Dieser Eintrag enthält evtl. einen Spoiler für die dritte Staffel von „Sherlock“!
Eigentlich war es keine Absicht, dass auch mein zweites Hörspiel der „Sherlock Holmes Chronicles“ vom selben Autor stammt wie die
„Moriarty-Lüge“ (ein Gentleman namens J.J. Preyer, falls es jemanden interessiert). Der Grund war vielmehr, dass ich Folge 2 und 3 aufgrund der verwendeten Themen (Zeitreise und Werwölfe) übersprungen habe, da ich wie bereits erwähnt oft nicht viel anfangen kann mit der Kombination aus einem kühl rational vorgehenden Detektiv und irrationalen, übernatürlichen Krimiszenarien. (Außerdem kann ich mich nicht erinnern, seit „Zurück in die Zukunft“ auch nur ein gutes Zeitreise-Szenario gesehen zu haben - Doctor Who zählt hier nicht!)
Offenbar bin ich mit meiner Einstellung auch nicht ganz alleine, denn die Reaktionen auf die Zeitreise-Folge scheinen dazu geführt zu haben, dass die Reihe letztendlich aufgespalten wurde und die (nachfolgenden) übernatürlichen Fälle nun unter dem Titel „Sherlock Holmes Phantastik“ in den Verkaufsregalen stehen. Der Untertitel „Nach Motiven von H.P. Lovecraft und Sir Arthur Conan Doyle“ rückt das Ganze dann noch in die spezifische Nische von „Chtulhu Gaslight“, also lovecraftschem Mythos-Horror im Setting der 1890er Jahre. Womit wir fast wieder
beim zuletzt vorgestellten Comic wären...
Aber zurück zu den Hörspielen der „Chronicles“, genauer gesagt zu Folge 4: „Der Teufel von St. James“.
Hier geht es um Schauerromane, Wachsfiguren und eine Reihe von Morden, die den Geschichten eines erfolgreichen Autors nachempfunden sind - keine schlechte Mischung, klingt soweit hinreichend interessant.
Was mir hier aber sofort auffiel: viel zu schnörkeliger Sprachstil, zu viele ausschmückende Adjektive, viel zu blumig! Formulierungen wie „Ihre Augen leuchteten wie zwei kleine Seen in Schottland“ klingen in meinen Ohren eher nach einem
Schundroman als nach einer Detektivgeschichte! Und wer schreibt den bitte so Sachen wie „Tee konsumieren“? Drogen werden vielleicht konsumiert, aber Tee trinkt man! Punkt!
Theoretisch sollen die Fälle ja aus dem Geheimarchiv Dr. Watsons stammen, aber nicht mal der gute Doktor schreibt so übertrieben... egal, was Holmes in einigen der originalen Geschichten behauptet. ;)
Der Straßenjunge Wiggins wird hier zu Holmes' Lehrling - das erinnert an den hier vorgestellten Comic und auch ein wenig an die dritte Staffel „Sherlock“.
Wiggins entpuppt sich dann auch schnell als wahres Wunderkind: innerhalb weniger Wochen lernt er fließend Lesen und Schreiben, obwohl bei ihm keine bis wenige Vorkenntnisse vorhanden sind.
Und die gute Mrs. Hudson liest in ihrer Freizeit mit großer Begeisterung „penny dreadfuls“ ein Hobby, das so gar nicht zu dem Bild passt welches ich mir über die Jahre und diverse Adaptionen von Holmes' Haushälterin gemacht habe.
Ansonsten war ich überrascht zu hören, dass Watson sich an einer Stelle ein Bier genehmigt (wohlgemerkt nicht in einem Pub, sondern im Salon von 221B, wenn ich mich recht entsinne) und sein oftmals kaltes und zynisches Auftreten Holmes gegenüber passt so gar nicht zu der tiefen Freundschaft, die Doyle seinen Lesern in den originalen Geschichten vermitteln wollte.
Aber zurück zum Fall...
Mal wieder steht letztendlich eine Frau aus Watsons Leben im Zentrum des Problems und tatsächlich bekommt man hier quasi vier Fälle in einem präsentiert: ausgehend von der Spur in einem von Mrs. Hudsons Schauerromanen bekommt man (Achtung Spoiler! ;) diverse tote Gentlemen, einen toten Autor, einen toten Straßenjungen und eine entführte Schauspielerin.
Die Hinleitung vom einen zum anderen verläuft da mehr mal mehr, mal weniger logisch und zumindest mir ging es so, dass die zweite CD mit fortschreitender Laufzeit immer uninteressanter wurde... vielleicht sollte ich doch noch mal einen Fall von einem anderen Autor kaufen?!
Auf Seiten der Produktion ist die Reihe auf jeden Fall inwandfrei inszeniert, die Qualität besonders der Sprache schwankt gefühlt jedoch sehr zwischen den beiden Folgen, die ich gekauft habe - obwohl sie vom selben Autor stammen!
Dass agierende Charaktere und Erzähler in den Dialogszenen teilweise zwei verschiedene Teile des selben Satzes sprechen (das ist besonders am Anfang von „Die Moriarty Lüge“ der Fall), finde ich persönlich auf Dauer anstrengend - besonders beim erneuten Hören, wenn ich mich weniger auf den Fortlauf der Handlung konzentrieren muss, weil mir diese bereits bekannt ist. Da sist tatsächlich ein bisschen schade, weil es mir auf Dauer den Spaß verdirbt.
Grundsätzlich sind die „Chronicles“ aber nicht ganz verkehrt, wobei ich jedoch empfehlen würde, sie wenn möglich auszuleihen statt sie zu kaufen - eben auch deshalb, weil sie meiner Meinung nach durch mehrmaliges Anhören vielleicht nicht unbedingt gewinnen.
Ps.: Mittlerweile ist übrigens auch die Gesamtausgabe des oben erwähnten Comics bei mir eingezogen und leider konnte die zweite Hälfte nicht wirklich halten, was ich mir vom ersten Teil versprochen hatte. Der Fortlauf der Handlung interessierte mich zwar, konnte mich beim Lesen aber kaum fesseln. Keiner der späteren Plot Twists hat mich wirklich von den Socken gehauen und so lässt mich das Werk leider ziemlich gleichgültig zurück - um komplett verrissen zu werden, ist es dann nämlich doch nicht schlecht genug. ;)