Nachdem wir Motueka verlassen haben, sausen wir mit 100 km/h ueber den State Highway. Die Neuseelaender haben da eine eigenartige Taktik. Auf der Insel ist die Hoechstgeschwindigkeit sowieso mit 100 auf ein absolutes Maximum beschraenkt. Und das fahren mit der Geschwindigkeit ist insofern eigentlich in Orndung. Nur wird der Reisende des Oefteren und ploetzlich ausgebremst. Baustelle. Unter "seal" hatte ich bisher nur die Robbe abgebucht. Das Wort hat hier noch eine besondere Bedeutung und tritt massenweise als Schild am Strassenrand in Erscheinung. Versiegeln waere hier wohl die am ehesten angebrachte Uebersetzung. Ich habe eher den Verdacht, das Schild soll den Autofahrer daran erinnern, dass er nach dem durchfahren der folgenden Strecke sein Auto neu versiegeln lassen sollte. Die Einschlaege im Bodenblech durch den aufgewirbelten Schotter (Strassenbelag?????) lassen mich diese Bedeutung jeden falls vermuten.
Also: Ab in die Berge und die Natur zeigt all ihre unterschiedlichen Gesichter. Flache Farne, hohe Bäume, dazwischen Grasflächen und dichtes Buschwerk. Von allem etwas und in unterschiedlicher Konfiguration. Von dunkelgrün bis hellbraun sind alle Schattierungen links und rechts der Strasse enthalten. Das Wetter spielt prima mit. In den Bergen gibt es ein bisschen Niesel. Sobald wir in der Ebene sind lugt die Sonne hervor.
In Westport kaufen wir noch ein. Destination für den dritten Tag ist in Greymouth auserkoren und anvisiert. Zwischen Westport und Greymouth ist allerdings noch ein Weltwunder angesagt: Die Pfannkuchen-Felsen! Besucherandrang ist garantiert. Auch dieses Naturschauspiel können wir kostenlos besuchen.
Eins muss man den Neuseeländern neidlos zugestehen. Sie wissen wie Gastfreundschaft funktioniert und wie man das Geld vom Besucher resp. Touristen ohne Wegelagerei erhält. Deutschland nimm Dir ein Beispiel.
Die Pancake Rocks sind wirklich ein Naturschauspiel. Was das Ursprungsmaterial der Rocks - der Kalkstein - mit der Limone zu tun hat, ist mir allerdings nicht klar. Engländer; Ihr habt 'ne Macke!
Das BBH Backpacker Hostel hat mit Greymouth einen passenden Standortnamen gefunden: Für Jugendliche bestens geeignet, da es von der Sauberkeit und seinem Flair (kann man nur fotografisch beschreiben) her sehr gut an die Welt eines Teens angepasst ist. Wir schlafen in einem mufflig (erinnert mich an alte Schränke aus Urgrosselterns Zeiten) riechenden aber geräumigen Zimmer. Aber auch das überleben wir relativ gut ausgeschlafen. Uns kann eben nix umbringen!
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Der vierte Tag führt uns nach Franz Josef/ Waihau. Unterwegs machen wir mehrfach halt an der rauen Küste der Tasmanischen See. Gigantisch diese aufgepeitschten Wassermassen. Selbst wenn man nur mit den Füßen in der See steht, prüft das zurückfliessende Wasser die Standfestigkeit des "Inseltrotters" (eigene Wortkreationen sind doch was Feines). Wenige Kilometer weiter südlich machen wir in dem Küstenörtchen Hokitika halt. Die kleinen Orte besitzen hier zumindest auf der Südinsel ein Flair, was den Besucher gefangen nimmt. Und manchmal wird der oder die Besucherin dann zu einem Kauf von beispielweise Schmuck animiert und kann diesem Drang nicht widerstehen. Tja, so kommen die Neuseelaender also an das Geld der Touristen. Clever, oder?
In Franz Josef angekommen latsche ich prompt ins falsche Office, um mich als Backpacker zu enttarnen. Nur mein Name steht eben nicht im Computer. Sorry! Ich renne zum Auto, um in meinem Eintrag nachzulesen und bemerke auf der Gegenseite noch ein Backpacker Hostel. Ich oute mch hier gerade als voller Blindgaenger. Schnell zurueck ins Office, "Excuse me. Was wrong" geflüstert und mit großen Schritten wieder raus.
Das BBH Backpacker in Franz Josef ist auf Massenbetrieb ausgerichtet. Kleine Zimmer, kleine Duschen, gaaaaanz kleine Toiletten mit noch kleineren Waschbecken - so in etwa doppelter Handflaechengroesse. Aber fuer uns reicht es. Wir wollen ja nur schlafen. Bevor es dunkel wir noch kurz ein Antrittsbesuch beim Gletscher. Vom Parkplatz sind wir in einer halben Stunde bis zum Fusse des Gletschers gelaufen. Der sieht irgendwie gaaaanz gross aus. Und da haben wir fuer den naechsten Vormittag eine viereinhalb stündige Guided Tour gebucht. Kostenpunkt etwas ueber 200$. Zurueck zum Auto brauchen wir die doppelte Tour. Nicht weil die anstrengender ist oder wir bergauf gehen oder weil wir zu viel Gegenverkehr haben. Nein, weil hier so viele Steine liegen, die man mit nach Hause nehmen koennte. Martinas Kopf ist auf dem ganzen Rückweg dem Erdmittelpunkt zugeneigt. Wir haben zum erstem Mal die Walkie-Talkies mit. Alex, danke. Ich muss nicht ständig halt machen, warten und vorsichtig nachfragen, ob's bald weiter geht. Nach kurzen Anlaufproblemen - Erklärung: Finger auf der Taste drauflassen, wenn du sprechen willst - funktioniert die Zwiesprache.
Der Samstag beginnt mit einem Wahnsinns-Wetter. Wir wollen auf den Gletscher, die Sonne knallt ihre waermenden Strahlen ins Tal und ganz kleine Woelkchen nur am Himmel. Wie es sich fuer Deutsche gehoert - fur mich trifft das aber nur im Urlaub zu - sind wir viel zu frueh (und zwar 9:50 Uhr) am Startpunkt und stehen auch prompt in der falschen Gletscherreisegruppe. Ich habe schon ein mulmiges Gefuehl, weil nur junge Leute in der Reihe stehen. Scheint der Umwelt auch aufzufallen. Eine Mitarbeiterin des Office fragt mich nach meiner Buchung. Ich zeige artig und erhalte den Hinweis: Sie sind viel zu frueh. In 30 Minuten wird ihre Gruppe eingewiesen.
Der zweite Versuch klappt besser. Wir unterschreiben dann, dass wir im Vollbesitz unserer physischen und geistigen Kraefte sind. Der Guide erklart im besten genuschelten Schnellsprecher-Neuseeland-Englisch worauf wir uns da eingelassen haben. Dann gibt's Bekleidung: Bergsteiger-Struempfe, Boots und blaue Wetter-Jacken. Im Bus werden wir zum Gletscher transportiert. Der Altersdurchschnitt dieser Gruppe stimmt mich optimistisch.
Der Aufstieg in den Gletscher klappt besser als erwartet. Wir sind fasziniert. Unser Guide erklaert unterwegs bei kurzen Stopps die Etnwicklung der Southern Alps und der Gletscher. Wir steigen weiter aber nur bis etwa 300-400 Meter oberhalb der Gletscherunterkante. Der Ausblick nach unten und nach oben ist fantastisch. Das Eis schmilzt unter unseren Fuessen, bildet kleine Baecher, versinkt in Spalten oder Loechern. Teilweise leuchtet es blau.
Die Zeit vergeht. Nach einer Essenpause geht's wieder auf den Rueckweg. In einer der Gletscherspalten passiert dann, was ich bis dahin peinlichst vermeiden wollte. Mit mir geht's bergab. Zum Glueck nur in einer schmalen Spalte, oder besser gesagt genau in einer schmalen Spalte. Die Spikes an den Schuhen sollen ein ausrutschen verhindern.
Bei mir verhindern sie nur das Voranschreiten. Ich bleibe mit einem Spike des rechten Schuhs in der Socke des anderen haengen. Gekonnt rutsche ich vornuebergebeugt in die Niederungen der Gletscherspalte. Klatsch. Gott sei Dank kommt Martina nicht auf den Gedanken, den hier jeder mitleidlose Mensch gehabt haette...
Den Tag beenden wir - weil's so schoen war - mit dem Besuch des zweiten, groesseren aber auch gefaehrlichere Gletschers, dem Fox-Gletscher. Die Sonne ist weg. Wolken verhaengen das Tal und das Auge wird einem Blick auf gigantische Steihaenge, riesige Geroellhalden sowie eine noch riesigeren Eisklumpen versorgt.
Mir reicht's. Für heute!