Da ich auf der Arbeit bin, mich langweile und wenig Sinnvolles zu tun hab, gibt's jetzt was zu lesen - nämlich von unserem WG-Casting letzte Woche. Das war nämlich alles andere als langweilig.
Wer sich jetzt fragt - hä, WG-Casting?! - dem sei gesagt: Clara und Philipp haben Anfang vorletzter Woche recht spontan eine Wohnung gefunden, in die sie ziehen wollen, d.h. ich ziehe ab August in Claras Zimmer und mein Kämmerlein wird frei. Dann haben wir noch am selben Abend eine Anzeige bei WG-gesucht.de reingestellt - und waren direkt positiv schockiert: noch in derselben Nacht gab’s 4 Anfragen für das Zimmer, ABER DAS WAR ERST DER ANFANG. Um den Überblick zu behalten, haben wir weiserweise direkt eine Excel-Tabelle angelegt mit: Name, Alter, Studienfach, Wohnort, POSITIV-Aspekten und NEGATIV-Aspekten. Das klingt jetzt scheiße, war aber ECHT NÖTIG, denn gegen Ende hatten wir um die 40 Anfragen. Vierzig. Abartig, oder?
Auf alle Fälle haben wir unsere 20 Favoriten dann eben eingeladen, sich am Dienstag und Mittwoch die Wohnung anzuschauen. Dafür hab ich Christina, Clara und mir eine Timetable ausgedruckt, wo noch genug Platz für Anmerkungen und eine Schulnote war. XD Montag haben wir noch schön die Wohnung in Schuss gebracht und so… JAAA und dann, dann, um 16 Uhr, ging’s los, und es war zehnmal so anstrengend wie erwartet.
Mein Wohnungsrumführtext war in etwa immer so:
“Das ist das Zimmer der Clara, die auszieht. Ist bisschen größer, kostet auch bisschen mehr. Das ist unsere schöne Küche, hier unser Bad, klein aber fein. Das ist Christinas Zimmer, das ist mein Zimmer. Das ist der Stefan, mein Freund. Wenn du hier ausm Fenster guckst, würdest du die Bushaltestelle sehen, wenn keine Bäume davor wären. Da hinten, bei dem Haus mit den schwarzen Fenstern, ist direkt der REWE, und auch die Post. Da drüüüüüben hinter der Häuserfront ist direkt der Rhein. Gehen wir doch mal in die Küche und quatschen noch bissl.“
Hier die besten Auszüge aller Guten, Witzigen und Dämlichen. 8D
DIENSTAG
Meike - 21, Jura
Blonde Strähnchen, stylisch angezogen, witzig und ULTRA SYMPATHISCH! Und vor allem absolut auf dem Boden der Tatsachen. Mehr gibt’s zur Meike eigentlich nicht zu sagen. Nur dass - SPOOOOILEEEEER - wir eigentlich gar niemand mehr hätten einladen müssen außer ihr. >:D
Priska - Soziologie und Philosophie
Priska. Mein persönliches Highlight des Tages. Sieht aus wie ich mit 14 - also aschblondes naturbelassenes Haar ohne jegliche Frisur, Augenbrauen von monumentalem Ausmaß und als kleines Gimmick noch tolle Schweißflecken. Nein, ich bin nicht oberflächlich, aber DAS WAR SCHON ARG! Hab Christina schon verzweifelte Blicke zugeworfen und zu allen erdenklichen Gottheiten um Erlösung gefleht.
Highlight Nr. 1: „Also ich… ich stell ja andere Fragen als andere Leute. Ich würd mich als sehr neugierig beschreiben. Jetzt nicht neugierig im Sinne von ‚Was macht Brad Pitt gerade?’, sondern eher neugierig auf die Welt. Ich frag mich - warum nennt man eine Melone eine Melone? Jeder nimmt das einfach so hin, aber ICH frag mich das immer wieder - Fragen, die sonst niemand stellt.“
(H.O.L.Y. S.H.I.T.)
Highlight Nr. 2 (auf die Frage hin, wo sie wohne): „Ich wohn neben einer Kaserne und einer Hundeschule. Und mir fiel immer wieder aufs Neue auf - das ist eigentlich genau das gleiche! Die Hunde und Menschen müssen Befehle befolgen und dieser militärische Drill ist bei beiden zu finden, einfach dieser Drill und dieses militärische!“
- Skeptische Anmerkung von mir: „Hunde besuchen eine Hundeschule, damit sie den Umgang mit anderen Hunden lernen und niemandem in die Wade beißen, und zwar nicht für den Waffeneinsatz im Kriegsfall.“
„Nein nein, das ist GENAU DAS GLEICHE, das fiel mir immer wieder auf!“
Highlight Nr. 3: (zeigt auf ein Katy Perry-Poster): „Wer ist denn hier Katy Perry Fan??!!“
- „Wir hängen einfach gern Poster auf und die sind auch oft SPASS.“
„Ich hab mich schon sehr gewundert über den JUSTIN BIEBER an Christinas Tür!“
- „Das ist SPASS. Ebenso wie der Bushido im Klo.“
„Aha.“
Aber da hatte sie eh schon bei mir verschissen gehabt. XD
Patrick - 21, Geowissenschaften
Was ich dazu noch sagen muss . . . es ist immer wieder schön, die Tür aufzumachen, und überhaupt nicht zu wissen, was einen gleich mit erwartungsvollem Blick anstarrt. Diesmal war es Patrick. Patrick halt. Etwas kleiner als ich, schmächtig, einprägsames Lächeln und recht schüchtern.
Als wir dann so in der Küche saßen, haben wir etwas getratscht, und irgendwann meinte er:
“Ich war gestern in der Shisha Bar.“
- „AHAAA! Hast du n Absturz gehabt oder was? =D“
„Nein, nicht direkt . . . also, doch schon eigentlich. Wie soll ich sagen. Ich bin nicht mehr heimgekommen, erinner mich kaum noch und wurde - (erst jetzt fällt uns auf, dass er bis dahin die ganze Zeit die Arme verschränkt hatte, er zeigt uns nämlich seine Arme) am ganzen Körper mit Kuli vollgemalt. Auf meinem Knie ist eine Diddl-Maus.“
(Ohne Worte.)
Dennis - 21, Publizistik und Politik
Der Dennis war nett - so ein typischer Festivalgänger, der recht cool drauf ist. Nothing to add.
Julia - 18, Schule für Ergotherapie
Die JUUUULIA. Die zieht erst zuhause aus, und das war schon Grund genug, sie nicht zu nehmen. Ich will nicht Ersatzmama spielen. Außerdem war sie mit dem Leitungswasser nicht zufrieden, was ich ihr zum Trinken anbot, und wollte von dem Sprite, was ich im Schweiße meines Angesichts vom Aldi bis hierher und fünf Stockwerke hochgetragen hat. Die hätte uns die Haare vom Kopf gefressen. NEIIIN.
Marleen - Studentin aus Wiesbaden
Schlägerbraut aus Wiesbaden. Ganz nett, aber irgendwie nicht unser Fall.
Michaela - Geographie und Kunst
Die Michaela war echt SUUUPER! Die kam so bisschen chaotisch rüber, aber auf eine total sympathische Weise, strickt gerne und ist bisschen alternativ angehaucht, auf jeden Fall sehr lieb. Hat auch ne Katze. Das Problem bei ihr war nur, dass sie echt UNGLAUBLICH gesellig ist, und wir am Wochenende ja oft nicht da sind. Sie hat 1000x betont, wie wichtig ihr permanente Geselligkeit ist und ich glaube, da ist sie woanders einfach besser aufgehoben. Aber toll war sie schon.
Harry - Sport und Philosophie
Der Harry war echt ein netter Kerl und auch in der engeren Auswahl. Ein Filmfreund, dem sein Studienfach Philosophie nicht so recht gepasst hat - sympathisch.
Julia - 20, Komparatistik
Total unscheinbar, hab irgendwie vergessen, was sie so geredet hat.
Erik - 23, Sport und Informatik
Erik Donner (wie eine nordische Gottheit). Wenn ich mit RANT anfange, kann ich glaub ich nicht mehr aufhören. Egal. Ich fang mal an.
Eriks Termin war um 21 Uhr und wir dachten, wir können den jetzt schnell abfertigen, weil wir echt keine Lust mehr hatten nach dem ganzen Tag. Dann kommt der. Sieht nicht sooo nett aus, aber es ging. Dann . . . . guckt der in unser Bad, sieht da den Spiegel (also die Zeitschrift) liegen und meint: „Wer liest hier Spiegel?! Der ist mir zu SPD-kritisch!!!“ (Erstens lese ich den Spiegel und zweitens: Wer hat dich gefragt? SPAST.)
Dann ging’s weiter. Er fängt auf einmal an, von Uni-Politik zu reden. Und meint dann völlig unvermittelt: „Ihr HABT doch hoffentlich an der Uni gewählt, oder?“
Wir alle schütteln völlig selbstverständlich den Kopf. Ich kriege nie was von diesen ominösen Studiparlamentswahlen mit - die machen zwar Werbung, aber kein Mensch weiß so recht, WAS die machen und was ICH davon habe. Wer mich kennt, weiß, dass ich alles andere als politikverdrossen bin, aber Uniwahlen gehen mir so unglaublich am Popöchen vorbei.
Jedenfalls - dann hat der gute Mann uns zugetextet, wie er die Wahlwerbung so toll gestaltet hat und wie viele Flyer und Poster er hat drucken lassen. Toll gemacht, Erik. Super.
Und irgendwann… iiiiirgendwann… ging er dann.
MITTWOCH
Mittwoch sollte es ab 16.30 Uhr eigentlich wieder rund gehen. Demotivation ist gar kein Ausdruck für das, was wir verspürten. Fing schon mal toll an, denn die ersten drei KAMEN EINFACH NICHT, ohne abzusagen. Genial. Scheiß Dominik, scheiß Wohli, scheiß Catherine.
Dann kam der nächste Burner.
Gregor - 19, Kommunikationsdesign
Gregor war also der erste, der uns mittwochs beehrte. Ein hageres Büblein mit eingezogenem Kopf und ausgeprägtem Unterkiefer, welches auf die Frage, was er in seiner Freizeit so mache, folgende Zauberwörter nuschelte: „So~am~Pc . . .“
Delia kam auch nicht.
Amin - Umwelttechnik in Gießen
SPOILER: Voll der Reinfall.
Aber zunächst: Der gute Mann ist Halbasiate oder so und wirkt voll Buddha-artig. Hat total die liebe Ausstrahlung gehabt, voll ruhig und gelassen. Wir erfuhren, dass seine Eltern einen Bauernhof haben mit Kühen (XD), dass er gelernter Anlagenmechaniker ist und dass er in Gießen studiert. Und dass er total begeistert sei von der Wohnung und der Lage. Klang echt genial.
Matthias und Martin kamen auch nicht.
Kevin - 20, Wirtschaftswissenschaften
Der güldene Abschluss wurde dann von Kevin gemacht. Kevin war irgendwie… witzig. Also dämlich-witzig. Nicht viel mehr.
DANN ging’s ans Eingemachte - wir mussten irgendwie eine Entscheidung fällen. Dass ein paar Figürchen direkt auszuschließen waren, war klar. Aber sich dann für einen von den tollen zu entscheiden, war echt nicht leicht. Meike, Amin, Martina und Harry waren die Favoriten. Um darüber nachzusinnen, sind wir an den Rhein marschiert und … jaaaa. Haben uns letztendlich für Amin entschieden, weil wir insbesondere dachten, dass er mal bisschen frischen Wind reinbringt.
Voller Freude haben wir dem Herrn dann eine Mail geschrieben, dass wir uns freuen würden, und ob er das Zimmer denn möchte. Wir haben zu hundert Prozent damit gerechnet, dass er zusagt, weil er einfach so wirkte, als ob er total angetan wäre.
Der desillusionierende Anruf kam dann am Donnerstagmorgen. Er wolle sich noch andere Wohnungen ansehen und brauche Bedenkzeit bis Samstag.
Toll. Wenn er sich gegen uns entscheidet und unsere anderen Favoriten bis dahin schon was anderes haben? Und: Müssen wir jetzt alle zappeln lassen bis Samstag?
Nein. Ich hab ihn dann nach kurzer Besprechung zurückgerufen und ihn darum gebeten, sich bitte heute zu entscheiden. Es gebe noch viele andere, die heiß auf das Zimmer sind, und wir können ihm da keine Sonderbedenkzeit einräumen, und in der Zeit haben alle anderen schon was anderes und sind bedient.
Da war er total perplex und meinte: „Ne.. äh. Nein, ich will mir noch andere WGs anschauen, ist mir schon wichtig. Dann… nehm ich das Zimmer nicht.“
Dann: Der Meike geschrieben - sie antwortet voll fröhlich, dass sie das Zimmer gerne möchte. SIE wird jetzt bei uns einziehen und nicht der Amin mit seiner behinderten Bedenkzeit.