Die Schönheit ihres Todes

Sep 01, 2011 23:01

Der Text ist ursprünglich Mal für was ganz anderes entstanden, aber da hat er mich leider nicht weiter gebracht, aber ich find ihn trotzdem gut gelungen.
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Das ist der Monolog eines Serienkillers über seinen letzten Mord, also nichts für Zartbesaitete.
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Meine Schritte führen mich wieder den gleichen Weg entlang, wie in Trance folgt ein Fuß dem anderen. Die alten Fabriken betrachten stillschweigend meinen Weg, sie kennen mich, meinen Weg, meine Sehnsucht.

Der aufgesprengte Asphalt scheint einen Pfad zu ebnen. Heute Nacht begleitet der Mond mich nicht, Wolken verhängen den Himmel und nur die vereinzelten Straßenlaternen erhellen meinen Weg.

Sie scheinen mich zu rufen. Jeder der roten Steine in der Backsteinmauer, der eiserne Kanaldeckel, der trübe Schein der Straßenlaterne, der die kleine Straße in tiefe Schatten taucht und über Allem thront diese erhabene Stille der Nacht.

Die enge Gasse weckt Erinnerungen, wie ich vor vielen, vielen Tagen hier entlang schritt. Das von Rost zerfressene Schild, das diesen Ort als Privatbesitz ausweist.
Mein.
Die alten, verstaubten Fenster der ehemaligen Produktionshalle, durch die schon seit Jahren kein Licht mehr fiel.
Mein Sanktuar.
Ein vermoderter Müllcontainer steht noch immer unter dem alten Glas und verdeckt den Eingang. Der Wächter, der mein Heiligtum schützt.

Mein Körper schmiegt sich an ihm vorbei, genießt die Bewegung wie eine zärtliche Berührung. Ein leichter Schauer läuft meinen Rücken entlang, elektrisiert die Nerven meines Körpers, Erregung durchströmt mich, als die Erinnerungen meinen Geist zu überrennen scheinen.

Der Innenhof der alten Fabrik ist klein, aber er genügt mir völlig. Nur ich besuche diesen wundervollen Ort, nicht einmal die Ratten und wilden Katzen kennen ihn, kein Bettler beschmutzt seinen Glanz. Er wartet nur auf mich und nur ich erkenne seine Vollkommenheit.

Die alte verdreckte Fensterwand nimmt die gesamte linke Seite ein, der Rest wird von brüchigen roten Steinen bedeckt und von der einsamen alten Stahltür, die trotz all ihrer Jahre noch immer sicher in den Angeln hängt.

Dieses alte Metall, das so viel Hoffnung auszustrahlen scheint, das Einzige, das sie nicht fürchtete. Das plumpe Ding, das schon seit mehreren Dekaden nicht mehr geöffnet wurde. Es hat sie belogen, es verspricht Freiheit, aber es lügt, jeder Kratzer in dem alten Material beweist es.

Die feinen Härchen in meinem Nacken stellen sich auf, als für einen kurzen Moment das silberne Licht des Mondes durch die Wolkendecke bricht. Mein alter Begleiter, mein stiller Beobachter. In sein reines Licht getaucht, entfaltet mein geheimes Reich seine wahre Schönheit.

Die alten hölzernen Kästen, die in der Ecke verrotten, erinnern sich an sie. Sie sind frisch gebrochen und rotes Purpur bedeckt an manchen Stellen ihre schimmlige Oberfläche.

Sie versuchte davon zu laufen, aber es gab keinen Weg und doch erkannte sie diese Wahrheit nicht, nicht einmal als ihre Rippen gegen das morsche Holz brachen und die faulen Splitter sich durch ihre zarte Haut bohrten. Auch nicht als ihre Fingernägel über das unbewegliche Metall der Tür schabten und brachen. Ich kann noch immer ihre Angst riechen, während sie sich verzweifelt unter meinen Händen windet.

Das Echo ihrer Stimme hallt auch weiterhin von diesen Wänden, liebkost meine Seele mit dunklen Erinnerungen und ich kann in meiner Hand das Messer spüren, wie seine Klinge sanft über ihre Haut streicht und am Ende nur einen winzigen Streifen Blut hinterlässt.

Wie ihre Augen sich weiteten, als sie es verstand, wie sehr sie kämpfte, bis ich sie niederrang über dem alten Kanaldeckel aus schwerem Eisen. Das Geräusch des ersten Tropfens als er die atemberaubende Stille zerreißt. Wie er sich langsam weiter schlängelt und schließlich im Dunkel der Kanalisation verschwindet.

Meine Finger streichen liebevoll über die schwarze Öffnung im Boden. Wie viel wir geteilt haben, alter Freund, wie viel wir erlebt haben. Ich besinne mich all der vertrauten Begleiter in meiner kleinen Welt, die Kerben in den bröckelnden Steinen, die vertraute Kälte des schweren Stahls und dieser modrig-metallische Geruch, der in der Luft hängt.

All diese Dinge, die meinen heiligsten Ort formen, ich kann sie fast flüstern hören. Sie erzählen von meinen Taten, von ihren Augen, die mich anflehen und trotzdem nichts ändern können. Sie erzählen davon, wie meine Klinge durch ihren Körper gleitet, während ihre Schreie durch die Leere der Nacht gellen.

Doch sie bleiben ungehört von der Welt, denn ihr leises Raunen dringt nur an meine Ohren; ich bin der Einzige, der die Schönheit ihrer Worte erkennt, der zu schätzten weiß, was für wundervolle Geschichten sie erzählen.

Das Zittern ihres erschlaffenden Körpers in meinen Armen, es war unglaublich, intensiver als alles, das ich vorher gespürt habe. Als dieser helle Funke in ihren Augen schließlich erlischt und ihr lebloser Leib sich kampflos an den meinen schmiegt. Diese Woge der Erfüllung, die durch mein ganzes Selbst floss. . .

Sie war perfekt! Perfekt für mich und sie wird immer hier sein und auf mich warten, selbst als ich ihren leblosen Körper in den Ob sinken ließ und der Regen das lebendige Rot fast völlig auslöschte, blieb etwas von ihr hier. Ich habe sie hier gefangen und an diesem Ort ist sie für immer an mich gebunden, für immer mit mir vereint.

Doswidanja, душа моя!

german, dark poetry, die schönheit ihres todes

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