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Nov 28, 2006 15:55

Titel: Das glatte Parkett des guten Benehmens
Autor: Aisling
Fandom: Echte Kerle
Personen: Chris, Edgar, Iris
Pairing: Chris/Eddie
Kategorie: Humor, Action, Challenge-Antwort Prompt 22 Freie Wahl Minuten & Prompt 10 glatt, Slash
Inhalt: Iris ist eine Heimsuchung… oder kann Chris sich einfach nicht benehmen?
Disclaimer: Ich wünsche es mir immer noch so sehr, aber die Rechte an den Echten Kerlen werden niemals mir gehören.
Beta: schnell und zuverlässig: magnifica7


Es gab Tage, an denen sich Chris ernsthaft fragte, ob es das wirklich wert war. Ob er nicht schreiend aus der Wohnung rennen sollte und wieder das tun sollte, was ein ganz normaler Mann tun sollte.
Sich eine nette Freundin suchen, heiraten, Kinder bekommen und irgendwann ein Haus bauen.
Stattdessen war er mit Edgar Sänger zusammen, sein Privatleben war immer noch das reinste Chaos und weder Heirat, Kinder noch Haus waren in Sicht.
Und das Sahnehäubchen: Iris, Edgars Mutter, hatte sie mal wieder heimgesucht und da Edgar mitten im Jahresabschluss steckte, hatte sie Chris zum Abendessen bei einem feinen Italiener eingeladen.
Chris hatte einen stressigen Arbeitstag hinter sich - eigentlich sollte am Nachmittag Marcel Heinemann nach zweimonatiger Observation verhaftet werden. Doch sie hatten ihn zwei Stunden vor dem geplanten Zugriff aus den Augen verloren. Er hatte eine tiefgelbe Ampel ignoriert und als Kallenbach dranbleiben wollte, war ihm ein LKW in die Quere gekommen. Entsprechend groß war der Blechschaden. Es war wohl Zufall gewesen, dass Heinemann Kallenbach abgehängt hatte, aber er war seitdem nicht wieder aufgetaucht. Weder zu Hause, noch in seinem Geschäft.
Nach dem folgenden deprimierenden Meeting hatte Chris vorgehabt, sich am Abend nur zwischen Kühlschrank und Wohnzimmercouch zu bewegen. Etwas, was Edgar mit „Viel Spaß beim Faulenzen!“ kommentierte. Meistens setzte er sich dann irgendwann zu Chris und sie hatten einen wunderbaren erholsamen Abend, der immer im Bett endete. Meistens garniert mit viel Sex.

Jetzt wehrte sich auch noch die Krawatte. Normalerweise konnte Chris in so einem Fall Edgar fragen, aber der hockte noch auf der Arbeit. Und Iris wollte er nicht bitten. Die wenigen Minuten des Friedens, die ihm noch blieben, wollte er genießen.
Chris fragte sich, ob die Arbeit bei Edgar nicht eine billige Ausrede war, um sich vor seiner Mutter zu drücken.
Doch den Gedanken revidierte er sofort wieder. Edgar war vieles, nur nicht feige, und wenn er die Wahl hatte zwischen Papierkram und Iris, würde er sich immer für seine Mutter entscheiden.
Schließlich gab Chris auf, akzeptierte, dass seine Schonfrist vorbei war, verließ sein Zimmer und klopfte an die Tür zum Gästezimmer.
„Wie komme ich zu der Ehre?“
Sie öffnete die Tür und Chris brauchte sein Anliegen gar nicht erklären.
„Du kannst also auch keine Krawatte binden?“ Sie seufzte und nahm sich des Problems an. „Mein Mann konnte es nicht, Eddie kann es nicht und du jetzt auch nicht. Falls ich mir jemals einen neuen Mann suche, werde ich darauf achten, dass er die Krawatte binden kann. Vielleicht sollte ich auch was anderes ausprobieren und mir eine Freundin suchen. Dann erledigt es sich von selbst.“
„Aber…“ Chris fehlten die Worte.
„Schau mich nicht so entsetzt an, lieber Chris. Ihr zwei seid doch das beste Beispiel, dass eine gleichgeschlechtliche Beziehung funktioniert. Da ist es doch nahe liegend, auch mal an so etwas zu denken.“
„Ja, schon, aber bei dir … so wie du mit den Männern flirtest…“
„Du flirtest auch mit jeder Frau. Und bist doch Eddie treu. Wo ist da der Unterschied?“
Dass Edgar so anspruchsvoll im Bett war, dass Chris einfach keine Energie hatte, um sie an irgendeine Frau zu verschwenden. Aber konnte er das der Mutter seines Freundes sagen?
„Dass Edgar mich eingewickelt hat und nicht umgekehrt.“
„Das glaubst aber nur du.“ Iris lachte amüsiert und Chris kam sich wie ein kleiner Junge vor. „Und jetzt lass mich noch einige Minuten in Ruhe, ich bin noch nicht fertig.“
Dankbar für eine letzte Gnadenfrist ging Chris ins Wohnzimmer, überlegte, sich noch ein Glas Whiskey einzuschenken. Aber um Iris überhaupt ertragen zu können, musste er nüchtern sein, außerdem würde er fahren. Mit der U-Bahn waren es zwar nur zwei Stationen, aber wenn er fuhr, hatte Chris eine gute Ausrede, wenigstens einige Minuten Iris nicht bespaßen zu müssen.
So ging er zum Kühlschrank und goss sich Cola ein.
Er hatte das Glas noch nicht halb leer, als Iris in die Küche kam. Ihre Aufmachung war atemberaubend. Wenn sie nicht fünfzehn, sondern nur zehn Jahre älter wäre und nicht Edgars Mutter, wäre sie für Chris eine Versuchung.
„Du siehst fantastisch aus.“
„Danke, du hast dich auch in Schale geworfen. Ist der Anzug neu?“
„Hast du jemals mit Edgar einen Einkaufsbummel gemacht?“
„Ja, und immer viel Spaß dabei. Er hat einen guten Geschmack und liebt es, von Geschäft zu Geschäft zu ziehen.“
„Ja, leider. Wir waren fünf Stunden im Zentrum und danach hatte er mich weichgekocht. Nur um meine Ruhe zu haben, habe ich eingewilligt, diesen Anzug zu kaufen. Er hat ein Vermögen gekostet. Und nur weil er von Versays, oder wie auch immer das heißt, ist.“
Iris stutzte, dann ging ihr ein Licht auf.
„Du meinst Versace? Das ist aber auch Qualität und der Anzug jeden Cent wert, den du ausgegeben hast. Und jetzt komm, wir müssen uns beeilen, ich habe für acht Uhr einen Tisch bestellt.“
Das waren nur noch fünf Minuten. Selbst mit Blaulicht würden sie nicht pünktlich sein.
Iris nahm ihre Handtasche und ging zur Haustür.
„Nun, komm schon, Chris, wir haben keine Zeit zu verlieren.“
Gut erzogen wie er war, verzichtete Chris darauf, Iris darauf hinzuweisen, wer so lange gebraucht hatte, um sich in Schale zu werfen.
Galant öffnete er die Tür und ließ Iris mit einer eleganten Verbeugung den Vortritt.
Genauso galant bugsierte er sie auch in sein Auto, froh, dass der Audi neu war und er nicht mehr den alten Golf hatte. Leider war es zu kalt, um das Dach zu öffnen.
„Edgar färbt auf dich ab“, war Iris Kommentar, als Chris einstieg.
„Wieso?“
„Du entwickelst Geschmack, mein lieber Chris.“
„Hmmm, danke.“
Chris startete den Motor, schaltete den CD-Player ein und fuhr los. Iris war erstaunlicherweise wirklich ruhig. Sie hatte sich entspannt zurückgelehnt und lauschte der Musik. Edgar hatte empfohlen, Eros Ramazotti aufzulegen, und dieser Tipp bescherte Chris wirklich einige ruhige Minuten.

Mit nur zehn Minuten Verspätung fuhr Chris die Auffahrt zum Dorade hoch. Ein Angestellter des Restaurants übernahm es, den Wagen zu parken, und Chris reichte Iris den Arm.
Selbstverständlich half Chris ihr aus dem Mantel und er rückte ihr auch den Stuhl zurecht, bevor er sich selbst hinsetzte.
Als der Kellner mit der Weinkarte kam, schüttelte er bedauernd den Kopf. „Für mich bitte nur ein Wasser, ich muss noch fahren.“
Iris dagegen ließ sich beraten und genoss es, mit dem Kellner diverse Fachbegriffe auszutauschen, von denen Chris nicht mal die Hälfte verstand. Währenddessen beobachtete er unauffällig die anderen Gäste.
Es war spannend zu sehen, wer Gast dieses Nobelrestaurants war. Den einen oder anderen kannte er. Alles halbseidene Typen, die bisher clever genug gewesen waren, der Polizei nicht ins Netz zu gehen. Drei Tische weiter saß sogar ein Russlanddeutscher, Victor Miller, den Chris erst vor wenigen Tagen verhört hatte. Mit seinem kleinen Antiquitätenhandel konnte er niemals so viel verdienen, um sich das Essen im Dorade wirklich leisten zu können.
Als Miller zu ihm rübersah, grüßte Chris, er hoffte, dass sich bei dem Ganoven so etwas wie ein Gewissen regte, doch der schien ihn noch nicht mal zu erkennen.
„Chris, wo bist du mit deinen Gedanken?“ Iris sah ihn vorwurfsvoll an.
„Entschuldige, ich habe mich nur ein wenig umgeschaut. Hast du schon entschieden, was du nehmen willst?“
„Ja, das viergängige Menü mit der Dorade als Hauptgericht. Was nimmst du?“
„Ich…“ Hastig griff Chris nach der Karte.
Iris' amüsiertes Lachen fand er gar nicht witzig.
Er brauchte nicht lange, um sich für das argentinische Jungbullenfilet zu entscheiden.
Als er dem Kellner seine Bestellung mitteilte, spürte er geradezu Iris’ vorwurfsvollen Blick. Als sie unter sich waren, legte sie los.
„Du bist ein Banause. Wir sind hier in einem von Frankfurts nobelsten Fischrestaurants und du isst Fleisch.“
„Ich habe etwas bestellt, was auf der Karte angeboten wurde und was mir schmeckt“, verteidigte sich Chris. „Außerdem hast du mich gar nicht gefragt, worauf ich Lust habe, sondern mich vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich bin kein Fischesser.“
„Du wärst wohl glücklicher gewesen, wenn ich dich zu einer Currywurst eingeladen hätte?“
Gott, wie sehr hasste Chris solche Situationen. Egal, was er jetzt sagte, alles würde gegen ihn verwendet. Das Schweigen hinderte Iris nicht, ein Urteil zu fällen.
„Du hast keine Esskultur, mein Junge! Und mit so einem Mann ist mein Eddie zusammen.“
Dann tätschelte sie Chris’ Hand.
Chris ergriff die Flucht nach vorn. „Gib es zu: Du hast mich doch nur so pikfein ausgeführt, damit die Tratschtanten vorne am Fenster sich die Köpfe zerbrechen können, wer denn dein junger Liebhaber ist.“
„Du meinst, ich müsste meinen jungen Liebhaber hierhin ausführen, um ihm etwas zu bieten?“
Iris grinste ihn schelmisch an und spielte mit seinen Fingern. So hatte sie ihn schon lange nicht mehr angeflirtet und Chris fragte sich, was für ein Spiel abging.
„Du weißt, dass ich das so nicht gemeint habe. Außerdem sehe ich in diesem Anzug nach viel mehr Geld aus, als ich wirklich habe. Ich frage mich nur, welchen Hintergedanken du bei dieser Einladung hattest. Du verhältst dich doch sonst nicht so schlimm“, neckte er sie.
Iris' Miene ließ ihn stutzen, dann zuckte sie entschuldigend mit den Schultern.
„Der Anzug steht dir, mein Lieber. Leider muss ich gestehen, dass ich dich wirklich mit einem Hintergedanken eingeladen habe. Es sind die drei Damen, die du so nett als Tratschtanten tituliert hast. Eine davon ist Frau Meyer-Vorwandt. Sie ist Magistratsmitglied und wir arbeiten zusammen in einer Organisation zur Förderung junger Künstler.“
„Lass mich raten. Da gab es ein Gespräch unter Frauen und sie hat einige nette Bemerkungen fallen gelassen.“
Frauen. Es war doch immer dasselbe!
Iris sah ihn flehend an. „Bitte, Chris, kannst du nicht so tun, als ob wir ein Paar wären? Nur heute Abend?“
Diesem Blick konnte Chris nicht widerstehen. Er kapitulierte.
„Wieso brauchst du mich? Es gibt doch keinen Mann, der bei dir Nein sagen kann.“
Besitzergreifend nahm er ihre Hand, zog sie zum Mund und hauchte einen Kuss auf den Handrücken. Dass Iris leicht errötete, war nicht geschauspielert.
„Aber dich brauche ich anschließend nicht abzuwimmeln. Außerdem bist du ein Charmeur.“
„Für dich doch immer.“
Als Iris ein kühles Lächeln aufsetzte und jemanden hinter Chris grüßte, drehte er sich neugierig um. Frau Meyer-Vorwandt war in Iris' Alter, sehr elegant. Neben den beiden anderen Damen saß noch ein älterer glatzköpfiger Herr an ihrem Tisch - Chris konnte nur raten, wessen Ehemann das war.
Chris wollte sich wieder Iris zuwenden, als sein Blick am Tisch des Russlanddeutschen hängen blieb. Der hatte Gesellschaft bekommen. Ausgerechnet von Heinemann.
„Bingo! Gleich hab ich dich!“
Ärgerlich war nur, dass seine Dienstwaffe im Sicherheitstresor des Präsidiums und seine Marke zu Hause auf dem Nachttisch lag. Um in dem Anzug halbwegs gut auszusehen, hatte Chris den Inhalt seiner Brieftasche und seines Portemonnaies drastisch reduzieren müssen.
„Was ist los?“
Iris konnte natürlich nicht ahnen, was Chris so aus der Fassung brachte.
„Kannst du mich für einen Moment entschuldigen? Ich muss noch ein dienstliches Gespräch führen.“
„Ungern, mein lieber Chris. Ich weiß ja, dass du mit deinem Job mehr verheiratet bist als mit Eddie, aber dass du mich deswegen vernachlässigst…“
„Nur ein Gespräch. Ich verspreche es dir!“
Im Geiste kreuzte Chris die Finger. Er wusste jetzt schon, dass man ihn um die Uhrzeit durch die Abteilungen reichen würde, bis irgendjemand entschied, dass er dann doch zuständig war. Im Geiste ging er durch, wer vielleicht noch da war, von dem er einen Gefallen einfordern konnte. Aber dafür musste er wirklich Glück haben.
Iris seufzte. „Du lässt mir ja keine Wahl. Beeil dich bitte, die Vorspeise kommt gleich.“

Es dauerte über zehn Minuten bis Chris ein Einsatzkommando organisiert hatte. Während des Telefonats lief er unruhig im Foyer auf und ab und behielt dabei Heinemann im Blick. Nicht auszudenken, wenn er ihn wieder verlor.
Chris beruhigte sich ein wenig, als Heinemann eine Flasche Weißwein gebracht wurde und er beim Kellner eine weitere Bestellung aufgab. Er schien wirklich zu bleiben.
Endlich war alles geregelt und Chris kehrte zu Iris zurück

Die Vorspeise stand bereits auf dem Tisch. Chris erkannte, dass Iris’ gute Laune gelitten hatte.
„Der Moment hat aber lange gedauert.“
Ihre Stimme war eiskalt und Chris wusste, dass er sich warm anziehen musste, wenn er den Abend unbeschadet überstehen wollte.
„Es tut mir leid, Iris. So ist mein Job nun mal. Warum hast du nicht schon mit der Vorspeise begonnen?“
„Meine Mutter hat mir beigebracht, erst dann mit dem Essen anzufangen, wenn alle da sind.“
Iris nahm ihren Löffel und probierte die Steinpilzcremesuppe. Zu Chris' Erleichterung schien es ihr zu schmecken. Sie lächelte sogar wieder.

Chris war froh, keine Vorspeise bestellt zu haben. Er hätte keinen Bissen herunterbekommen. Immer wieder blickte er verstohlen zur Seite, um sich zu überzeugen, dass Heinemann noch da war.
Viel zu oft blickte er auf die Uhr und zählte die Sekunden, wartete darauf, dass das Einsatzteam endlich eintraf. Vom Präsidium war es nur ein Katzensprung.
„Was ist los, Chris? So kenne ich dich ja gar nicht.“
Zerknirscht blickte er Iris an. Es war nicht fair, sie ahnungslos zu lassen. „Es tut mir leid, aber der Job ist mir dazwischen gekommen. Gleich wird ein Einsatzkommando kommen und hoffentlich unauffällig einen gesuchten Autoschieber verhaften. Danach habe ich nur noch Augen für dich.“
Chris tätschelte Iris' Hand und lächelte sie entschuldigend an. Iris legte das Besteck zur Seite und sah Chris entrüstet an.
„Ist dieser Einsatz gefährlich? Selbst wenn nicht, was glaubst du, was es für einen Eindruck macht, wenn in das romantische Dinner ein Polizeieinsatz reinplatzt? Und du bist dafür verantwortlich!“
„Du verstehst hier etwas falsch, wir wollen einen Autoschieber verhaften, keinen Massenmörder. Er ist heute durch einen dummen Zufall unserem Zugriffsteam durch die Lappen gegangen und weiß gar nichts von seinem Glück. Fünf Minuten und alles ist gelaufen. Ehrenwort.“
Iris sah ihn zweifelnd an, solange, bis Chris sich unwohl fühlte.
„Wenn das der Tisch ist, zu dem du die ganze Zeit rüberschielst, kann ich dir sagen, dass sich gerade massive Probleme ankündigen.“
„Wieso?“
Alarmiert sah Chris sich um. Iris hatte Recht. Frau Meyer-Vorwandt hatte sich zu Heinemann gesetzt.
„Oh, Scheiße!“
Die Sache mit dem russischen Stardirigenten hatte ihm Ehrenberg noch nicht verziehen; wenn es jetzt zu einem Zwischenfall mit einem Magistratsmitglied kam... Chris konnte sich gut vorstellen, wie sein Chef an die Decke ging, aber jetzt war es zu spät. Er konnte nur hoffen, dass alles gut ging.
Da betraten auch schon Schmitz und Miesbach das Restaurant, sie passten mit Jeans und Lederjacke nicht ganz in das Ambiente.
Sie gingen zielstrebig zu Heinemanns Tisch und sprachen leise auf ihn ein. Jeder vernünftige Mensch gab in so einem Moment nach und ging einfach mit - nichts war entwürdigender, als in Handschellen abgeführt zu werden. Aber Heinemann schüttelte den Kopf und wandte sich hilfesuchend an Frau Meyer-Vorwandt.
Doch bevor er etwas sagen konnte, wurde er von Miesbach hochgezerrt. Er riss sich los und versuchte, die Küche zu erreichen, um durch den Hintereingang zu entkommen.
Chris war sich zwar ziemlich sicher, dass dort ein Einsatzteam positioniert war, ging aber kein Risiko ein. Als Heinemann an seinem Tisch vorbeilief, streckte er sein Bein aus, dass der Flüchtling darüber stolperte - unglücklicherweise hielt er sich an der Tischdecke fest und der Weißwein landete auf Iris’ weißer Bluse.
Die restliche Arbeit überließ Chris seinen Kollegen. Fünf Minuten später war der Spuk vorbei und im Dorade war wieder Ruhe.
Nur in Iris brodelte es, das konnte Chris genau sehen. Sie war für einige Minuten auf der Toilette verschwunden; die Bluse war zwar sauber, hatte aber einen großen Wasserfleck.
In eisigem Schweigen aß sie die ‚Vitello Tonnato’, die man ihr als zweite Vorspeise reichte. Erst als Frau Meyer-Vorwandt an ihren Tisch kam und wortreich erklärte, dass Heinemann nur ein Klient ihres Mannes war und es ihr schrecklich leid täte, dass dieser Iris’ Dinner ruiniert hätte, stieg ihre Stimmung.
Chris hatte das Gefühl, dass in diesem Gespräch noch mehr gelaufen war, konnte aber nicht bestimmen, was es war. Frauen halt.
Den Hauptgang aßen sie, ohne sich groß zu unterhalten; zumindest war das Schweigen nicht mehr eisig.
Als Iris ihm eine Rosmarin-Kartoffel vom Teller klaute und sie genüsslich verzehrte, verzichtete Chris darauf, sie darauf hinzuweisen, dass er es überhaupt nicht mochte, wenn man ungefragt von seinem Essen nahm. Gutes Benehmen war es zudem auch nicht. Kopfschüttelnd widmete er sich seinem Filet.
„Hast du ein Problem, wenn ich bei dir probiere?“
„Nein, überhaupt nicht. Ich würde es nur bevorzugen, wenn du mich vorher fragst.“
„Dann sind wir ja quitt.“
Fragend sah Chris Iris an. Und dann ging ihm ein Licht auf.
„Du bist unmöglich, Iris. Aber wenn das alles ist, was du als Entschädigung willst, dann kannst du auch noch mehr haben.“
Chris schnitt ein Stück Fleisch ab und hielt es ihr vor den Mund. Sie lächelte ihn an und nahm es.
„Sie platzt jetzt vor Neid. Nicht nur dass ihr Mann alt und hässlich ist, nein, sie musste sich auch noch bei mir für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Mit deinem Benehmen würdest du keinen Knigge-Kurs bestehen, aber mit der Geste gerade würdest du viele Frauen glücklich machen.“
„Wer sagt, dass ich keinen Knigge-Kurs bestehe würde? Bis auf die dienstliche Sache gab es an meinem Verhalten nichts auszusetzen!“
„Das stimmt, du hast dich wie ein Gentleman verhalten. Was gibt es eigentlich für neuen Klatsch vom Revier? Ist Mike immer noch mit Klaus zusammen? Und was macht dein Lieblingsfeind Kallenbach?“
Dankbar über den Themenwechsel erzählte Chris ausführlich, wie Kallenbach am Vormittag den LKW geknutscht hatte.
So verging der Abend überraschend angenehm. Iris war sogar so gnädig, das Cointreausoufflé mit Chris zu teilen - was wahrscheinlich daran lag, dass sie so satt war, dass sie keinen Bissen mehr herunterbekam.
Als Chris ihr es lächelnd vorwarf, gab sie es mit einem Achselzucken zu.
„Stimmt, aber als wahrer Gentleman hättest du genießen und schweigen müssen.“
„Wärst du wirklich meine Freundin, so hätte ich genossen und geschwiegen, aber da du nur die Mutter meines Freundes bist…“
„Mein lieber Chris, das war nicht nett.“
Ihr Lachen verriet, wie viel Spaß ihr die Konversation machte.
„Wäre ich nett, würdest du dich langweilen. Ich muss aber ganz ehrlich gestehen, dass mir ein harter Arbeitstag in den Knochen steckt und ich mich nach meinem Bett sehne.“
„Was sollen die anderen denken, wenn wir so eilig aufbrechen?“
Chris beugte sich vor, hauchte Iris einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihr ins Ohr: „Dass wir etwas viel Besseres vorhaben.“
„Das ist ein Argument.“
Wie Iris es schaffte, innerhalb von zwei Minuten zu zahlen und den Wagen vorfahren zu lassen, wusste Chris nicht. Ihm entging aber nicht der Blick, den sie mit Frau Meyer-Vorwandt austauschte, als sie das Restaurant verließen.

Zwei Tage später fand er in seiner Post einen Brief von Iris.

Mein lieber Chris!
Vielen herzlichen Dank, dass du als Freund eingesprungen bist. Als kleines Dankeschön habe ich dich für einen Knigge-Kurs angemeldet. Damit du auf dem glatten Parkett des guten Benehmens keine Bauchlandung riskierst, muss dein Wissen immer auf dem aktuellsten Stand sein. Ich habe mich auch angemeldet und würde mich freuen, wenn du dort mein Partner wärst.
Herzliche Grüße
Iris

slash, fanfic, fandom: echte kerle 1-100, autor: aisling 1-100, ff25

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