Regenwetter und Artenwandel

Aug 09, 2011 16:05

Wenn ich die Nase recke, rieche ich Wasser. Wenn ich die Pfote ausstrecke, spüre ich Wasser. Wenn ich die Augen schließe, höre ich Wasser und wenn es hier so weiter geht, werde ich mir bald einbilden, ein Seelöwe zu sein. Wir sind nämlich an der See - in Husum, um ganz genau zu sein. Und leider macht Husum seinem Beinamen „die graue Stadt am Meer“ in diesen Tagen alle Ehre. Der Himmel über der Stadt ist seit unserer Ankunft (wobei da sicher kein kausaler Zusammenhang besteht) grau und verhangen, es regnet immer wieder aus Kübeln und stürmt so, dass unsere Menschen schon gefragt werden, ob das Zelt so viel Wind wohl aushält. Doch diesbezüglich machen wir uns keine Sorgen. Wir wissen, wie zuverlässig unser Chapiteau ist.

Und nein, Sie müssen sich auch wegen der eher kühlen Temperaturen keine Sorgen um mich machen. Ich trage bekanntlich Pelz und so dick wie der meine ist, macht es ihm noch nicht einmal etwas aus, wenn er einmal einen Regenguss abbekommt. Außerdem könnte ich mich ja, wenn mir kalt wäre, jederzeit in meinen Schlafwagen aufs Strohbett unter die Wärmelampe verziehen. Stattdessen aber liege ich auch im Regen gerne draußen und gucke mir unseren „Wetterprofiteur“ Tsavo an. Herr Nashorn findet es nämlich großartig, dass sich über den ganzen Circusplatz inklusive seines Geheges Pfützen in mittlerer Teichgröße verteilen. Er nimmt genüsslich grunzend Schlammbäder - angeblich sei das ja gut für die Nashornhaut. Martins Begeisterung über Tsavos Beauty-Kur hält sich allerdings in Grenzen. Abgesehen davon, dass er nicht weiß, wo er die Tsavo zustehenden Streicheleinheiten an dem total verschlammten Tier loswerden soll (ich hätte da eine Idee: Er soll sie doch einfach bei mir abliefern!), muss er ihn immer vor jedem Auftritt von seiner Panate befreien. Da bin ich deutlich pflegeleichter: Wenn ich mir auf dem feuchten Boden Dreckspfoten hole, wische ich die erst Mal am Stroh ab und putze sie dann sorgfältig - schließlich weiß ich, was ich mir und meiner Majestät schuldig bin. Martin kann sich also darauf beschränken, mir die Mähne zu bürsten.

Ansonsten muss ich übrigens etwas aufklären: Es ist wahr, dass normale Löwen - wie zum Beispiel Kasanga und Junior - zum Brüllen aufstehen. Aber es ist ebenso wahr, dass ich das nicht immer tue. Meine Stimme ist mächtig genug, dass sie auch im Liegen funktioniert. Und wie Sie als meine treuen Fans hoffentlich schon wissen: Ich bin ein ausgesprochen effizienter Löwe. Ich halte nichts davon, sich unnötig anzustrengen. Darum habe ich die Liege-Brüll-Technik entwickelt - und meistere sie inzwischen so gut, dass ich sogar unsere Seelöwen übertönen kann, ohne mich deswegen erheben zu müssen.

Doch das ändert alles nix daran, dass ich mich jetzt auf die Show vorbereiten muss. Ich bin bekanntlich ein hochprofessioneller Löwe, folglich lege ich Wert darauf, mich immer bestens zu präsentieren. Dazu muss ich ausgeruht sein, weswegen ich jetzt gleich in mein Tonga-Mobil einsteige und noch ein wenig meditiere. Aber wie wär’s, wenn Sie mich ab morgen in Bad Segeberg besuchen würden? Sie können dazu ein wenig gutes Wetter mitbringen!

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