Turbulente Lesestunden

Oct 29, 2008 18:53

Unlängst haben wir im Seminar darüber diskutiert, wie sich Suspense und Surprise bei unseren persönlichen Lesegewohnheiten ausdrückt. Etwas zu spät - heute nämlich - hätte ich eine passende Antwort parat gehabt: das Buch zuschmeißen und schreien.

Diplomarbeitsbedingt les ich im Moment ja Matthew Lewis' The Monk - ein Buch, das im Gegensatz zu allen anderen Gothic Novels mit seinen über 300 Seiten doch etwas voluminöser ist (hab mir jetzt vorgenommen, mindestens 40 Seiten pro Tag zu lesen, damit endlich mal was weitergeht). Hab aber dabei absolut kein Motivationsproblem, die story lässt mich beim Lesen nicht zur Ruhe kommen; ganz nach meinem Geschmack gibt es mehrere Handlungsstränge, viele Surprise elements und natürlich jede Menge Suspense (ich weiß ja schon gar nicht mehr, wie diese Worte auf Deutsch heißen ;-)). Ein kleines Beispiel:


Ein junger Adliger reist des Nachts durch einen Wald und - surprise, surprise - die Kutsche geht kaputt und bis zur nächsten Stadt ist es noch sehr weit. Ok, das ist ja mittlerweile schon fast zu einem Klischee geworden. Aber der Kutscher kennt einen Holzfäller, der seine Hütte ganz in der Nähe hat, und alle willigen ein, dort die stürmische und kalte Nacht zu verbringen. Sie kommen an, werden vom Holzfäller freundlich empfangen, nur seine Frau spinnt ein bisschen und ist die ganze Zeit grantig und unfreundlich, wahrscheinlich, weil sie nun zusätzliche Arbeit hat. Einige Zeit später trifft dort auch eine junge Contessa ein, die auch hier gelandet ist, weil sich ihre Kutscher verfahren haben und sie diese Nacht nicht mehr weiter kommen. Der Adlige und die Dame kennen sich schon flüchtig und es bahnt sich im Gespräch schon zwischen den beiden etwas an, als die Hausfrau das Gespräch rüde unterbricht, indem sie bekannt gibt, die Betten für alle gemacht zu haben - unseren Helden packt sie am Arm und zischt ihm ins Ohr, er solle gefälligst auf die Laken achtgeben. Völlig entsetzt über diesen Umgangston begibt er sich zu seinem Zimmer und will sich die Laken ansehen um zu sehen, was denn so besonders an ihnen sein solle - vielleicht sind sie ja irgendwie wertvoll für sie, immerhin sind der Holzfäller und seine Frau nicht besonders wohlhabend usw. Plötzlich entdeckt er einen riesigen Blutflecken; ihm wird ganz anders von dem vielen Blut und er beugt sich aus dem Fenster, um frische Luft zu schnappen. Dort überhört er ein Gespräch zwischen dem Holzfäller und seinen Söhnen, die planen, mithilfe einer Räuberbande, die um itternacht eintreffen sollte, die Adeligen samt Gefolgschaft umzubringen und sich ihr Geld und sonstige Reichtümer einzuverleiben. Dem Protagonisten wird ganz anders, immerhin hat er seine Waffen seinem Pagen überlassen, der aber samt Gepäck im Stall einquartiert wurde. Er ist also unbewaffnet und kann unmöglich ungesehen das Haus verlassen. Bald solle er sich wieder runter in die Stube begeben, da dort Abendessen serviert wird. Er versucht sich zusammenzureißen und sich nichts anmerken zu lassen, um sich kurzfristig einen Plan zu überlegen - eine Verbündete hat er zumindest: Der Hinweis der Hausfrau war ganz deutlich als Warnung zu interpretieren. Ob die Räuberbande nun tatsächlich eintrifft und er es schafft, den Räubern zu entkommen werd ich hier natürlich nicht mehr verraten, ich hoffe nur, dem einen oder anderen unter euch ein bisschen den Mund wässrig gemacht zu haben...

Eingestuft wird der Roman vom Autor als "Romance", was auch genremäßig einen bunten Mix verspricht - angefangen von Liebesgeschichten und Abenteuerepisoden bis hin zu übernatürlichen Horror-Elementen (hab heut z.B. schon über den Geist der Bleeding Nun und über die Gestalt des Wandernden Juden gelesen) ist alles dabei.

Alles in allem also wirklich empfehlenswert, meiner Meinung auch für den modernen Leser, was bei so alten Werken ja nicht unbedingt alltägich ist. Ich bin nur gespannt, ob das Buch auch bis zur letzten Seite durchhält, oder ob ich es schon vorher vor lauter Aufregung komplett demoliert hab...

literatur

Previous post Next post
Up