Titel: Die Freiheit nach dem Ende
Teil: Oneshot
Fandom: Angel Sanctuary
Hauptcharaktere/Pairing: Alexiel/Luzifer, gewürzt mit einer Prise Rosiel
Word Count: 1.459
Entstehungsdatum: 10. Februar 2008
Genre: Drama (irgendwie), Geschenkfanfiction für Val
Warnungen: Leicht gewalttätige, sexuelle Anwandlungen oder so.
Rating: PG-12, allerhöchstens. Wahrscheinlich sogar eher noch PG.
Kritik: Ja
Inhaltsangabe: Alexiel wacht wieder in ihrem Körper auf und Luzifer... wartet.
Für
lanoyees
Wunsch auf
tausch_fiktion geschrieben.
Die Freiheit nach dem Ende
In der Hölle nahmen die Dinge ihren gewohnten Gang. Luzifer war zurückgekehrt - sehr zu Belials Entzücken - und obwohl Gottes Tod schon einige Jahre her war, liefen die Aufbauarbeiten noch immer.
Es herrschte Stille im kargen, finsteren Saal. Luzifer saß mit unbewegtem Gesicht auf einem riesigen Thron und schaute hinab auf den Sockel, auf dem Alexiels Körper gebettet lag. Tausende von Jahren hatte er gewartet und eins ums andere Mal hatten sie sich verpasst. Doch jetzt nahte der Augenblick, in dem das ewige Hin- und Her ein Ende haben sollte, soweit die Idealvorstellung.
Auf seine Lippen schlich sich ein Lächeln, vorsichtig, weil es auf diesem Territorium ein selten gesehner Gast war. Von der Dunkelheit des Zimmers fast verschluckt hätte es eigentlich unmöglich zu sehen sein sollen.
Alexiel hätte es wohl gesehen. Doch es war verschwunden, bevor sie sich auch nur zu regen begann. Das ging anders vonstatten als die Zwangsaufweckung durch Setsuna; jetzt kehrte sie wirklich in ihren Körper zurück. Es fing langsam an, ganz unscheinbar: Sie öffnete den Mund ein wenig, ihre Augenlider zuckten wie im Schlaf, ihre Finger strichen über den kalten Stein. Ihr Brust hob und senkte sich.
Alexiel schlug die Augen auf.
Als sie ihren Körper in Augenschein nahm, war ihr nicht anzumerken, ob sie überrascht war oder nicht. Der Gedanke amüsierte ihn. Alexiel aus dem Konzept zu bringen und wirklich zu überaschen, da gehörte einiges dazu. Er musste es ja wissen, schließlich beobachtete er sie schon lange genug.
Sie wandte den Kopf um ihn anzusehen. Nie hatte er ihren Blick vergessen. Der Stoff ihres Kleides raschelte bei jeder Bewegung ihrer kräftigen Schenkel und Beine, als sie aufstand.
„Ich werde Setsuna vermissen“, sagte sie, als würde sie nur den Faden eines vergangenen Gesprächs wieder aufnehmen. In gewisser Hinsicht war das gar nicht so verkehrt.
Luzifer bewegte sich nicht auf seinem schwarzen Thron - vielleicht Gewohnheit, aus seiner Zeit als Nanatsusaya. Alexiel genoss, wie immer bei diesen Begegnungen, seine gesamte Aufmerksamkeit. Das matte Licht im Saal konnte Alexiels langem Haar einfach nicht gerecht werden. Luzifer bedauerte das. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, es einmal zu berühren, nur einmal. Das letzte Mal war - Setsuna in ihrem Körper nicht miteingerechnet - lange genug her. Er stand auf, den Blick auf ihre dunklen Locken fixiert.
Auch, wenn er sich noch genau daran erinnern konnte, wie sich ihr schweres Haar auf seiner Haut angefühlt hatte, hieß das nicht viel; schließlich hatte er sich das Gefühl schon hundert Mal und mehr vorgestellt. Diesmal aber war er sicher, dass er es sich nicht einbildete.
Er blieb nur wenige Schritte von ihr entfernt stehen. Sie musste zu ihm hinaufschauen. Es gab ihm ein Gefühl der Macht über sie, die er nicht besaß.
„Ich habe mir schon gedacht, dass ich hier aufwachen werde“, sagte sie. Ihre Augen schienen in sein Innerstes hineinsehen zu können, zu lesen, was er nicht sagte.
Und so funktionierte es. Er brauchte nichts zu sagen.
*
Alexiel musterte ihn. Er hatte sich nicht verändert, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, aber warum sollte er auch? Engel veränderten sich selten. Sie hatten zu viel Zeit dazu, waren zu sehr und zu lange daran gewöhnt, Engel zu sein.
Sie schüttelte die Haare zurück und genoss das Gefühl, nach ihren zahlreichen Reinkarnationen wieder sie selbst zu sein. Doch eines fehlte: Nanatsusaya war nicht, wo es sein sollte. Sie hatte sich so an das Gewicht und die ständige Gegenwart des Schwerts gewöhnt, dass sie sich ohne es merkwürdig fühlte.
„Unser Kampf ist gewonnen.“ Er streckte die Hand nach ihr aus. „Es ist vorbei.“
Ihr erster Reflex bestand darin, noch einmal nach dem riesigen Schwert zu tasten um ihn auf Abstand zu halten. Sie unterdrückte ihn, ließ zu, dass er eine ihrer dunklen Locken in die Hand nahm und betrachtete.
Armes, pathetisches Ding, flüsterte es da in ihrem Kopf. All die Jahre war er so geduldig…
Sie zögerte einige Sekunden lang.
„Ist es das?“, entgegnete Alexiel. Die Erinnerung blieb bestehen.
Er zog an ihrer Haarsträhne fester, als er eigentlich musste. Sie protestierte nicht, denn sie konnte dem ohnehin ein Ende setzen, wann immer sie wollte.
So ist es recht. Aber wir wollen ihm ja seine Belohnung lassen, nicht wahr?
Wieder hielt sie inne. Konnte es sein…?
Jetzt können wir zusammen sein, Schwester, kicherte die Stimme in ihrem Kopf. Katan und ich werden immer bei dir sein.
Als sie sich wieder auf die Wirklichkeit konzentrierte - wobei, war nicht alles Wirklichkeit? Wo war der Unterschied? - fuhr Luzifers Hand ihren Hals entlang und hinauf. Sie sah ihm in die Augen, bereit, auf die kleinste Vorwarnung zu reagieren.
„Ich habe lange auf dich gewartet“, sagte er, weil es wenig sonst zu sagen gab. - Oder zu viel um es in ein paar simple Worte zu zwängen. Was waren Worte schon für Engel? Sie konnte nicht anders, als zu lächeln und in ihrem Kopf hallte die Stimme ihres Zwillingsbruders.
Er kann so dumm sein. Dummdummdumm. Aber das ist in Ordnung, nicht wahr, Schwester? Katan ist genauso.
Alexiel zog Luzifers Kopf zu sich hinunter; sie war ihm nah, ganz nah und küsste ihn, eroberte ihn, obwohl er bereits von Anfang an zu ihren Eroberungen zählte.
„Ich weiß“, sagte sie, Zentimeter von seinem Gesicht entfernt und die kalten Augen füllten ihr Blickfeld aus. „Wirst du weiter warten?“ Und sie lächelte.
Seine Hände, die weiter in ihr Haar gewandert waren, krallten sich hinein. Sie reagierte nicht auf den Schmerz.
„Wozu?“, fragte Luzifer. Seine Lippen berührten ihre nicht, doch sie spürte seinen warmen Atem. Seine Stimme war ein Flüstern, ein flüchtiger Hauch. „Wir sind frei.“
Alexiel antwortete nicht; sie drückte sich an ihn, ganz leicht, nur für einen Moment. Es amüsierte sie, wie er so unbewegt sein konnte und ihn gleichzeitig seine forschen Hände in ihren Haaren und an ihren Schultern verrieten.
Als sie sich von der Berührung löste, hielt er sie nicht zurück. Sie hatten Zeit, so viel sie wollten; in dem dunklen Saal schien es einfach keine Rolle zu spielen. Alexiel setzte sich auf den Steinsockel, auf dem sie aufgewacht war.
„Wir sind nicht frei“, sagte sie leise und hob den Kopf. „Wir werden nie ganz frei sein. Dafür haben wir zu viel durchgemacht.“
Jetzt, endlich, sah sie die Erkenntnis in seinem Gesicht. Das hatte ja auch lang genug gedauert. Trotzdem - warum konnten sie nicht einfach den Augenblick genießen?
Oh, keine Sorge, Schwester, flüsterte Rosiel, ich habe es ihm angeboten. Ich werde es dir nicht nachtragen. Und schau doch, wie vernachlässigt er ist!
Vielleicht sollte sie doch. Wenigstens in dieser Hinsicht war sie jetzt frei zu tun, was ihr beliebte. Niemand beobachtete sie mehr oder überwachte jeden ihrer Schritte. Nachdenklich strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht.
„Ich werde dich gehen lassen“, sagte er und das leise Bedauern in seiner Stimme gab den Ausschlag.
*
Ihr Griff war fest und sicher. Luzifer war überrascht, dass es ihm so wenig ausmachte, von ihr in die Kissen gedrückt zu werden. - Nach all den Jahren des Träumens ein seltsames Gefühl. - Obwohl er es ihr gegenüber bestimmt nicht erwähnen würde. Das war sowieso sinnlos; wahrscheinlich wusste sie es ohnehin.
Alexiels langes Haar fiel ihr über die Schultern und auf das Bett um sie herum. Die Luft war merkwürdig warm. Wieder griff er nach einer Strähne; er konnte es nicht lassen. Sie kommentierte das nicht, doch er hatte den Eindruck, dass sie die Augenbrauen ein Stückchen hob. Es war natürlich schwer, sich darauf zu konzentrieren, als sie ihren ganzen Körper auf ihn hinabsenkte. Ihre Fingernägel gruben sich in seine Handgelenke.
„Alexiel“, sagte er und er würde es noch einige Male sagen. „Alexiel.“
„Ja“, murmelte sie und er schmeckte Blut. Sie hatte ihm in die Lippe gebissen, küsste ihn und der Geschmack erinnerte ihn daran, wie es war zu Töten, an ihrer Seite ihren Weg mit Leichen zu säumen. Er wollte sich befreien und wollte es doch nicht.
„Ja“ war das Einzige, das sie sagte, doch die Wärme ihres Körpers versprach lustvolle Sinnlichkeit, ihre Haare unter seinen Fingern flüsterten tonlos von erfüllten Träumen, das Blut an ihren Lippen von Rebellion und Wahnsinn und Liebe.
„Ja“ war das Einzige, das sie sagte, doch in ihren Augen konnte er sehen, dass es ein „Nein“ war. Nein, ich bin nicht dein. Ich gehöre nur mir selbst.
*
Wenn Alexiel beschloss zu gehen, dann konnte sie niemand aufhalten. Sie ging nicht etwa heimlich still in der Nacht, nein, das war nicht ihr Stil. Sie nahm den Weg durch die Vordertür und bahnte sich ihren Weg selbst hinaus.
Natürlich wäre sie nicht bei ihm geblieben, dafür war sie zu rastlos und selbst ihr Sieg hatte diese Rastlosigkeit nicht vertreiben können. Keiner konnte das. Doch Luzifer würde warten, darin hatte er Übung, und ihr folgen.
Warten und hoffen und nichts vergessen, wie er es immer getan hatte.