Jan 17, 2014 11:14
Welterklärer
Thilo Bode, der frühere SZ-Korrespondent in Südostasien und Großbritannien, ist tot
Die Tätigkeit des Auslandskorrespondenten gehörte früher zu den Traumberufen. Früher - das war jene Zeit, in der es in Deutschland drei Fernsehkanäle gab, in der das Verreisen im Flugzeug eher ungewöhnlich war, und in der man sich noch nicht mit dem Mobiltelefon durch argentinische Zeitungen und indische Blogs klicken konnte. In diesen Zeiten fungierten die wenigen Auslandskorrespondenten der Rundfunkhäuser und der großen Zeitungen als Welterklärer im Sinne des Wortes.
Thilo Bode war ein solcher Welterklärer. Für die Süddeutsche Zeitung schrieb Bode seit 1959 aus Indien, damals noch unter Pseudonym, weil er eigentlich Korrespondent der Welt war. 1964 siedelte er nach Singapur um, von 1966 an berichtete er exklusiv für die SZ über Südostasien. 1972 zog Bode dann nach London um, wo er bis 1984 über vieles und viele, darunter auch die beiden starken Frauen, Königin Elisabeth und Margaret Thatcher, schrieb und kommentierte.
Bode, noch zu Kaisers Herrschaftszeiten im Februar 1918 in Bochum geboren, trat 1936 zunächst als Offiziersanwärter in die Marine ein. Im Krieg fuhr er erst auf einem Zerstörer, bevor er 1942 zu den U-Booten wechselte. Er gehörte zu den Glücklicheren in dieser Waffengattung, die enorme Verluste zu verzeichnen hatte. Im Mai 1945 übergab der damalige
Kapitänleutnant sein Boot U-858 am Cape May vor der Küste der USA den Amerikanern.
Nach dem Krieg volontierte Bode als 28-Jähriger bei der Schwäbischen Zeitung; später verschlug es ihn zur FAZ. 1952 trat er in den Auswärtigen Dienst ein, den er 1958 in Delhi wieder verließ, um fürderhin als Korrespondent zu arbeiten.
Bode war ein Autor, der die distanzierte und distanzierende Ironie pflegte. Er gehörte zu jenen Schreibern, die den spezifischen Stil der SZ vor allem auf der Seite Drei damals prägten. Sein Habitus war der eines Offiziers und Gentleman. Bei Bodes Redaktionsbesuchen kam es gelegentlich zu ironischen, nicht immer unernsten Debatten mit dem damaligen geschäftsführenden Chefredakteur Hugo Deiring. Auch der war U-Boot-Kommandant gewesen, allerdings dienstjünger als Bode, und beide ließen einander gerne spüren, wer wann wem vorgesetzt war.
Nach seinem Ruhestand lebte Thilo Bode in München. Nicht lange vor
seinem 96. Geburtstag ist er nun gestorben.
Kurt Kister, SZ vom 07.01.2014
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