Jul 20, 2006 00:36
Herzlich willkommen im
Schnellkurs für Eltern zukünftiger Essgestörter!
Sie wollen also, dass Ihr Kind sich zu einer musterhaften Essgestörten entwickelt? Dann sind Sie hier richtig! Suchen Sie sich aus den folgenden Vorgehensweisen einfach möglichst viele aus, die Sie im Alltag umsetzen können, und Sie haben beste Chancen, dass Ihr Kind eines Tages magersüchtig, bulimisch oder sonst wie essgestört wird. Die meisten Tipps sind sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen anwendbar, wobei Sie bei
Mädchen aber grundsätzlich die besseren Chancen haben, eine Essstörung zu erarbeiten.
Viel Spaß beim Experimentieren!
Ab Geburt:
- Nehmen Sie das Kind ausschließlich zum Stillen in den Arm. So verbindet es Zuwendung schon bald automatisch mit Nahrungsaufnahme. bin nicht gestillt worden
- Alternative: berühren Sie es nach Möglichkeit überhaupt nie; Sie bereiten es dadurch schon auf ein gestörtes Verhältnis zu seinem Körper vor.
- Lassen Sie es gelegentlich hungern, damit es sich nicht daran gewöhnen kann, einfach nach Appetit zu essen bzw. trinken.
Ab Kleinkindalter:
- Geben Sie dem Kind möglichst oft zu verstehen, dass seine Anwesenheit Sie stört und es eigentlich unerwünscht ist.
- Machen Sie sich bei jeder Gelegenheit über dicke Leute (auch Kinder) lustig, um dem Kind klar zu machen, dass dick sein schlimm ist.
- Essen Sie auf keinen Fall normal. Dabei ist es relativ unwichtig, ob sie hungern, sich nach jedem Essen übergeben, bestimmte Nahrungsmittel für verboten erklären oder jede Woche eine neue Diät ausprobieren.
- Zwingen Sie das Kind, immer seinen Teller leerzuessen, egal ob es noch hungrig ist oder nicht. Wenn es brav aufgegessen hat, geben Sie ihm zur Belohnung Süßigkeiten. wenn du jetzt kotzs isst du die kotze auch noch auf.
- Belohnen Sie es überhaupt nur mit Essen.
- Wenn das Kind etwas von Ihnen will, worum Sie sich gerade nicht kümmern wollen, geben Sie ihm einfach ein Bonbon.
- Vermitteln Sie dem Kind, dass es grundsätzlich schlechter und wertloser als alle andern Menschen ist.
- Motivieren Sie es möglichst bald zu ersten Diäten. Eine geeignete Methode dazu wäre zum Beispiel die entsetzte Feststellung, dass es bald so dick sei wie eine beliebige übergewichtige Person aus dem Bekanntenkreis.
- Verhindern Sie soziale Kontakte und Freundschaften des Kindes.
- Machen Sie Essen zum Hauptbestandteil aller wichtigen Anlässe (Geburtstage, Weihnachten, Familienfeiern etc.).
- Vermeiden Sie es, Konflikte offen auszusprechen oder gar zu klären. Ihr Kind muss lernen, seine Gefühle zu unterdrücken.
- Schicken Sie Ihr Kind möglichst früh zum Ballettunterricht. Stellen Sie klar, dass es eines Tages weltberühmt werden muss, weil Sie es sonst nicht lieb haben.
- Führen Sie eine möglichst unglückliche Ehe. Wenn Sie sich mit Ihrem Ehepartner streiten, deuten Sie gelegentlich an, dass das Kind schuld daran ist. Welcher Partner?
Ab Schulbesuch:
- Wenn Ihr Kind der zweitbeste Schüler seiner Klasse ist, fragen Sie es, warum denn XY besser sei.
- Wenn es schlechte Noten schreibt, schlagen Sie es.
Alternative: Ignorieren Sie es für ein paar Tage.
- Vergleichen Sie das Kind bei jeder Gelegenheit mit hübscheren, intelligenteren und vor allem dünneren Schulkameraden/-innen.
Ab Pubertät:
- Machen Sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit abfällige oder leicht zweideutige Bemerkungen über die körperliche Entwicklung des Kindes, möglichst vor anderen Leuten.
- Sagen Sie ihrem Kind ab und zu, dass es dieses oder jenes Kleidungsstück besser nicht tragen soll, weil es darin so unförmig aussieht.
- Sollte Ihr Kind sich verlieben, machen Sie es darauf aufmerksam, dass es jetzt ganz besonders darauf achten muss, eine gute Figur zu haben. Sollte Ihr Kind zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei (oder zu wenig) essgestörte Verhaltensweisen zeigen, geben Sie nicht auf! Warten Sie einen Moment von Liebeskummer oder sonstigem Unglück ab, und deuten Sie dann an, dass die Ursache ja wohl die unperfekte Figur des Kindes sein muss. Notfalls auch mittels deutlicher Aussagen wie "wenn du weiterhin so viel isst, wird es auch nicht besser" oder "dann solltest du jetzt vielleicht wirklich mal eine Diät machen".
Natürlich kann ich den Erfolg nicht garantieren. Unter Umständen entwickelt Ihr Kind trotz aller entgegengerichteten Erziehungsversuche eine Art Selbstbewusstsein oder gar Lebensfreude. Dann bleibt Ihnen die Möglichkeit, ein weiteres Kind zu erzeugen und es nochmals zu versuchen.
Viel Erfolg!