May 13, 2022 12:34
Verseuchte Böden in China: So viel verseuchte Nutzflächen wie sonst nirgendwo
Chinas Böden sind vergiftet mit Schwermetallen, Plastik oder Phosphor. Die Gründe dafür sind vor allem vom Menschen verursacht. Das gefährdet die Lebensmittelversorgung.
Eine Analyse von Ning Wang
Es war nur eine Randnotiz in den unzähligen Nachrichten über die chaotische Lebensmittelversorgung der Menschen in Shanghai. In mehreren Stadtteilen klagten Bewohner über Bauchschmerzen und Durchfall, nachdem sie Lebensmittel verzehrt hatten, die ihnen von den Behörden zugeteilt worden waren. Schnell kamen Erinnerungen an verunreinigte Lebensmittel wie Milch, Öl und Gemüse bei den Großstädtern in China auf. In den Sozialen Medien ist immer wieder von der Gier der umsatzorientierten Unternehmen zu lesen, die das Leben der Menschen aufs Spiel setzten, damit die Bilanzen stimmten. Die Zensur lässt das so stehen, weil es auch Peking nutzt und von tiefgründigen Probleme ablenkt.
Laut einer von der Chinese Academy of Engineering im Jahr 2020 durchgeführten Studie sollen schätzungsweise zwölf Millionen Tonnen des jährlich angebauten Gemüses durch Schwermetalle im Boden belastet sein. Hauptfaktoren sind dabei Rückstände aus industriellen Abwässern und Tierfutter.
Oft wird außer Acht gelassen, dass die Hauptvoraussetzung für sichere Lebensmittel gesunde Böden sind. Damit die landwirtschaftliche Produktion gesunde Lebensmittel wie Gemüse, Mais oder Reis zur weiteren Verarbeitung ernten kann, benötigt sie schlicht Agrarflächen, deren Böden nicht kontaminiert sind. Und hierzu gibt es klare Vorgaben der Behörden.
"Für China ist die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen ein dringendes Anliegen, da seine landwirtschaftliche Nutzfläche vergleichsweise klein ist, um die größte Weltbevölkerung zu ernähren", schreibt Lea Siebert in einer aktuellen Analyse zur Bodenkontaminierung in China vom Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum (DCZ), die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt wurde.
Etwa 135 Millionen Hektar (Wald- und Grasflächen nicht einberechnet) der rund 645 Millionen Hektar Land werden in der Volksrepublik landwirtschaftlich genutzt. Das sind 0,09 Hektar pro Einwohner. Im Vergleich dazu sind es 0,14 in Deutschland und sogar 0,22 in der Europäischen Union. Laut einem Bericht der Weltbank sind von Chinas Nutzflächen inzwischen rund 20 Prozent belastet. In den Achtzigerjahren betrug der Anteil verseuchter Böden gerade mal fünf Prozent.
Entsprechend dringender entwickelt sich das Problem der Lebensmittelknappheit im eigenen Land. Um die Lücken zu stopfen, muss die Volksrepublik zunehmend große Mengen aus anderen Teilen der Welt importieren. Das schafft Abhängigkeit, die Peking eigentlich verhindern will, weil die Regierung eine geostrategische Gefahr in dieser Konstellation erkennt.
Doch es fehlt an der notwendigen Transparenz, um überhaupt den Zustand der Böden in China richtig einschätzen zu können. Zwar gab es in der Vergangenheit eine Reihe von entsprechenden Studien, allerdings waren diese häufig auf bestimmte Regionen oder Schadstoffe reduzierte Meta-Analysen.
Der bisher umfassendste Ansatz ist die Nationale Erhebung zur Bodenbelastung, die zwischen 2005 und 2013 durchgeführt wurde. Der veröffentlichte Bericht enthält jedoch nur Statistiken über die prozentualen Verschmutzungsgrade. Detaillierte oder standortspezifische Daten seien hingegen nicht öffentlich gemacht worden, kritisiert das Deutsch-Chinesische Agrarzentrum.
Mehrere aktuelle Studien zeigen, dass die bisherigen Schritte zur Bekämpfung der Bodenverseuchung kaum vorzeigbare Verbesserungen oder gar Lösungen hervorgebracht haben. Bereits 2013 kündigte der damalige Minister für Land und Ressourcen, Wang Shiyuan, einen langfristigen Plan zur Sanierung der Flächen an und sicherte zudem Ausgaben in Milliardenhöhe zu. Doch getan hat sich wenig, und wohin die Gelder geflossen sind, bleibt für Außenstehende unklar.
Zeit 11.5.2022
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