"Der einst den Spargel legt" ... oder so ähnlich

Dec 30, 2008 11:13

Auf Wunsch eines einzelnen Herrn erfolgt hiermit die Berichterstattung zu Richard Wagners Oper "Parsifal".

Um mal Meg zu zitieren: "Ich bin unterwältigt." Da verbringt man fünf Stunden seines Lebens auf einem Platz (okay, zugegebenermaßen auch im Theaterrestaurant) um seiner kulturellen Bildung Wagner hinzuzufügen und dann ist die Musik nichtmal beeindruckend! Da war kein mitreißendes Thema a la "Der Ritt der Walküren" zu erkennen, sondern vielmehr klang alles eintönig und wurde durch Sprechgesang begleitet.

Aber der Reihe nach.

Das Bühnenbild war tatsächlich minimalistisch. Ein Baumstumpf. Und Kundry hat sich ständig drunter geschmissen, sich darunter hin und hergewälzt oder darunter geschlafen. Gosh, diese Frau ... ich hätte diesen Baumstumpf vielleicht ertragen, wenn sie sich nicht ständig unter ihn geschmissen hätte. Man kann es auch übertreiben.

Im Grunde mochte ich keinen der Hauptdarsteller, außer vielleicht Gurnemanz - aber der hat mich stimmlich nicht überzeugt. Aber zumindest sah er nicht so aus wie ne DragQueen/Mumie/Frankensteins Monster, namentlich Amfortas. Bin ich froh, dass ich keine Alpträume von ihm bekommen hab. Schlohweißes Gesicht, über und über mit Bandagen eingehüllt und auf High Heels ... wer denkt sich sowas aus? WER? Und viel wichtiger: WARUM?

Ich weiß nicht, ob Parsifal so rüberkommen sollte, aber in meinen Augen war er einer der dümmsten Charaktere überhaupt. Der stand 3/4 der Zeit nur auf einem Baumstumpf oder wahlweise an der Seite gegen seinen Speer gelehnt (und zu dem komm ich gleich auch noch). Alle Leidenschaften des Lebens, sein es die von Kundry oder Amfortas, prallten an ihn ab. Er wirkte beinahe unmenschlich.
Was an sich dann wieder eine äußerst interessante Interpretation seines Charakters ist. Was soll es uns sagen, wenn er als Erlöserfigur an einem Karfreitag getauft und gesalbt wird? Soll er der neue Jesus sein? Und wenn ja, was hat das zu bedeuten? Sah Wagner einen menschenfernen Gott, der zwar Gnade walten lässt, aber nicht wirklich etwas mit dem menschlichen Leben anfangen kann?

Ich war ein wenig verwundert darüber, dass wir Titurel zwar zu hören, aber nicht zu sehen bekommen haben. Meines Wissens nach stirbt der erst am Anfang des 3. Aufzuges. Oder sollte das eine Allegorie auf Amfortas, Titurels Sohn, Dilemma darstellen? Gefangen zwischen hier und dort? Nicht ganz da, aber auch nicht wirklich weg? Amfortas möchte ja sterben, da er wegen der Sperrwunde so schrecklich leidet, kann aber nicht, da ihn nur der gestohlene Speer erlösen kann.

Was mich zu einer Frage an meine Flist führt.
Wo kommt das Thema, dass nur die Waffe, die die Wunde schlug, sie wieder heilen kann, noch vor?
Es kommt mir so wahnsinnig bekannt vor. Also los, kramt in eurer kulturellen Bildung nach und helft mir!

Sprachlich hab ich kaum etwas verstanden. Im ersten Aufzug (der uns so unglaublich lang vorkam, dagegen waren die beiden anderen gefühlt eher kurz) ging es noch so halbwegs, aber nachdem ich im zweiten Aufzug erst "Der einst den Spargel legt" verstanden hab und dann fünf Minuten lang den Eindruck hatte, sie singen von "Brot", hab ich mich wieder der Planung meines Romans gewidmet und das Ergebnis:
  • hab eine neue Figur eingeführt
  • hab das Sci-Fi-Element rausgekickt
  • hab festgestellt, dass ich keinen Antagonisten habe! *schock*
  • hab keinen Plan, wie ich meine zwei Protagonisten dazu kriege, zusammen loszuziehen. Person A weigert sich hartnäckig, sich um Person B zu kümmern
Im zweiten Aufzug tauchte auch der Sperr auf ... *seufz* Dachte erst, es wär ein Jedischwert und dann musste ich an mich halten nicht laut los zu lachen. Der sah verdächtig nach Plaste aus und glitzerte (und nicht hübsches, einhornmäßiges Glitzern) und dann fing er an lila zu leuchten oder so. Vielleicht waren es also auch Leuchtstoffröhren. Sah jedenfalls überhaupt nicht wie der Heilige Speer aus. Eher wie der Lächerliche Speer.

Fazit: Tja ... also, es ist Wagner. Bildungstechnisch also wichtig. An der Umsetzung haperte es meiner Meinung nach und meine Meinung rührt nicht daher, dass ich keine Opern mag. "Die Zauberflöte" fand ich zum Beispiel ganz in Ordnung und "Zar und Zimmermann" hat mir richtig gut gefallen, allerdings hat man die wesentlich besser verstanden und die Hauptfigur konnte einen richtig mitreißen und ich erinnere mich heute noch an ein durchaus vollwertiges Bühnenbild.

bretter die die welt bedeuten

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