Ich habe mir ein graues Plüschchapka mit Ohren gekauft. Ich war total begeistert als ich es das erste mal im Laden gesehen hab, da ich eine Vorliebe für Plüsch habe, zum anderen finde ich unkonventionelle Kleidungsstücke toll, ausserdem wollte ich mir soundso ein Hoodie mit Ohren anschaffen, nun ist es eben eine Mütze geworden, die obendrauf noch sehr an eine meiner Lieblingsbands - Bonaparte - erinnert. Es gibt zwar Stagemasks von Bonaparte zu kaufen, die sind alle aus Plüsch und haben Ohren, jedoch haben dir mir nicht hundertprozentig zugesagt, ausserdem ist Fanartikel im Fanartikelshop kaufen langweilig und unkreativ. Also hab ich mir kurzerhand einfach einen Bonaparte Button an die Mütze gesteckt, fertig. Nun, der Button mit dem Motiv vom ersten Album macht die Mütze nun sicher nicht vertrauenserweckender da der Kaiser a.k.a. Tobias Jundt darauf in S/W abgebildet ist, er trägt einen Verband um den Kopf aus dem Blut läuft und er hat ein blaues Auge, wobei das "blaue Auge" schwarz aufgemalt ist und eher an den Hund der kleinen Strolche erinnert. Wer Bonaparte nicht kennt könnte diesen Button sogar mit Stuttgart 21 in Verbindung bringen. Was mir vollkommen egal ist. Ich werde nicht unbedingt auf Dinge verzichten nur weil andere Menschen Dinge darin sehen die da eigentlich, aus meinem persönlichen Betrachtungswinkel, nicht sind.
Nun habe ich die Mütze heute das zweite Mal getragen. Stuttgart kurz vor Weihnachten. Ich war auf dem Weg zum Japan Shop Izumi am Marienplatz da ich für den zweiten Weihnachtstag Okonomiyaki machen möchte. Ich feiere alleine also kann ich essen was ich mag. Und Okonomiyaki ist eines meiner absoluten Lieblingsgerichte.
Hätte ich gewusst das ich mit einer einfachen Mütze soviel Spaß in meinen Alltag bringen kann, dann hätte ich mir sowas schon viel früher zugelegt. Man muss nämlich wissen ich bin in Wien aufgewachsen. Wir sind, naja, schon eher tolerant. Ausserdem sind Großstädter so einiges gewohnt, bei sovielen Menschen kümmert man sich nicht großartig darum wie andere rumlaufen. Es ist mir schon immer unangenehm aufgefallen dass man sich in Stuttgart ständig wie auf nem Catwalk bewegt, man wird von den Anderen sehr gut wahrgenommen, gelobt sei die Ignoranz der Großstädter. Ich hätte trotzdem nie erwartet, dass ein ulkiger Hut soviel Aufsehen erregt.
Als ich am Charlottenplatz in die U1 gestiegen bin, saßen mir schräg gegenüber zwei Mädels, ich schätze sie waren ungefähr so alt wie ich. Eine der beiden hatte einen Pekinesen auf dem Arm. Der mich glatt anbellte! Ich finde ja nicht dass ein Pekinese hässlich ist, überhaupt finde ich die wenigsten Tiere hässlich, aber irgendwie schoss mir sofort die Songzeile "Ein hässlicher Hund hat mich angekläfft und ich betrat ein Elektrofachgeschäft" in den Kopf. Da Stuttgart kurz vor Weihnachten schon ein bisschen Krieg ist. Jedenfalls hörte der "wenn-ich-gross-bin-werd-ich-sicher-auch-mal-ein" Hund, nicht auf mich bzw. meine Mütze anzublöken, ich fand das ein wenig amüsant, und bin rot angelaufen x)
Ich meinte dann noch zu der Dame, die den Hund hielt, dass mich mein Kater auch mit großen Augen anstarren würde wenn ich die Mütze trage. Als die drei ausstiegen, setzte sich ein kleines Mädchen das ungefähr 8 Jahre alt zu sein schien auf den Platz, und sie musste offensichtlich über meine Mütze lachen.
Der Verkäufer im Japanshop der nur gebrochen Deutsch spricht hatte sich nur kurz gewundert. Vielleicht kriegt er ja öfters Besuch von Cosplayern. Ich habe mir tatsächlich Gedanken gemacht ob er mich für einen von diesen verrückten Japan Fans hielt und ob ich denke dass man in Japan die ganze Zeit verkleidet rumläuft... Denn wenn mir etwas fern liegt, dann ist es fremde Kulturen zu beleidigen.
Ich ging dann zu Fuß zurück in die Stadt wo mir ein Kerl meines Alters über den Weg lief, der mich anstarrte, an mir vorbeilief und laut "HM" machte. Er war so gekleidet dass ich ihm zutraute Alternative Rock zu hören, vielleicht hat er meine Bonaparte Hommage ja sogar erkannt.
Ein älteres Paar lief an mir vorbei, und der Mann starrte mich unverhohlen an. Und schon lief "Lasse Redn" von den Ärzten in meinem Kopfkino... Kopf..stereoanlage... wie auch immer. Eine schick gekleidete ältere Dame die mir entgegenkam und bemerkte wie amüsiert ich über die Blicke des Mannes war musste ebenfalls lachen.
Als ich an der Königsstrasse angekommen war, gelang es mir tatsächlich in der Menschenmenge unterzutauchen. Das geht in Stuttgart nur wenn wirklich viel los ist. Jedenfalls ging ich dann in die Bank zu den Bankomaten um Geld abzuheben. Es war relativ voll, kurz vor Weihnachten eben. Ein Bankomat wurde frei und ein jüngerer Kerl ging an den freien Platz. Woraufhin sich eine... ich will sie jetzt mal als typische Frau die eine Wikingeroper singen könnte beschreiben, auf den Kerl stürzte und ihn lautstark anfuhr, von wegen sie wäre jetzt eigentlich dran, dass sich alle Menschen da anstellen müssten wo sie angestanden hätte, und sowieso und überhaupt. Der Kerl, der hinter einer Säule angestanden hatte und so die Wikingerin - die sicherlich keinen Wickie Joghurt zum Frühstück gehabt hatte, denn sonst wäre sie etwas schlauer und wahrscheinlich auch etwas besser gelaunt an die Sache herangegangen - sicherlich nichtmal gesehen hatte, versuchte halbherzig sich zu verteidigen. Ich lief an den Leuten vorbei, nach hinten um die Ecke weil ich wusste das da noch ein Automat ist, der meistens frei ist, weil man ihn von vorne nicht sehen konnte. Doch zu meiner Überraschung stand auch hier eine Dame. Die beiden Streithähne zeterten immer noch lautstark, aber ich konnte sie nicht mehr sehen. Ich amüsierte mich ein wenig und schüttelte den Kopf, die Dame am Automaten lachte mir zu. "Wie im Kindergarten." bemerkte ich laut und gut hörbar. Ich, die ich eine Mütze mit Ohren trug. Mir war die Ironie im Bruchteil einer Sekunde bewusst. Danach sagte ich noch, laut und wieder gut hörbar "Ja,ja fröhliche Weihnachten." -Ja der Weihnachtsstress, entgegnete mir die nette Dame. Kurz darauf war es auch hintenrum still, wahrscheinlich war der Wikingerdame endlich aufgefallen dass so ein Benehmen doch etwas peinlich ist, oder aber, sie hatte ihr Opfer endgültig aufgefressen, aber darüber konnte ich nur spekulieren, ich sah sie ja schliesslich nicht.
Da ich noch einen Pömpel kaufen musste, da Super Mario partout nicht kommen wollte um meinen verstopften Abfluss zu reparieren (wozu war ich eigentlich jahrelang Mitglied im Club Nintendo? Ich habe sogar den goldenen Mitgliedspin gehabt! Da kann man ja ein wenig Service erwarten, klappt beim ADAC doch auch!) fuhr ich weiter nach Bad Canstatt ins Kaufland. In der Zwischenzeit vergaß ich vor lauter einkaufen sogar meine Mütze, wunderte mich sogar kurz wenn ich wieder angestarrt wurde bis mir einfiel, achja, der Hut. Und dann musste ich immer wieder und wieder in mich hineingrinsen. Auf dem Weg zum Wilhelmsplatz kam mir ein älterer Mann entgegen der mich grimmig ansah. Er wirkte ein bisschen wie eine Bulldogge der man in den Po gekniffen hatte. Ich musste laut lachen. Ich hörte den Mann hinter mir ebenfalls schallend lachen.
Nun kriege ich die unterschiedlichsten Reaktionen auf die Mütze, vor allem ältere Herren und Damen und Mütter mit Kindern sind irritiert, schockiert und starren mich teilweise wie das neunte Weltwunder an. ^-^
Ich habe noch nie erlebt dass eines meiner Kleidungsstücke andere Menschen dermaßen echauffiert hat wie dieser Hut. Dabei bin ich schonmal mit einem Löwenschweif zu nem Bonaparte Konzert gegangen! Wobei ich zugeben muss, das ich mich damals damit auch nicht in die Stuttgarter City geschmissen habe. Nichtmal das Halsband dass ich - vor vielen Jahren - eine Weile trug hat sonderlich viele Blicke auf sich gezogen.
Natürlich gibts auch Leute die lachen - das sind meistens jüngere Mädels, in Gruppen, anderen Mädels gefällt die Mütze, und auch bei den meisten jüngeren Kerlen kommt mein Chapka gut an.
Mich persönlich amüsiert es wirklich sehr und ich freue mich jedes Mal wenn ich dem Alltagstrott entfliehen kann. Ich hab schon manche verrückte Aktion gebracht (Doch hätte ich NIEMALS mit solchen Reaktionen gerechnet. Dazu bin ich dann doch auch nach 10 Jahren in Stuttgart immer noch etwas zu sehr Großstädter.), denn wenn man darauf wartet, dass jemand kommt um einen zu unterhalten, wartet man mitunter für immer. Der Spruch, Spaß ist, was du drauss machst, ist wirklich wunderbar treffend. Ich habe in meinem Leben schon viel mitgemacht und ich habe erkannt dass ich nicht länger still in der letzten Reihe sitzen möchte denn es kann mitunter ziemlich schnell zu Ende gehen und dann will ich nicht nicht gelebt haben. Ich habe großes Glück noch am Leben zu sein und das will ich feiern so oft es geht.