Feb 22, 2008 17:10
Ich musste heute mit einem Kind im Notarztwagen mitfahren, das bei uns ein bisschen gestürzt und sich dabei entweder auf die Lippe gebissen hat oder irgendwie an der Heizung hängengeblieben ist. Jede Menge Blut jedenfalls, der Notarzt kam, und es musste genäht werden. Weil ich mich eh schon die ganze Zeit gekümmert hab, bin ich also mitgefahren, und dabei ging's mir so ähnlich wie Hugh Grant in "About a boy", als sie dem Krankenwagen hinterherfahren - der Anlass ist nicht so schön, aber die Fahrt war kuuuuuhl.
Unterwegs hat mir der Sanitäter erzählt, dass sie gestern auf nem Einsatz waren wo irgend so ein Psycho mit einer Armbrust auf Leute geschossen hat, und als sie ankamen, hat er auch auf sie geschossen, also mussten sie sich an der Hauswand halten und konnten nicht weg, bis irgend ein Sicherheitsdienst kam. O_o FREAKIG!!!
In der Notaufnahme mussten wir warten, warten, warten. Der Junge war ziemlich ruhig, eigentlich hat er schon nachdem ich ihn in der Krippe direkt nach dem Fall vom Boden aufgehoben hab keinen Mucks mehr gemacht. Nur einmal hat er noch ne kleine Krise gekriegt, als ich ihn ausgezogen hab damit die Mutter bei den blutigen Sachen keinen Schock kriegt, das mochte er nicht. Als ich ihm die neuen Sachen angezogen hab war's aber wieder okay. Die Sabine hat einen Notfallrucksack gepackt und wirklich an fast alles gedacht. Sie hat mir sogar meinen mp3-Player und mein Mittagessen rein. ♥
Schließlich kam die Mutter und war ziemlich gefasst, also konnte ich sie guten Gewissens alleine lassen. Die Leute waren auch alle furchtbar nett dort. Nur man kann sich wirklich die Beine in den Bauch warten. Wobei mir alles wahnsinnig kurz vorkam. Aber da läuft die Zeit für einen natürlich anders.
Als ich zurück bin, hatte ich noch ein kleines Erlebnis, das den ganzen Rummel am Vormittag aber um einiges überwogen hat. Als ich auf meine U-Bahn gewartet hab, hab ich gesehen wie ein, naja, Penner die ganzen Mülleimer nach was essbarem durchsucht hat. Ich hatte ja noch mein Mittagessen im Rucksack und wollte hingehen, aber gleichzeitig hab ich auch nicht hingehen wollen. Also ich wollte, aber irgendwas hat mich zurückgehalten, ich glaube mich hat es gehindert dass ich Angst hatte, ich verletze seinen Stolz wenn ich ihm Almosen anbiete. Aber der Drang, hinzugehen, hat um vieles überwogen, und es war so absurd! Ich stehe da, mit meinem Essen im Rucksack, und der arme Mann durchsucht vor meinen Augen die Mülleimer.
Ich bin also hin, hab ihm mein Brötchen in der Tüte hingehalten und gefragt "Wollen Sie das haben?", und wenn ich dran denke, wie er's genommen, den Kopf gesenkt und "Danke" gesagt hat, könnte ich losheulen. Zuerst war ich so glücklich, aber dann hat mich das Ganze so runtergezogen, dass ich froh war, dass ich noch einen halbstündigen Weg vor mir hatte zurück zur Arbeit. Die Welt ist bisweilen schon ein abscheulicher, schlechter Ort, wenn es Menschen gibt, die im Mülleimer nach Essbarem suchen müssen.
life itself