[Wieder mal ein Artikel von dem von mir hochverehrten crimsonalter (habe vor kurzem noch was von ihm übersetzt:
Währenddessen in Europa...). Ich empfehle den nick zu merken, denn sehr wahrscheinlich, wenn er weiter, wie diesmal, so großzügig ist, gibt es immer wieder von ihm was zu lesen.
Heute - über eine wichtige europäische Figur, über die ich mir letzte Wochen viel Gedanken gemacht hatte, und dem Experten crimsonalter zutiefst dankbar bin, dass er mir praktisch alle meine Fragen in seinem Artikel beantwortete.]
Der große Juncker mit dem schwarzen Schuh 2 Июля 2014
Autor: crimsonalter
Die Europäische Komission hat einen neuen Präsidenten. Jean Claude Juncker ersetzt den Russophoben Barroso. Ich möchte meine Leser darüber informieren, was man von diesem Spieler der europäischen politischen Szene zu erwarten hat. In Vergleich zu Barroso ist er überhaupt ein lieber Kerl. Und, dass er vom Cameron (treuer Pudel von Washington) aus ganzem Herzen gehasst wird, erhöht seine Punktezahl ungemein.
Man soll daran denken, dass jeder Politiker seinen Preis und seine wunden Stellen hat, also kann der neue Leiter der Europäischen Komission in jedem Augenblick „fremde Fahne hissen“, aber in gegebenem Augenblick ist Juncker ein organischer Teil des „alten Business“ Europas, das heißt, am ehesten gehört seine Loyalität (sofern er überhaupt zur Loyalität fähig ist) den Inhabern der Offshore-Konten in Luxemburg (für diejenigen, die verstehen: in Luxemburg. Nicht in BVI, nicht in Zug und nicht in Zürich ).
Im Moment wird er massiv von Merkel unterstützt, aber ihre Beziehung darf man nicht wolkenlos glauben. Merkel (teilweise und mit ernsthaften Einschränkungen) ist die Vertreterin der deutschen Wirtschaft. Juncker - des europäischen. Ihre Interessen stmmen bei Weitem nicht in Allem überein.
Die Frage „Was ist er als Politiker?“ zu beantworten ist recht schwer, aber ich versuche ihn von der Seite zu beleuchten, die die europäische und amerikanische Presse nicht sehen kann, obwohl die Information bekannt ist. Die russischen Massenmedien erwähne ich gar nicht, sie verstehen von den Europolitikern (mit weniger Ausnahmen) gar nichts.
Juncker ist bekannt als einer, der „pathologisch gut Geld zählen kann“. Viele Jahre als Finanzminister von Luxemburg und dann der Premier von Luxemburg - der größte Offshore von EU - das ist nicht die Bürokratiearbeit im hinteren Behördeneck.
Er ist auch bekannt als einer der Architektoren der Eurozone, wobei, wenn seine Ideen erfüllt worden wären, dann wäre die Eurozone jetzt deutlich gesünder, das Interessanteste ist aber, dass er bis über beide Ohren mit den Spionage- und sogar terroristischen Skandalen befleckt ist, darüber bevorzugt die Presse allerdings Schweigen zu bewahren.
Um Juncker zu verstehen, muss man die Geschichte kennen, wie er den Premiersessel verloren hatte. In allen Einzelheiten ist es ein ganzer Roman, deswegen beschränke ich mich auf eine kurze Darstellung.
2012 wurde ein Gespräch von Juncker mit dem damaligen Leiter des Geheimdienstes von Luxemburg Service de Renseignement de l'Etat (SREL) - Marco Mille - geleakt, das 2008 stattfand. Beachte, dass Juncker de facto der Vorgesetzte von Mille war in dem Sinne, dass nach dem Gesetz der Premier automatisch der Chef von SREL ist.
Im Gespräch, das im Großen und Ganzen einem Bericht über die getane Arbeit glich, erwähnt Mille viele interessante Aspekte, die die Disposition der Kräfte innerhalb Luxemburgs und Europa insgesamt helfen zu verstehen:
- SREL beobachtet aktiv den Herzog von Luxemburg, das heißt spioniert dem Staatsoberhaupt nach
- Herzog von Luxemburg Henri ist die Marionette von MI6 und das ist die Familientradition
- Herzog von Luxemburg versucht mit Hilfe von MI6 seinen eigenen inoffiziellen Geheimdienst zu gründen, um die Schlüsselfiguren von SREL abzuhören und auszuspionieren
- Nebenbei wird erwähnt, dass SREL aktiv die politischen Opponenten von Junker ausspioniert
- Die Geheimdienste von Luxemburg führen aktive finanzielle Tätigkeit auf Kuba, Lybien und Irak trotz der Sanktionen und verdienen damit nicht schlecht.
Insgesamt zeichnet sich ein Bild der harten Opposition von MI6 und der lokalen „Gewaltstrukturen“, die die Finanzströme und Bankensektor steuern.
Im Gespräch wird die Verbindung der Herzogfamilie zu dem Fall „Bommeleeër“ - einer Reihe der terroristischen Akten in den 80er, die die Regierung den Kommunisten/Sozialisten in die Schuhe geschoben hatte und zum Fördern eigener politischen Interessen nutzte. Aus dem von Mille gesagten kann man folgern, dass SREL über die Beweise verfügt, dass diese terroristischen Akten von der regierenden Herzogfamilie bestellt wurden.
In diesem Gespräch und aus den folgenden Ereignissen sieht man klar, dass Juncker und Mille, obwohl sie auf einer Seite der Barrikade stehen, sehr verschiedene Vorstellungen haben darüber, wie man eigene Ziele erreichen soll. Mille ist radikal, er war interessiert daran, den Skandal „Bommeleeër“ explodieren zu lassen und war überhaupt für die maximale Verschärfung der existierenden Konflikte. Juncker erinnert eher an die deutsch-französische Version von Machiavelli, der eine Intrige bevorzugte, ohne das Feuerwerk. Privates (manche behaupten, auch Clan-) Konflikt Juncker-Mille führte letztendlich dazu, dass Mille SREL verlassen hatte und … sofort einen leitenden Posten bei Siemens bekam [Sicherheitschef - Komm]. Übrigens, wenn die Liberasten Ihnen wieder mal erzählen, dass die „Geheimdienstler nur in Russia im Business zu sagen haben“ können Sie ihnen ruhig ins Gesicht lachen, und an die Geschichte des Hauptgeheimdienstlers von Luxemburg denken. Solch erfolgreiche „Landung“ von Mille im warmen Sessel der deutschen Top-Firma kann als ein Indiz betrachtet werden, dass die Analytiker, die dachten, Berlin wolle SREL als den Rammbock gegen die englischen Interessen in Europa benutzen und Juncker wollte sich nicht für die deutschen Interessen in Gefahr bringen, Recht hatten.
Gehen wir in das Jahr 2012. Das Leaken von Junckers Gespräch provozierte einen Riesenskandal, wobei der Skandal die sichere Handschrift des englischen Geheimdienstes trug. Die parlamentarische Komission, die den Fall Junckers untersuchte, interessierte sich nicht für die Beweise, dass der Herzog der britische Agent war. Genauso wenig interessierte sie sich für die Beweise der Verstrickung der Herzogfamilie in den terroristischen Akten. Der Premier wurde beschuldigt, dass er Mille nicht … verraten hatte und das Parlament nicht über die „rechtswidrige Handlungen von SREL“, inklusive der Beobachtung des Monarches, Aktivitäten gegen die Opposition und gesetzeswidrige Operationen in Kuba, Lybien und Irak, unterrichtete. Aus der Parlamentsdebatte zu dem Thema blieb in Erinnerung ausschließlich die Erklärung von Juncker, der fest behauptete, dass es für die Geheimdienste absolut normal sei die Sanktionen zu brechen und das Geld durch die illegale Finanztransaktionen zu verdienen. Dazu ist zu vermerken, dass der ehemalige Premier von Luxemburg sich überhaupt durch öffentlichen Zynismus und völlige Verachtung der „europäischen heiligen Kühe“: Demokratie, Rechtsstaatlichekeit, Transparenz usw., auszeichnet. Das Ergebnis war voraussagbar und Juncker verlor den Premierposten und damit alle offiziellen Positionen in Rahmen der EU-Strukturen und schwächte damit die Positionen Deutschlands erheblich in seinem Kampf mit Anglo-Amerikanern für den Einfluss in EU.
Aus allen oben aufgeführten Überlegungen ist klar zu verstehen, dass die Wahl von Jean Claude Juncker auf den Posten des Vorsitzenden der Europäischen Komission eine saftige Ohrfeige von London und Washington ist. Der neue Leiter des wichtigsten EU-Gremiums ist kein Russophob, hat keine „ideologische Ladung“ mit den euroatlantischen Werten, hat eine ernstzunehmende Unterstützung seitens Deutschland, ist der Liebling der europäischen Wirtschaft, ist ein Veteran des Kampfes gegen den anglo-amerikanischen Einfluss in EU und hat ernste, alte und private Rechnungen mit London und Washington offen. Wenn man die Situation realistisch betrachtet, ist es schwer sich einen komfortableren Politiker aus der Sicht der Vertragsfähigkeit mit Russland vorzustellen. Ich bin geneigt zu denken, dass der Pragmatiker Putin und der Zyniker Juncker alle Chancen haben die Zusammenarbeit in der Linie EU-RF auf eine prinzipiell neue Ebene zu bringen. Es können natürlich keine Garantien gegeben werden, aber es gibt sicher Gründe optimistisch zu sein.