Sep 22, 2024 12:06
Der Schilderwald hat auch gute Seiten
Falk Reimer
Es war nie leicht, den Überblick zu behalten, und das wird es wohl auch nie sein. Hier ploppt eine Einbahnstraße auf, da eine Baustelle, da ist plötzlich eine fertig, während davor noch Schilder rumstehen, die wahrscheinlich erst dann abgeräumt werden, wenn sie woanders gebraucht werden. Und Bescheid sagen tut keiner - früher wie heute. Wir werden alle damit leben müssen, dass sich über Nacht in Landau alles ändern kann. Also sollten wir das positiv sehen. So bleiben wir geistig flexibel und lernen auch Teile dieser wundervollen Stadt kennen, die wir gegebenenfalls niemals sehen wollten. Aber wir sind hier nicht bei „Wünsch dir was“, das Schild hat immer recht. Wir sind hier ja weder bei den Hottentotten noch im Saarland! Und wenn die legendäre Abteilung Straße ein Schild mit einem nach links zeigenden Pfeil aufstellt und den Text „Nur nach rechts abbiegen“ drauf schreibt, werden wir uns auch brav daran halten. Und leise und still weinen.
Rheinpfalz 20.9.2024
750-Cent-Aktion: Im Rohr krepiert
„Misserfolg; etwas, was nicht den erhofften Erfolg bringt“ - so definiert der Duden den Ausdruck „Rohrkrepierer“ (salopp). Im Rohr krepiert ist in diesem Sinne auch die 750-Cent-Aktion, die Oberbürgermeister Dominik Geißler und die Stadtverwaltung angeleiert haben. Anlass ist natürlich das derzeit laufende Jubiläumsjahr 750 Jahre Stadt Landau. Sie erinnern sich an die Aktion?
„Werden Sie Teil des großen Festjahrs“ hieß es. Jeder und jede habe mit einer Spende von 750 Cent die Möglichkeit, sich an der Ausrichtung des Festjahrs zu beteiligen. Dazu gab’s eine Bankverbindung und viel Hoffnung, dass daraus was wird. „Schlecht gemacht“, urteilte die Redaktion schon im Januar über die Aktion. Vor allem verglichen damit, was sich andere Städte und sogar Dörfer einfallen lassen, um Geld der Einwohner einzusammeln. Nicht mal die Übergabe einer netten Urkunde, die man sich daheim über dem Kamin andengeln kann, wurde angeboten. „Hallo Leute, da is’ die Bankverbindung, gebt uns Geld“ lockt wirklich keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Schließlich zahlt der Landauer an sich bereits Steuern - wenn auch murrend. Und 750 Cent sind schließlich 7,50 Euro. Also 15 Mark. Oder für Saarländer: knapp über 8 Flaschen Maggi (125 Gramm). Und: Die Kampagne für die Aktion war doch eher ... verhalten. Erinnert sich jemand daran, nach dem Start noch was von der 750-Cent-Kampagne gehört zu haben?
Da wundert’s dann doch eher nicht, dass sich kaum einer beteiligt hat. Rausgekommen sind stolze 761,76 Euro (rund 1500 Mark oder 426 Flaschen Maggi). Zum Vergleich: alleine der Marathon soll rund 500.000 Euro (etwa eine Million Mark oder 279.329 Flaschen Maggi) kosten. Die Summe verrät uns auch, dass mindestens ein Spender sich nicht mal an die 750-Cent-Regel gehalten hat. Gespendet haben rund 100 Menschen (es ist unklar, wie viele davon Maggi mögen) - bei rund 49.000 Einwohnern.
„Ja, da hatten wir uns durchaus etwas mehr erhofft“, kommentiert die Stadtverwaltung das spektakuläre finanzielle Scheitern der Kampagne, die aber immerhin die psychologisch wichtige 750-Euro-Marke geknackt hat. Schuld am geringen Cash-Flow: die Inflation. „Vor dem Hintergrund der gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten, die auch in den Landauer Privathaushalten spürbar sind, ist die Zurückhaltung aber durchaus nachvollziehbar.“ Stimmt, daran wird’s gelegen haben. Und nicht daran, dass die jungen Leute, die regelmäßig mit Pavillon in der Fußgängerzone an der Ecke Kron-/Gerberstraße sowohl kreativer als auch motivierter für Hilfsorganisationen (mit mehr oder minder großem Verwaltungsapparaten, die ziemlich viel Spendengeld verschlingen) um Geld betteln - und wahrscheinlich auch erfolgreicher, sonst kämen sie nicht ständig wieder und fielen uns allen tierisch auf die Nerven.
Nun ja, mit einem Punkt hat die Verwaltung recht: Es ist das Fest der Landauer, man müsste etwas dafür tun. Es werden noch Helfer für den Marathon in knapp zwei Wochen gesucht. Vielleicht wäre das ja eine Idee.
Rheinpfalz Landau 23.9.2024
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