Martin und Kas nehmen sich mitten in der Show eine kleine Auszeit.
(c) Ferdinando Klemenz, 2010
... haben wir uns supergut gezeigt. Vor allem ich habe mich angestrengt. Ich habe Martin zum Trost dafür, dass er so viel Tralala und Hektik hatte, nämlich besonders lieb angeguckt und mich an ihn gekuschelt. Er ist ja nur ein Mensch und als solcher braucht er eben viel Zärtlichkeit, vor allem, wenn er sich so ärgern musste. Dann ist es nämlich wichtig für ihn, gezeigt zu bekommen, dass ich als sein Königslöwe ihn zu schätzen weiß und mit ihm fühle. Und ich kenne meinen Martin. Schmusende, gesunde, zufriedene Löwen können bei ihm allen Ärger wieder wettmachen und nach einem Auftritt mit uns fühlt er sich immer besser.
Trotzdem muss erlaubt sein, dass ich hier an dieser Stelle feststelle: Die Razzia in Köln war ...also, ein Bild sagt mehr als tausend Worte, nicht? Sie war für den ...
(c)Claudia May, 2010
Aber wir haben's jetzt überstanden und sind noch bis Dienstag in Worms. Dann geht's weiter nach Wertheim und anschließend nach Nürnberg. Und wir freuen uns auf ganz viel Besuch bei diesem großartigen Wetter!