(no subject)

Jan 06, 2006 03:06

Title: sonne
Rating: PG-13
Pairing: Bela/Jan but only friendship, sorry guys!
Summary: The story behind „Sonne“
Author's note: This is a story about a great personal loss. I, like Bela in this story, haven't yet experienced anything like it and won't pretend I know what it feels like. I hope I won't offend anyone.

Only the German version, but I am working on the translation



Sonne
Es klingelte an der Tür. Jan schreckte hoch: Er war doch tatsächlich auf dem Sofa eingeschlafen. Mühsam schleppte er sich zur Tür. Er fühlte sich kraftlos und unglaublich leer. Außerdem hatte er das beunruhigende Gefühl, bei jedem Schritt fast auseinander zufallen, dabei ging er eh schon so vorsichtig wie ein alter Mann. Als sei der überwältigende Schmerz, den er fühlte, körperlich und würde bei jedem Schritt schlimmer. In einer gewissen Weise stimmte das sogar: Jeder Schritt brachte in mehr ins Bewusstsein zurück und das bedeutete auch ein Zurück zu den Schmerzen, die seinen ganzen Körper zu umlodern schienen. Wage erinnerte er sich der Worte seiner Hausärztin: „Herr Vetter, dass ist leider ziemlich normal, was Sie da erleben. Ihre Psyche allein verkraftet die Schmerzen zur Zeit nicht, deshalb übernimmt Ihr Körper einen Teil davon. Wir nennen das Somatisierung. Schmerzmittel sind hier sinnlos, die Schmerzen werden in dem Maße verschwinden wie Ihre Trauerarbeit voranschreitet.“
Blöde Kuh. Wenigstens hatte sie ihm Schlaftabletten mitgegeben. Endlich war er an der Tür angekommen und schaute misstrauisch durch den Spion, eigentlich konnte er Besuch jetzt gar nicht vertragen. Aber draußen stand Bela und da wusste Jan, dass ihm nichts anderes übrig bleiben würde, als die Tür zu öffnen. Nicht etwa, weil er Bela unbedingt sehen wollte, vielmehr wusste er aus Erfahrung, dass Bela ihn längst gehört hatte und jetzt keine Ruhe geben würde bis die Tür geöffnet wurde. Bela konnte bei so was enorm hartnäckig sein, vor allem wenn er sich Sorgen machte. Seufzend öffnete Jan also die Tür:
„Felse, so eine Überraschung.“
Bela war schockiert, so hatte er seinen besten Freund noch nie gesehen. Jan schien geschrumpft zu sein und hing am Türrahmen, als könne er sich kaum aufrecht halten. Bela schluckte.
„Jan, ich hab's gerade erst gehört und bin sofort gekommen. Es ...“ seine Stimme wurde unsicher. „Mann, es tut mir so verdammt leid!“ Das letzte sagte er sehr leise und ernsthaft.
Nun war es Jan der schluckte und zu Boden blickte.
„Ich wusste nicht......ich wollte einfach sehen wie's dir geht.“ sagte Bela fast schüchtern. „Aber wenn du lieber allein sein willst, dann geh' ich sofort wieder, brauchst nur was sagen.“ Er beobachtete Jan gespannt. Natürlich meinte er, was er sagte, aber es würde ihm trotzdem mächtig missfallen, seinen Freund jetzt tatsächlich allein zu lassen.
Zu seiner Erleichterung trat Jan, den Kopf immer noch gesenkt, zurück und machte eine wage Geste in Richtung Wohnzimmer. Dann ging er langsam und vorsichtig voran und überließ es Bela, die Tür zu schließen.
Bela ließ sich Zeit damit und hängte auch seine Jacke mit größerer Sorgfalt auf einen Garderobenhaken als sonst. Um ehrlich zu sein versuchte er, Zeit zu schinden.
Als er von Christines Tod erfahren hatte, hatte er sich ohne lange zu überlegen ins Auto geschmissen und war hergekommen. Das tat man schließlich, oder? Man fuhr hin, um zu sehen, ob der beste Freund Hilfe brauchte, ob man irgendetwas für ihn tun konnte. Was er dabei komplett außer Acht gelassen hatte, war die Tatsache, dass es kaum etwas gab, bei dem er sich so hilflos fühlte. Dazu kam, dass er sich nicht mal annähernd vorstellen konnte, was Jan wohl gerade durchmachte, er hatte schließlich noch nie einen ihm so nahestehenden Menschen verloren.
Seufzend strich er ein letztes Mal imaginäre Falten an seiner Jacke glatt und folgte Jan schließlich ins Wohnzimmer. Dieser saß auf dem Sofa uns blickte blind zum Fenster hinaus. Vorsichtig ließ Bela sich ihm gegenüber in einem Sessel nieder und Jan hob den Blick und schaute ihm direkt ins Gesicht.
Er war sich nicht sicher, was er von Belas Besuch hielt: Einerseits berührte ihn die Sorge seines Freundes, andererseits hatte er zur Zeit das Gefühl, ihm fehle eine normale zweite Haut. Als könne der kleinste Windhauch in sein Innerstes dringen und ihn zum Zusammenbrechen bringen. Ein Windhauch oder so ein besorgter, fast schon ängstlicher Blick, wie Bela ihm gerade einen zuwarf. Andererseits fehlte ihm schlicht und ergreifend die Energie, irgendjemanden zum Gehen zu bewegen und schon gar Bela. Also schaute er weiterhin aus dem Fenster, das schien einigermaßen sicher zu sein. Und zu seinem Erstaunen tat sich auf einmal sein Mund auf und begann zu reden, und dass ohne jemals von seinem Hirn ein „OK“ bekommen zu haben. Leicht verduzt hörte er sich sagen:
„Weißt du, was fast das Schlimmste ist? Dass die Sonne immer noch scheint. Die Leute gehen immer noch zum Einkaufen, ins Freibad, in die Schule. Der ganze verdammte Planet lebt weiter. Als ob nichts passiert wäre!“ Die letzten Worte hatte er fast geschrieen. Er drehte sich wieder zu Bela hin und sah ihm direkt in die Augen.
„Felse, verdammt, ich halt das nicht aus. Ich glaub ich werde verrückt!“
Bela war sprachlos. Jan war nicht der Typ, der sich normalerweise Emotionen anmerken ließ. Dementsprechend hatte er mit einem geknickten, schon auch mit einem traurigen Freund gerechnet, der versuchte, seine Gefühle so gut wie möglich zu überspielen. Was er nicht erwartet hatte, war dieses Bündel, roher, unverhüllter Schmerzen, das da vor ihm saß. Dieses Häuflein Elend, Schmerz und Wut, das beinah schrie und nicht wusste wohin mit sich und seinen Gefühlen. Dieser Mensch, der aussah, sich bewegte, als sei er hundert Jahre alt und als fehle ihm eine schützende Haut, so dass er sich kaum traute etwas zu sagen, geschweige denn, ihn einfach in den Arm zu nehmen, wie er es eigentlich vorgehabt hatte. Er hatte noch nie jemanden gesehen, der so verletzlich wirkte.
Aber die blauen Augen bohrten sich in seine und verlangten eine Antwort, eine Reaktion von ihm, irgendwas.
„Keine Angst, du wirst nicht verrückt.“ Na super, was für eine Anwort. Und wie konnte er sich da überhaupt so sicher sein? Bela hätte sich schlagen können. Aber es schien das Richtige gewesen zu sein, denn Jan schloss die Augen und sein Gesicht entspannte sich etwas.
Vielleicht hatte Bela recht, vielleicht würde er doch nicht einfach wahnsinnig werden. Jetzt wo er die beruhigende, reale Präsenz seines Freundes bei sich spürte, konnte er das beinah glauben. Er spürte, wie sich das Sofa neben ihm senkte, als Bela sich dort niederließ und dann spürte er auch schon, wie ihm sanft ein Arm um die Schultern gelegt wurde. Zuerst versteifte er sich. Würde er das aushalten, so ganz ohne zweite Haut, dass ihn jemand berührte? Doch dann entspannte er sich ein wenig und ließ sich gegen Belas Körper sinken, der sich mit den paar zusätzlichen Kilos, gegen die er immerzu kämpfte, angenehm weich anfühlte. Und plötzlich spürte Jan, dass er jetzt würde weinen können. Einen Moment versuchte er dagegen anzukämpfen, wenn er jetzt losließ, da war er sicher, würde er sich eine ganze Weile nicht wieder zusammenreißen können. Vielleicht nie wieder. Aber da spürte er Belas anderen Arm, der sich um ihn legte und ihn dicht an sich zog. So festgehalten konnte ihm ja nichts passieren. Und er ließ los.
Bela war sich zuerst nicht sicher gewesen, ob er seinen Freund berühren durfte. Jan sah so verdammt verletzlich aus, so offen wie eine blutende Wunde. Aber dann folgte er einfach seiner Intuition, was sollte ihm hier auch sonst weiterhelfen, und nahm ihn in die Arme. Zu seiner Überraschung entspannte Jan sich fast sofort und fing kurz darauf an zu weinen. Es war ein Weinen, wie Bela es nie zuvor gehört hatte und er wünschte sich aus ganzem Herzen, dass er so etwas auch nie wieder würde hören müssen. Es schien aus der Tiefe von Jans Seele zu kommen, von dem Ort, and dem all der Schmerz und die Trauer saß, die ihn plagten. Es schüttelte seinen gesamten Körper und erinnerte zeitweise mehr an das Schreien eines verwundeten Tieres als an menschliche Laute. Bela tat das Einzige, das ihm einfiel: Er hielt Jan so fest wie möglich und versuchte es mit ihm auszuhalten. Verdammt, wenn sein Freund so litt, musste er doch wenigstens in der Lage sein, ihm dabei zuzuhören? Am liebsten hätte er sich allerdings irgendwo verkrochen, das war ihm klar. Irgendwo, wo er das nicht hören müsste.
Aber er blieb da, er hielt Jan fest und nach einer Weile, die Bela wie eine Ewigkeit vorkam, ließ das Schluchzen nach und etwas später auch das Schniefen. Ein paar Minuten saßen sie noch still da, dann hob Jan den Kopf.
„Ich hab 'nen Mordsdurst“ brachte er hervor, und seine Stimme krächzte, als hätte er gerade zwei Stunden A capella Punkrock gesungen.
Bela löst vorsichtig seine Umarmung und stand auf.
„Ich geh uns mal 'nen Tee machen.“ Er ging in die Küche und setzte den Kessel auf.
Jan streckte sich vorsichtig. Er fühlte sich ein wenig wie nach einem Marathonlauf. Im Hintergrund hörte er Bela in der Küche klappern und kurz darauf kam dieser mit zwei Tassen Tee zurück. Sie schlürften sie schweigend, wobei Bela Jan immer wieder besorgt musterte.
Der Tee war aus beruhigenden Kräutern und Jan fühlte den Effekt fast sofort.
„Willst du hier pennen?“ brachte er noch hervor, da war er schon aufgestanden und in sein Schlafzimmer geschlurft, wo er sich kurzerhand in Klamotten auf die Bettdecke fallen ließ und fast sofort einschlief.
Bela folgte ihm langsam und betrachtete seinen schlafenden Freund. Er fühlte sich ebenfalls ziemlich ausgelaugt und beschloss, Jans Angebot anzunehmen. Außerdem hätte er ihn im Moment eh nicht gerne allein gelassen. Er warf schnell die wichtigsten Kleidungstücke von sich und kroch dann neben Jan unter die Decke. Innerhalb weniger Minuten war auch er eingeschlafen und Stille senkte sich über das Haus.

Es war Morgen. Oder zumindest würde es das in nächster Zeit werden, noch hing ein graues Dämmerlicht über allem. Jan lag auf dem Rücken und fand langsam ins Hier und Jetzt zurück. Er lag in Klamotten auf seinem Bett und neben ihm lag ein warmer Körper, der dem Schnarchen nach zu urteilen nur Bela gehören konnte.
Und plötzlich war alles wieder da: Christines Tod, sein Schock und danach die unerträglichen Schmerzen. Belas Besuch. Sein Zusammenbruch. Fast schämte er sich ein bisschen. Aber nur fast. Erstens war Bela sein bester Freund, und wenn man vor dem nicht zusammenbrechen durfte, vor wem dann? Und zweitens war er immer noch viel zu erschöpft, um sich zu schämen. Erstaunt registrierte er, dass die körperlichen Schmerzen nicht mehr so schlimm waren: Zwar spürte er immer noch ein Stechen in der Brustgegend, wenn er an Christine dachte und der Gedanke erfüllte ihn auch immer noch mit einer abgründigen Traurigkeit, von der Leere, die seinen Brustraum zu sprengen schien ganz zu schweigen. Aber die lodernden Schmerzen in allen Gliedern hatten nachgelassen.
Christine war seine beste Freundin gewesen, seit Jahren schon. Sie hatten sich in einer Ausstellung kennengelernt und sich auf Anhieb gemocht. Mit der Zeit hatte sich zwischen ihnen eine enge Beziehung entwickelt, wie es wohl vorkommt bei Menschen, die auf einer Wellenlänge liegen und nicht viel übrig haben für das Oberflächliche. Als er jetzt an ihre Wärme und ihren unerschöpflichen Humor dachte, spürte er, wie ihm Tränen die Wangen hinabrannen. Eine Erinnerung nach der anderen tauchte vor seinem inneren Auge auf und er gab sich der Flut der Bilder hin. Es war ein stilles Weinen, nicht so regensturmartig wie am Tag davor, eines das ihn noch lange begleiten würde. Nach einer Weile versiegten die Tränen von ganz allein und er drehte sich vorsichtig um und schnäuzte sich. Als er sich wieder Bela zuwandte fingen dessen Augenlieder gerade an zu flattern und dann schaute er ihn auch schon verschlafen an.
„Gu'n Morgen“ murmelte er. Jan sah ihn ein Weilchen liebevoll an und sagte dann einfach und aus vollem Herzen „Danke“.
„Nichts zu danken. Wie geht’s dir heut' morgen?“ Bela wischte sich den Schlaf aus den Augen und betrachtete seinen Freund eingehend. Jan sah immer noch erschöpft und verletzlich aus und seinen Augen und dem feuchten Kissen nach zu urteilen hatte er vor kurzem noch geweint. Aber alle in allem wirkte er ruhiger und gesammelter als gestern.
„Schon besser, weißt du. Ich....ich, verdammt, wenn ich an sie denke, muss ich immer noch heulen, siehste ja.“ Jan fuhr sich mit der Hand über die Augen.
„Trotzdem, kein Vergleich zu gestern.“
Bela nickte.
„Das sehe ich.“
Sie standen auf und saßen lange und gemütlich beim Frühstück, ohne viel zu reden. Dann sagte Bela plötzlich:
„Was hältst du davon, wenn du versuchst, das in Musik umzusetzen? Das hat dir doch sonst immer gut getan.“ Und Jan zuckte zusammen. Er seufzte, vermutlich hatte Bela recht. Er nickte und meinte „Ich werd mal ins Studio runtergehen“ und verschwand.

So entstand der erste Song für das Album nachdem es schließlich auch benannt wurde:
“Am Ende der Sonne”

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