Apr 14, 2011 19:58
Er hatte ja gehofft, dass der Film ihn ablenken und verhindern würde, dass er schon wieder zu sehr ins Grübeln kam. Tja, diese Wirkung hatte die DVD bisher ja durchwegs verfehlt, auch wenn Mimi nicht wusste, ob er das tatsächlich der Qualität des Films zuschreiben konnte, oder ob es eher daran lag, dass es wohl keinen Film gegeben hätte, der ihn im Moment davon hätte abhalten können, dass die Gedanken wild in seinem Kopf durcheinander wirbelten. Wahrscheinlich wohl eher Letzteres.
Unhörbar seufzte Mimi auf. Er warf einen unauffälligen Blick in Minis Richtung, der neben ihm auf der bequemen Couch saß. Nun ja, sitzen tat er eigentlich nicht mehr. Er lümmelte eher da, hatte sich über die eine Hälfte des Sofas ausgestreckt, so dass sein Kopf nicht weit von Mimis Schultern entfernt an der Lehne der Ledercouch lehnte.
Ziemlich ähnlich wie Mimi schien der Linksaußen auch ein deutliches Problem damit zu haben, sich auf den Film zu konzentrieren. Sein Blick war zwar auf den Bildschirm fixiert und doch schien er dem Geschehen nur mit halbem Interesse zu folgen, denn immer wieder konnte Mimi beobachten, wie dem anderen beinahe die Augen zufielen.
Was ja irgendwie auch mehr als verständlich war. Immerhin hatte Mini die Nacht über noch weniger geschlafen, als Mimi selbst. Und zusätzlich hatte er heute Nachmittag auch noch trainiert…
Da war es ja kein Wunder, dass Dominik mit seiner Müdigkeit zu kämpfen hatte. Eigentlich hätte Mimi jetzt ja vorschlagen können, dass sie den Film ausmachten und ins Bett gingen. Aber um ehrlich zu sein war Mimi einfach zu egoistisch, um das tatsächlich zu tun. Es hatte nämlich einfach etwas absolut Gemütliches und Entspannendes, hier neben Mini zu sitzen, einfach mal nicht zu reden und sich keine Gedanken darüber machen zu müssen, was er als Nächstes sagen sollte und wie er Dominik davon abbringen konnte, Mimi noch einmal zu fragen, was eigentlich genau mit ihm los war.
Er genoss es, einfach hier zu sitzen und die Nähe und Gegenwart des anderen zu spüren. Und solange Mini das nicht wusste und Mimi nur in Gedanken so etwas aussprach, war alles auch irgendwie noch in Ordnung. Zu dem Schluss war Mimi heute Nachmittag gekommen.
Wenn er Mini nichts sagte, konnte er ruhig so etwas denken. Verhindern konnte er diese Gedanken sowieso nicht, das war ihm spätestens seit gestern Abend klar. Denn noch nicht einmal der viele Alkohol und der daraus resultierende Rausch hatten ihn davor bewahrt, Minis Augen im Traum zu sehen. Genau so wenig wie vor seinen gewöhnlichen Albträumen. Alles war genau wie immer gewesen. Bis Mini aufgetaucht war und er sich neben ihn gelegt hatte. Denn das hatte Mimi keineswegs vergessen. Er hatte es nur gegenüber Mini heute nicht mehr erwähnt, weil er nicht wollte, dass sie beide darauf zu sprechen kämen. Weil er hatte verhindern wollen, dass Dominik ihn nach dem Grund dafür fragte, dass er ihn gebeten hatte, bei ihm zu bleiben.
Und da er diese Gedanken an Mini einfach nicht verhindern konnte, musste Mimi sich nun mal eben damit abfinden und versuchen, damit so gut wie irgend möglich umzugehen. Genau das versuchte er jetzt auch. So, wie er sich mit der Tatsache abgefunden hatte, die nächsten paar Tage hier in Kiel zu bleiben und beschlossen hatte, das Beste aus dieser Zeit zu machen, so würde er auch das, was sich da in seinem Inneren für Mini entwickelt hatte, einfach akzeptieren, ohne noch weiter darauf einzugehen oder zu versuchen, es genauer zu ergründen.
Trotzdem hatte es fast schon etwas Beängstigendes, zu bemerken, wie wohl sich Mimi inzwischen schon hier fühlte. Hier, in Minis Wohnung, neben dem Linksaußen auf dessen äußerst gemütlicher Couch…
Aber wie gesagt, Mimi würde sich damit abfinden müssen, da er im Augenblick gar keine andere Möglichkeit hatte, als hier zu bleiben und alles andere auf sich zukommen zu lassen. Früher oder später würde Mini nämlich mit der Frage herausrücken, die ihm schon die ganze Zeit über mehr oder weniger auf der Seele brannte, auch, wenn er sich bisher noch hatte zurückhalten können…
Mimi kannte Dominik gut genug um zu wissen, dass er die ganze Sache nicht auf sich beruhen lassen würde. Und wenn er ehrlich war, dann musste er zugeben, dass wohl keiner seiner Freunde einfach so Ruhe gegeben hätte, wenn Mimi sich ihnen gegenüber so auffällig und komplett merkwürdig verhalten hätte, wie das bei Mimi der Fall gewesen war. Genau so wenig wie er selbst das tun würde.
Also eigentlich war er mehr oder weniger selbst daran schuld, dass er jetzt in dieser Situation war und dass er jetzt zusehen musste, wie er da wieder raus kam…
Ein plötzliches, nicht schweres oder unangenehmes Gewicht an seiner Schulter riss Mimi plötzlich aus seinen Gedanken. Als er einen Blink hinunter warf, schlich sich jetzt jedoch erstmal ein kleines, zärtliches Lächeln auf sein Gesicht.
Denn Dominik war offenbar gerade eben von einer Sekunde auf die andere eingeschlafen, wobei sein Kopf auf Mimis Schulter gerutscht war. Mini atmete ruhig, gleichmäßig und sah so friedlich aus, dass Mimi es beim besten Willen nicht übers Herz brachte, den anderen jetzt aufzuwecken oder auch nur Gefahr zu laufen, den anderen möglicherweise aus dem Schlaf zu reißen, indem er sich jetzt irgendwie bewegte.
Mini sah zufrieden aus, wie er so neben ihm schlief, bemerkte Mimi. Als könne er kein Wässerchen trüben. Dabei hatte Mimi in der Vergangenheit schon oft die Erfahrung gemacht, dass das bei Mini ganz eindeutig nicht der Fall war. Und auch, wenn Mimi eigentlich solche Gedanken gar nicht leiden konnte - irgendwie war der Anblick schon verdammt niedlich. Mini seufzte leise im Schlaf und kuschelte sich im Schlaf noch ein bisschen dichter an Mimi heran, einer seiner Arme schlang sich sogar um Mimis Mitte.
Eigentlich hätte Mimi sich jetzt unwohl fühlen müssen, so dicht neben einem anderen Mann, einem Nationalmannschaftskollegen zu sitzen, von diesem hier und jetzt so berührt zu werden. Aber er tat es einfach nicht. Er fühlte sich wohl. Hier und jetzt, mit Mimi, der ihn beinahe festhielt. Der Film lief im Hintergrund immer noch - erst, als ein paar Schüsse durch den Raum hallten, dachte Mimi überhaupt wieder daran. Doch die Szenerie auf dem Bildschirm hatte sich noch immer nicht grundlegend verändert, also wandte Mimi seine Aufmerksamkeit lieber wieder dem schlafenden Mann zu, der wohl eher unbewusst in seinen Armen gelandet war.
Mit einiger Anstrengung musste Mimi sich zurückhalten, damit er Mini nicht durch die kurzen Haare streichelte, seine Lippen mit den Fingern nachfuhr oder einfach versuchte, herauszufinden, ob Dominiks Haut sich tatsächlich so weich anfühlte, wie sie aussah. So ein Verlangen hatte Mimi bisher noch nicht gekannt. Das Verlangen, einen anderen Menschen einfach berühren zu wollen, ohne auf Sex abzuzielen oder wenigstens darauf zu hoffen, dass mehr daraus werden würde - und noch viel weniger konnte er sich daran erinnern, dass er jemals darauf verzichtet hätte, etwas zu tun, was er wirklich tun wollte, nur, weil ihm das Wohl eines anderen wichtiger war.
Doch genau das tat er gerade. Er hielt sich zurück, nur weil das Risiko bestand, dass er Mini aufwecken könnte, wenn er ihn berührte. Und das wollte er nicht. Er wollte Dominik nicht aus seinen Träumen reißen oder seinen wohlverdienten Schlaf stören. Also ließ er das lieber, lehnte sich so vorsichtig wie möglich etwas weiter zurück und blickte dann doch wieder zum Fernseher. Das Gewicht von Mimis Kopf auf seiner Schulter war angenehm, der warme Atem, der über Mimis Hals streifte und ihn leicht kitzelte, sobald Dominik ausatmete, fühlte sich auch einfach nur beruhigend an. So regelmäßig…
Dass er selbst schon beinahe am Einschlafen war, nahm Mimi erst so richtig wahr, als ihn eine plötzliche Bewegung von Minis Seite aus seinem Dämmerschlaf riss. Als er mit einem Mal spürte, dass sich eine von Dominiks Händen offenbar gerade unter sein Shirt verirrt hatte und die kühlen Finger sich jetzt auf seinen Bauch legten. Haut auf Haut, ohne, dass irgendeine Schicht von Stoff dazwischen gewesen wäre. Mini schlief noch immer fest - im Gegensatz dazu war Mimi mit einem Schlag hellwach geworden. Was taten sie hier eigentlich?
So etwas wie Panik begann, in Mimi hochzusteigen. Diese Hand unter seinem Hemd, die Finger, die sich jetzt langsam aufwärmten…
Mimi wusste einfach nicht, wie er das Gefühl beschreiben sollte. Ob es angenehm oder unangenehm war, ob er die Hand am liebsten abgeschüttelt hätte oder sie nicht doch lieber genau dort gelassen hätte, wo sie war. Unruhig begann Mimi sich jetzt leicht zu bewegen und wurde sich erst jetzt der Tatsache bewusst, dass der Film offenbar schon eine ganze Weile vorbei war, denn noch nicht einmal mehr der Abspann lief.
Sie sollten jetzt wirklich zusehen, dass sie sich schlafen legten, dachte Mimi und konnte sich nicht helfen, dass er jetzt ganz eindeutige Erleichterung bei diesem Gedanken verspürte. Immerhin hatte er jetzt einen triftigen Grund, Dominik aufzuwecken. Und dann würde diese Hand endlich auch verschwinden. Minis Hand.
Vorsichtig rüttelte Mimi an Dominiks Schulter. Der kam nur langsam zu sich - und selbst, als er seine Augen öffnete, konnte Mimi sehen, dass Mini noch immer nicht so recht wach war.
Auch die Hand war mit einem Ruck verschwunden…und fast sofort stellte sich bei Mimi ein Gefühl des Vermissens, ein Gefühl des Bedauerns ein, das er sich selbst nicht so recht erklären konnte. War er gerade eben nicht noch froh gewesen, dass er dieser Berührung jetzt würde entgehen können?
„Hey…was’n los?“, murmelte Mini schließlich verschlafen, gähnte und streckte sich dabei.
Mimi grinste leicht, als er das beobachtete. Dominik im Halbschlaf war wirklich einfach ein unglaublich süßer Anblick. So richtig zum Verlieben…
Mimi biss sich schmerzhaft auf die Lippe, als er das dachte. Stumm schüttelte er über sich selbst und seine törichten Gedanken den Kopf und fing sich dafür einen zweifelnden, misstrauischen Blick von Minis Seite her ein. Doch ohne darauf einzugehen, beantwortete Mimi schließlich Dominiks Frage.
„Der Film ist vorbei…Und da ich auch schon beinahe eingeschlafen wäre, dachte ich, es wäre wohl besser, wenn wir uns schlafen legen. Denn wenn wir die Nacht hier verbringen, dann kann ich dir dafür garantieren, dass das Training für dich morgen keine Freude sein wird…“, erklärte Mimi leise und konnte dabei schon fast sehen, wie schwer Mini sich dabei tat, seinen Ausführungen zu folgen.
Also vereinfachte er seine Ansage ganz einfach und wiederholte, mit etwas mehr Nachdruck dieses Mal: „Ab ins Bett, Mini!“
Erst jetzt begann Dominiks fragende Miene sich aufzuhellen. „Ach so…sag das doch gleich“, murmelte er dann, rieb sich kurz über die Augen und machte sich dann ohne einen weiteren Kommentar in Richtung seines Schlafzimmers auf.
„Hey, willst du nicht erst ins Bad, Zähne putzen?“, rief Mimi dem anderen hinterher. Doch da er keine Antwort erhielt, erhob sich jetzt auch Mimi von der Couch. Gutmütig schüttelte er den Kopf über den schlaftrunkenen Linksaußen. Wenn Mini noch halb schlief, dann war er einfach wirklich nur unglaublich begriffsstutzig und offenbar auch nicht wirklich ansprechbar. Mimi vermutete ja stark, dass der andere inzwischen nämlich schon in seinem Bett lag und wieder tief und fest schlief.
Schulter zuckend schaltete Mimi dann den Fernseher aus, machte sich auf ins Bad. Nachdem er sich die Zähne geputzt und das Licht im Bad und in der Küche gelöscht hatte, stand Mimi auch schon wieder im Wohnzimmer. Er würde die Nacht wohl auf dem Sofa verbringen, wie es aussah. Nicht, dass er damit wirklich ein Problem gehabt hätte. Denn um ehrlich zu sein konnte er auf noch mehr körperliche Nähe an diesem Abend wirklich verzichten…
Zumindest glaubte er das…
Seine Jeans und das warme Sweatshirt hatte Mimi schon ausgezogen, als ihm klar wurde, dass er Dominik jetzt wohl doch noch einmal würde stören müssen. Immerhin brauchte er eine Decke und ein Kissen, um schlafen zu können.
Und die lagen beide mit Sicherheit noch im Schlafzimmer in Dominiks Bett. Wahrscheinlich schlief Mini jedoch schon wieder, also sollte das nun wirklich kein größeres Problem für Mimi darstellen.
Schnell stand Mimi also auch schon in Mimis Schlafzimmer. Und wie er vermutet hatte, waren Dominiks Augen auch schon wieder zugefallen. Die Nachtischlampe war noch angeknipst, Mini war offenbar eingeschlafen, bevor er dazu gekommen wäre, sie auszumachen. Doch wie Mimi im nächsten Augenblick zu seinem Bedauern feststellte - offenbar hatte Mini eine der beiden Decken benutzt, um sich zuzudecken. Auf der anderen lag er allerdings drauf, so dass Mimi keine Möglichkeit für sich sah, an eine der beiden Decken zu kommen, ohne Dominik aufzuwecken. Und auch wenn er das nun wirklich nicht schon wieder tun wollte - ohne Decke zu schlafen war nun wirklich keine Option…
Aber vielleicht schaffte er es ja doch, an die eine Decke zu kommen, ohne den anderen aus seinen Träumen zu reißen? So vorsichtig er konnte begann er schließlich, an der Decke zu ziehen, auf der Dominik lag. Und tatsächlich schien sein Plan zu funktionieren. Er hielt schon beinahe das gesamte Federbett in Händen, als Mini mit einem Mal und einem unwilligen Knurren doch die Augen aufschlug und direkt in Mimis schuldbewusstes Gesicht blickte.
„Ich…tut mir leid, ich wollte dich nicht schon wieder wecken…“, murmelte Mimi dann leise, „…aber ich brauch die Decke, damit ich mich auf dem Sofa schlafen legen kann…“
Mini sah ihn einfach einen Augenblick lang durchdringend an. Dann schüttelte er bestimmt den Kopf.
„Die Couch ist nicht gerade perfekt zum Schlafen, glaub mir...Komm schon, leg dich doch einfach zu mir…ist ja nicht so, als ob wir das nicht schon gemacht hätten…“, erwiderte Dominik daraufhin und er gähnte herzhaft, als er das ausgesprochen hatte.
Mimi wollte schon den Kopf schütteln, wollte sich für das Angebot bedanken und dann zurück in Richtung Wohnzimmer gehen. Doch als sich in diesem Augenblick Minis Hand um sein Handgelenk schloss und ihn vorsichtig zu sich aufs Bett zog, konnte er seinen Entschluss ganz einfach nicht mehr ausführen.
Ohne, dass er sich groß hätte wehren können - oder vielleicht auch wollen - fand Mimi sich ein paar Sekunden später auf der Matratze neben Mini wieder. Zugedeckt mit einer der beiden Bettdecken und dieses Mal viel näher neben Dominik, als noch gestern Nacht. Minis Geruch, der ihm gerade eben, auf dem Sofa schon aufgefallen war, war hier noch einmal tausendmal intensiver wahrzunehmen.
Mini war schon wieder kurz vorm Einschlafen, was Mimi daran erkannte, dass Dominik sich fast sofort an ihn heran kuschelte. Und wieder fand einer von Minis Armen seinen Weg, um sich augenblicklich um Mimis Körper zu schlingen.
Mimi schluckte, knipste dann jedoch schnell die kleine Lampe auf dem Nachtkästchen aus. Er schloss fest die Augen und atmete noch einmal tief durch um sich zu entspannen. Dominiks Kopf ruhte beinahe auf Mimis Schulter - fast so, wie sie beide gerade eben auf der Couch gesessen hatten. Und dieses Mal ließ Mimi es einfach geschehen, zwang das erste Gefühl von Unwohlsein und Unruhe zurück und konnte diese einfachen Berührungen einfach nur genießen.
Mimi wusste, dass er diese Nacht gut schlafen würde. Auch, wenn er keine Ahnung hatte, woher diese Sicherheit so plötzlich kam.
fanfiction,
#schatten der vergangenheit,
*michael kraus,
*dominik klein,
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