Kalter Tee, Wichtelgeschenk für kessel-ksl

Jan 10, 2016 16:15

Titel: Kalter Tee
Fandom: Harry Potter (Remus/Sirius)
Rating: ab 12
Disclaimer: Mir gehört nichts, was schade ist.
Wichtelkind: für kessel-ksl viel Vergnügen! Und frohe Weihnachten (wenn auch reichlich spät, sorry xD)!
Zusammenfassung: Remus denkt über Sirius nach. Spielt während "Der Orden des Phönix" und es ist pure angst, kaum weihnachtlich und sehr düster. Besinnlich! :D



Kalter Tee

Die Stimmung ist angespannt

Remus muss fast prusten, als er sich beim Denken zuhört und die verzauberte Teekanne hüpft hektisch auf und nieder und verteilt ihren Inhalt auf dem ganzen Küchentisch.

Angespannt.

Man könnte auch sagen "sie befinden sich mitten im Krieg" oder "der Orden des Phönix pfeift auf dem letzten Loch".

Durch das große, grau-schreckliche Haus am Grimmauldplatz geht die Unruhe und rüttelt an Haaren und Umhängen, bis sich die Bewohner, von denen keiner freiwillig hier ist, gegenseitig an die Kehle springen.

Die Hälfte von Remus' Energie geht für schlichtende Gespräche drauf, meistens zwischen Sirius und allen anderen, denn Sirius leidet hier in diesen engen, hohen Zimmern noch am meisten.

Er kann nämlich, im Gegensatz zu den Weasleys oder Kingsley oder wem auch immer nicht einfach aus der Haustür spazieren und sich für ein paar Stunden dem Knirschen der modrigen Holzdielen und Kreachers rasselndem Atem entziehen. Er muss hier bleiben, ein Zimmer nach dem anderen betreten, Schränke voll mit Unrat öffnen und ein schwarzmagisches Teil nach dem anderen hervorziehen, sich anschreien, verfluchen, vergiften, durchlöchern, verhexen lassen und es dann von all den Flüchen befreien. Jeden Tag. Jede freie Stunde verbringt Sirius mit all den grauenhaften Familienerbstücken, vor denen er schon als Sechzehnjähriger geflohen ist und jetzt, zwanzig Jahre später, steht er vor der Tür zum Schlafzimmer seiner Eltern und beißt sich fast die Zähne entzwei vor lauter Ekel.

Kein Wunder, dass er durchdreht und gereizt ist. Remus versteht ihn.

Remus versteht aber auch Molly Weasley. Die Sirius anschreit und ihm sagt, dass er unvernünftig und weltfremd ist. Dass Sirius keine Ahnung habe, wie man Kinder beschützt, dass Fünfzehnjährige, auch solche wie Harry Potter, immer noch Kinder sind.

Remus versteht Molly Weasley, denn wenn Sirius damit beschäftigt ist, sich vom Portrait seiner Mutter beleidigen zu lassen, hat Remus Zeit, um Molly ins Gesicht zu sehen, die Ringe unter ihren Augen größer und tiefer werden zu sehen und dabei zuzuschauen, wie sie den Blick über ihre Familie, über Harry und Hermine und jeden einzelnen Menschen im Orden des Phönix schweifen lässt.

Molly Weasley hat einen Krieg vor sich und sieben eigene Kinder zu beschützen. Sie würde sich für jeden ihrer Freunde und jedes ihrer Kinde in Stücke reißen lassen, doch es gibt nur eine Molly Weasley und hundert Menschen, die sie liebt.

Kein Wunder, dass sie Angst hat und schneller wütend wird, als üblich. Remus versteht sie.

Remus erträgt nur die Schreierei und das Fauchen nicht. Er spricht mit Sirius, wenn die letzte Auseinandersetzung gar zu schlimm war und Sirius wütet und schmeißt Familienerbstücke durch die Gegend und dann knurrt er "Ich weiß, ich weiß", doch das sagt er nur, damit Remus endlich still ist. Er entschuldigt sich niemals bei Molly.

Genauso wenig wie Molly sich entschuldigt, denn Molly sagt: "Er sollte es besser wissen, Remus, er ist keine siebzehn mehr!"

Und Remus nickt, weil er nicht weiß, was er sonst dazu sagen soll. Remus glaubt nicht, dass man in Askaban erwachsen werden kann. Sirius ist seiner Meinung nach immer noch Anfang zwanzig und hinter einem fünfzehn Jahre älteren Gesicht eingesperrt.

Vielleicht sollte er Molly das erklären.

Vielleicht sollte er Sirius sagen, dass er sich zusammenreißen soll.

Vielleicht sollte er beim nächsten Vollmond seinen Wolfsbanntrank vergessen und im nahegelegenen Wald Amok laufen.

Irgendwo hinter Remus ertönen Schritte und er zuckt zusammen, als sich plötzlich zwei kalte, schmale Hände um seinen Bauch legen.

Sirius ist nicht mehr so dürr wie direkt nach seiner Flucht, doch die Umhänge seines Bruders, die er in einer Kiste auf dem Dachboden gefunden hat, schlottern ihm immer noch um die Schultern.

"Hey", murmelt Sirius. "Wie gehts dir?"

"Gut", antwortet Remus.

Er fühlt Sirius nicken. Vielleicht wäre jetzt eine gute Gelegenheit, um ihn auf all das anzusprechen, was Remus gerade durch den Kopf gegangen ist, während sein Tee kalt geworden ist und die Kanne sich beleidigt auf den Herd verzogen hat.

Nur er und Sirius sind hier, sie hätten alle Zeit der Welt. Keiner von ihnen kann hier raus, der eine, weil er nicht darf und der andere, weil er keine Ahnung hat, wo er sonst hin soll.

Remus holt Luft - und plötzlich spürt er Sirius' Lippen an seinem Hals. Er verteilt Küsse am Rande von Remus' Pullover, hastig, ungeschickt und so verzweifelt, wie Remus ihn noch nie erlebt hat.

"Komm mit rauf", murmelt Sirius. Es soll wahrscheinlich eine Frage sein, ein Angebot, doch es klingt in Remus' Ohren wie ein Befehl.

Er lehnt den Kopf nach hinten, bis er ihn auf Sirius' Schulter ablegen kann und schließt die Augen. Er sollte nein sagen. Er sollte sich von ihm losmachen, ihn an den Tisch bugsieren und ein langes, furchtbares Gespräch mit ihm führen (nachdem er der Kanne geschmeichelt hat, damit sie ihnen nochmal Tee einschenkt).

Stattdessen lächelt Remus und sagt "Wollen Sie mich verführen, Mister Black?" und als er Sirius lachen hört - nur für einen Moment, denn das Haus am Grimmauldplatz verschluckt solche Geräusche blitzschnell - und ihm die Treppe rauf in sein altes Kinderzimmer folgt, da redet sich Remus ein, dass er das hier nur für Sirius tut und dass es genau das Richtige ist.

fandom: harry potter, t: nessaniel, a: wichteln, w: fic

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