Usbekistan hat als ein unabhängiger souveräner Staat seine Verfassung. Und wenn man ihre Präambel ganz aufmerksam liest, dann ist klar zu sehen, dass sie als das Grundgesetz des Staates „zur Sicherung des Friedens und der nationalen Eintracht“ verabschiedet wurde. Deshalb beinhaltet der Begriff des Volkes „alle Bürger Usbekistans unabhängig von ihrer Nationalität“. Das bedeutet aber, dass die Menschen aller Nationalitäten - Bürger Usbekistans - im Lande „die einzige Quelle der Staatsmacht sind“. Mehr noch erstrecken sich alle Rechte und Freiheiten der Bürger Usbekistans auf jegliche nationale Gruppen und auf den Menschen jeder Nationalität.
Dabei kann kein Teil der Gesellschaft, darunter auch nationale Verbände, oder eine einzelne Person jeder Nationalität „im Namen des Volkes“ auftreten.. „Die Republik Usbekistan garantiert ihren Bürgern den Rechtsschutz und die Fürsorge unabhängig von ihrer Nationalität innerhalb und außerhalb des Hoheitsgebiets der Republik Usbekistan.“.
Diese einfachen und für jeden verständliche Worte der Verfassung der Republik Usbekistan scheinen trivial zu sein. Sie entsprechen unserer Mentalität und der Lebensvorstellung im Lande. Wenn man aber zur Geschichte und internationalen Erfahrungen greift, dann können wir uns davon überzeugen, dass die Gewährleistung dieser einfachen Rechte für die Menschen verschiedener Nationalitäten ein hohes Gut unseres Volkes sowie eine große Leistung des Staates, politischer, gesellschaftlicher und religiöser Organisationen, nationaler Vereinigungen und jugendlicher Bewegungen ist. Seit den Zeiten des Römischen Staates war der Grundsatz der Herscherpolitik das Prinzip „Teile und herrsche“. Geteilt wurden immer die Menschen nach zwei Merkmalen - nach der Nationalität und dem Religionsbekenntnis. Das waren verlustlose Varianten, die bislang von allen subversiven Außenstrukturen gebraucht werden. Es ist doch viel leichter, einen Menschen gegen den anderen Menschen zu hetzen, wenn ihm eingebläut wird, dass sein Nachbar die falsche Haar- und Augenfarbe hat, er spricht auch ganz anders und betet seine Götter an und isst sein nationales Essen. Es gibt genügend Bespiele. Erst neulich gab es aus diesem Grund soziale Konflikte im benachbarten Tadschikistan Georgien und in Ukraine. Im Irak aber kämpfen Sunniten gegen Schiiten, in der Türkei ist das Problem der Kurden nicht gelöst. Und in Israel kommen die Menschen wegen Konflikten zwischen Juden und Palästinensern ums Leben.
Diese bekannten Beispiele geben uns Grund, auf die wirklich weise nationale Politik stolz zu sein, die im Lande betrieben wird und das höchste Niveau der interethnischen Toleranz in Usbekistan für das höchste Gut der Staatspolitik zu halten. Im Grunde genommen konnte das Volk Usbekistans auch in diesem Bereich effiziente Mechanismen der Umsetzung der wichtigsten Bestimmungen des bekannten Modells „Eigener Weg der Erneuerung und des Fortschrittes“ erarbeiten. Ich glaube, dass es heute als eine durchaus konkurrenzfähige Exporrttechnologie präsentiert werden kann, die von unseren Nachbarn in der Region, von der Ukraine, von Georgien, von Baltischen Republiken und vielen anderen Staaten gut gebraucht werden könnte. Dabei sollte man aber besonders darauf hinweisen, dass die Grundlage dieser Technologie die Berufung auf die Ideologie ist, die sich auf die im Laufe von Jahrtausenden herausgebildete Weltanschauung der Menschen und die Mentalität der Nationen stützt, die die Zukunft dieses Volks bestimmt, die ihm hilft, seinen würdigen Platz in der internationalen Staatengemeinschaft einzunehmen, die in der Lage ist, eine feste Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft zu werden. Das bedeutet aber, dass man in jedem Land an die Herausbildung der nationalen Idee kreativ herangehen sollte.
Das wichtigste Ziel der nationalen Idee darin besteht, das Volk für die große Zukunft zu vereinen, jeden Bürger des Landes unabhängig von seiner Nationalität, seiner sprachlichen und religiöser Zugehörigkeit zum Leben mit steter Verantwortung für das Schicksal seiner Heimat anzuregen; den Stolz für das enorm reiche Erbe der Vorfahren, gesammelte geistige Werte und edle Traditionen zu erziehen; höchst moralische und harmonisch entwickelte Menschen zu entwickeln; die Selbstlosigkeit unserem heiligen Boden zuliebe zum Sinn des Lebens zu verwandeln. Er unterstreicht drei Schwerpunkte in diesem Prozess - den Frieden und die Ruhe im Lande, das Wohl des Volkes und das Gedeihen der Heimat. Diese Bestimmungen der Nationalen Idee sind für den Menschen jeder Nationalität sehr nah, der in Usbekistan lebt. Diese Ideen dringen in das Bewusstsein der Menschen ein, fallen auf den Nährboden und stoßen auf positives Echo in der ganzen Gesellschaft. Mit offenem Herzen werden sie auch von der deutschen Minderheit Usbekistans wahrgenommen. Wir, die „usbekischen“ Deutschen, die wir in Deutschland und Russland sonst „Russlanddeutsche“ genannt werden, akzeptieren und stützen uns auf das große geistige Erbe unseres Volkes. Zu den Traditionen unseres Volkes gehören Friedlichkeit und religiöse Toleranz, die eigene geistige Identität, die Einmaligkeit von heiligen Traditionen, die Priorität der höchsten Interessen und der Ziele des Volkes und des Staates, die Freiheit von der Erscheinung des aggressiven Nationalismus und Extremismus und anderen Mängeln des respektlosen Umgangs mit anderen Nationen und Völkern. In deutschen Familien wird von Generation zu Generation das Bewusstsein überliefert, dass die Quelle der Weisheit und der Kraft die Erziehung der jungen Generation im Geiste der Vaterlandsliebe und der Treue dem Land ist, in dem sie zur Welt kommen und leben. Gerade dieser Ansatz verbindet organisch die Vergangenheit und die Zukunft der „usbekischen“ Deutschen, die ihnen ermöglichen, auf das unsterbliche Erbe der großen Vorfahren wirklich stolz zu sein und mit anderen Völkern Usbekistans eine breite Möglichkeit zu öffnen, die Errungenschaften der Weltkultur und des Fortschrittes zu erwerben.
Wir wissen noch, dass die Wurzeln der Zusammenarbeit zwischen unserem Volk und Usbeken und Russen in die Vergangenheit reichen. Deutsche Minderheiten entstanden in Usbekistan nach dem Anschluss Turkestans an Russland. In dieser Zeit entstehen auf dem Territorium des künftigen Usbekistan große deutsche Minderheiten von Lutheranern, deren religiöse Ideologie immer von der Toleranz, der Gesetzestreue und der Achtung vor der weltlichen Macht gekennzeichnet war. Diese wahrhaftig deutschen Eigenschaften, die von anderen Völkern Usbekistans sorgfältig gefiltert wurden, wurden wie Goldbarren zum allgemeinen Reichtum und Gemeingut des ganzen Landes. Eben deshalb werden in Usbekistan keine Pogrome, Demonstrationen und Kundgebungen durchgeführt. Niemand klopft mit Stahlhelmen auf Brücken vor Regierungshäusern, niemand näht orange, rosa und sonstige bunte Slips. Im Volke grinst man bereits seit langem über amerikanische Belehrungen über die Pseudodemokratie, indem bevorzugt wird, der über viele Jahrhunderte bewährten Ideologie der Stabilität in gesellschaftlichen Beziehungen zu folgen.
In Usbekistan und Russland ist der Landsmann Vassilij Vladimirovič Barthold (1812), das Akademiemitglied der Petersburger Wissenschaftsakademie, der hervorragende Geschichtsforscher und Orientalist sehr gut bekannt, der den größten Teil seines Lebens in Usbekistan gelebt hat. Dank seinen Werken und den von ihm ausgebildeten erstklassigen Wissenschaftlern wurde in Taschkent die Staatliche Hochschule für Orientalistik gegründet, in der erfolgreich Fachleute ausgebildet werden. An der Akademie der Wissenschaften Usbekistans funktioniert das Forschungsinstitut für Orientalistik, das Grundlagenforschungen in diesem Bereich durchführt. Es sei zu betonen, dass die ganze Geschichtslehre Usbekistans sich auf den Ruf von Barthold und seine weltweit anerkannten hervorragenden Werke stützt. Seine Werke wie etwa „Turkestan im Zeitalter der mongolischen Invasion“ (T. 1-2, 1898-1909), „Kalif und Sultan“ (1912), „Ulugbek und seine Zeit“ (1918) und andere in viele Sprachen übersetzte Werke bleiben auch noch heute aktuell. In diesen und anderen seinen Forschungen zieht er deutlich seine unter Deutschen herrschende These darüber, dass nur hervorragende Persönlichkeiten die Triebkraft der Geschichte sind. Das war er, der für Russland die Größe des hervorragenden Astronomen und Gelehrten Ulugbek und anderer bekannter Persönlichkeiten geöffnet hatte, die in der Geschichte Usbekistans ihre sichtbaren Spuren hinterlassen haben.
Barthold stand am Anfang des Bibliotheks- und Museumswesens in Usbekistan. Im Jahre 1870 wurde mit seiner Mitwirkung die erste Turkestanische öffentliche Bibliothek (heute die Alischer-Navoi-Bibliothek) in Taschkent eröffnet und damit wurde der Grundstein der weltlichen Aufklärung in Usbekistan gelegt. Im Jahre 1876 wurde in Taschkent auch mit Unterstützung von Barthold das erste öffentliche Museum eröffnet, das aus Sammlungen für Mineralogie, Zoologie, Numismatik und Ethnographie bestanden hat. Später wurden öffentliche Museen in Samarkand 1896 und in Fergana 1899 eröffnet.
Unter den berühmten Wissenschaftlern jener Zeit sollte auch Peter Ivanovič Lerch erwähnt werden, einer der Begründer der weltbekannten usbekischen Archäologie. Lerch war einer unserer besten Orientalisten und konnte nach Meinung von Fachleuten ehrenvoll den Lehrstuhl besetzen, aber „er schaffte es irgendwie nicht mit der Freizeit, eine Dissertation für den Titel des Magister zu schreiben, die seine eigenen Angelegenheiten geregelt hätte, denn er war mit den Angelegenheiten Anderer befasst“. V. V. Grigor'ev. „Žurnal Min. Narodnogo Prosveŝeniâ“, 1884, November, S. 57-66. In seiner Lebenszeit haben die ersten Ausgrabungen in Samarkand und Afrosiab angefangen. Und in vielem dank seinen Werken wurde von der UNESCO Ende letzten Jahrhunderts der 2500-jährige Jahrestag von Samarkand gefeiert. Die meisten Werke von P.I. Lerch wurden in deutscher Sprache veröffentlicht und auf internationalen Konferenzen in europäischen wissenschaftlichen Zentren vorgetragen. Daher wurden Ergebnisse von archäologischen Forschungen in Turkestan häufig in Europa früher bekannt als in Russland. Da ein Teil der Arbeiten von P.I. Lerch zu Archäologie von Samarkand und Afrosiab bisher noch nicht übersetzt wurden, bleiben sie nach wie vor außerhalb des Blickfeldes der einheimischen Archäologen und Historiker.
Bedeutende Werke und das wissenschaftliche Erbe dieser Gelehrten, die der Welt unsterbliche Ideen der großen Usbeken geöffnet haben, werden in Usbekistan und Russland von der ganzen Welt immer noch geehrt. Sie wurden in das Bewusstsein der Usbeken und Russen organisch aufgenommen und werden heute von Deutschen selbst als eigene, nationale Ideen wahrgenommen. Das ist nur ein Beispiel von dem, was uns mit allen Völkern Usbekistans verbindet.
Unter den bekannten Namen der usbekischen gebildeten Deutschen ist Richard Richardovič Schröder (15.10.1867 - 27.04.1944), das Mitglied der Akademie der landwirtschaftlichen Wissenschaften der Sowjetunion (1935) und das Mitglied der Akademie der Wissenschaften Usbekistans zu erwähnen. Er war der Sohn des bekannten russischen Wissenschaftlers im Obstbaubereich Richard Ivanovič Schröder (1822-1903), des Obergärtners und des Hochschullehrers (seit 1862) an der Petrovski-Bodenbau- und Forstwirtschaftsakademie (heute die Moskauer Landwirtschaftsakademie), an der damals wissenschaftliche Grundlagen für die Akklimatisierung von Holz- und Gebüscharten, darunter auch von Obstkulturen in Russland, entwickelt wurden. Sein Sohn Richard Richardovič Schröder hat 1902 die erste Turkestanische landwirtschaftliche Forschungsstätte gegründet und geleitet, auf deren Grundlage später die Forschungs- und Produktionsvereinigung für Gartenbau, Weinbau und Weinbereitung eingerichtet wurde. Er war der erste Dekan der landwirtschaftlichen Fakultät der Volksuniversität in Taschkent und hat an der Mittelasiatischen Staatlichen Universität unterrichtet. Er hat die Zeitschriften „Die Landwirtschaft Usbekistans“ und „Dehkan“ gegründet und redigiert. Es wurden von ihm mehrere neue Pflanzensorten entwickelt: der Baumwolle - „Schröder“, des Weizens „Kora-Koltak“, 8 Apfelsorten etc. Seine Werke „Die Baumwollkultur in Mittelasien“, „Das Klima der Baumwollregionen Mittelasiens“, „Die Untersuchung von Obstbaumblüten und Bestäubungsversuche“, „Düngungsversuche bei Weintrauben“, „Die Periodizität von Ernten in Samengärten“ etc. bleiben immer noch aktuell und werden als Handbücher bei Wissenschaftlern gebraucht, die Probleme der landwirtschaftlichen Kulturen erforschen.
Wir sind auch wie Russen auf das Talent von Anna German (1935, Urgentsch, Usbekistan - 26. August 1982, Warschau), unserer berühmten Landsmännin und der gebürtigen Deutschen aus Choresm, stolz und verehren es. Wir erinnern uns an ihre Auftritte auf dem internationalen Festival der Schlagermusik in Sopot (1964 - 2. Preis; 1965 - 1. Preis für das Lied „Tanzende Eurydiken“), auf dem Festival „Jugendfreundschaft“ (1967 - Hauptpreis), auf dem Festival der Schlagermusik in Sanremo (1967) und dem Festival der neapolitanischen Musik in Sorrento („Oskar von Sympathien“). Man braucht nicht zu sagen, dass ihre besten Lieder in der russischen Sprache „Nachtigallen“, „Hoffnung“ (von A. N. Pachmutowa), „Das Echo der Liebe“ (von E. Ptitschkina), „Du, Mama...“ (von O. Felzman), „Von der Insel auf die Strommitte“, „Leuchte, leuchte, mein Stern“, „Schone mich“ in Usbekistan und in Russland schon lange als Volkslieder wahrgenommen und unzertrennlich mit ihrer zauberhaften Stimme in Verbindung gebracht werden.
In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens Usbekistans, in denen Usbekistan-Deutsche ihre sichtbaren Spuren hinterlassen haben, sprechen wir besonders gern mit Herzlichkeit von ihrem Beitrag zur Bildung und Ausbildung von Fachkräften. Zu ihnen gehört der bekannte Chemiker, der Lehrstuhlinhaber der Taschkenter Staatlichen Universität Professor Albert Ivanovič Gegelganz, der hervorragende Mathematiker Vera Wild, dessen einmalige Algorithmen und Programme bislang in Informationsressourcen der Höchsten Prüfungskommission beim Ministerkabinett der Republik Usbekistan benutzt werden. Das ist auch der erste Professor und der Lehrstuhlinhaber der Taschkenter Hochschule für Volkswirtschaft (der damaligen Finanzhochschule) der Wissenschaftler und Wirtschaftler Aleksander Karlovič Schmidt (1879-1954). Besondere Achtung hat man vor der Familie hervorragender Pädagogen Ûrij Evgenjevič Schenger (1904-1974), dem Prorektor für wissenschaftliche Arbeit an der Taschkenter Hochschule für Volkswirtschaft und Natalija Nikolaevna Schabanova (von Kube) (1909-2002), der Lehrstuhlinhaberin für Geldumlauf. Gemeinsam mit dem Rektor der Hochschule Muchammedschan Muradovič Karijev haben sie eine wunderbare Schule von professionellen Wirtschaftlern ausgebildet. Mit ihrer Unterstützung hat die wissenschaftliche Arbeit eines Studenten dieser Hochschule 1967, übrigens auch eines Deutschen, zum ersten mal in der Geschichte der usbekischen Hochschulbildung den Unionswettbewerb der wissenschaftlichen Studentenarbeiten gewonnen und die erste in der Usbekischen Republik goldene Medaille für die beste wissenschaftliche Studentenarbeit bekommen.
Es ist aber bekannt, dass die Investitionen in die Bildung den Prolongationseffekt haben. Die ausgezeichnete Qualität der unter Leitung von Schenger ausgebildeten Fachkräfte kam viel später, nach der Erlangung der Unabhängigkeit und des Beginns der Wirtschaftsreformen, zum Ausdruck. Gerade die Absolventen der Taschkenter Hochschule für Volkswirtschaft haben es geschafft, auf die Standardmodelle der „Schocktherapie“ der Weltbank zu verzichten und der ganzen Welt die Richtigkeit und die Effizienz des unikalen Reformmodells zu beweisen, das als „Eigener Weg der Erneuerung und des Fortschrittes“ bekannt ist. Dank ihren Bemühungen hat Usbekistan keine Crashs in der Wirtschaft zugelassen und ein hohes Entwicklungstempo bewahrt. Damit ist Usbekistan als erstes GUS-Land in der Postkrisenzeit in die Phase des Wirtschaftswachstums eingetreten. Es ist kein Zufall, dass in der europäischen wissenschaftlichen Literatur bezüglich der Erfolge der Wirtschaftsreformen in Usbekistan ein besonderer Begriff „Usbekischer Rätsel“ erschienen ist.
Wenn wir von bekannten Vertretern der Usbekistan-Deutschen sprechen, sollte betont werden, dass die Deutschen einen noch größeren Beitrag zur Industrialisierung Usbekistans geleistet haben. Die größten deutschen Minderheiten haben sich bei der Entstehung von großen Industriezentren des Landes nach der Rückkehr aus der Trudarmee (Arbeitsarmee - d.Ü.) gebildet. Gut bekannt sind die Namen der Deutschen, die wunderbare Organisatoren der Wirtschaft und Produktion waren, wie etwa Arwed Teodor-Christianovič Baessler (Vassilij Fëdorovič) (1919) - der Begründer des modernen Statistikmanagements im Lande, der lange Zeit (1963-¬1989) die Industriestatistik Usbekistans unablösbar geleitet hat, Oskar Christianovič Vejgum (1939-2001) - der stellvertretende Vorsitzende des staatlichen Agrarkonzerns Uzagroselstroj, Gennadij Leonhardovič Blind (1949) - der Chefmetrologe des Traktorenwerks Taschkent und einer der Führungspersonen in der Industriellen Vereinigung der früheren Sowjetunion „Sojuzmaschchlopkovodstvo“, Irina Ernstovna Ivonina (1947), die 30 Jahre im Finanzministerium der Republik Usbekistan gearbeitet und die Abteilung für die Finanzierung von grundlegenden Industriebranchen und makroökonomische Analyse geleitet hat und zur Zeit die wissenschaftliche Leitung von ökonomischen Studien im Bereich der nachhaltigen Entwicklung der Erdölindustrie des Landes wahrnimmt, Lidiâ Glebovna Hrimpač (1937) und Oleg Petrovič Hering (1944), beide bekannte Bauplaner und Architekten sowie viele andere. In Verbindung mit den guten geschäftlichen Charaktereigenschaften deutscher Arbeiter und Ingenieure steht der Bau von Kohleförderwerken in Angren, der Chemie- und Erdölchemieindustrie in Tschirtschik und Fergana sowie der Nahrungsmittelindustrie in Gasalkent. Ende der 80-er Jahre wird im Hinblick auf das hohe Potential deutscher Arbeiter und Ingenieure ein mechanisches Werk in Fergana gebaut, das das neue Mittelstreckenpassagierflugzeug Tupolev-114 produzieren soll.
Freilich ist die deutsche Minderheit deutlich dünner geworden. Wie bisher sind wir aber stolz, wenn wir über ihre herausragenden Vertreter sprechen. Das ist neben anderen vor allem Kornej Korneevič Vibe, der die Idee der lutherischen Konfession in Usbekistan wieder belebt hat. Als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche kann er inzwischen in eine Reihe mit dem Begründer der Lutherischen Kirche in Turkestan - dem legendären Pastor Justus Jurgenssen gestellt werden. Der eine hat die Kirche aufgebaut, der andere hat sie wiederaufgebaut. Sehr wichtig ist, dass diese Lutherische Kirche, die selbständig ist, innerhalb des Lutherischen Erzbistums in Sankt-Petersburg funktioniert. Es ist kein Zufall, dass wir über die unschätzbare Rolle von Herrn Vibe sprechen, denn die jetzige geistige Politik steht in vollem Einklang mit der Nationalen Ideologie Usbekistans.
Einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau der Kultur und der nationalen Traditionen der Deutschen leisten die Leiterinnen des nationalen Kulturzentrums Maria Grigorevna Reck und Irina Alekseevna Schur. Die Arbeit ist facettenreich und vielfältig. Die Arbeit ist mit Menschen, mit der Gestaltung ihrer nationalen Ideologie verbunden, die den neuen Gegebenheiten des gesellschaftlichen Lebens Rechnung trägt. Daher ist ihr Beitrag zum Wideraufbau der nationalen Traditionen und vor allem der Jugendlichen gar nicht zu überschätzen.
Man könnte auch weiter noch viel über die namhaften Vertreter der usbekischen deutschen Minderheit sagen. Es sollte aber ein besonders wichtiger Aspekt betont werden, und zwar, dass alle Erfolge und Leistungen unserer bekannten Deutschen untrennbar mit der Zusammenarbeit mit Fachleuten anderer Nationalitäten verbunden sind. Genau darin liegt das Wesen der Nationalen Idee Usbekistans: die Menschen sollen nicht geteilt, sondern durch eine gemeinsame Sache und ein gemeinsames Gut verbunden werden. Die Nationale Idee in Usbekistan ist keine Idee von einer Nationalität. Das ist die Idee eines Vielvölkerstaates, die uns neue Kräfte verleiht, unsere Zuversicht, die Zielstrebigkeit und den Wunsch stärkt, das hohe Ziel - den Aufbau eines Staates mit großer Zukunft - zu erreichen.
In Usbekistan versteht man ganz gut, dass die Nationale Idee, die die Interessen des gesamten Volkes widerspiegelt, ein effektiver Mechanismus für den Zusammenschluss der Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit ist. Zwar bewahrt jede Nationalität ihre Eigenart mit Hilfe der frei funktionierenden nationalen Kulturzentren, die die Entwicklung der ethnischen Sprache, Kultur und der Traditionen fördern. Jedoch bilden die Grundsätze der Nationalen Idee, die von ihrem Geist her jedem nah steht, das Gemeinsame, das die ethnischen Grenzen bei der Bewältigung von Aufgaben des Fortschritts von Gesellschaft und Staat verschwinden lässt. Daher spricht jeder Usbekistanеr, sei es ein Usbeke, ein Russe, Ukrainer oder Deutscher mit Zuversicht davon, dass die wichtigste Voraussetzung für den Fortschritt der zusammenlebenden Völker ein Kulturdialog ist.
Ivonin, Viktor Arvedovič, Dr.