Sound of silence (9/9)

Mar 02, 2008 10:33

9. Patienten

Am Montag wachte Wilson noch vor dem Alarm seines Weckers auf. Er war nervös. So nervös wie schon ewig nicht mehr. Himmel! Selbst vor der Hochzeit mit Julie war er ruhiger gewesen. Dabei war allerdings wohl auch zu berücksichtigen, dass das schon seine dritte Hochzeit gewesen war. //Übung macht eben doch den Meister// dachte er sarkastisch.
Nachdem er es mit Mühe und Not geschafft hatte, House zu wecken, machte er sich an die Zubereitung des Frühstücks. Er wollte sich ablenken, also gab es etwas schön Aufwendiges. Seine Macadamianuss-Pfannkuchen! Der Duft lockte House schneller als erwartet in die Küche.

„Ist es das, was ich glaube?“ Er leckte sich die Lippen.

„Jepp, musste mich abreagieren.“

„Sollte das heute schiefgehen, kannst du gerne einen Job als Küchenchef bei mir haben.“ schmatzte House mit vollem Mund.

„Ha, ha, den hab ich doch sowieso schon - leider bisher unbezahlt. Wenn du das natürlich ändern möchtest…“

„Näääh, Kost und Logis müssen reichen.“

„Hatte ich schon befürchtet. Na los, iss auf, wir müssen gleich los.“

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Als sie in der Klinik ankamen stellten Sie fest, dass Wilson einen denkbar schlechten Tag für seinen Wiedereinstieg erwischt hatte: die Klinik platzte fast aus den Nähten, es wimmelte vor Patienten.

„Ach du Scheiße!“ sagte der Onkologe.

Die Reaktionen um ihn herum zeigten ihm deutlich, dass er wohl lauter als beabsichtigt gesprochen hatte. Mehrere Köpfe drehten sich in seine Richtung.

„Na komm, melden wir uns bei Brenda“, grinste House.

„Hi Brenda“, grüßte Wilson die Oberschwester.

„Dr. Wilson, schön, dass Sie wieder da sind.“ Sie strahlte ihn an. „Dr. House“, ein kurzes Nicken in Richtung des Diagnostikers zeigte an, dass sie seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte. Begeisterung war sicher nicht zu erwarten.

„Na, dann werde ich mal sehen, wie viele Erkältungen ich mir heute angucken darf. Du weißt, wenn’s Probleme gibt, einfach rufen, und ich komme herbeigeeilt. Oder herbeigeschlichen. Aber ich komme!“ wandte sich House an Wilson, dann machte er sich auf den Weg ins Behandlungszimmer.

Brenda redete wieder mit Wilson: „Dr. Cuddy hat mich gebeten, Ihnen auszurichten, dass Sie in Behandlungsraum 3 gehen sollen. Die Patientenakten können Sie sich aus allen Eingängen aussuchen. Wir haben heute ziemlich viele Kreislaufgeschichten, das ist wohl nichts für Sie, aber es sind auch schon ein paar Leute mit Sportverletzungen und so weiter hier.“

Er durchsuchte etwa 5 Minuten lang die Krankenblätter, bis er etwas Passendes gefunden hatte. Michael Duncan, 43, kam mit einer Schnittwunde an der Hand in die Klinik.

„Michael Duncan? Bitte folgen Sie Dr. Wilson in Behandlungsraum 3“ rief Brenda aus.

Mr. Duncan erwies sich als ideal für Wilson. Der Mann war fürchterlich maulfaul und redete nur, wenn Wilson ihn ansprach. Die Wunde war im Handumdrehen versorgt und Mr. Duncan nach 10 Minuten wieder aus dem Behandlungszimmer heraus, wohl ohne überhaupt bemerkt zu haben, dass sein Arzt gehörlos war. Das ging doch prima los.

Als nächstes war Mrs, Sanchez dran, eine 73-jährige Frau mit schmerzhaften Hühneraugen.

„Herr Doktor? Hören Sie mir überhaupt zu?“

Die anwesende Schwester tippte Wilson auf die Schulter und zeigte auf die Patientin. Cuddy hatte darauf bestanden, dass Wilson stets mit einer Schwester zusammenarbeiten sollte. Das Risiko, dass er vielleicht einen Patienten falsch verstand oder etwas nicht mitbekam, wäre sonst zu groß. House hatte Cuddy deswegen angefaucht, dass Wilson ja wohl kein schlechterer Arzt geworden sei. Doch Wilson hatte ihn beruhigt. Ihm war wohler, wenn jemand ein Ohr darauf hatte, was ihm vielleicht entging.

„Entschuldigung, Mrs. Sanchez. Ich kann Sie nicht hören.“

Sie schaute irritiert.

„Ich bin gehörlos, Mrs. Sanchez.“

„Ach? Und dann kann man Arzt werden? Das hätte ich ja nicht gedacht.“

Wilson spannte sich etwas an. Doch dann lächelte er.

„Doch, das geht schon.“

Und der Wilson-Charme wirkte wie immer: sie lächelte zurück und setzte sich entspannt auf die Liege.

Wilson war zufrieden. Natürlich hätten die Fälle einfacher nicht sein könne, aber trotzdem: es hatte alles prima angefangen.

Dann entwickelte sich der Vormittag jedoch steil bergab: Mr. Miller, ein 80-jähriger Rentner, trug einen ungepflegten Schnurrbart, unter dem Wilson seinen Mund kaum erkennen konnte, so dass die Schwester alles wiederholen musste. Und der 25-jährige Juppie, der sich mit einem verstauchten Knöchel vorstellte, verließ mit den Worten „Ich will einen richtigen Arzt“ den Behandlungsraum. Wilsons Laune sank ständig, und als House zu einer Kaffeepause vorbeischaute, war er kurz davor, aufzugeben. House redete fast 5 Minuten auf Wilson ein, bevor der wieder Mut fasste und bereit war, weiterzumachen.

Danach machte House sich wieder auf in die Klinik.

„Brenda, sagen Sie, hier soll irgendwo ein Typ nem verstauchten Knöchel warten.“

„Dr. House, Sie wissen genau, dass Sie sich Ihre Patienten nicht aussuchen dürften. Wenn Dr. Cuddy davon erfährt…“

„Der Typ hat Wilson verletzt!“ Houses Augen funkelten.

Brenda schaute von ihren Akten auf.

„Dr. Wilson? Ist er ok?“ Die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben.

//Typisch// dachte House. //Was hat der Knabe nur, dass ihn alle Frauen so anbeten?//

„Ich meinte ‚verletzt’ nicht im physischen Sinne. Aber es brauchte ne Menge gutes Zureden, damit er nicht das Handtuch wirft. Also, wer ist der Typ?“

„Das müsste Frank Carter sein, der Kerl da drüben im Anzug.“

House wandte sich zum Gehen.

„Und viel Spaß“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu, das dem Diagnostiker fast Angst machte.

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„Mr. Carter, gehen Sie bitte zu Dr. House in Behandlungsraum 1.“

„Na endlich, hier muss man ja ewig warten!“

„Tut mir sehr leid, Sir.“ lächelte Brenda. Carter humpelte House hinterher.

„Ich bin Dr. House. Was haben Sie denn für ein Problem?“ eröffnete House das Gespräch freundlich.

„Na ja, ich hab mir beim Joggen den Fuß verdreht.“

„Hmm, wann war das?“

„Vorgestern. Ich hab erst gedacht, mit etwas Eis drauf und Ruhe wird es besser, aber ich kann immer noch nicht richtig auftreten.“

„Das hört sich ja gar nicht gut an, Mr. Carter.“ House setzte einen leicht schockierten Gesichtsausdruck auf. Innerlich rollte er mit den Augen. So ein Genie. „Ja, so hat das bei mir auch angefangen.“

Er schnappte sich seinen Stock und humpelte zum Medikamentenschrank. Carter wirkte leicht verunsichert.

„Angefangen? Was denn?“
„Eine Polyneuropathie. Ganz üble Geschichte. Es fing harmlos an und meine Ärzte dachten an eine Sportverletzung und kurz darauf konnte ich kaum noch gehen. Und diese Schmerzen. Meine Güte, das wünscht man wirklich seinem ärgsten Feind nicht.“

Wie zum Beweis schluckte er eine Vicodin.

„Kann man etwas dagegen tun?“ Carter wurde langsam blass um die Nase.

„Wenn es zu lange unbehandelt geblieben ist? Dann wird das sehr schwierig. Aber Sie sind, wenn mein Verdacht stimmt, gerade erst im Anfangsstadium. Ein paar kleine Test und wir wissen mehr.“ erläuterte House mit ruhiger Stimme.

Carter war nur zu bereit, schnell allem zuzustimmen, was House an Tests vorschlug. So kam es, dass er nicht nur zum Röntgen geschickt wurde, etwas, was House sowieso vorgehabt hatte, um schwerere Verletzungen der Bänder auszuschließen. Er bekam das volle Programm: Reflexe im Knie,
Blutwerte („Oh, das tut mir leid. So lange habe ich noch nie gebraucht, um eine Vene zu finden.“),
Urinprobe („Wir sind wirklich in Zeitnot! Wenn Sie gerade nicht können, müssen wir einen Katheter legen. Ja, tut mir leid, das geht nicht anders. Ich bin auch ganz vorsichtig.“)
und als besonderes Highlight noch eine Elektromyographie („Ich weiß, die Nadeln sehen gefährlich aus, aber die sind ganz dünn. Das werden Sie kaum spüren.“).

Nach mehreren Stunden, in den der Patient von House nach allen Regeln der ärztlichen Kunst gefoltert wurde, lagen die Ergebnisse vor.

„Mr. Carter, ich habe jetzt Ihre Testergebnisse.“

Die beiden verschwanden wieder im Behandlungsraum. Carter humpelte jetzt mehr als am Morgen und House war sich nicht sicher, ob das auf das ständige Herumlaufen von einem Test zum nächsten oder auf die Einbildung des Patienten, womöglich doch schwer krank zu sein, zurückzuführen war.

„Hmmm, Sie hätten Ihren Fuß wohl wirklich mehr schnen sollen. Das sieht gar nicht gut aus.“ grummelte House über der Akte.

„Aber Sie können noch was machen, oder?“ Der Mann wurde jetzt leicht panisch. „Ich meine, ich werde jetzt nicht…“ er stockte.

„Ein Krüppel, meinen Sie?“ fragte House gehässig. „Nein, Sie haben sich nur ein paar Bänder gedehnt. Ruhigstellen und schonen, dann wird das in Kürze wieder in Ordnung sein.“

„Aber Sie sagten doch… Dieses Dings, das Sie da vorhin erwähnten…“ - „Näh, das war’s nicht“ winkte der Diagnostiker ab. „Ist sowieso eine seltene Geschichte. Es war von vornherein eher unwahrscheinlich, dass Sie das haben. Aber ich dachte, sie hätten was von Muskelkrämpfen gesagt und hey, wir mussten doch sichegehen! Wenn das mit den Schmerzen zusammengehangen hätte…“

„Was für Krämpfe? Davon war nie die Rede! Sie haben mich hier den halben Tag durch diese Tests gequält, obwohl Sie sicher waren, dass ich das gar nicht habe!?“ Carter wurde langsam wütend.

„Sicher? Nein. Die Symptome passten schon. Ich wollte einfach nichts übersehen. Ist doch besser für Sie. Schwester Brenda wird Ihnen gleich einen Verband anlegen und Ihnen ne Krücke bringen - keine Sorge, die sind Sie bald wieder los.“

House wandte sich zum Gehen.

„Ach - noch etwas: das nächste Mal empfehle ich Ihnen, bei Dr. Wilson zu bleiben. Sie wissen schon: der andere Krüppel? Der hätte das bestimmt viel besser erkannt als ich. Ist ein besserer Zuhörer, wissen Sie.“

Die Tür schlug hinter House zu und ließ den fassungslosen Carter allein im Behandlungsraum zurück.

„Er gehört ganz Ihnen, Brenda. Einen Stützverband für den Herrn in der 1. Und seien Sie nett zu ihm. Der Arme hat eine ganze Menge anstrengender Tests hinter sich.“

„Sicher, Dr. House.“ Brendas betont freundliches Lächeln ließ nichts Gutes hoffen.

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Wilson hatte pünktlich Feierabend gemacht und saß auf der Couch im Wohnzimmer, als Hosue nach Hause kam.

„Und - nen schönen Tag gehabt?“ fragte der Onkologe.

„Jaaa, war schon ok. Weshalb fragst du?“

„Nur so. Es war einfach verdammt ungewöhnlich, dich den ganzen Nachmittag nicht mehr zu sehen.“

„Ach, es kam ein etwas umfangreicherer Fall. Hat ne Weile gedauert, die Tests durchzuziehen.“

„Hmm….Cameron erwähnte so etwas. Verdacht auf Neuropathie, ja?“

„Cameron ist ne Klatschtante. - Pizza?“

„Klar, bestell für mich mit.“

„Du bezahlst.“

„Tue ich das nicht immer?“

„Irgendwie musst du dich ja an den Kosten beteiligen, wenn du schon meine Wohnung belagerst.“

„Willst du, dass ich ausziehe? Ich könnte mir was Eigenes suchen.“

„Könntest du. Und was du dir leisten könntest! Die größten Häuser schön billig, nur weil sie direkt an der Bahnlinie liegen!“

„Ich will kein großes Haus.“

„Nein?“

„Nein. So was nettes Kleines in der Innenstadt gefiele mir besser.“

„Ja? Ich hab gehört, da ist momentan was frei. Baker Street, kleiner Appartementkomplex, sehr gemütlich. Nur ein Mitbewohner und der ist sehr pflegeleicht.“

„House?“

„Hmm…“

„Halt den Mund und bestell die Pizza.“

- ENDE -

fanfiction, house/wilson

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