Wichteln ist KRIEG

Apr 04, 2010 03:22

Fandom YuGiOh
Characters: Seto Kaiba, Anzu Mazaki
Genre: Gen(?), Christmas!Fic, Humour
Warnings: -


"Ähm...Kaiba, willst du mitwichteln?"

Er verstand nicht, was sie meinte, aber es hörte sich irgendwie versaut an.

Nicht, dass ihn so was besonders interessierte.

Er wandte sich von dem Laptop in seinem Schoss ab, um aufzusehen. Sein Arzt hatte ihm schon mehrmals abgeraten, das Teil dort zu platzieren, wegen der nicht unerheblichen möglichen Folgeschäden - aber sein Arzt konnte ihn mal kreuzweise.

So wie die Dinge standen, hatte Seto Kaiba eh keine Lust, sich fortzupflanzen.

Vor ihm stand Anzu Mazaki, und Anzu Mazaki hielt ihm einen alten, zerschlissenen Hut hin. Anzu Mazaki sah außerdem aus, als habe sie einen Bandscheibenvorfall. Oder möglicherweise eine Magenkolik. Auf alle Fälle sah sie aus, als leide sie Qualen.

Kaiba kniff skeptisch die eisblauen Augen zusammen.

Den Hut hatte er schon mal bemerkt. Ein elendes, ärmliches Teil, wahrscheinlich aus dem Theaterfundus, Kostüm: "Obdachloser Bettler No. 2" oder so. Vielleicht war´s Bonkotsus Hut. Und immer, wenn es Dezember wurde, tauchte dieser Hut aus dem Nichts auf und ging in der Klasse rum.

Kaiba wusste nicht, was es damit auf sich hatte. In seine Nähe hatte sich nämlich noch niemand mit diesem Hut gewagt. Große Ausnahme: Anzu Mazaki, heute.

Zurück zum Thema - Wichteln?! Mitwichteln? Mit wem? Und was zum Geier war Wichteln!? War es so versaut, wie es sich anhörte? Machte ihm Anzu Mazaki, die keimfreiste Klassensprecherin auf dieser weiten Erde, mitten auf dem Schulflur ein unzüchtiges Angebot? War die nicht irgendwie mit Yuugi verlobt oder ihm zumindest total verfallen?

Er neigte sich, so dass der Schatten seiner langen, schlanken Gestalt über sie fiel. Für die meisten hätte das nun schon ausgereicht, sich strategisch rückwärts zu entfernen, nicht so die kleine brünette Klassensprecherin, die ihm nur kampfbereit den erbarmungswürdigen Hut unter die Nase schob.

Kaiba mochte es nicht, wenn er ein Wort nicht kannte. Noch weniger mochte er es, nachzufragen. Also knurrte er nur verächtlich: "Wichteln? Und dann?!"

Anzu blies sich entnervt in die dunkelbraune, schulterlange Mähne. "Hör mal, ich wusste, dass ich mir irgendeinen blöden Spruch damit einfange - aber als Klassensprecherin ist es meine Pflicht, alle aus der Klasse zu fragen, ob sie mitmachen. Also nimm dir nen Zettel aus dem Hut oder lass es sein."

"Hanasaki hat mich nie gefragt, ob ich mit ihm wichteln will."

"Hanasaki hat auch Angst vor seinem eigenen Meerschwein. Außerdem bin ICH nun Klassensprecherin. Und ich wichtel nicht mit dir, sondern mit der kompletten Klasse, das ist prima für die Gemeinschaft."

Er schnaubte anzüglich. "Kann ich mir denken."

Sie wurde rot. "Schon ok, ich hab´s kapiert. Dann spielst du eben nicht mit. Schöne Feiertage dann noch." schnappte sie und dreht auf dem Absatz um.

Es sprach leise, aber sie blieb nach etwa drei Metern stehen wie ein Reh, das etwas in der Luft witterte, als sie ihn hörte.

"...Spiel? Was für ein Spiel?"

Sie wartete kurz, bevor sie sich umwandte, und er ahnte, dass sie ein Grinsen versteckte. Alle wussten, dass er es nicht ertragen konnte, wenn er ein Spiel nicht kannte.

Diese blöde Kuh.

Mit unschuldigem Gesichtsausdruck kam sie wieder näher. Es kam selten vor, dass irgendwer sich ihm einfach so näherte. Geradeaus, von vorn, ohne zu zucken. Aber ok, das Mädchen hatte einen Arsch in der Hose, das wusste er bereits. Gehörte einiges dazu, Yuugi Mutôs Mädchen zu sein und dazu auch noch zu stehen.

"Genau. Wichteln ist ein Spiel. Ein Weihnachtsspiel... - "

Sie fuhr rasch fort, als sie sah, wie er bei dem Wort Weihnachten eine Grimasse machte, als habe man ihm eine Flasche Tippex verabreicht. "Die Namen von allen aus der Klasse kommen in den Hut, und alle ziehen einen. Dann muss man für die Person ein Geschenk besorgen. Austausch ist morgen."

Er war mehr als unbeeindruckt. Aber es missfiel ihm, dass die Leute hier ein Spiel spielten und ER war nicht dabei. "Gibt es einen Gewinner bei dem Spiel...?" wollte er wissen.

"Ich hab kein Interesse an Sachen, bei denen ich nicht Gewinne."

Er dachte, ein erheitertes Zucken in ihrem Mundwinkel zu sehen, aber das konnte nicht sein. Keiner lachte über ihn. Keiner.

Sie beugte sich verschwörerisch zu ihm vor. Er beugte sich unerfreut zurück.

"Sicher, Kaiba. Wer den Geschmack des anderen am allerbesten trifft, der erhält den Titel..." Sie hielt kurz inne und schien nachzudenken. "Den Titel Wichtelchampion."

Hörte sich Scheiße an. Aber Champion war ok, dachte er.

Er ließ seine lange, schlanke Hand in den Hut wandern. Widerlich. Wurde das Teil wohl wenigstens desinfiziert...?

Die anderen waren offenbar eifriger aufs Wichteln als er. Der Hut war fast leer, erst im letzten Winkel fand er ein kleines, zerknülltes Stückchen Papier.

"Richte den anderen aus, dass sie keine Chance mehr haben," informierte er sie. "Seto Kaiba ist ins Spiel eingestiegen, und ich werde sie alle ungespitzt in den Boden wich...-"

Sie war nicht interessiert. "Freut mich zu hören, Kaiba. Entschuldige mich nun bitte." Sie zwinkerte - sie zwinkerte ?! - ihm zu. "Ich muss dringend meine Hände waschen. Dieser Hut ist so widerlich!"

Damit ließ sie ihn stehen. Er hatte nicht mal mehr Zeit, sich mit einem verächtlichen Schnauben von ihr abzuwenden. Er fühlte sich um seinen Abgang betrogen.

"Miss Mazaki, wie?" hörte er eine hohe Stimme hinter sich. Er drehte sich um und blickte auf seinen mikroskopisch kleinen Chemielehrer runter. "Ach, Mr. Kaiba, ich hatte immer den Wunsch, Sie beide würden sich besser verstehen. Zwei so kluge Schüler wie Sie beide. Tolles Mädchen, prima Noten, sozial SO engagiert...!"

Er starrte den Mann so lange wortlos voller Abscheu und Unverständnis an, bis dieser sich murmelnd rückwärts entfernte.

Dann faltete er seinen Zettel auseinander um zu sehen, welche Herausforderung er angenommen hatte. Er las den Namen und krächzte erstickt.

Ach du liebe Scheiße.

***

An diesem Abend begab sich Seto Kaiba in eine Welt, von der er dachte, sie nie wieder sehen zu müssen.

Eine laute, feuchte, riechende Welt. Eine Welt aus Familienvätern, denen die Haare ausgingen, altgewordenen Fischbrötchen in schlecht beleuchteten Vitrinen und rasend blinkenden Dekofenstern, die einen Epileptiker umgebracht hätten.

Die Einkaufspassage neben der Schule.

Zumindest kam er nicht ins Gedränge. Alle, selbst die hartgesottenen fetten Mütter, die mit ihren Regenschirmen um sich schlugen, wichen vor dem hochgewachsenen CEO aus und bildeten ihm eine Schneise. Die er nicht wirklich brauchen konnte, denn er wusste nicht, wohin er sollte.

Ein Trupp kichernder Schulmädchen zückte Kameras und lichtete ihn fünf Minuten dabei ab, wie er planlos vor einem Krawattenladen stand, aber es war ihm egal. In einem der benachbarten Schaufenster erhaschte er einen Blick auf Bonkotsu, der offenbar Yuugi dazu bewegen wollte, ein Mädchentop für ihn anzuprobieren.

Gut. Die Konkurrenz hatte also auch keinen Plan.

Kaiba sah sich hoffnungslos um. Weihnachten hatte für ihn nur einen Zweck: es kurbelte den Absatz von Duel Monsters-Produkten an. Und Mokuba liebte das Fest irgendwie. Nicht der Geschenke wegen - Mokuba konnte täglich eine neue Spielkonsole oder ein Segelboot haben, wenn er wollte.

Vielleicht ihres Vaters wegen...weil er sich erinnerte, wie sie zu dritt, ihr Vater, Seto, und er, unterm Weihnachtsbaum rumgesessen hatten. Zusammen. Und eine Familie waren. Oder so.

Aber während er zusah, wie die übernächtigt aussehenden Eltern ihre rotgesichtigen Blagen an den Schaufenstern vorbeizerrten, fragte er sich ernsthaft, woher dieses blöde Fest sein Image als Oase des Friedens hatte. Irgendwo arbeiteten sich hier namenlose PR-Leute den Arsch ab...

Plötzlich ging direkt neben ihm ohne warnende Worte ein Lautsprecher los, aus dem ein mehrstimmiger Knabenchor herausbratzte, dass fast die Steine von der Decke kamen.

Kaiba wich zurück, immer weiter, bei dem Versuch, dem Lärm zu entkommen, ohne wie panisches Fluchtwild auszusehen, als... -

PFFFSCHT!

"Unser neuer Herrenduft, Schottisch Moos, in der supergünstigen Geschenkflasche mit Bonus-CD, der Herr?!"

Kaiba fauchte. Drehte sich um. Machte sich bereit, der zugeschminkten Maske vor ihm zu erklären, dass die Bonus-CD bestimmt senkrecht in ihren Hals passte, als eine sanfte Hand ihn am Arm nahm, und ihn zielbewusst aus der Duftwolke manövrierte.

Kaiba mochte nicht berührt werden, aber es war eine sanfte, überzeugte Bestimmtheit in dieser Hand, die ihn beruhigte. Die Hand schien zu wissen, was sie tat und wo sie hinwollte. Er mochte Zielstrebigkeit.

Sie waren in einer ruhigen, verborgenen Ecke hinter einem Zwei-Meter-Weihnachtsmann angelangt, als Anzu Mazaki ihn losließ und tief durchatmete. "Den Posten hatte ich auch mal," sagte sie und nickte der Parfüm-Maske zu, die einen verwirrt aussehenden Skateboardfahrer einnebelte. "Schlimmster Posten ever. ALLE hassen dich."

Sie lächelte ihn an. Auf diese nicht-ängstliche, neutrale, unerschrockene Art, die ihn irritierte. Anzu Mazaki konnte alle leiden. Selbst ihn. Das war doch krank.

"Alles ok, Kaiba? Du siehst...verängstigt aus."

"Ich habe NIE Angst."

"Das ist ok," sagte sie leise, und legte auf ihre ihm vertraute Sozialpädagoginnen-Art eine Hand auf seine Schulter. "Shoppen zu Weihnachten bringt erwachsene Männer zum Weinen."

Er konnte ihr nicht widersprechen. Als er sie nun musterte, stellte er fest, dass verschiedene Tüten in allen möglichen Größen von ihr runterbaumelten. Er knirschte mit den Zähnen. Sie war besser in diesem Spiel als er. Anzu Mazaki. Man stelle sich das vor.

Sie sah auf ihre lächerliche kleine rosa Uhr. "Zeit für Glühwein," stellte sie fest. Sie sah ihn abwartend an. Wie?! Er und sie?

"Ich nehme keine Befehle von dir an, Mazaki," zischte er, während ein Schwarm desorientierter Grundschüler an ihren Hüften vorbeischwappte. Sie blinzelte. "Ok," sagte sie leise und wandte sich zum Gehen.

Aber verdammt, sie schien nicht schlecht zu sein in dem, was sie tat. All diese Tüten, dieses vollkommen unerklärliche Strahlen in all diesem Horror. Er konnte sie abfüllen und ihr einige Tricks entlocken...und vielleicht einen Blick in diese Tüten werfen.

Er musste siegen in diesem Spiel. Er musste einfach.

Kaiba wusste seine Chancen einzuschätzen. Wenn er hier alleine blieb, so viel war klar, ging er drauf. Mit zwei Schritten seiner langen Beine hatte er sie eingeholt.

"Wahrscheinlich keine üble Idee," brummte er ihr zu. "Sicherlich ist es besser zu ertragen, wenn man breit ist."

***

Sie zahlte ihren Glühwein selbst, das beeindruckte ihn. Die meisten Leute, die mit ihm irgendwohin gingen - eigentlich nur aus Gründen, die Geschäfte betrafen - benahmen sich, als stünden sie neben einem Geldautomaten. Sie fragten nicht einmal.

Aus irgendeinem Grund schien sie sich an diesem schrecklichen Ort wohl zu fühlen. Sie war immun gegen Weihnachtschöre und die verkleideten Studenten, die alle drei Meter mit weißen Bärten aus irgendwelchen dunklen Ecken sprangen. Sie wusste instinktiv, an welchen Tisch am Glühweinstand man sich stellen musste, um am wenigsten von dem Lärm abzubekommen. Dort standen sie nun und nippten an heißen Tonkrügen.

Anzu Mazaki plapperte. Kaiba lauschte ihr. Vielleicht würde sie die Geheimnisse des Wichtelns ausspucken, ohne dass er ihr einen zweiten Glühwein spendieren musste...?

"Es war diesmal HÖLLE, meinen Wichtelpartner zu tauschen," sagte sie unbekümmert, als würde ihr Leben ihn was angehen. "ich hab erst Kawasaki gezogen, den dann gegen Murakami eingetauscht, dann hab ich von Joey für Murakami Miho bekommen, und die konnte ich dann endlich bei Honda gegen Yuugi tauschen. Ich weiß halt am besten, was Yuugi toll findet, und ich..."

Kaibas feine Augenbrauen zogen sich zusammen. "Du hast mir verschwiegen, dass man tauschen kann. Das bedeutet, du hast den Wettbewerb behindert...!" Er hielt inne.

"Du bist schlau," stellte er fest. "Kawasaki gegen deinen Freund zu tauschen..."

Anzu prustete in ihren Glühwein. "D-das...Yuugi ist nicht mein Freund," protestierte sie, als habe er ihr gegens Schienbein getreten, während Röte ihr Gesicht überflutete, "wir kennen uns nur schon sehr lange und..."

Kaiba schnaubte. "Klar," spottete er. Für wen hielt sie ihn denn? "Du kannst vielleicht alle anderen verarschen, aber mich nicht. Du bist verknallt in ihn, oder nicht?"

Sie hielt abrupt den Mund und starrte in den halbleeren Becher auf der billigen Plastiktischdecke. Mist. Er hatte ihren Redefluss abgeschnitten...!

"Willst du sehn, wen ich habe?" fragte er schließlich mürrisch. Er musste hier weiterkommen mit der Kleinen.

Das schien sie effektiv abzulenken. Die Röte verkrümelte sich wieder. "Sicher."

Er holte das Papierknöllchen raus und zeigte es ihr. Sie sah kurz hin und lachte.

"Ach du liebe Scheiße!"

"Du sagst es."

Sie hob die Augenbraue. "Und? Wie kommst du voran?"

Sofort wurde Kaibas Miene verschlossen. Oder vielmehr verschlossener als ohnehin schon. Er konnte keine Niederlagen zugeben. "Ich arbeite daran. Ich war dabei, meine Möglichkeiten durchzugehen, als du mich unterbrochen hast."

"Du hast ausgehen wie ein erschrockenes Kaninchen..."

"Habe ich nicht. Ich erwäge meine Möglichkeiten sorgfältig."

"Aber in einer halben Stunde macht die Mall zu, Kaiba."

Scheiße.

Er starrte sie an.

"SEHR clever, Mazaki," fauchte er. "Und nun entschuldige mich. Ich muss Zeit aufholen."

Das Miststück. Lockte ihn hier an diesen Saufstand, damit er seine Zeit verplemperte und das Wichteln verlor. Damit SIE Champion wurde. Gerissen.

"Kaiba, warte."

Da war schon wieder diese Hand an seinem Arm. Anzu Mazaki fasste gerne Leute an. Selbst ihn. Das war doch krank.

"Lass dir wenigstens nen Tipp geben von einer, die sich auskennt...- "

"Ich brauche keine T... - "

Sie ließ ihn nicht los. Stattdessen neigte sie sich zu ihm vor, als wolle sie ihn verraten, wie man am besten ins Pentagon einsteigen konnte oder ähnliches.

"Wichteln, Kaiba," stieß sie dann bedeutsam hervor, "Wichteln ist KRIEG. Verstehst du mich?"

Er lehnte sich interessiert vor. Endlich kamen sie der Sache näher. "So?"

Sie nickte. Wieder schlich dieser erheiterte Schatten über ihr Gesicht, als würde sie sich über ihn amüsieren...nur, dass das natürlich unmöglich war.

"Du musst deinen Wichtelpartner wie einen Feind betrachten," fuhr sie verschwörerisch fort.

Das konnte er. Damit hatte er Erfahrungen. Immer gebannter lauschte er ihr.

"Was ist das wichtigste an deinem Feind...? Du musst ihn kennen. Genau kennen."

"Danke, Anzu, ich habe auch Machiavelli gelesen," knurrte er. Na schön, er war irgendwo bei Kapitel zwei. Er hatte einfach keine Zeit zum Lesen.

"So? Ich nicht. Wie auch immer. Also, du musst dich in ihn reinfühlen....was sind seine Schwächen? Womit macht man ihn schwach?"

Kaiba begann, düster zu lächeln. So ging es. So konnte er es verstehen. Ein Wichtelpartner war nichts anderes als ein Rivale, in dessen Hirn man eindringen musste. Wie bei einer Partie Duel Monsters. Wie bei einer feindlichen Firmenübernahme.

Er wusste nun, wie er an die Sache rangehen musste.

"Mit dieser Weisheit," schloss sie, "muss es eigentlich klappen. Ich war nun lange Zeit im Wichteln ungeschlagen. Aber es wird Zeit, mein Wissen weiterzugeben."

"Anzu - machst du dich über mich lustig?"

"Niemals. Man macht keine Scherze übers Wichteln. Und nun schnapp sie dir, Wichtelchampion."

Mit einem letzten Klopfen auf seine Schulter war sie wieder im Getümmel verschwunden.

***

"Ich bekomm doch sowieso wieder Schrott," verkündete am nächsten Tag ein mürrischer Joey der mehr als desinteressierten Klasse, "ich bekomme doch IMMER Schrott."

Kaiba beobachtete, wie der Blonde sich selbstmitleidig durchs Haar fuhr. Kein Wunder, dass er mit der Einstellung keinen Fuß auf den Boden kriegte...!

"Ich fand meinen Nägelklipper letztes Mal ne prima Idee," knurrte Honda beleidigt.

Anzu Mazaki, die den Korb mit Geschenken balancierte, lächelte auf ihre bizarr glückliche, engelsgleiche Weise.

"Joey, der Sinn der Wichtelns liegt darin, sich gegenseitig mit lieben Kleinigkeiten zu überraschen, nicht das beste Geschenk zu bekommen. Es geht nicht ums Gewinnen. Yuugi, hier ist deins," flötete sie.

Bei dem vorletzten Satz zwinkerte sie Kaiba zu. Das Mädel war doch nicht zu retten. Yuugi, Honda und Joey folgten dem Blickwechsel irritiert, bevor Yuugi daranging, sein Päckchen aufzufummeln.

Kaiba lehnte sich kaum merklich vor. Er wollte doch sehen, was die kleine Wichtelmeisterin zustande brachte.

"Pokemon-Socken...? Wow. Danke, Miho." krächzte Yuugi und erwiderte Pikachus gedruckten Blick leicht entsetzt. Das blonde Mädchen in der letzten Reihe errötete.

...Miho?! Socken?!

Kaiba fuhr herum, um Anzu Mazaki einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen, aber diese schwebte nur durch den Raum und ließ Päckchen in verschiedene Hände fallen. Schließlich auch in seine. Dabei schenkte sie ihm das selbe gütige Christkind-Lächeln, mit dem sie alle bedachte, und ließ sich nichts anmerken. Oh, das machte ihr Spaß. Das Mädchen war teuflisch.

Ohne Interesse riss Kaiba das knallbunte Papier auf.

Es enthielt "Der Fürst" von Machiavelli als Hörbuch, und einen dicht beschriebenen Zettel.

Kaiba,

ich muss zugeben, dass ich keinen Plan hatte was ich dir schenken sollte, bis du mir in der Passage begegnet bist. Aber man muss nur hinhören können.

Du kannst sie im Auto hören und verlierst keine Zeit und lernst was. Ich bin sicher, dass du meine Ratschläge beherzigt hast. Und noch einen weiteren siehst du hier.

Manchmal bringt Lügen einen weiter, wenn der andere denkt, dass man was anderes vorhat. Frohe Weihnachten. Anzu.

Diese...!

Kaiba zerknüllte das Papier mit einem leisen Fauchen. Hanasaki neben ihm warf ihm einen verängstigten Blick zu, aber in diesem Moment wurden sie alle von einem begeisterten Japsen abgelenkt.

"WOW!" Joey hielt sein Wichtelgeschenk gegen das Licht der Schullampe und betrachtete es verliebt, als wäre er nicht sicher, ob es echt war.

"Das...das ist ein rarer Druck vom Schwarzen Rotaugendrachen! Aus der Edition von 1997! Die sind voll selten und...!"

In dem Moment fiel dem Blonden das kleine, vorgedruckte Etikett auf, das lose aus dem zerrissenen Papier baumelte. Seine braunen Augen wurden riesengroß. "Das...also...ich weiß nicht...was ich...

Er wandte sich dem CEO zu. Wenn man die Freude über ein Geschenk an der Röte im Gesicht messen konnte und bedachte, dass Joey die röteste Birne im kompletten Klassenzimmer hatte, konnte Kaiba zufrieden sein.

"Also...danke Kaiba." hustete aus Bonkotsu raus.

Kaiba war zufrieden.

In einer entfernten Nische des Klassenzimmers beugte sich Yuugi zu Anzu rüber und raunte: "Wie zum Geier hast du SETO KAIBA davon überzeugt, beim Wichteln mitzumachen?!"

Anzu musste Grinsen, während sie das geschmacklose knatschbunte Top von Joey zusammenlegte. "Ich denke, man muss einfach eine Sprache finden, die er versteht," sagte sie.

Dann lehnte sie sich vor, fand Kaibas Ohr, und flüsterte: "Gratuliere. Gewonnen."

yugioh, one shot, 2005, german, gen, humour

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