Neuer Eigentümer „eröffnet neue Märkte“ Negativzinsen: Beim Geschäft mit Privatleuten muss über Al

Oct 22, 2019 11:22

Neuer Eigentümer „eröffnet neue Märkte“

Negativzinsen: Beim Geschäft mit Privatleuten muss über Alternativen nachgedacht werden, so BIL-Chef Marcel Leyers

Interview: Marco Meng

Letztes Jahr erhielt die Banque Internationale à Luxembourg (BIL) einen neuen Eigentümer und im Sommer dieses Jahres mit Marcel Leyers (57) einen neuen Chef. Leyers ist ein BIL- Urgestein, wenn man so will. Seit 1983, also fast sein gesamtes Berufsleben, ist er bei dem luxemburgischen Finanzinstitut tätig.
Marcel Leyers, seit Juli 2018 ist der chinesische Konzern Legend Holdings Mehrheitseigner der BIL. Hat sich mit dem neuen Eigentümer die Strategie der Bank geändert?
Wir hatten ja eine mittelfristige Strategie „BIL 2020“ und waren deswegen eh dabei, eine neue Strategie für die nächsten fünf Jahre auszuarbeiten. Sie wurde vom Management der Bank entwickelt, ohne dass die beiden Aktionäre Legend Holdings und der Luxemburger Staat darauf großen Einfluss ausgeübt hätten. Aber ja, tatsächlich hat sich in der Strategie Verschiedenes verändert. Wir sind eine Bank, die ihre Heimat in Luxemburg hat mit ihren Geschäftssparten Retail Banking (Privatkundengeschäft, d. Red.), Unternehmenskundengeschäft und Private Banking. Das wird sich auch nicht ändern. Unseren Strategieplan bis 2025, den wir „Create Together 2025“ nennen, bezieht sich aber auf alle Standorte, in denen die BIL heute schon vertreten ist, dazu gehören auch Dubai, Dänemark und die Schweiz. Dort wollen wir unseren Marktanteil festigen und ausbauen, und zwar mit einem Wachstum, das über dem Marktdurchschnitt liegt. Parallel dazu wollen wir neue Märkte erschließen. Legend Holdings gibt uns als chinesisches Unternehmen die Möglichkeit, zu expandieren, vor allem nach China, wo wir eine Banklizenz erwerben und unsere Aktivitäten ausbauen wollen. Das Netzwerk, über das Legend verfügt, hilft uns dabei sehr, ohne dass wir uns bei China aber eine Deadline gegeben haben.
Ein anderes sehr wichtiges Projekt für die BIL wird die Einführung eines neuen Core-Banking-Systems bis Ende 2022 sein sowie die Weiterentwicklung unserer digitalen Plattformen. Beide Lösungen sollen dem Kundenservice zugute kommen und unsere Prozesse vereinfachen.

Kürzlich hat die BIL ja eine Repräsentanz in China eröffnet. Spüren Sie den derzeitigen Handelskonflikt zwischen China und den USA?
Nein, wir als BIL spüren das direkt nicht. Aber es ist sicherlich so, dass für die Weltwirtschaft ein Wirtschaftskrieg zwischen den beiden führenden Wirtschaftsnationen nicht hilfreich ist. Es bringt Unruhe in die Finanzmärkte und Investoren zögern, da niemand so recht weiß, wo dieser Streit hinführt. Diese Unsicherheit mindert die Vorhersehbarkeit und das belastet auch die Entwicklung von konkreten Unternehmensplänen.

Welche Pläne haben die chinesischen Investoren? Sie können natürlich nicht direkt für Legend Holdings sprechen, aber der Wechsel von katarischen zu chinesischen Investoren kam ja für die Öffentlichkeit sehr plötzlich.
Für die Öffentlichkeit war es wohl plötzlich, aber nicht für uns hier im Haus. Dass die Kataris einsprangen zur Zeit der Finanzkrise, war wichtig. Der Wechsel an sich war aber nicht überraschend, da die katarische Strategie eher kurzfristig ausgerichtet war. Legend Holdings hingegen, die weniger im Finanzbereich tätig sind, sind viel langfristiger ausgerichtet und im Zusammenhang mit der chinesischen Belt- and Road-Initiative zu sehen sowie der geplanten Marktöffnung Chinas im Finanzbereich. Legend ist kein kurzfristiger Finanzpartner, sondern ein langfristig orientierter strategischer Partner, der uns wie gesagt auch einen neuen Markt eröffnet. Das hat uns als Management von Anfang gut gefallen.

Die BIL hat letztes Jahr ein gutes Ergebnis vorgelegt. Wie können Sie trotz Niedrigzins Gewinne erwirtschaften?
Wir sind ja nicht nur in einem Niedrigzins-Umfeld sind, sondern in einem Negativzins-Umfeld. Dementsprechend haben wir unser Businessmodell umgestellt, sodass wir das Komissionsgeschäft aktiver betreiben. Der Finanzplatz Luxemburg hat relativ viel Cash in den Bilanzen. Wir Banken müssen nachts unseren Überschuss bei der Zentralbank einlagern und erhalten am nächsten Tag weniger zurück. Für Banken eine ungesunde Situation. Wir können und wollen nicht alles eins zu eins an den Kunden weitergeben, müssen es zum Teil aber tun, da in nächster Zeit keine Wende in Sicht ist.

Das heißt, Sie haben Pläne, Negativzinsen weiterzugeben?
Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins im September noch einmal gesenkt, und wir müssen Institutionen und Unternehmen, die uns weniger als strategischen Partner, sondern nur opportunistisch gebrauchen, dafür bezahlen lassen, Kapital bei uns zu parken. Es ist ein klares Verlustgeschäft für die Bank, und das kann kein Unternehmen langfristig tragen wollen. Beim Geschäft mit Privatleuten ist das etwas anderes, aber auch hier müssen wir über Alternativen nachdenken, auch im Sinne der Kunden.

Wie läuft es bei der BIL mit den gesetzlich geforderten Umstellungen, zum Beispiel auch dem Schnittstellenzugang für Fintechs?
Dass die Zusammenarbeit mit Fintech-Unternehmen wichtig ist, steht für mich außer Frage. Den besagten API-Zugang haben wir seit Juni und schauen nun, wie sich das „Open Banking“ entwickelt. Im Interesse der Kunden brauchen Banken Partnerschaften, und müssen dazu die besten Lösungen finden. Man kann als Bank nicht alles selbst entwickeln.

Anlässlich des letzten Geschäftsergebnisses sagten Sie „Wir werden nach wie vor in strategische Bereiche investieren“, welche Bereiche meinten Sie?
Ohne Investitionen geht es in unserem Sektor nicht, der nach wie vor im Umbruch ist. Bis 2025 investieren wir rund 400 Millionen Euro, vor allem in unser neues Core-Banking-System und neue digitale Lösungen; des Weiteren kaufen wir in Hongkong einen Asset Manager, wozu wir kürzlich die Autorisierung erhielten. Dieses Jahr werden wir diese Übernahme noch abschließen. Auch in unsere Präsenz in Luxemburg werden wir investieren, sowie in Einstellung und Weiterbildung unserer Mitarbeiter.

Wie sieht es denn um die europäische Bankenlandschaft aus? Viele sagen ja, es gebe zu viele Banken in Europa.
Die Niedrigzinsen drücken auf die Profitabilität der Banken. Wer nicht selbst eine gute Geschäftsstrategie hat, muss in einem Umfeld, das so „over-banked“ ist wie Europa, den Zusammenschluss mit anderen suchen. Wir als BIL brauchen das momentan nicht, denn wir haben starke Aktionäre und einen guten Strategieplan. Es gibt aber zu viele Banken, die sich auf einen Preiskrieg einlassen und es nicht fertigbringen, ihre Dienstleistungen und Produkte zu einem vernünftigen Wert zu vermarkten.

Zu Ihnen persönlich: Sie sind schon lange bei der BIL und haben viele Höhen und Tiefen erlebt ...
Ja, das stimmt. In der Geschichte der Bank hat einige Male der Aktionär gewechselt. Ich selbst habe fast die gesamte Zeit, seit ich bei der BIL bin, mit Unternehmen zusammengearbeitet, und das ist etwas, was für mich sehr zufriedenstellend ist, weil es sehr konkret ist, den Unternehmen dabei zu helfen, ihre Investitionen zu finanzieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Und wie haben Sie sich in Ihre neue Rolle als CEO einer der größten Luxemburger Banken eingelebt?
(Schmunzelt). Als ich gefragt wurde, sagte ich zuerst, dass ich meine Frau fragen müsse. Denn wer sich auf so einen Job einlässt, braucht viel Unterstützung. Die Unterstützung der Management-Kollegen, der Mitarbeiter, der Aktionäre und des Verwaltungsrats war mir gleich eine große Hilfe. Wir konnten die Strategie schnell ausarbeiten und sie wurde schnell bewilligt. Die ersten 100 Tage waren spannend, aber auch schwierig, weil es galt, viele Entscheidungen zu treffen. Es braucht bei jeder neuen Aufgabe eine gewisse Zeit, bis man festen Boden unter den Füßen hat. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass sich die BIL weiterhin gut entwickeln wird.

Luxemburger Wort vom Dienstag, 22. Oktober 2019, Seite 10

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