The Pumpkin King with the Skeleton Grin

Oct 18, 2015 11:10




Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann und wie ich letztes Jahr erfahren habe, dass Danny Elfman 2015 für ein paar Konzerte nach Paris kommen würde, aber als ich Weihnachten mit meinen Eltern dort war, hingen bereits diese Plakate in den Metrostationen:



(Man beachte das in rot geschriebene "dernières places" - "letzte Plätze"!)
Ein Komponist, den ich mag, in einer Stadt, die ich liebe?! Es wird wohl niemanden überraschen, dass ich damals noch an Ort und Stelle eine Konzertkarte gekauft habe, beinahe volle zehn Monate im Voraus... und meine Güte, hat es sich gelohnt!
Der Andrang auf das Event war derartig groß, dass insgesamt zwei Zusatztermine geschaltet werden mussten - ursprünglich sollten lediglich am 10. Oktober zwei Aufführungen stattfinden, letztendlich waren es insgesamt vier Konzerte an drei aufeinanderfolgenden Tagen.
Und das Publikum war sogar international: vor dem Konzert am Sonntag traf ich am Merchandise-Stand ein Pärchen, das nicht nur - wie ich - aus Deutschland, sondern auch noch ebenfalls aus dem Rhein-Main-Gebiet angereist war. Wie klein die Welt doch manchmal ist...
Aber first things first!



(Ja, das auf den Bildschirmen ist Werbung für ein "Zurück in die Zukunft"-Event am 21. Oktober 2015!
In Frankreich kennt man die Filme übrigens unter dem Titel "Retour vers le futur".)

Wie schon damals bei "La Belle et la Bête" verschlug es mich für "Danny Elfman's Music from the Films of Tim Burton" (so die offizielle Betitelung der Veranstaltung) in ein sagenhaft schickes, historisches Gebäude - dieses Mal handelte es sich dabei um das Grand Rex, ein denkmalgeschütztes Kino aus den 1930er Jahren. Dessen Grande Salle beherbergt regelmäßig diverse Shows und Konzerte (dieses Wochenende zum Beispiel ein Cinéconcert - also eine Filmvorführung mit Live-Orchester - zu Pixars "Ratatouille") sowie jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit ein opulentes Wasserspektakel gefolgt vom aktuellen Disneyfilm ("La Féérie des Eaux").
Der Saal ist eindrucksvoll, im Falle des Balkons jedoch wahrscheinlich wenig geeignet für Menschen mit Höhenangst. Selbst ich musste im ersten Moment kurz schlucken, als ich mich vergangenen Sonntag auf meinem plüschigen Klappsitz niederließ, etwa vier Reihen von der unglaublich niedrigen Balkonbalustrade entfernt. Der gesamte Balkon war extrem steil und hat in mir die Frage aufgeworfen was es eigentlich auf sich hat mit dieser schmalen, hohen Bauweise, die für alte Gebäude in Paris irgendwie typisch zu sein scheint... auch wenn im Falle des Grand Rex zumindest von "schmal" wirklich keine Rede sein kann - der Grande Salle fasst über 2700 Personen! (Das Théâtre Mogador schafft zum Beispiel nur 1860 Personen, also nicht ganz 1000 Leute weniger...)
Nun ist der Saal aber nicht nur sehr groß, sondern auch sehr schick mit seiner mediterranen Scheinarchitektur an den Seitenwänden, dem Sternenhimmel unter der Decke und dem großen Lichterbogen, der sich über die Bühne spannt.



Was das Konzert angeht, wurde dem geneigten Besucher eine ziemlich bunte Mischung dargeboten, von „Edward mit den Scherenhänden“, „Alice im Wunderland“ und „Corpse Bride“ bis hin zu „Batman“, „Big Fish“ und „Mars Attacks!“ - sogar „Planet der Affen“ war dabei! (Ich vergesse immer, dass Tim Burton zwischendurch auch mal SciFi gemacht hat.) Insgesamt fünfzehn Filme wurden in das Programm eingearbeitet, die aufgeführte Musik wurde dabei oftmals noch unterstützt durch Filmausschnitte oder Konzeptzeichnungen auf der Leinwand hinter dem Orchester. Die Präsentation der einzelnen Filme erfolgte weniger in chronologischer Reihenfolge („Charlie und die Schokoladenfabrik“ machte zum Beispiel den Anfang) als eher abwechslungsreich gemischt - meiner Meinung nach ein gelungener Ansatz, wenn man das Programm interessant halten möchte.
So bekam ich bei „Sleepy Hollow“ durchaus eine Gänsehaut, bei „Batman“ einen brutalen Schlag mit der Nostalgie-Keule und bei „Edward mit den Scherenhänden“ letztendlich feuchte Augen - und das, obwohl ich mich die komplette erste Hälfte der Veranstaltung so gut beieinander hatte!
Aber seien wir ehrlich, eigentlich war ich ja da, um Danny Elfman singen zu hören. ;)
Meine sentimentalen Mädchentränen waren noch nicht getrocknet, als das Orchester die ersten Takte zu „The Nightmare before Christmas“ anspielte und man hat richtig gemerkt, wie das Publikum nervös wurde. Smartphones wurden verstohlen aus irgendwelchen Taschen gezückt, schließlich mussten Beweisfotos für die Zuhausegebliebenen geschossen werden: „Hier, guck! Ich habe Danny Elfman live gesehen! Da isser!“ (Zu den Smartphones übrigens später mehr…)



Unnötig zu erwähnen, dass in dem Moment, in dem der Mann die Bühne betrat, die Hölle los war! Der Applaus war völlig verrückt und im Laufe des Abends bekam Danny Elfman tatsächlich nicht weniger als drei Standing Ovations - und jede einzelne davon war verdient!
Ich weiß gar nicht, was ich eigentlich erwartet hatte, aber in jedem Fall war ich unheimlich überrascht über die sagenhafte Ausdrucksstärke und die Bühnenpräsenz, die Elfman am Mikrofon an den Tag legte - Mimik, Gestik, humoristisches Timing, alles davon war perfekt. Als er am Ende für eine Zugabe noch einmal auf die Bühne kam und „Oogie Boogie’s Song“ zum Besten gab, war es mit mir endgültig vorbei! Nicht zuletzt, weil sich der Komponist dafür extra eine gewisse rote Mütze aufsetzte und in französischer Sprache die Passagen des Weihnachtsmannes beisteuerte… ich habe so unglaublich viel gelacht, es war fantastisch! <3
Honorary mentions gehen dementsprechend an den Dirigenten, John Mauceri, an Danny Elfmans exzellente schwarze Glitzerkrawatte sowie an Sandy Cameron, eine junge Geigerin, die während ihrer Soli so dermaßen abging, dass ich fest davon überzeugt war, sie würde jeden Moment ihre Stradivari durchsägen.
Positiv überrascht hat mich übrigens auch das Publikum. Bei unserem Besuch im Disneyland vor zwei Wochen haben wir uns stellenweise fast gefragt, warum sich der Park eigentlich noch die Mühe macht, jeden Tag eine Parade und das abendliche Feuerwerk zu veranstalten - den versammelten filmenden Smartphone-Zombies hätte es sicher auch genügt, wenn man ihnen die URL zum entsprechenden youtube-Video per Lautsprecherdurchsage mitgeteilt hätte! Gerade bei der Parade hat gefühlt KEIN MENSCH ohne ein Display vor dem Gesicht auf die Straße geguckt! Und bei großen Konzertveranstaltungen sieht es ja mittlerweile stellenweise ähnlich aus…
Entsprechend fantastisch war es, dass die ollen Telefone am vergangenen Sonntag tatsächlich die meiste Zeit über in den Taschen blieben - außer halt, um eben schnell ein paar Beweisfotos für die tatsächliche Anwesenheit des hochgeschätzten Komponisten zu machen. Und selbst das waren nur eine Handvoll (meistens eher junger) Leute. ;)
(Ich selber hatte übrigens tatsächlich eine kleine Digitalkamera dabei… mein Smartphone ist schon dermaßen alt, dass die Qualität der Kamera bei schlechtem Licht echt nicht der Rede wert ist.)
Und wo wir gerade beim Thema Fotos sind: die Veranstalter hatten in Kooperation mit einem ansässigen Kostümverleih Mars Girl (Ich sollte wohl wirklich endlich mal hingehen und mir „Mars Attacks!“ angucken…) und Edward mit den Scherenhänden für die Fotoecke unten im Foyer organisiert. Zwar war es dort letztendlich etwas chaotisch, weil niemand da war, um ein bisschen System in die versammelte Traube von Menschen zu bringen, aber das kenne ich ja schon aus Disneyland. ^^



Einziger Wermutstropfen des Abends: die vor Konzertbeginn auf der Leinwand angepriesenen Regenschirme (schwarz-weiß mit einem knochenförmigen Handgriff) müssen bereits am Samstag alle über die Theke gegangen sein - mein Herz hat echt geblutet, mein Geldbeutel allerdings erleichtert aufgeatmet.
Jetzt hoffe ich nur noch, dass sich vielleicht irgendein Veranstalter erbarmt und Danny Elfman zeitnah auch nach Deutschland holt - ich würde sofort alles stehen und liegen lassen und mir eine Karte kaufen! ;)

konzert, kunst und kultur, paris

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