Schneeballschlacht (Adventskalender: 21. Dezember)

Dec 20, 2011 23:27

Rating: P 12
Genre: Humor, Fluff
Handlung: Schneeballschlacht! :D
Warnungen: Eigentlich keine, außer vor allgemeiner Blödelei und Fluff, return of the very einfallsreicher Titel xD
Länge: ca. 1.700 Wörter
Beta: cricri_72 und cara_melodi, danke für eure Ideen und Anregungen!


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Wer hatte eigentlich noch mal diese geniale Idee gehabt, eine Schneeballschlacht zu veranstalten? Gut, es war Winter und ja, es hatte in den letzten Tagen wirklich ordentlich geschneit. Aber eine Schneeballschlacht? Wie alt waren sie denn bitteschön?

Mit einem Seufzen folgte Boerne in der abendlichen Dämmerung den anderen durch den Park zu einer Lichtung, auf der besagte Schlacht stattfinden sollte. Nadeshda und Alberich waren bereits dabei, voller Eifer Angriffs- und Verteidigungspläne zu schmieden, während Staatsanwältin Klemm und Thiel Senior sich angeregt über vergangene Winter unterhielten. Neben ihm stapfte - mindestens genauso so missmutig wie er selbst - Thiel durch den Schnee und rieb sich die kalten Hände.

„Und wie hat man Sie zu diesem Schwachsinn breitschlagen können?“, kam es halbwegs interessiert von der Seite.

Alberich hatte ihm mit der Idee den halben Vormittag über in den Ohren gelegen und immer wieder gefragt, ob er denn nicht auch bei diesem Spaß mitmachen wolle. Da er sich aber auf ihre freundlichen Anfragen hin taub stellte, hatte Alberich nach einigen Stunden andere Saiten aufgezogen. Angefangen mit der dreisten Unterstellung, dass er wahrscheinlich gar nicht wisse, wie man überhaupt einen Schneeball formt - was ihn tief in seinem Stolz verletzt hatte - bis hin zu der Drohung, bis Silvester nur noch schnulzige Weihnachtspopsongs wie ‚Last Christmas’ auf seiner geliebten Anlage rauf und runter laufen zu lassen.

„Mit Drohungen und gemeiner Erpressung“, grummelte Boerne.

Auf der Lichtung angekommen, ging es zunächst an die Einteilung der Mannschaften. Nach einigem hin und her und der Erkenntnis, dass ‚Frauen gegen Männer‘ (für Letztere) eine recht aussichtslose Konstellation darstellte, wurde man sich schließlich doch noch einig. Es traten demnach gegeneinander an: gerichtsmedizinisches Institut und Staatsanwaltschaft Münster gegen Polizeipräsidium und privates Taxiunternehmen Thiel.

Nachdem sich jede Gruppe eine provisorische kleine Festung und einen moderaten Vorrat an Munition erarbeitet hatte, wartete man nur noch auf das ausgemachte Zeichen, um das Spektakel beginnen zu lassen. Boerne musste zugeben, dass er langsam doch Spaß an der ganzen Sache hatte, seine Schneebälle waren mit Abstand die rundesten und festesten auf dem ganzen Haufen. Er steckte mit Alberich und der Staatsanwältin die Köpfe zusammen und ging noch mal den Schlachtplan durch.

„Alberich? Sie brauchen sich eigentlich gar keine Gedanken machen, selbst stehend sind Sie durch die Mauer optimal geschützt. Sorgen Sie ohne Unterlass für Nachschub, was die Schneebälle angeht.“

„Geht klar, Chef!“

„Frau Klemm? Wenn Sie so werfen, wie Sie Schläge mit Ihrer Rechten austeilen, dann sieht es wirklich düster aus für die andere Seite.“

„Machen Sie sich mal keine Sorgen, Professor. Die werden ihr blaues Wunder erleben“, erwiderte sie mit einem Grinsen und zog gierig an ihrer Zigarette.

„Ich werde mir den Anführer der anderen Seite vornehmen, während Sie hier die Stellung halten.“

Die beiden Frauen nickten einhellig, schoben noch ein letztes Mal Mützen und Schals zurecht und Frau Klemm schnippte ihre Zigarette in den Schnee. Als die Turmuhr schlug, war die Schlacht offiziell eröffnet. Wildes Kampfgeschrei hallte über die Lichtung, bevor die ersten Schneebälle flogen und die Mauern erzittern ließen.

Boerne entfernte sich geduckt von ihrer Stellung und schlich sich unbemerkt ins Unterholz. Leise tastete er sich im Dunkeln vor und achtete darauf, möglichst nicht über Wurzeln zu stolpern oder verräterische Geräusche von sich zu geben. Immer wieder warf er einen Blick auf die Lichtung und war fasziniert ob des Schauspiels, das sich ihm bot. Aus beiden Richtungen hagelte es Beschuss am laufenden Band, wobei jeder Einzelne seine ganz eigene Technik zu haben schien. Herbert Thiel, den er als einen Pazifisten durch und durch eingeschätzt hätte, warf - nein schoss! - seine Schneebälle wie ein Mensch gewordenes Maschinengewehr auf die gegnerische Mauer. Nadeshda hingegen beeindruckte durch eine erstaunliche Gewandtheit, mit der sie sich immer wieder aus dem Schutz der eigenen Festungsmauer stürzte und einen exakten Treffer nach dem anderen landete, nur um im nächsten Moment mit einer eleganten Seitwärtsrolle wieder in Deckung zu gehen. Staatsanwältin Klemm wusste allerdings auch zu überzeugen: was sie vielleicht wurftechnisch an Quantität einbüßte, wurde durch die Qualität ihrer einzelnen Treffer allemal wieder wettgemacht, was sich an dem inzwischen ziemlich maroden Zustand des gegnerischen Schutzwalls zeigte. Einzig Alberich war eher damit beschäftigt, an der eigenen Festungsmauer die Spuren der gegnerischen Einschläge immer wieder aufs Neue notdürftig auszubessern.

Es dauerte nicht lange und Boerne hatte die Lichtung umrundet. Gute zehn Meter von ihm entfernt hockten Nadeshda und Herbert Thiel im Schnee und feuerten, was das Munitionslager hergab, während Thiel für Nachschub sorgte. Boerne klaubte eine große Menge Schnee zusammen und formte einen makellosen, ziemlich festen Schneeball, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. Er atmete tief ein, zielte auf Thiel und warf. Zufrieden betrachtete er die perfekte Flugbahn, die der Ball beschrieb, bis Thiel sich aus einem unerfindlichen Grund heraus duckte. Der Schneeball segelte an seinem Kopf vorbei und klatschte mit einem lauten Geräusch an den Baum hinter ihm.

~*~
Was zum…? In dem Augenblick, als er sich gebückt hatte, um einen weiteren Schneeball zu formen, war gegen den Baum neben ihm ein massives Geschoss aus Schnee geknallt. Im ersten Moment dachte Thiel sich nichts dabei, bis ihm auffiel, dass der Schnee auf der falschen Seite des Baumes klebte. Das wiederum musste bedeuten, dass jemand zwischen den Bäumen stand und den Ball geworfen hatte. Suchend sah er sich um und brauchte nicht lange, um den Schützen auszumachen. Ungefähr zehn Meter entfernt hockte Boerne, dessen schwarzer Mantel sich klar gegen den Schnee abhob. Als er Boerne einen vernichtenden Blick zuwarf, sprang dieser hastig auf und suchte sein Heil in der Flucht. Thiel zögerte nicht lange und nahm die Verfolgung auf.

Als sie quer über die Lichtung liefen, hatten sie ihre liebe Mühe, den umherfliegenden Schneebällen auszuweichen. Doch obwohl er deutlich weniger Angriffsfläche bot, wurde Boerne öfter getroffen und geriet einige Male ins Straucheln. Nichtsdestotrotz machte er in Thiels Augen eine recht elegante Figur beim Hakenschlagen und schien eine bessere Kondition zu haben, als er ihm zugetraut hätte. Im Laufen nahm er eine Hand voll Schnee auf und formte ihn zu einer Kugel, die Boerne traf und ihm den Hut vom Kopf fegte. Boerne keuchte überrascht auf und legte noch einmal an Tempo zu, aber dennoch schloss Thiel immer weiter auf, angespornt durch die Anfeuerungsrufe und hämischen Kommentare, die mittlerweile aus beiden Lagern ertönten:

„Los Chef, geben Sie Fersengeld!“

„Also rennen kann er ja, der Professor, das muss man ihm lassen. Wenn er mal seine Ergebnisse genau so schnell abliefern würde.“ 
  „Den kriegen Sie, Chef! Denken Sie einfach an die defekte Heizung!“

„Nun leg dich doch mal ein bisschen ins Zeug, Franky! Das kommt davon, wenn man immer nur dieses Fastfoodzeug in sich reinstopft.“ 
Boerne warf ihm einen Blick über die Schulter zu, die Wangen gerötet und ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Er schien wohl mindestens genau so viel Spaß an der Sache zu haben wie Thiel. Doch der Spaß hatte auch seine Grenzen, denn Thiels Lunge brannte mittlerweile bei jedem Atemzug und er spürte, wie ihm langsam aber sicher die Puste ausging.

In einiger Entfernung tat sich zwischen den Bäumen eine Lücke auf und Boerne schien auf den schmalen Pfad zuzusteuern, der tiefer in den Wald führte. Thiel erkannte seine Chance und versuchte ihm den Weg abzuschneiden, indem er sich nach rechts wandte und noch mal an Tempo zulegte. Boerne allerdings rannte im letzten Moment an ihm vorbei und streifte seine Schulter, bevor er den Pfad erreichte und sich noch einmal umsah. Zuerst ein triumphierendes Lächeln auf den Lippen, riss er erschrocken die Augen auf, als Thiel zum Sprung ansetzte. Er hatte schon so manchen flüchtigen Verbrecher verfolgt und zur Strecke gebracht, da würde er bei diesem hier keine Ausnahme machen.

Thiel packte Boerne auf Höhe der Hüfte und riss ihn mit sich in den Schnee. Nachdem sie auf dem Boden aufgeschlagen waren, versuchte Boerne auf allen Vieren außer Reichweite zu kommen, doch Thiel brachte ihn erneut zu Fall und drehte ihn auf den Rücken, bevor er sich rittlings auf ihn setzte und anfing, den umliegenden Schnee in Boernes Mantelkragen zu schaufeln.

„Geben Sie auf?“

Verzweifelt versuchte Boerne sich zu wehren und ruderte planlos mit den Armen durch die Luft.  „Hören Sie auf, Thiel! Gott, ist das kalt! THIEL!“

„Geben Sie endlich auf? Na los, sagen Sie ‚ich gebe auf’!“, forderte Thiel, während er unbeirrt weiterhin Schnee in den Mantel stopfte.

„Das würde Ihnen wohl so passen. Ich … Ahhh!“, schrie Boerne auf, als Thiel ihm eine weitere Hand voll Schnee direkt in Gesicht und Haare drückte, darauf bedacht, die Brille nicht all zu sehr zu demolieren. „Ist ja gut … ist ja gut, ich gebe auf! Sie haben gewonnen“, prustete er und ließ die Arme sinken.

„Na also, war das jetzt so schlimm?“, fragte Thiel grinsend und wischte vorsichtig mit einem Finger den Schnee von Boernes Brillengläsern. Lachend rangen beide nach Atem, der in weißen Wolken in die kalte Abendluft aufstieg, wobei Thiel mit einer Hand das Gröbste an Schnee wieder aus dem Mantelkragen heraus beförderte.

Erst auf den zweiten Blick fiel ihm auf, wie jung Boerne aussah, mit den verstrubbelten Haaren und dem geröteten Gesicht, keine Spur von der gewohnten Überheblichkeit. Abwesend strich Thiel ihm den Schnee aus den Haaren und spürte, wie Boerne sich entspannte. Bevor er wusste, was er da eigentlich gerade tat, hatte er sich schon hinabgebeugt, bis sein Gesicht das von Boerne beinahe berührte. Erneut fuhr er mit seiner Hand durch dessen Haare, während warmer Atem über sein Gesicht strich. Thiel schloss die Augen und fühlte im nächsten Moment, wie sich warme Lippen vorsichtig gegen seine drückten.

Ein lautes Räuspern holte ihn allerdings unsanft ins Hier und Jetzt zurück.

„Heißt das jetzt, wir haben gewonnen oder wie? Chef?“

„Ich hoffe doch stark, dass sich das jetzt nicht in irgendeiner Weise auf Ihre gemeinsame Arbeit auswirkt?“ 
  „Keine Sorge, Chef. Das bleibt unser kleines Geheimnis. Vorerst…“

„Eine Liebe unter den Menschen… da wird einem ja richtig warm ums Herz. Aber Weihnachten ist ja schließlich auch - neben dem ganzen Konsumterror - das Fest der Liebe.“ 
Mit hochrotem Kopf, was sicher nicht nur an der Kälte lag, stand Thiel auf und reichte Boerne eine Hand, um ihm auf die Beine zu helfen. Sie sahen sich beide an, nickten kurz und bückten sich. Im nächsten Moment wurden die Umstehenden mit Schnee eingedeckt, bevor Thiel und Boerne sich umdrehten und lachend über die Lichtung flüchteten, die Racheschreie ihrer Verfolger im Nacken.

Tatort Münster, thiel/boerne, p-12, fanfiction

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