Das Bad, die Stammgäste und ein sehr junger Bademeister

Sep 16, 2023 17:17

Sommerchallenge-Prompt: AU - Joker (deutsches AU, SC 2022)
Fandom: Tatort Münster
Genre: AU, Humor, Pre-Slash
Handlung: Eigentlich wollte Karl-Friedrich nur die letzten sonnigen Tage mit einem guten Buch im Freibad verbringen. Dem Bademeister war er dabei bisher immer aus dem Weg gegangen, aus Gründen. Das ändert sich.
A/N: Eigentlich wollte ich ja ein Schrebergarten AU schreiben. Aber gerade ist bei uns Ende der Freibadsaison, und da tauchte aus dem Nichts das Bild eines jungen Thiel in Bademeister-Uniform vor meinem inneren Auge auf. Wer Bilder vom jungen AP kennt und sich an Bademeister in den 80ern erinnert, weiß vermutlich, was ich meine …
Länge: ~ 1.100 Wörter
Zeit: ~ 60 Minuten


***

Der Sommer neigte sich schon seinem Ende zu, als er auftauchte. Karl-Friedrich hatte seine letzten Sommerferien überwiegend im Freibad zugebracht - einem Ort, an dem er sich schon immer wohl gefühlt hatte. Wenn man erst einmal herausgefunden hatte, daß man vormittags dem ganzen Trubel entgehen und noch in aller Ruhe seine Bahnen schwimmen konnte, und wenn man endlich all die schattigen Ecken kannte, wo es auch im Laufe des Tages relativ ruhig blieb, konnte man mit dem ein oder anderen guten Buch hier wirklich gut seine Zeit verbringen. Ja, inzwischen hatte er sich auch damit abgefunden, daß aus seiner Europarundreise nichts geworden war. Interrail … alleine bei dem Wort hatten seinem Vater schon die Haare zu Berge gestanden. Für Familienurlaub in Österreich fühlte er sich nun aber auch zu alt, und so war er alleine in Münster geblieben und hatte eine Saisonkarte fürs Freibad gekauft.

Seinen Klassenkameraden war er schön aus dem Weg gegangen, und auch Konfrontationen mit dem miesepetrigen Bademeister hatte er vermieden. Seit er vor einigen Jahren mal beim Springen ins Becken auf einem älteren Badegast gelandet war, hatte der ihn auf dem Kieker. Selbst jetzt deutete er noch auf das „Vom Rand Springen verboten“ Schild, wenn er ihn sah. Dabei war das ewig her und selbst damals war er ja eigentlich nicht aus Übermut gesprungen, sondern weil man ihn mit nassen Handtüchern gejagt hatte. Da hatte der örtliche Law and Order Chef natürlich gerade gepflegt weggeschaut. Und als er sich dann mit einem Sprung ins Wasser hatte retten wollen, war das Unglück eben geschehen. Aber nicht einmal der Rentner, den er unglückseligerweise getroffen hatte, hatte derartig geschimpft wie der Bademeister. Seither machte er sich aus dem Staub, wenn er nur irgendwo das Geräusch quietschender Aldiletten hörte. So war es all die Jahre gewesen und er hatte nie gedacht, daß sich das irgendwann ändern würde.

Und dann kam er ins Freibad, und ein neuer Bademeister war da. Sein Vorgänger war in Frührente gegangen, wie er dem Gespräch der vor ihm auf ihren Klappstühlen sitzenden Riege der Stammgäste entnahm (alles Rentnerinnen und Rentner, die vom ersten Tag der Saison an täglich hier waren und deren Haut die Beschaffenheit von dunklem, gut gegerbten Leder angenommen hatte). Offenbar hatte der Bademeister es geschafft, nicht nur mehrere Kinder in die Welt zu setzen, sondern auch eine Riege von Enkelkindern anzusammeln, und für die wollte er jetzt mehr Zeit haben. Klang unglaubwürdig in seinen Ohren, denn in all den Jahren hatte er noch nicht erlebt, daß der Bademeister nett zu einem Kind gewesen wäre. Aber vielleicht war das ja bei seinem eigenen Fleisch und Blut anders.

Jedenfalls war er jetzt da. Der neue Bademeister. Nicht viel älter als er selbst - bislang hatte er nie darüber nachgedacht, daß es auch junge Exemplare geben mußte, daß Bademeister nicht mit über vierzig auf die Welt kamen - und so lächerlich blond, daß er noch ein bißchen jünger wirkte, als er vermutlich war. Wo der alte Bademeister einen mit den Jahren immer stattlicher werdenden Bierbauch vor sich hergeschoben hatte, hatte der neue dem Anschein nach noch Bauchmuskeln. Nicht, daß man davon viel sah in dieser eng sitzenden Uniform aus kurzer weißer Hose und weißem Poloshirt. Der neue war kleiner als der alte, aber kompakt und muskulös gebaut. Und trotz der geringen Körpergröße strahlte er absolute Zuversicht aus, jederzeit kleine und große Badegäste aus den Fluten retten zu können. Karl-Friedrich blätterte wieder eine Seite zurück, weil er beim Lesen den Faden verloren hatte, und dann schaute er doch wieder auf und folgte mit den Augen dem neuen Bademeister bei seiner Runde um das große Schwimmerbecken. Eine Traube von Kindern kam ihm entgegen und teilte sich vor ihm wie das Rote Meer vor Moses. Für ihn machten die Zwerge nie Platz. Wie machte der das bloß? Er hörte den allgegenwärtigen Ruf aller Bademeister „Nicht ums Becken rennen!“, aber es klang irgendwie freundlicher als sonst. Die Kinder wurden trotzdem langsamer, man mußte also gar nicht so brüllen, wie es der alte immer getan hatte.

Oh, und jetzt kam er in seine Richtung. Karl-Friedrich vertiefte sich schnell wieder in sein Buch und sah nur aus dem Augenwinkel, wie der neue den Stammgästen grüßend zunickte. Da war man mal drei Tage nicht im Bad gewesen, und schon … Gisela, pensionierte Postbeamtin und festes Mitglied der Stammgäste, fragte „Und, schon gut eingelebt in Münster?“ und der neue sagte „Paßt schon.“ Kein Freund von Nebensätzen, so wie es aussah. Jetzt schaute er doch wieder hoch und aus der Nähe waren diese Augen wirklich unglaublich blau. Karl-Friedrich schluckte, als sich ihre Blicke trafen. Die Andeutung eines Lächelns, nur ein Mundwinkel, der sich hob. Und dann drehte er wieder ab, zurück Richtung Hochstuhl.

Diese Uniform war wirklich albern. Beim alten Bademeister hatte er da nie weiter drüber nachgedacht, aber jetzt, während er dem anderen nachsah … Diese Hose war wirklich sehr kurz. Und ihm war plötzlich sehr warm. War er zu lange in der Sonne gewesen? Sein Gesicht fühlte sich ganz heiß an.

Gisela sagte etwas, und die anderen lachten. Zumindest die Frauen, die Männer wirkten weniger amüsiert. Bis auf Ewald, Bäckermeister im Ruhestand, der immer noch dem Bademeister hinterhersah und nicht mitbekommen hatte, was Gisela gesagt hatte.

Er war vermutlich inzwischen knallrot angelaufen, er konnte nur hoffen, daß man das unter der Sonnenbräune nicht so sah. Man sollte nicht meinen, daß eine Frau in dem Alter … Gisela könnte locker seine Oma sein! (Nicht, daß seine Oma je ins öffentliche Freibad ging. Sie bevorzugte Tennis im Club. Und Sonnenhüte, um den Teint zu schonen.) Das war einer der Vorzüge der Riege der Stammgäste - die meisten Teenager machten einen Bogen um die Gruppe. Ein schöner Anblick waren die verwelkten Körper ja nun wahrlich nicht, vor allem nahmen die Alten aber auch kein Blatt vor den Mund. Das hatte den großen Vorteil, daß man in ihrer Nähe ungestört von jugendlichen Übergriffen liegen konnte, ein Umstand, den er sehr schätzte. Im Hallenbad war das schon schwieriger, auch wenn einige der Freibad-Stammgäste auch im Winter regelmäßig schwimmen gingen. Allerdings vormittags, und wenn er nach der Schule schwimmen gehen konnte, waren vor allem Teenager da. Die Jungs lungerten am Beckenrand rum und starrten die Mädchen an, das war alles ziemlich nervig. Und auch der Bademeister war sehr viel präsenter als im Freibad, einfach weil die Fläche sehr viel kleiner war. Man konnte ihm kaum aus dem Weg gehen.



Zum ersten Mal in seinem jungen Leben überlegte Karl-Friedrich Boerne, ob er vielleicht doch auch einmal eine Saisonkarte fürs Hallenbad kaufen sollte. Mal was Neues. Den Horizont weiten. Das würde ihm sicher gut tun.

***

g: fanfic, g: alternate universe, p: thiel / boerne, !120 minuten, g: slash, f: tatort münster

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