Beta:
josl,
jolliGenre: ein Hauch von Humor, Romanze, h/c, Angst, Drama
Pairing: Boerne/Alberich
Wortanzahl: ~35.000
Warnungen: ooc, cd. Loser Bezug zur Episode Eine Leiche zuviel, es ist von Vorteil, die Folge zu kennen!
Rating: Ab 12
Bingo-Prompt: in Ohnmacht fallen/ohnmächtig
Zusammenfassung: Gedankenverloren sah sie ihm nach, als er den Raum verließ. In den letzten Wochen hatte sich ihre Beziehung irgendwie verändert... doch sie konnte nicht einmal genau sagen, wie, warum und vor allem, in welche Richtung.
Wenige Stunden später allerdings war das ihre geringste Sorge.
Als Boernes Stimme so plötzlich ertönte, fuhren die Köpfe der Männer verblüfft herum. Aber sie hatten sich sofort wieder unter Kontrolle - nahezu unmittelbar legte sich Nowaks Hand auf Silkes Mund, er zerrte sie zu sich und setzte ihr seine Waffe in den Nacken, zischte dabei seinem Kollegen ein erklärendes: „Der Professor!“ zu. Sein Komplize nickte nur knapp und hechtete mit einem riesigen Satz neben der Tür in Deckung.
Boerne näherte sich indessen dem Eingang, seine amüsierte Stimme erklang lauter und lauter. „Sie als Zwerg brauchen zwar sicher nur ein sehr kleines Köfferchen, aber sollten Sie nicht trotzdem langsam mal mit dem Packen anfangen?“
Alles in ihr schrie danach, ihn zu warnen, doch die Pistole an ihrem Hals ließ Silke keine Chance. Machtlos musste sie mit ansehen, wie ihr nichtsahnender Chef im Türrahmen auftauchte und spitzbübisch grinsend in den Raum trat.
In der Sekunde, in der sein Blick auf sie und Nowak fiel, wich dieser entspannte Ausdruck irritierter Bestürzung. Unwillkürlich fuhr er einen Schritt zurück, vor Schreck, das war kein Fluchtversuch. Doch Nowaks hitzköpfiger Komplize sah das offensichtlich anders, in dem Moment, in dem Boerne seine unbedachte Bewegung machte, sprang er aus seiner Deckung und schmetterte ihm seine Waffe in den Nacken.
Trotz der Hand über ihrem Mund schrie Silke entsetzt auf, als Boerne der Länge nach auf den Boden schlug; er hatte in keiner Weise versucht, sich abzufangen, war eindeutig bewusstlos.
Sein Zustand schien den Rohling allerdings nicht zu kümmern, grob durchsuchte er die Taschen des reglosen Mannes und innerhalb von wenigen Sekunden verwandelte er auch Boernes Mobiltelefon in ein Häufchen Schrott. Dann packte er ihn am Kragen seiner Anzugjacke und schleifte ihn ein Stück beiseite, ließ ihn achtlos fallen und schloss in aller Seelenruhe die Schiebetür.
„Verdammt Uwe, was soll der Scheiß! Boerne kann uns vielleicht nützlich sein, aber nicht, wenn du ihm den Schädel einschlägst!“ Nowak war ehrlich erzürnt, das hörte man deutlich. Er nahm die Waffe herunter und gab Silke, die inzwischen der Pistole zum Trotz verzweifelt versuchte, von ihm wegzukommen, nun endlich frei.
Sogleich stürzte sie auf ihren Vorgesetzten zu, achtete kaum noch auf das mürrische: „Er ist harmlos, er wird keinen Mucks machen, solange sie in unserer Gewalt ist!“, das der ehemalige Kommissar hinzusetzte.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie sich neben Boerne auf die Knie fallen ließ und eine Hand auf seine Schulter legte. „Chef? Chef, hören Sie mich?“
Wie befürchtet, rührte er sich nicht.
Es war nicht leicht für sie, den wesentlich größeren Mann zu drehen. Sie brauchte einiges an Kraft, um ihn auf die Seite zu wälzen, zog dann weiter, bis sein erschlaffter Körper ihr plötzlich entgegenkippte; gerade noch rechtzeitig konnte sie ihn halten und ließ ihn nun ganz vorsichtig auf den Rücken sinken.
Die Rollbewegung entlockte Boerne ein leises Stöhnen. Ein wenig erleichtert registrierte Silke, dass er zwar noch stark benommen war, aber langsam wieder zu sich kam.
Behutsam legte sie eine Hand an sein Gesicht, beobachtete angespannt, wie es ihm schließlich unter Schwierigkeiten gelang, die Augen zu öffnen.
Gleich darauf schien die Erinnerung zurückzukommen. Eindeutig erschreckt, aber völlig unkoordiniert versuchte er, sich aufzurichten, doch das ließ Silke nicht zu. Stattdessen zog sie ihn an sich, lehnte ihn gegen ihren Oberkörper und ihr aufgestelltes Bein, konnte ihn so in einer halbliegenden Position halten. „Ganz ruhig, nicht so schnell. Bleiben Sie noch etwas liegen“, flüsterte sie dabei beschwichtigend.
Boerne war hilflos gegen sie gekippt, wie Silke gleich klargewesen war, war er nicht ansatzweise in der Lage, sich aufrecht zu halten. Er wirkte noch ganz desorientiert, als er den Kopf unbeholfen in ihre Richtung drehte, sein Blick war unfokussiert; für einen Moment war sie nicht sicher, ob er sie überhaupt erkannt hatte, doch dann murmelte er ein kaum verständliches: „Alberich?“
Die Silben waren so leise und verwaschen, dass sie ihn nur mit viel Phantasie verstehen konnte, trotzdem fiel ihr ein Stein vom Herzen. „Ja, ich bin hier, alles in Ordnung. Ruhen Sie sich noch einen Moment aus.“
Auf die Worte hin entspannte er sich tatsächlich in ihrem Arm und sank schwer gegen sie. Sie lagerte ihn in ihrem Schoss so bequem sie konnte, und tastete nun behutsam seinen Hinterkopf ab. Unglücklich verzog sie das Gesicht, als ihre Finger auf feuchte, warm-klebrige Haare stießen. Der Schlag mit dem Waffengriff hatte ihm eine blutige Platzwunde eingebracht, hastig holte sie ihr Taschentuch hervor und drückte es sacht auf die Verletzung.
Boerne zuckte bei dieser Maßnahme schmerzerfüllt zusammen, dann rutschte sein Kopf kraftlos ein Stück an ihrer Schulter herunter und seine Augen schlossen sich wieder.
Alarmiert strich sie ihm über die Wange. „Chef, wach bleiben. Hören Sie mich?“
Ein leises, gequältes „mmhmm“, war seine einzige Reaktion; ihr eine deutlichere Antwort zu geben, schien ihm zu anstrengend zu sein.
Unwillkürlich legte sie ihre Hand auf seine Brust und schaute erbost zu Nowak auf, der die ganze Zeit über sie gebeugt gestanden und sie stirnrunzelnd beobachtet hatte.
„Was? Sehen Sie zu, dass Sie ihn wieder fit bekommen!“ knurrte er, als er ihren stummen Vorwurf bemerkte. Danach richtete er sich auf und fuhr seinen Komplizen, der desinteressiert an der Wand lehnte, aufgebracht an: „Du verschwindest hier besser, bevor du noch mehr verbockst. Halte das Treppenhaus im Auge, aber unauffällig! Ich will nicht noch mal so überrascht werden.“
Den gehässigen Blick, den sein Kumpan auf ihn abschoss, als er aus dem Raum schlurfte, bemerkte Novak nicht, aber Silke sah ihn dafür umso deutlicher. Und die Härchen in ihrem Nacken richteten sich auf, als die eiskalten Augen des Narbigen sich gleich danach in ihre bohrten und der Ausdruck in ihnen sich schlagartig veränderte.
Das Gefühl des Unbehagens potenzierte sich mit einem Mal. Unbewusst zog sie den zusammengesunkenen Boerne noch etwas fester an sich, und so entsetzt sie über sein unerwartetes Erscheinen gewesen war, so dankbar war sie jetzt gleichzeitig, dass sie nicht mehr mit den drei Eindringlingen allein sein musste.
Nowak hatte sich inzwischen wieder zu ihr gedreht und drängte nun: „Können wir Sebastian auf die Couch bringen, da liegt er besser!“
Sogleich schüttelte Silke hektisch abwehrend den Kopf. „Nein, bewegen Sie ihn jetzt bloß nicht! Wenn er das Bein hängen lässt, wird die Blutung garantiert wieder schlimmer und sein Kreislauf wird das auch nicht mitmachen. Er kippt Ihnen um, bevor Sie bis drei gezählt haben.“
Bei dieser Erklärung biss der ehemalige Kommissar frustriert die Zähne aufeinander, aber wenigstens glaubte er ihr. „OK, dann bleibt er erst einmal, wo er ist. Gibt’s hier Decke und Kissen?“
Silkes Hand ruhte immer noch auf Boernes Brust, als sie nur knapp nickte. „Auf dem Sofa.“ Ihre Stimme klang schroffer, als sie das eigentlich wollte, aber die gesamte Situation zerrte an ihren Nerven.
Nowak warf ihr einen langen, stirnrunzelnden Blick zu. „Reißen Sie sich zusammen, Silke. Sonst bekommen wir Schwierigkeiten“, brummte er letztendlich. Es war vielleicht nicht gerade eine Drohung, aber eine ernstgemeinte Ermahnung, die in seiner Stimme lag. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und steuerte auf Boernes Arbeitsraum zu. Wenige Sekunden darauf kehrte er zurück und machte sich am Seziertisch zu schaffen, beschäftigte sich eine ganze Weile damit, es seinem Kollegen so bequem wie möglich zu machen.
Silke war in der Zeit fast ausschließlich auf ihren beunruhigend stillen Vorgesetzten konzentriert, doch gerade, als ihr Blick einmal mehr zu Nowak und dem Verletzten gewandert war, regte Boerne sich endlich ein wenig.
„Alberich? Was ist hier los?“ Er sprach noch flüsternd, aber zum Glück wieder besser verständlich.
Sogleich ruckte ihr Kopf zurück zu ihm. Erleichterung durchflutete sie, als sie sah, dass er sie nun deutlich wacher fixierte und mit wenigen, leisen Worten brachte sie ihn auf den neuesten Stand. „Machen Sie bloß keinen Unsinn Chef, speziell der Typ im Flur ist gefährlich!“ schloss sie ihre hektischen Erklärungen.
„Das ist mir nicht entgangen“, antwortete Boerne mit einer schmerzerfüllten Grimasse und versuchte dann wie eine Weile zuvor, sich in eine sitzende Position zu bringen.
Diesmal half sie ihm bereitwilliger und als er sich schließlich aufgerichtet hatte, drückte sie den bleichen Mann gegen die Wand, wo er sich anlehnen konnte.
Mit einem unterdrückten Stöhnen ließ er den Kopf an die kühle Mauer sinken und seine Augen fielen wieder zu; Silke brauchte kein Medizinstudium, um zu erkennen, dass er sich hundeelend fühlte. Auch wenn er es mit keinem Wort zugegeben hätte, war ihr klar, dass er unter starken Kopfschmerzen leiden musste.
Sie konnte sich nicht zurückhalten, sie nahm seine Hand in ihre und drückte sie leicht. Ganz gegen ihre Erwartung ließ er das zu; mehr noch, er erwiderte den Druck und ließ ihre Finger auch danach nicht los.
Nowak hatte sie mit einem Blick gestreift, kaum das Boerne wieder zu sich gekommen war. Ihm schien aber gleich klar zu sein, dass vom Professor im Moment keine Schwierigkeiten zu erwarten waren, er hatte sie wortlos gewähren lassen und sich wieder seinem Kollegen auf dem Seziertisch zugewandt.
Seit einer Weile führte er nun schon ein leises, für Silke nicht verständliches Gespräch mit dem Verwundeten, schließlich richtete er sich auf und winkte sie ungeduldig zu sich.
Boerne schreckte ein wenig zusammen, als sie ihre Hand aus seinem Griff löste und aufstand, und sogleich beugte sie sich noch einmal zu ihm herab. „Ich bin gleich wieder da, Chef. Ruhen Sie sich einfach aus, ok?“
Er nickte schwach und ließ dann die Augen wieder zufallen.
Sie drückte noch einmal seinen Arm, dann trat sie zu Nowak, der förmlich herausplatzte: „Ihm ist immer noch schwindelig. Können Sie ihm nicht helfen?“ Wieder hörte sie die deutliche Sorge in seiner Stimme. Sein Verhältnis zu dem jüngeren Mann war auf jeden Fall ein ganz anderes als das zu seinem Komplizen auf dem Flur, so viel stand fest.
Silke legte zwei Finger an den Hals des Verletzten und fühlte seinen Puls. Er war schwach und schnell, sie war sicher, dass sein Blutdruck entschieden zu niedrig war. Als er ihre Hand fühlte, drehte er den Kopf und sah sie an; er schien ziemliche Schmerzen zu haben und wirkte sehr geschwächt.
„Ich kann ihm einen Zugang legen und Infusionen anhängen, das reduziert den Schwindel hoffentlich etwas“, schlug sie vor. „Wenn Sie das nicht wollen, sollte er zumindest etwas trinken, wir haben Mineralwasser in der Küche.“
Nowak nickte sogleich energisch. „Wir machen beides!“
Er begleitete sie, als sie die benötigten Materialien zusammensuchte und wenige Minuten später tropfte die Infusion und Silke flößte dem verschwitzten Mann bedachtsam ein paar Schlucke zu trinken ein. Als er schließlich den Kopf vom Glas wegdrehte, legte Nowak ihn vorsichtig wieder ab. Der jüngere murmelte ein müdes „Danke“ und schloss dann die Augen. Er sah immer noch erschöpft aus, aber eindeutig etwas besser als wenige Minuten zuvor.
Der ehemalige Kommissar drückte aufmunternd seine Schulter, dann blickte er Silke an und nickte ihr kurz zu.
Sie verstand die Aufforderung, eilte zurück zu Boerne und ließ sich wieder neben ihm auf den Boden sinken. Der Professor rührte sich nicht, schien benommen zu dösen; der Verletzte auf dem Seziertisch lag ähnlich reglos.
Für eine Weile verharrten sie alle schweigend, und Silke ließ ihre Blicke zwischen Boerne und den Eindringlingen hin und her schweifen, dankbar für die jede Minute Ruhe, die sie hatten.
Doch ihr war ihr klar, dass diese Ruhe nicht lange anhalten würde.
< ---------- Kapitel 5>>