Richard Sakwa "Jazenjuk ist heute der gefährliche Mann in Europa"

Mar 10, 2015 21:19


Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie erklären Sie sich, dass es im Westen eine sehr geschlossene Sicht auf die Geschichte gibt: dass nämlich eine russische Aggression vorliegt, obwohl wir durch die abgefangenen Telefonate der US-Diplomatin Victoria Nuland („Fuck the EU“) doch deutliche Beweise haben, dass es eine aktive Verwicklung Washingtons in den Sturz der Regierung Janukowitsch gegeben haben dürfte?
Richard Sakwa: Ich glaube, dass das Vorherrschen einer völlig einheitlichen westlichen Sicht auf die Dinge der am meisten beunruhigende Aspekt der ganzen Krise ist. Es ist erschreckend zu sehen, wie die westliche Öffentlichkeit und die Eliten sich dieser falschen Sichtweise angeschlossen haben. Es ist immer leicht, Russland für alles die Schuld zu geben. Russland ist sicher weit davon entfernt, perfekt zu sein. Aber es ist sicher nicht die böse Macht, als die es der Westen jetzt darstellt. Es ist für mich auch schockierend zu sehen, wie leicht die westlichen Wirtschaftsführer dieser falschen Interpretation aufgesessen sind


Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Können Sie erklären, welche Art der staatlichen Organisation die beste für die Ukrainer wäre?

Richard Sakwa: Am besten wäre ein föderaler und nicht zentralistischer Staat. Dies ist zwar kurzfristig nicht sehr wahrscheinlich zu erreichen, aber auf lange Sicht ist es der einzige Weg für die Ukraine. Der Donbass wird niemals wieder ein Teil eines nationalistischen und zentralistischen ukrainischen Staates sein können.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Muss der Westen seine Sicht auf die „territoriale Integrität“ bestehender Staaten nicht unter dem Gesichtspunkt der Existenz von ethnischen Minderheiten in den meisten Staaten in Osteuropa überprüfen?

Richard Sakwa: Das wird vermutlich geschehen müssen. Wir brauchen eine große neue Konferenz, so wie Jalta oder Helsinki, die sich mit all diesen Themen beschäftigt. Im Moment werden diese Probleme immer dringender. Das betrifft auch Transnistrien und andere Regionen, sogar den Kosovo.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk hat mehrere Male gesagt, dass jene, die Russen sein wollen, nach Russland auswandern sollten. Steckt hinter dieser Forderung die Idee einer Art der ethnischen Säuberung in der Ostukraine?

Richard Sakwa: Jazenjuk ist heute der gefährliche Mann in Europa. Ich verstehe nicht, wie ein solch entschlossener Nationalist überhaupt mit Respekt behandelt werden kann.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/03/09/britischer-forscher-eu-politik-in-der-ukraine-war-dummheit-im-grossen-stil/
http://ria.ru/world/20150309/1051608552.html

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