Feuervergoldete Bronzeskulpturen
der französischen Pendulen
des Empire 1796 - 1830
ССЫЛКА Von den Zeitgenossen goût antique genannt, begann dieser Stil nach dem Ende des wirtschaftlichen Chaos der Revolution 1796 und wird gegen 1825 durch einen deutlich unterscheidbaren Spätstil abgelöst.
Wie bei allen Stilbegriffen, die nach der Regierungszeit eines Herrschers benannt sind, gibt es auch beim "
Style Empire" einen nicht zu übersehenden Unterschied zwischen den Eckdaten der historischen Epoche und der davon ganz verschiedenen Dauer eines zusammenhängenden Stils mit seiner Frühphase, Hauptphase und späten Entwicklung.
Feuervergoldete Bronzen gehörten zu den kostbarsten Luxusgütern, die von Pariser Handwerkern an Höfe und große Häuser in ganz Europa geliefert wurden.
Nur
Seidenstoffe aus Lyon und die großen Spiegelgläser der
Manufacture Royale des Glaces von St. Gobain erzielten damals noch höhere Preise.
Möglich wurde die komplizierte Herstellung feuervergoldeter Bronzen nur durch die weitgehende Aufhebung der vorher isolierten Arbeitsweise der Zunfthandwerker in Paris.
Die Zunftbeschränkungen für bestimmte Stadtgebiete in Paris wurden wegen der Königlichen Hofaufträge durch die Polizei geduldet.
Die damaligen Bronzependulen sehen aus, als wären sie aus einem Block gefertigt. Das ist natürlich nicht der Fall, ganz im Gegenteil (!)
Die Bronzeskulpturen des 18. Jh. und des Empire Anfang des 19. Jh. bestehen aus vielen großen und kleineren Einzelteilen. Ist das nicht der Fall, handelt es sich meistens um billige Kopien - oft aus
Zinkguß - aus der zweiten Hälfte des 19. Jh.
Das erste Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war von einem ausgesprochenem Ansteigen der Qualität der Verarbeitung geprägt.
Das ist damit zu erklären, dass Unternehmer und Fabrikarbeiter ihre Ausbildung noch in den Handwerksbetrieben der Vor-Revolutionszeit erfahren hatten und nach Maßstäben der Luxuskunst des
Ancien régime weiter arbeiteten.
Gleichzeitig hatten sie aber die modernen Organisationsformen des Fabrikationsbetriebes - vielleicht auch bessere Arbeitsmittel - zur Verfügung.
Erst mit dem allmählichen Ausscheiden der handwerklich ausgebildeten älteren Generation aus den Fabriken machte sich ein deutlicher Qualitätsverfall zuerst in der Vergoldung, dann in der
Ziselierung bemerkbar.
Was uns heute so geschlossen vor Augen steht, ist das Resultat einer außerordentlich komplexen Zusammenarbeit hochspezialisierter Handwerker.
Die hochspezialisierten Verfahren und Techniken hatten eine extreme Arbeitsteilung zur Folge, bei der Abformungen und Werkstücke von einer Hand zur anderen wanderten.
Alles wurde in einem Montageverfahren zusammengesetzt, eine Art Baukastensystems erlaubte es Gehäuse, Ornamente und Figuren in verschiedenen Kombinationen zu verwenden.
Damit wurde bei relativ wenig Aufwand eine große Modellvielfalt erzielt. Diese konnte noch gesteigert werden, wenn in den Ladengeschäften der Bronzefabriken nicht nur die eigenen Modelle verkauft wurden, sondern auch die der Kollegen. Was den Rückschluss auf den wirklichen Hersteller erschwert.
Die Komplexität einer Bronzeskulptur wird bei der Betrachtung auf den Herstellungsablauf deutlich.
Die wichtigsten Schritte sind:
1.) Der Guß
2.) Die Ziselierung
3.) Die Vergoldung
Der Guß
Bronze ist eine Legierung aus Kupfer, Zink, Zinn und Blei. Jeder Bronzier hatte sein eigenes Rezept für das richtige Mischungsverhältnis, das streng geheim gehalten wurde. Generell überwiegt aber immer der Kupferanteil, der zwischen 82% und 91% variieren kann.
Ziel des Bronziers war es, eine Masse zu erhalten, die sich gut gießen ließ und die nach dem Erkalten möglichst porenfrei war. Sie sollte eine solide Basis für die weitere Oberflächenbehandlung bilden.
Am Anfang steht ein zeichnerischer Entwurf oder ein in Terrakotta gearbeiteter plastischer Entwurf, auch Bozetto genannt.
Der Entwurf bildet die Grundlage für die Fertigung eines dreidimensionalen Modells aus Gips, Holz oder Wachs. Dieses Modell wird von einem Bildhauer oder Modelleur geformt.
Von diesem Grundmodell wird nun in Gips das eigentliche Gußmodell abgenommen. Diese Kopie ist nötig, weil das Gußmodell im weiteren Fertigungsprozeß zerstört wird.
Es gibt zwei verschiedene Gußverfahren - Sandguß und Wachsausschmelzverfahren:
Der Sandguß für alle flachen Gehäuseteile ohne Unterschneidungen und die Sockelreliefs, sowie das Wachsausschmelzverfahren - auch "Guß mit verlorener Form" genannt - mit dem vollplastische Formen entstehen.
Für den Sandguß wird ein flacher Holzkasten benötigt. Hier hinein wird der Gießsand gefüllt und festgestampft. Das Modell wird in den Sand gedrückt und anschließend wieder entfernt. In den so gebildeten Eindruck wird die flüssig gemachte Bronze gefüllt. Dadurch entsteht eine positive Kopie des Gußmodells, das für weitere Güsse wieder verwendet werden kann.
Das Wachsausschmelzverfahren, ist wesentlich komplizierter.
Das aus Wachs geformte Gußmodell wird mit einem Erdgemisch ummantelt, und in einem Feuer gehärtet. Dabei schmilzt das Wachs, das durch eigens vorbereitete Kanäle abfließen kann. In den Hohlraum wird anschließend durch andere Kanäle die flüssige Bronze eingefüllt.
Nach dem Erkalten des Metalls wird die Tonform abgeschlagen, man entfernt die Kanäle und glättet die Oberfläche.
Damit ist die Arbeit des Gießers oder Bronziers beendet.
Zur Zeit des Empire 1800-1830 bestanden die Figuren aus vielen Einzelteilen.
Auch das ist ein (Qualitäts) Merkmal, welches später so nicht mehr gab (!)
Die Verschraubung von innen erfolgte mittels Gewindestangen aus Eisen.
Das Ziselieren
Das hochentwickelte Handwerk der Ziseleurskunst, welches sich im 18. Jh. ausprägte, sich im 19. Jh. zur akademischen Perfektion vervollkommnete, geriet im 20. Jh. in Vergessenheit. Doch erst die Ziselierung bringt die individuelle Qualität und die Handschrift zustande, welche die Originale des 18. und frühen 19. Jh. von späteren Kopien unterscheidbar machen.
Der Ziseleur übernimmt die diffizile Gestaltung der Oberfläche der Skulptur. Zunächst müssen die durch den Guß entstandene Ungenauigkeiten überarbeitet werden. Danach geht es an die aufwändige und vielleicht wichtigste Feinarbeit, die den eigentlichen Charakter der Bronzeplastik bestimmt.
Mit einer großen Anzahl verschiedenartigster Stahlmeißel werden unterschiedlichste Oberflächen hergestellt. So war denn auch der Ziseleur der angesehenste von allen, und erhielt auch die höchste Bezahlung.
Der Ziseleur bringt mit seinen Instrumenten die differenzierte Stofflichkeit der dargestellten Objekte virtuos zur Geltung. Für jeden Teilbereich sollte möglichst eine unterschiedliche Oberfläche erzeugt werden.
So wurden Haare ganz anders ziseliert als die Haut oder Kleidungsstücke.
Wieder anders Pflanzen oder Felsformationen. Auch wurden - um Licht / Schatteneffekte zu erzielen - verschiedenartige Oberflächen ziseliert. Erst durch die Ziselierung wirkt die Bronzeskulptur lebendig.
Die Feuervergoldung (Amalgamvergoldung)
der Bronzeskulpturen
Erst durch die anschließende
Feuervergoldung kommt die Feinheit der Ziselierung vollständig zur Geltung.
Der gewünschte Farbton der Vergoldung entsteht durch den Schimmer von 24
karätigem Gold. Eine differenziert vergoldete Oberfläche reflektiert das Licht in wunderbaren Facetten. Alle französischen Bronze-Pendulen der damaligen Zeit wurden feuervergoldet.
Eine äußerst aufwändige und lebensgefährliche Prozedur (!)
Dabei wurden die Bronzeteile erhitzt und mit Nitritsäure sowie schwacher
Schwefelsäure gewaschen. Um die Oberfläche für das folgende Amalgam aufnahmefähiger zu machen.
Jedes einzelne Bronzestück wurde anschließend mit einem
Amalgam aus Gold und
Quecksilber bestrichen. Einer weichen, teigigen Masse. Die Bezeichnung Amalgam kommt aus dem arabischen al-malgham = "erweichende Salbe".
Amalgam ist die abgeleitete Bezeichnung für Quecksilberlegierung.
So feuervergoldete Gegenstände sind quasi konserviert und resistent gegen alle Arten von Umwelteinflüssen wie Schwefel, Sauerstoff und Säuren.
Es gab verschiedene Rezepturen, so dass der Goldanteil von 9% bis 33% und der des Quecksilbers von 67% bis 91% variieren konnte (!) Im Ursprung bestand das Gold aus kleinen Plättchen von reinem gehämmerten 24-Karat Gold oder Goldstaub. Durch langes Reiben und vermischt mit Quecksilber entstand die teigige Masse, Amalgam genannt.
Dann wurde das mit Amalgam bestrichene Objekt in ein Feuer gehalten. Das Quecksilber verdampfte, und das Gold legte sich auf die Bronze.
Dabei wird das Gold mit der Oberschicht der Bronze legiert, d.h. aufgeschmolzen. Es ergibt so eine geschlossene, sehr haltbare Goldschicht auf dem Grundmetall.
Die Teile der Skulptur die nicht vergoldet, sondern später schwarz patiniert werden sollten, wurden mit einer Kreidepaste abgedeckt.
Die große Gefährlichkeit der Feuervergoldung (!)
Ein Drittel der Gesamtkosten der Bronzearbeiten verursachte die Feuervergoldung.
Diese Technik beherrschte man in Paris perfekt. Speziell auf das Färben des Goldtones in intensiven Gelbnuancen verstand man sich dort.
Die Rezepte dazu waren eifersüchtig gehütete Werkstattgeheimnisse. Beim Erhitzen des Gold / Quecksilber-Amalgams entstanden hochgiftige Quecksilberdämpfe und verursachten bei den damit beschäftigten Arbeitern langes Siechtum und frühen Tod.
Der Bronzier Ravrio, der 1814 selbst einer Quecksilbervergiftung zum Opfer fiel, setzte einen Preis für die Erfindung einer Technik aus, die das Entweichen des Quecksilberdampfes zuverlässig verhindern sollte.
Der bei der Pariser Münze beschäftigte Chemiker
Jean Pierre Joseph d’Arcet konstruierte daraufhin einen geschlossenen Ofen, der die schweren Vergiftungen verhinderte.
Ferdinand v. Miller gelang es mit der neuen Technik gegen 1835 in München überlebensgroße Figuren feuerzuvergolden. Ein Unternehmen, das Luigi Manfredini - der Bronzegießer in Mailand, der seit 1807 perfekte Vergoldungen fertigte - als Unmöglichkeit erklärt hatte.
Im Jahr 1903 hat man diese Methode der Feuervergoldung gesetzlich verboten.
Ab etwa der 2. Hälfte des 19. Jh. wurde die Feuervergoldung weitgehend durch die
galvanische bzw.
elektrolytische Vergoldung ersetzt.
Heute gibt es wieder einige wenige Kleinbetriebe, die unter Einsatz modernster Umwelt- technologie eine Feuervergoldung für Museen, Kirchen und den Kunstmarkt durchführen.
Im übrigen... die elektrolytische Vergoldung überzieht die feine Ziselierung mit einem Schleier und zerstört die mit viel Mühe erzielte Differenzierung der Oberfläche.
Auch ist ein galvanischer Überzug bei weitem nicht so beständig, da es nur ein dünner Niederschlag ist, duch dessen Poren Schwefel und Wasserstoff auf das Grundmetall einwirken und mit diesem negativ reagieren kann.
Mit viel Erfahrung kann man an der Farbe des Goldes die "Fälschung" erkennen. Elektrolytische Vergoldungen kann man auch daran feststellen, dass die einzelnen Goldpartikel pünktchenartig nebeneinander liegen und die Oberfläche in Regenbogenfarben schimmert.
Die Feuervergoldung wurde bei besonders qualitätsvollen Pendulen sogar bis zu viermal wiederholt. Auch dur ch unterschiedliche chemische Behandlung der Bronzeoberfläche konnten zusätzlich verschiedene Goldtöne erreicht werden.
Das absolute Non plus ultra bildet die spezielle Bearbeitung der unziselierten Oberfläche mit einem sog. Polierstein aus
Achat oder
Hämatit. Dabei werden mikroskopische Unebenheiten der Metalloberfläche geglättet und bilden hochglänzende Stellen.
Diese Poliersteine haben eine harte hochglänzende Oberfläche, mit der über das zu polierende Material gerieben wird. Dieses wird hierdurch soweit verdichtet und geglättet, dass es selbst Glanz annimmt.
Anders als beim Polieren mit Polierpasten die durch Abrasion, also durch Abtragen von Material polieren, geht durch Reiben mit dem
Polierstein fast kein Material verloren.
Interessant ist, wie sich zur Zeit des Empire
(1800 - 1830) die Produktionskosten einer vergoldeten Bronzependule auf die verschiedenen beteiligten Handwerker aufteilten:
Vom Gesamtpreis entfielen in der Regel auf den
---> Modellentwurf ca. 10 Prozent
---> auf den Guß 20 Prozent.
---> auf die Ziselierung 30 Prozent.
---> auf die Vergoldung 30 Prozent.
und auf das Uhrwerk lediglich 5 bis 10 Prozent (!)
Das heißt also, dass rund 90% der Herstellungskosten auf die Skulptur und das Gehäuse entfielen.
Neben dem warmen Gelbton des 24-karätigen Goldes, waren auch ein rötlicher Goldton sowie ein Mattgold möglich um Figürliches und Hintergrund voneinander zu trennen.
Wie bei einer Zeichnung oder einem Gemälde mit Weißhöhung, ergibt sich auch hier durch diese letzte Bearbeitungsstufe eine weitere Ebene mit dreidimensionaler Wirkung.
Ein anderer älterer Ausdruck für Feuervergoldung ist Vermeil.
Vermeil = französisch ="hochrot". Also feuervergoldete Gegenstände aus Silber oder Bronze. Im 18./19. Jh. kannte man auch die Bezeichnung Ormoulu / Ormolu = französich = "Goldstaub" für feuervergoldete Objekte.
Während des Empire gab es Nebeneinander verschiedener Traditionen. Das macht eine absolute Chronologie unmöglich und erschwert eine Darstellung der Uhren des Empire. Die Uhrmacher selbst hatten sehr wenig Einfluss auf die Form des Gehäuses.
Mit Ausnahme von Breguet waren es die Bronzefabrikanten, welche Serienuhrwerke kauften und in ihre aufwendigen feuervergoldeten Gehäuse einbauten. Der Verkauf der Uhren lief nahezu ausschließlich über den Ladentisch der Bronzemanufakturen und Vergolder.
Das Privilegienrecht von 1766
Als Maßnahme zur Gegenwehr einer Kopie des Originals beschließt das Parlament für Pariser Bronzearbeiten ein selten vergebenes Privilegienrecht.
Hier garantierte der Staat, vertreten durch den Monarchen, daß niemand unberechtigt das Urheberrecht verletzt.
Mit dem Privileg erteilte der Staat dem Urheber und dem Herausgeber das Recht auf die ausschließliche wirtschaftliche Nutzung seines Werkes.
Von 1766 an gilt die Vorschrift, von jedem zu schützenden Modell eine genaue und maßstabsgetreue Zeichnung zu erstellen. Diese war in den Geschäftsräumen der Gießerzunft in Paris zu hinterlegen.
Hier wird die Modellzeichnung unter dem Namen des Gießers registriert, nach Eingang nummeriert und aufbewahrt, um im Fall von Streitigkeiten des Urheberrechts als Beweis für die Rangfolge des Anspruches zu dienen.
Marmor
Besonders kostspielig war der für die Uhrensockel verwendete Marmor. Zu Beginn wurden extrem kostbare Marmorsorten herangezogen. Die Sockel waren wegen der erforderlichen Standfestigkeit besonders schwer und wurden meist in massivem Marmor ausgeführt.
Bei den teuren Modellen sind die Füße aus vergoldeter Bronze - häufig auch verstellbar.
Wegen des hohen Preises für Marmor wurden daneben auch Sockel in Sandstein oder aus Gips gefertigt und mit Marmor furniert.
Reinigung der vergoldeten Bronzen
Oft sind die Skulpturen nach vielen Jahrzehnten "nur" mit einer fettigen Schicht aus Hausstaub, Nikotin etc. überzogen. Hier ist eine vorsichtige Reinigung mit einer weichen Zahnbürste oder ähnlichem und folgender Lösung möglich:
Warmes Wasser und zum Beispiel Flüssigseife als
Tensid.
Tenside sind waschaktive Substanzen. Sowie Zugabe einer schwachen
9%
Salmiakgeist Lösung, also
Ammoniak.