Feb 06, 2010 13:22
Mein Opa hat mir letztens eine Zeitschrift aus dem Jahr 1988 in die Hand gedrückt: Technische Gemeinschaft, Organ des Präsidiums der Kammer der Technik.
1988, ihr wisst schon. Zu dieser Zeit lebte mein Opa mit einem Haufen anderer Verirrter in dem Teil Deutschlands, der damals DDR genannt wurde, der aber in der gesamtdeutschen Geschichte quasi nicht mehr existiert. Ich mein... jeder kennt wohl den ersten deutschen Bundeskanzler der auch den Wendekanzler. Aber wer war der erste deutsche Staatsratsvorsitzende oder der Wendestaatsratsvorsitzende? Nagut, letzterer könnte gerade noch bekannt sein, weil er sich (nun wieder aus dem Gefängnis raus) zum 10-jährigen Mauerfalljubiläum in den Medien ein wenig in den Vordergrund geschummelt hatte. Egal.. ich wollt ja von der Zeitung meines Opas erzählen.
Aufreißer der Zeitschrift war "Neue Programme für jedes Problem?" und dahinter steckte ein Artikel voll Weisheiten für 8- und 16-Bit Computer, die ungeändert auch heute noch gelten, z.B.:
Die Grundregel heißt deshalb, automatisieren Sie nicht soviel wie möglich, sondern nur soviel, wie ökonomisch nötig.
Wenn der künftige Nutzer über das Schicksal der Automatisierungslösung entscheidet, dann ist es für den Projektanten am besten, von der ersten Minute an gut mit ihm zusammenzuarbeiten und auf (begründete) Extrawünsche einzugehen, auch wenn es schwerfällt.
Fehler bei der Einsatzvorbereitung sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Man muß davon ausgehen, dass der Nutzer im Routinebetrieb Fehler macht und daß überdies die Software auch Fehler enthält.
Aber vor allem:Sie haben es nicht nötig, das Softwarefahrrad noch einmal zu erfinden, und Sie dürfen es auch nicht[2,3]. Fordern Sie aus der Zentralen Informationsbank Software (ZIBS) beim Datenverarbeitungszentrum Dresden eine Recherche zu vorhandenen Softwarelösungen für Ihr Problem an.
[...]
2 Anordnung über die Planung, Bilanzierung und Abrechnung von Software vom 13. 1. 1986
3 Anordnung über Informations- und Beratungsleistungen zur Entwicklung, Produktion und Mehrfachnutzung von Software in der DDR vom 26. 2. 1986
Interessant war aber auch ein Artikel zum Thema Technisches Gewissen. Daraus:In den kapitalistischen Staaten stehen Wissenschaft und Technik im Dienste des Profits. Trotz bedeutender wissenschaftlich-technischer Leistungen und einer stürmischen Entwicklung der Produktivkräfte vollzieht sich in diesen Ländern eine zunehmende sozialökonomische Differenzierung in der Bevölkerung.
Unter unseren gesellschaftlichen Verhältnissen arbeiten Wissenschaft und Technik für das Volk. An erster Stelle unserer vom XI. Parteitag der SED beschlossenen ökonomischen Strategie steht deshalb die Aufgabe, die Vorzüge des Sozialismus noch wirksamer mit den Errungenschaften der wissenschaftlich-technischen Revolution zu verbinden.
Und dann zu meiner größten Überraschung, der Artikel "Mitmachen bei UNIX":
Am 16. 3. 1988 fand im VEB Leitzentrum für Anwendungsforschung Berlin die 1. Tagung der Entwickler- und Anwendergemeinschaft UNIX-kompatibler Software statt. Die Gemeinschaft stellt sich das Ziel, die Anwendung von UNIX-kompatiblen Bestriebssystemen (MUTOS, PSU, WEGA, VMX u. a.) auf unterschiedlicher Hardware zu fördern und zur Erhöhung des Bestandes an Anwendungssoftware beizutragen.
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