Titel: Eine schöne Bescherung - Kapitel 7
Adventskalernder-Prompt: Weihnachtsmarktbesuch
Bingo-Prompt: hurt / comfort
Genre: Freundschaft, etwas Humor, h/c, etwas Action/Krimi
Zusammenfassung: Wenn Thiel auch nur ansatzweise geahnt hätte, was passieren würde, er hätte Boerne in ein richtiges Restaurant eingeladen...
A.N.: Es ziiiiieeeeehhht sich. Tut mir leid.
Wörter: ~11300
Thiel marschierte nun zügig in das eiskalte Schlafzimmer und schnappte dort Kissen und Decke vom Bett. Boerne war ihm offensichtlich gefolgt, doch gerade als er hinter ihm in den Raum trat, klingelte sein Handy.
Der Kommissar zog die Augenbrauen zusammen, als Boerne nach einem Blick auf das Display einen tiefen Seufzer ausstieß und in einer müden Bewegung das Telefon ans Ohr nahm. „Petersen, was gibt’s?“
Thiel seufzte ebenfalls und ließ das Bettzeug erst einmal wieder fallen, als er den Namen seines Kollegen vom Drogendezernat hörte. Ein weiterer toter Junkie war das, was Boerne jetzt gerade noch gefehlt hatte.
Natürlich war genau das der Grund für diesen nächtlichen Anruf. Doch Thiel konnte dem Gespräch durch Boernes Antworten so weit folgen, dass es bei dem Toten eindeutig nicht nach Fremdverschulden oder gar Mord aussah, so dass der Professor wenigstens nicht mitten in der Nacht noch zum Fundort fahren musste. Aber es bedeutete dennoch, dass Frau Haller und er am nächsten Tag noch eine weitere Obduktion durchzuführen hatten.
Als Boerne das Telefon schließlich zurück in die Tasche steckte, nahm Thiel seine Fracht wieder auf und steuerte auf die Tür zu. „Na kommen Sie, hauen wir uns hin“, brummte er und konnte ein herzhaftes Gähnen nicht unterdrücken.
Doch der Professor folgte ihm nicht, schüttelte stattdessen den Kopf. „Ich werde mich noch nicht hinlegen. Ich will zuerst noch aufräumen.“ Damit marschierte er auf den Wäschehaufen am Boden zu, zog ein Hemd aus dem Durcheinander und klaubte einen Kleiderbügel auf. Es dauerte aber eine ganze Weile, bis er beides zusammengebracht hatte und das Hemd schließlich in den Kleiderschrank verfrachten konnte.
Ungläubig verharrte Thiel im Türrahmen. „Mensch Boerne, aufräumen können Sie doch morgen noch“, versuchte er ihn umzustimmen und fixierte den frustrierten Mann bei dieser für ihn eindeutig beschwerlichen Arbeit. „Sie gehören ins Bett, man sieht Ihnen an, dass Sie für heute bedient sind.“
Auf diese eigentlich nur gut gemeinte Bemerkung hin wirbelte Boerne allerdings aufgebracht zu ihm herum. „Ja, das stimmt, ich bin sogar total bedient! Aber wann bitte soll ich denn morgen aufräumen? Sie haben doch gerade gehört, dass schon wieder ein Toter dazugekommen ist und Sie können darauf wetten, dass das in den nächsten Tagen so weitergeht. Ihre Kollegen sind in der letzten Zeit keinen Schritt weitergekommen und solange sie die Dreckskerle nicht finden, die das Heroin mit Rattengift strecken, werden die Fixer auf den Straßen weiter elend verrecken!“
Mit einem solch heftigen Ausbruch hatte Thiel nicht gerechnet. Er starrte Boerne ziemlich überrascht an und wusste nicht, was er sagen sollte, aber sein Kollege schien gar keine Antwort zu erwarten. Er hatte sich ohne ein weiteres Wort zurückgedreht, zerrte mit verbissenem Gesichtsausdruck ein komplett verheddertes Bettlaken aus dem Chaos zu seinen Füßen und versuchte dann, es wieder zusammenzufalten. Natürlich klappte auch das nicht besonders gut.
Thiel beobachtete ihn noch für einen Moment, aber dann gab er auf und nahm ihm kurzentschlossen das Laken ab. „Mensch Boerne, Sie sind so ein sturer Hund“, konnte er sich nicht verkneifen zu knurren, eher besorgt als frustriert. Er konnte ihn ja irgendwie verstehen - es sah wirklich nicht so aus, als würde in den nächsten Tagen Ruhe einkehren.
Mit schnellen Griffen faltete er den Stoff. „Ich mach‘ das hier“, verkündete er in einem Tonfall, der deutlich machte, dass er keinen Widerspruch duldete. „Sie können meinetwegen in der Küche die Schränke wieder auf Vordermann bringen. Aber halten Sie die da“, er wies mit dem Kinn auf die verbundene Hand, „gefälligst ruhig. Frau Haller steigt Ihnen sonst aufs Dach.“
Boerne hatte sich versteift, als er ihm das Laken so unvermittelt aus den Händen genommen hatte und stellte sich trotzig, als er erwiderte: „Sie müssen mir nicht helfen, ich schaffe das schon.“ Aber Thiel kannte ihn gut genug, um den Hauch Dankbarkeit und Erleichterung wahrzunehmen, der in dieser abwehrenden Antwort mitschwang.
„Nu‘ quatschen Sie nicht unnötig rum, ich wollte in diesem Leben noch ins Bett“, gab er so mürrisch er konnte zurück. „Sagen Sie mir nur noch, was wohin gehört.“ Er sah an dem Hauch eines Schmunzelns, das über Boernes Gesicht huschte, dass sein Nachbar ihn ebenso durchschaut hatte, wie er ihn.
Nachdem der Professor in der Küche verschwunden war, machte Thiel sich energisch an die Arbeit. Es dauerte allerdings mehr als eine Dreiviertelstunde, bis das Wirrwarr auf dem Fußboden beseitigt war, und dabei hatte er den Schrank sicher nicht so penibel eingeräumt, wie Boerne es an seiner statt getan hätte. Aber alles war besser als das Chaos zuvor - Boernes gute Anzüge und Hemden hingen jedenfalls glatt im Schrank, dafür hatte Thiel gesorgt. Ob die Bettwäsche, T-Shirts und Sportklamotten ein paar Knicke und Knautschstellen aufweisen würden, war ihm jetzt gerade allerdings herzlich egal.
Nach vollbrachter Arbeit rieb er sich mit einem Seufzen die Augen, dann schnappte er sich Boernes Bettzeug. Er würde den Professor nun nicht mehr davonkommen lassen, der Mann musste jetzt endlich schlafen. Genau wie er selber auch.
„So, Feierabend. Sie werden jetzt mitkommen, und zwar ohne Widerrede. Den Rest machen wir morgen!“, rief er entschieden, während er den Flur durchquerte, ins Wohnzimmer trat - und feststellen musste, dass beide mittlerweile komplett aufgeräumt waren. Soviel zum Thema Hand schonen. Thiel verdrehte nur missmutig die Augen, als ihm auffiel, dass sein starrsinniger Kollege sogar das umgestürzte, schwere Regal wieder aufgestellt und eingeräumt hatte.
Ein paar zornbeflügelte Schritte katapultierten ihn in die Küche, wo er den Professor auf dem Boden hockend vorfand. Er war gerade dabei, das verschüttete Mehl zusammenzufegen. Schubladen und Schranktüren standen noch offen, er hatte offensichtlich alles gemacht, nur nicht das, was Thiel ihm aufgetragen hatte.
Boerne beachtete sein Eintreten nicht und machte stoisch mit seiner Arbeit weiter. Für einen Moment starrte Thiel stumm auf seinen Rücken, beobachtete die müden, untypisch energielosen Bewegungen seines Kollegen. Und sein Ärger verrauchte wieder. „Kommen Sie, Schluss jetzt“, foderte er schließlich leise.
„Ja. Moment.“ Nach ein paar letzten Kehrbewegungen entleerte Boerne das Mehl in den Mülleiner unter der Spüle und legte seine Putzutensilien daneben. Dann kam er mit einem leisen Ächzen auf die Füße, konnte beim besten Willen nicht mehr verbergen, dass er einfach fix und fertig war.
Frustriert schüttelte Thiel den Kopf. „Sie sollten hier doch nicht so rumrödeln!“ Er konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. „Frau Haller wird mir morgen den Kopf abreißen!“
Doch Boerne murmelte nur: „Nun übertreiben Sie nicht, es ist doch alles in Ordnung.“ Dass er bei diesen Worten schmerzhaft sein Gesicht verzog und seine verletzte und eindeutig überanstrengte Hand an die Brust presste, machte diese Lüge nicht gerade glaubwürdiger.
Aber Thiel hätte sich davon ohnehin nicht beirren lassen. „Holen Sie, was Sie brauchen, wir gehen jetzt zu mir.“ Er legte Boerne die Hand in den Rücken und dirigierte ihn unnachgiebig aus der Küche, aber der Professor machte gar keine Anstalten mehr, sich zu wehren. Müde schleppte er sich ins Bad, wo er sich dann zu Thiel umdrehte. „Ich würde gern noch kurz duschen. Danach komme ich zu Ihnen rüber.“
„Ok. Ich mache inzwischen das Sofa startklar. Tür is‘ offen.“
Boerne nickte nur und ohne weiteres Wort ging Thiel hinüber in seine Wohnung. Mit ein paar schnellen Handgriffen räumte er einen Stapel Zeitungen von seiner Couch, fegte noch ein paar Chipskrümel hinunter und breitete dann Boernes Bettzeug darauf aus. Nach kurzer Überlegung rückte er einen Stuhl an das Fußende, damit der Professor sich besser ausstrecken konnte und stellte ihm in einem Anfall von Umsicht noch ein Glas Wasser hin.
Höchst zufrieden mit sich verschwand er nun selber im Bad und gerade, als er umgezogen und mit geputzten Zähnen wieder in den Flur trat, ertönte ein kurzes Klopfen an der Tür und Boerne trat in die Wohnung.
„Na das passt ja.“ Thiel machte eine kurze Kopfbewegung Richtung Wohnzimmer. „Hauen Sie sich hin. Ist alles fertig.“
Boerne folgte ihm, als er voranging und nickte nur, als er fragte: „Ich stell‘ den Wecker auf halb sieben, dann is‘ noch Zeit genug für nen Kaffee. Ok?“
Stirnrunzelnd beobachtete er, wie sein Kollege das Handtuch, das er wohl wegen seiner noch feuchten Haare mitgebracht hatte, auf sein Kissen warf und anschließend leise seufzend auf das Sofa sank. „Alles in Ordnung?“
Natürlich war nicht alles in Ordnung; die Frage kam ihm selbst dämlich vor, kaum dass er sie gestellt hatte, aber statt eine sarkastische Antwort zurückzuschießen, reagierte Boerne nur mit einem leisen „Ja, danke.“
„Na denn bis morgen früh“, murmelte Thiel und um den erschöpften Mann nicht noch länger vom Schlafen abzuhalten, marschierte er ohne weitere Umstände Richtung Schlafzimmer. Dabei hörte er, wie Boerne sich mit einem nicht vollständig unterdrückten Stöhnen ausstreckte.
Todmüde schlug er nun selber die Decke zurück und kroch in sein Bett. Ein letzter Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass in gut vier Stunden schon der Wecker klingeln würde. Mürrisch grunzend zog er sich die Decke bis über die Ohren und knautschte sein Kissen zurecht. Er war innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen.
t.b.c.
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