Herz/Bruch

Apr 04, 2010 03:00

Fandom: YuGiOh
Characters: Seto Kaiba/Joey Wheeler, Mokuba Kaiba/Rebecca Hawkins
Genre: Darkfic, angst
Warnings: Rape


Die Zeit heilt alle Wunder
Wenn du sie gut verschnürst
Bind nur die Stelle gut ab
Bis du es gar nicht mehr spürst
Du weißt ein Feuer geht aus
Wenn du es länger nicht schürst
Und du weißt dass du besser
An alte Wunder nicht rührst
Wir Sind Helden

REBECCA

"DAS ist dein Freund?!" wiederholen die Leute, die mich kennen, immer wieder. Als könne es sich dabei nur um ein blödes Missverständnis handeln. Oder als wäre es etwas, wofür ich mich entschuldigen müsste.

Am liebsten würde ich ihnen zustimmen: "Verrückt, stimmt's?" Schließlich waren das meine Freunde - wem hätte ich mich sonst anvertrauen sollen?

Aber das tut man nicht, wenn man einen Menschen liebt. Stattdessen lächle ich verträumt und bestätige immer nur: "Doch - das ist mein Freund." Als wäre nichts dabei.

Nach außen hin klappt alles wunderbar mit uns. Wir sind das niedlichste Paar auf dem Campus. Mitstudenten und selbst Dozenten bleiben für einen Moment stehen, um zu lächeln und uns süß zu finden, als seien wir zwei schnäbelnde Wellensittiche.

Wir sind beide eher klein - keiner von uns kommt an das oberste Regal im Schließfach ran - und sehen beide aus, als hätten wir uns vom Schulhof auf den Campus verlaufen.

Mein Freund ist schön und intelligent, und ich bin nur intelligent, aber dafür bin ich lustiger. Wir werden auf alle Parties eingeladen. Wir tragen die richtigen Klamotten, wir haben den richtigen Musikgeschmack. Wir sind ein tolles Gespann. So von Außen betrachtet.

Wie es halt so ist, wenn man Menschen nicht wirklich sagt, wie man sich fühlt. Und davon versteh ich so einiges, denn mein Freund war und ist in diesem Bereich Spezialist.

Das wusste ich, weil ich es natürlich versucht hatte. Ich fragte ihn, als wir etwa drei Monate zusammen waren.

Natürlich hatte ich mich das schon am ersten Abend gefragt, aber ein Blick in die dunklen, ehemals lavendelfarbenen Augen meines Freundes hatten mir verraten, dass ich die Frage erst einmal bis auf Weiteres verschlucken und sie für später aufheben sollte.

Aber nach drei Monaten war es soweit, zumindest dachte ich das. Wir hatten all den wesentlichen Kram schon hinter uns: den ersten Kuss, das erste Mal zusammen kochen, das erste Mal mit den Freunden des anderen (also in dem Fall meinen, denn mein Freund hatte keine) ausgehen, den ersten richtigen Streit, das erste Mal Vögeln (und es hatte sogar funktioniert!).

Und ich dachte, wenn ich es nun nicht frage, oute ich mich als blöd - oder feige.

Es half, dass ich ihm nicht ins Gesicht sehen musste dabei. Wir lagen in seinem zerwühlten Bett, und er lag hinter mir, die Arme irgendwie um meinen Bauch gelegt, das Kinn in meinem Nacken, der Atem leise und regelmäßig. Die Grundatmosphäre - das weiß ich noch! - war für unsere Verhältnisse wirklich klasse. Und dann hab ich sie kaputtgemacht.

"Mokuba," fragte ich ihn schließlich - leise, mit Respekt, und so, dass er es überhören konnte, wenn er wollte - "Was ist mit dir und deinem Bruder damals passiert?"

Er überhörte es nicht, das merkte ich an der Art, wie sein Körper in meinem Rücken stocksteif wurde und sein ruhiger Atem aussetzte.

Als er sprach, wusste ich sofort, dass die Sache danebenging. Normalerweise, wenn er mit mir redete, war mein Freund besonders höflich, besonders zart, besonders liebevoll. Fast wie ein Schauspieler, der die Szene so wirklich toll hinlegen will.

Als wollte er beweisen, dass er nicht verrückt und unberechenbar war, trotz der Nächte, die er nicht durchschlafen konnte, trotz der Nächte, in denen ich aufwachte und feststellte, dass mein Freund hektisch und ohne Ziel durch unsere Studentenbude flatterte, mit aufgerissenen Augen in denen das Leben fehlte. Als wollte er beweisen, dass er als liebender Mensch irgendwie brauchbar war.

Ich fragte mich, wann er begreifen würde, dass mir das gleichgültig war.

Er sagte nur einen Satz, und er sagte ihn in diesem harten, unbelebten Ton, der mich daran erinnerte, wie furchtbar weit er von allen anderen Menschen entfernt war, einschließlich mir.

"Ich werde nicht mit dir darüber reden," sagte er kalt. Das war eine sachliche und absolute Absage.

Ich schluckte ziemlich laut. Wer es nicht erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, wie es ist, eine Absage von Mokuba Kaiba zu erhalten, aber ich kann versichern, es schneidet einem ins Fleisch bis auf den Knochen.

Dann liegt er hinter mir wie tot. Ich spüre seinen Atem nicht einmal mehr. Als hätte mein unverschämter Vorstoß in sein Leben ihn umgebracht.

Ich hatte mich schon in Mokuba Kaiba verknallt, als wir uns das zweite Mal begegneten. Beim ersten Mal noch nicht. Da hatte ich keine Zeit, denn ich war viel zu beschäftigt damit, Yugi Mûto in den Arsch zu treten, meine erste Große Liebe. Als wir uns zum zweiten Mal trafen, hatte ich Yugi Mûto - mit Anzu Mazakis tatkräftiger Hilfe - schon abgeschrieben.

Ich bemerkte zum ersten Mal, dass Mokuba Kaiba überhaupt existierte, und in dem Moment, als ich das merkte, war ich schon verliebt.

Es tat viel weniger weh, als in Yugi verliebt zu sein, muss ich zugeben. Denn wenn man sich in einen Kaiba verliebt, ist das so, als würde man sich in ein Gesicht im Kino oder ein Portrait in der Gemälde-Galerie verlieben: Man liebt etwas, von dem man schon weiß, dass man es nie bekommen wird.

Ihr könnt euch den Schock überhaupt nicht vorstellen, als ich merkte, dass das nicht so ist. Aber das kam später.

Ich hatte mich also schon einmal in ihn verknallt, und es war angenehm. Ich schwärmte für ihn, und er merkte es nicht, denn für Mokuba existierte sowieso kein anderer Mensch neben seinem Bruder. Damals.

Wir hatten alle zusammen - Kaiba eher unmotiviert, na schön, aber er war halt dabei - die DOOM-Organisation bekämpft, und wie alle, die ihnen begegnen, war ich vollkommen hingerissen von der Liebe, Treue und Hingabe, die die beiden Brüder miteinander teilten.

Ich werde nie den Ausdruck auf Mokubas Gesicht vergessen, wenn er zu seinem Bruder aufsah - und das tat er eigentlich immer - mit diesen leuchtenden, lavendelfarbenen, warmen, vertrauensvollen Augen.

Es wirkte, als könnte kein Staubkorn, kein Atom mehr zwischen die beiden passen, so nah waren sie sich. Und bei Menschen, die allen anderen so fern sind, soll das was heißen.

Heute sind seine Augen nicht mehr leuchtend lavendelfarben, sondern dunkel und ausdruckslos wie verdreckte, absterbende Seen. Mit den Überresten von dem, was Mokuba damals war, liege ich nun im Bett, und ich versteh immer noch nicht, was in der Zeit dazwischen passiert ist.

Wenn ich wüsste, dass er sich mit deinem Bruder zerstritten hätte - ob sein Bruder ihm irgendwas angetan hätte - wenn er erzählt hätte, dass er ihn nie wieder sehen wollte, dann hätte ich das verstanden. Ich mochte Seto Kaiba nicht, ich mochte ihn nie, ich traute ihm nicht.

Als ich noch ein kleines Mädchen war, nannte man mich ein Wunderkind, so wie ihn. Und wenn ich sah, wofür Seto Kaiba seinen überlegenen Verstand benutzte - wie er mit seinem hohen IQ umging - ohne Liebe, ohne Ideale, lief es mir kalt den Rücken runter.

Mein Opa hatte mich mit Respekt vor dem menschlichen Intellekt erzogen. Zu sehen, was unter der falschen Anleitung aus Seto Kaibas Intellekt entstanden war - es erschreckte mich.

Aber das seltsame war - als wir uns dieses dritte Mal in unserem Leben wiedertrafen, verhielt Mokuba sich, als hätte ein älterer Bruder namens Seto Kaiba nie existiert.

Und es war mehr, als dass er nie über seinen Bruder sprach. Es war, als hätte Domino nie existiert. Als hätte die erste Hälfte seines Lebens nicht existiert. Man konnte mit ihm reden - über Computer am liebsten, über Musik, übers Studium oder meinetwegen über Weltpolitik und das nächste Essen in der Cantina - so lange man kein Wort über etwas verlor, was mit diesem blinden Punkt seines Lebens zu tun hatte.

Es war, als hätte er diesen Teil seines Lebens mit einer Schere säuberlich aus sich herausgetrennt. Und zwar komplett.

Das war schrecklich für mich. Ich wollte ihn kennen lernen. Und ich kannte ihn eben nur, weil ich Yugi Mûto kannte, der die zweifelhafte Ehre hatte, Seto Kaiba zu kennen. Das war unser Verbindungspunkt, und ich konnte nicht darüber reden. Inzwischen hatte es sich verbessert: wir lebten zusammen, wir hatten ein Leben zusammen. Und damit eine Menge neuen Kram, über den wir sprechen konnten.

Bei meinen seltenen Besuchen in Domino weigerten sich die anderen, über die Sache mit den Kaibas zu reden. Yugi, mit dem man sonst wirklich über alles sprechen konnte, schüttelte nur blass den Kopf und presste die Lippen aufeinander. Die anderen wechselten einfach das Thema.

Seto Kaiba selbst hatte, nach allem was ich wusste, aufgehört, überhaupt mit irgendwem zu sprechen.

Mittlerweile war ich aber Ewigkeiten nicht mehr dort. Yugi liebte ich, als Freund, aber Yugi bedeutete immer auch Pharao. Und der Pharao wurde nicht wirklich warm mit mir, und ich mit ihm auch nicht. Es war nicht besonders nützlich, dass ich aus meinem Privatleben ein Rätsel machen musste und die Identität meines Freundes nicht enthüllen konnte. Ich konnte keine romantischen Fotos zeigen, außer ich hätte Mokubas Gesicht rausgeschnitten, und dann wären sie nicht mehr besonders romantisch. Dieser Bereich meines Lebens musste eben unter der Decke bleiben.

Ich schätze, die in Domino denken inzwischen, ich hab mir'n Freund ausgedacht.

Er rührte sich nicht hinter mir, und ich spürte, wie der Mann von mir forttrieb. Ich hätte nichts sagen sollen. Ich fühlte mich so dämlich. Für manche Sachen kommt der Zeitpunkt einfach nie.

"Ich liebe dich," sagte ich rasch. Etwas zu ängstlich für meinen Geschmack. Das letzte, was mein seltsamer Freund braucht, ist eine sentimentale Kuh, die sich an ihn klammert. Aber abgesehen davon ist das einfach die Wahrheit: ich liebe ihn halt.

Er stöhnte, der starre Körper hinter mir wurde wieder etwas weicher, und seine Arme zogen mich näher. "....liebe dich auch," murmelte er. Er sagt das immer mit Vorsicht, weil er immer noch nicht weiß, was das denn bedeuten soll.

Denn Mokuba, auch wenn er es verbergen möchte, kennt nur eine Sorte Liebe, und das ist Seto Kaibas Liebe.

Und irgendwas - auch wenn ich immer noch nicht weiß, was - scheint damit nicht zu stimmen.

Aber ich weiß, dass er sich viel Mühe macht, am Leben teilzunehmen, obwohl er manchmal am liebsten schreiend davor davonlaufen würde. Und ich weiß auch, dass ich zumindest einer der Gründe bin, warum er das überhaupt versucht.

Seine warmen Arme, in die er mich zieht, sind echt. Und auch das Gefühl des Friedens, das sich ausbreitet, wenn wir einschlafen, ist echt. Trotz seiner Probleme mit dem Wörtchen Liebe findet er etwas bei mir, das neu für ihn ist. Und das reicht. Ich liebe ihn eben. Was soll ich machen.

Am nächsten Morgen, beim Frühstück, machte er mir ein kleines Zugeständnis. Es ist der routinierte Mittwochmorgen, so wie wir ihn seit Monaten kennen: ich halb zur Tür raus, zu meinem ersten Seminar, mein Liebster im Bett, denn er hat frei, aber das Notebook schnurrt schon auf seinem Schoss.

Ich war kurz davor, aus der Tür zu schießen - ich bin eine von diesen pünktlichen Personen - als er von seinem Kaffee aufsah und es sagte.

Mokuba sah mich freundlich an. Der Blick ungewohnt offen. Er lud mich ein, ihn beim Gefühle haben zu beobachten. Für einen Kaiba, muss man wissen, ist das viel.

"Domino," sagte er höflich, aber ernst, und es ist das allererste Mal, dass ich dieses Wort aus seinem Mund hörte, "Domino ist auf meiner Karte mit dicken, roten Streifen durchgestrichen. Das ist alles, was ich sagen kann. Und es muss auch so bleiben. Es muss einfach. Ich weiß nicht, was sonst passiert."

Er wandte sich wieder seinen Programmen zu und ist wohl stolz auf sich. Ich höre das tippeln seiner flinken Hände.

"Und nun hab einen schönen Morgen, Liebe."

***

JOEY

Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man nur mal kurz raus muss, um in Ruhe zu Pissen, und dann kommt man wieder und Seto Kaiba liegt im Bett und heult.

Glaubt mir - keiner, der das nicht erlebt hat, kann sich vorstellen, wie schrecklich das is.

Manche Menschen heulen viel. Meine Schwester Shizuka, zum Beispiel. Ich liebe sie, und sie kann schon ein echt flottes Mädel sein, aber sie ist das reinste Wasserwerk. Und auch mein bester Freund, Yugi, löst sich hin und wieder mal auf. Und soll ich ehrlich sein...? Ich bin ein gefühlsduseliger Mensch. Ich flenn auch immer wieder mit Freude.

Leute, die viel weinen, befreien sich dabei von etwas. Sie lösen sich in Tränen auf, und dann basteln sie sich wieder zusammen.

Bei Seto Kaiba aber ist das anders. Wenn er weint, ist es, als täte er etwas, das gegen seine Natur ist. Das ihm Gewalt antut. Ich kann's nicht leiden, wenn etwas meinem Koibito Gewalt antut. Und dummerweise ist es nicht das erste Mal, dass ich es mitansehe.

Er hört sich an, als würde er ersticken. Wirklich, als würde ihm langsam die Luft aus den Lungen rausgequetscht, während er noch versucht, zu schreien.

Die lange, schlanke Form in der prachtvollen Seidenbettwäsche zuckt und krampft sich zusammen. Ich seh nur zitternde Schultern und höre diesen schrecklichen, unmenschlichen Klagelaut. Sein Gesicht sehe ich nicht. Und ich bin recht froh darüber.

Worte reichen nicht aus, um zu beschreiben, wie Seto Kaibas Gesicht aussieht, wenn er heult.

Ich lasse die Arme hilflos hängen und seh, schätz ich, ziemlich dumm aus.

Ich hab uns auf der Rücktour vom Klo noch zwei Dosen kühles Bier besorgt. Er behauptet immer, dass ihm das inzwischen schmeckt, auch wenn er immer so komisch die Nase kräuselt, wenn er trinkt. Aber ich weiß, dass es ihm Spaß macht, sich schlecht zu benehmen und mit mir im Bett ein Bier zu trinken, also hielt ich es für ne tolle Idee.

Damit konnte ich doch nicht rechnen, Mann!

Es ist nicht so, dass es zum ersten Mal passiert. Aber die letzten Monate waren ok. Ich dachte schon, er hätte es überwunden...

Aber das war natürlich dämlich von mir. Manche Sachen überwindet man nicht.

So ist das nämlich, mit Seto und mir. Wir ficken wirklich schön zusammen, und inzwischen reden wir auch zusammen, und manchmal tritt er sich sogar in den Arsch und begibt sich mit mir vor die Tür. Geht mit mir Gassi, könnte man sagen. Dann trinken wir was, oder besuchen Yugi, oder er setzt sich mit mir in ein Kino und freut sich, dass ich mich freue, denn ihm selbst sind Filme echt scheißegal.

Aber wenn diese Momente kommen - ich nenne sie Mokuba-Momente, das ist zwar blöd, trifft es aber ziemlich - dann bin ich darin nicht enthalten.

Dabei kenn ich doch die Geschichte. Er könnte doch mit mir....aber nein. Reden? Wie soll man über so eine Scheiße schon reden?

Ich steh also rum und seh zu wie mein seltsamer Freund sich - sozusagen - selbst erdrosselt. So klingt es zumindest. Und ich weiß, ich hab hier nix mehr zu suchen.

Und ich hasse es, dass es so ist, aber so ist es nun mal.

"S-soll ich abhauen?" überwinde ich mich schließlich, zu fragen. Ich trau mich kaum, auf meine Anwesenheit hinzuweisen.

Mein Freund reagiert nicht auf mich. Er ist schon zu...hinüber.

Halb bin ich schon auf dem Teppich, um meine wie immer durch den Raum verstreuten Klamotten aufzulesen. Da durchzuckt mich ein Gedanke: Ich sollte bleiben.

Gleich darauf der zweite: Klar. Und dann bringt er mich um.

Ich liebe meinen Freund. Aber ich will das nicht wirklich sehen. Und ich denk auch nicht, dass er will, dass einer dieses Elend sieht. Auch sein Fickfreund nicht.

Ich kann ihm sowieso nicht helfen! Er muss damit weiterleben, was er damals tat. Ich könnte das nicht, denk ich, aber er hat sich dafür entschieden, und er muss es vor sich selbst erklären.

Ich hab ihm verziehen. Ist zwar schwach, aber ich hab ihm verziehen. Und Mokuba - wo immer der ist - wird ihm nie verzeihen. Wird nie wieder mit ihm sprechen. Das sind die Tatsachen.

Wenn er trotzdem weiterleben will, muss er den Rest mit sich ausmachen.

Unentschlossen steh ich da, meine ausgebleichte Hose schon in der Hand. Andererseits, es ist so ne Art Chance. Die Chance, Seto nah zu sein, ohne dass...er was ich mich reinsteckt oder ich was in ihn reinstecke.

Und ich habe ihm eben verziehen. Ich hab mich freiwillig für den Mist hier hergegeben. Und nun zu verschwinden...wäre, deutlich ausgedrückt, es wäre den Schwanz einziehen.

Ich nähere mich der einsamen Form im Bett mir Vorsicht. Bloß keine schnellen Bewegungen. Ich umschließe die harten Muskeln an den Armen und Schultern - immer wieder verblüfft's mich, wie stark mein verstörtes Genie ist - und drücke ihn ein bisschen an mich und wiege ihn. Das mach ich auch mit meiner Schwester so, wenn sie heult. Aber meine Schwester könnte mir nicht mit zwei Handbewegungen den Kiefer brechen.

Er lässt es zu - lässt es eigentlich mehr als nur zu. Genaugenommen packen mich zwei Arme, und reißen mich an nackte Haut, und ich spüre die Nässe von Tränen an meiner Wange. Wir liegen zusammen da, zwei ziemlich starke Männer, die sich wie hilfesuchende Kinder aneinander pressen.

Und ich höre meinem seltsamen Freund zu, wie er diese schrecklichen Geräusche macht. Sein Gesicht seh ich nicht, und ich schätze, ihm ist das lieber so. Und mir auch. Es bricht mir das Herz.

Nach etwa zwei Minuten flenne ich selbst aus allen Rohren, wenn auch aus anderen Gründen. Seto weint um Mokuba, und ich weine um Seto, und so vergehen die nächsten Stunden bis zum Morgengrauen. Wir drücken uns aneinander wie zwei Ertrinkende. Es ist alles total schrecklich und zur selben Zeit ist es furchtbar schön, dass ich in diesem Moment dabei sein kann.

Und wie immer, wenn ich merk, dass wir inzwischen nicht mehr nur ficken, bekomm ich etwas Angst. Aber es ist ok.

Irgendwann fällt ein kleiner Strahl Sonne durch ein Fenster, dessen Vorhänge mal nicht perfekt zugezogen sind. In Seto Kaibas schrecklich leerem Haus sind eigentlich alle Vorhänge immer zugezogen, und die einzigen lauteren Geräusche, die man hier mal hört, stammen von mir.

In dem schmalen Lichtfleck sehe ich Setos Gesicht, das sich mir zuwendet. Ich unterdrücke einen Schmerzensschrei, als ich die rote aufgequollene Haut sehe. Wow. Wenn er heult, dann wirklich.

Ich bekomme einen seltsamen Blick ab. Keinen liebevollen Blick, keinen abweisenden Blick. Eigentlich ist es nur...ein Blick, eben. Der mir sagt, dass ich da bin. Und dass er das weiß.

Er schluckt einige Male, und seine wunde Nase ist zu. Einen Moment erinnere ich mich, wie er früher vor uns rumstolziert ist - bevor das alles passierte - und frage mich, in was für nem komischen Film ich hier eigentlich bin. Manchmal fühl ich mich wie ein Statist, der immer nur so am Rand rumgelaufen ist und plötzlich in eine Hauptrolle katapultiert wurde.

Weil eine andere Hauptrolle ausgefallen ist. Is klar.

Trotzdem streichle ich das zerriebene Gesicht, denn ich liebe dieses Gesicht, und ich bin irgendwie froh, dass ich es wieder angucken kann. Dazu lächle ich wie ein Idiot. Aber aus irgendwelchen Gründen scheint es das zu sein, was er braucht.

Er stützt sich mit einer Hand auf und scannt mein Gesicht sorgfältig mit ausdruckslosen eisblauen Augen. Auf seiner eigenen Miene ist - unglaublich, aber wahr - keine Spur mehr vom Schmerz der letzten Nacht zu lesen. Also, vom Ausdruck her mein ich. Knallrot und verheult ist es immer noch.

"Inu," sagt er schließlich trocken, "du heulst wie ein Mädchen."

Und wieder hat er es vollbracht, einen potentiell gefühlsmäßigen Moment zwischen uns in das übliche Geplänkel umzuwandeln. Das kränkt mich. Aber es erleichtert mich auch. Gefühle kann ich eigentlich, aber nicht mit Seto Kaiba.

Ich schnaube, richte mich auf und murkse meine Zigaretten aus der Brusttasche. Praktischerweise ist mein Mantel in der Nähe des Nachttisches runtergekommen. "Und du heulst wie ein Lurch, der sich in einem Blecheimer ertränkt," erwidere ich ebenso nüchtern. "Würde sagen, das isn Ausgleich, oder?"

Er lacht kurz und hart, und ich zünde mir die Kippe an.

Das ist noch so eine Sache. Seto hasst Qualm, was nicht weiter erstaunt, wenn man an Gozaburo und seine fetten Cohibas denkt. Ich hab mir nie eine angesteckt, wenn er im Zimmer war. Das war bei unseren 10-Stunden-Sex-Marathons manchmal nicht leicht. Irgendwann dann hab ich mir dann ne Kippe angezündet, ohne drüber nachzudenken. Und eine Sekunde später den Kopf eingezogen, weil ich dachte, nun hab ich absolut eine Sitzen.

Aber er hat nicht einmal etwas gesagt.

Als ich beim nächsten Mal wiederkam, stand neben dem Bett auf dem Nachttisch ein kleiner, schwerer Protzaschenbecher aus Marmor. Er hat das KC-Monogramm und stammt wahrscheinlich aus Gozaburo Kaibas Besitz. Dieser Aschenbecher steht meinetwegen da, und nur meinetwegen. Seitdem rauche ich in Setos Bett, und er sieht mir dabei zu.

So wie auch dieses Mal. Sein fahles Gesicht ist unbelebt. Als wäre das Weinen so eine Art Sturm, und nun hat sich alles zurückgezogen und nur eine leere, klare Fläche hinterlassen. Er hat eine Hand in seinem brünetten Haar und stützt sich auf.

"Verlierst du nicht Kunden, während du hier rumhängst...?" fragt er mich spöttisch. "Verpeilst du nicht deine eigene Frühschicht?"

Ich zucke die Schultern. "Ich bin mein eigener Boss. Wenn ich zu spät komme, kann mir keiner in den Arsch treten außer mir selbst."

Er lacht leise. "Ich freu mich schon drauf, wenn du dich selbst feuerst," Aber es klingt überhaupt nicht herablassend.

"Der Laden bleibt zu, wenn ich Bock darauf habe. Und außerdem," ich hebe den Finger, um diesen Punkt zu unterstreichen, "außerdem hänge ich hier nicht rum. Ich kümmere mich um dich."

Ein Grinsen auf dem ausgezehrten Gesicht. "So, du...kümmerst...dich also um mich?"

"Willst du mich loswerden, Seto Kaiba?!" fauche ich an der Kippe vorbei.

Früher habe ich ihn aus Wut und Abscheu angepöbelt, heute tu ich es nur noch aus Angst. Angst davor, festzustellen, dass ich doch nichts anderes bin als ein billiger Lückenfüller. Nichts anderes als der Hund, der bei schlechtem Wetter ins Bett darf und wieder brav ins Hundehüttchen kommt, wenn die Sonne scheint.

Dass das alles, was wir haben - und es ist eigentlich nicht viel - nichts weiter ist als die Panik Seto Kaibas, vollkommen allein zu sein.

Meine Wut interessiert ihn überhaupt nicht. Seine Augen bleiben ohne Leben, aber er sieht mich direkt an, ohne eine Spur von Hohn oder Geringschätzung. "Keineswegs," sagt er leise.

Ich ziehe nervös an meiner Zigarette, und Seto Kaiba zieht mich mit den Augen aus. Das heißt, ich bin natürlich nackt, aber sein Blick versucht offensichtlich, mir auch noch die Haut abzustreifen. Als ich meinte, er scannt mich, meint ich das wörtlich.

Seto Kaiba scannt einen, bricht die Stirn auf und sieht sich den Schädel von Innen an.

Ich bin nur nicht sicher, was er da drin finden will.

Seto beißt sich selbst in die Lippe, irgendein Gedanke kreist in seinem Gehirn, ich weiß es. Schließlich fragt er, rasch und kühl, und seine Frage beschäftigt mich für einen Moment.

"Hab ich's dir eigentlich schon gezeigt?"

Ich starre ihn verblüfft an. So, wie wir zueinander stehen, kann das nur eins heißen, aber der Moment kommt mir so unpassend vor.

Wie...? Sex? Sofort?

Ich lächle einladend. Das mit der Seelenverwandschaft klappt wirklich nicht so toll, aber meinen Körper schenke ich ihm, so oft ich kann. "Du zeigst es mir doch dauernd," beteure ich, "Gestern bei mir im Getränkelager, auf meinem Tresen, in deiner Mittagspause, unter deinem Schreibt...-"

Thwack! Mein seltsamer Freund schnippt mir mit einem Finger gegen die Stirn, um mich zum Schweigen zu bringen.

Das macht er immer, wenn er mich eigentlich erwürgen möchte, aber es dann doch nicht tut. Seto Kaiba, muss man wissen, ist stark, aber bedient sich keiner körperlichen Gewalt mehr. Nicht mehr seit damals.

"Nicht DAS, Inu," knurrt er. "Mir schon klar, dass du daran denkst. Aber ich weiß, dass du DAS schon kennst."

Sein Blick wird noch kühler, und ich erkenne diesen Blick wieder. Er sieht mich an wie eine Sache. Letzte Woche hab ich ihn mitgenommen, als ich neue Spielautomaten eingekauft hab. Die hat er ebenso angesehen.

Seto Kaiba checkt mich durch.

Ich halte dem Check so lange stand wie ich kann, bis ich herausplatze: "Wasn!? Ich war WIRKLICH beim Friseur, die wachsen nur so schnell....!"

Er macht ein Geräusch, als wüsste er nicht, ob er über mich lachen oder mir den massiven Ascher an den Kopf zimmern soll. Es ist so ein Zwischen-Geräusch, wie Seto Kaiba es öfter macht, wenn er eigentlich lachen will und dann mittendrin feststellt, dass er das nicht kann.

Er schüttelt den Kopf und legt die schöne, hohe Stirn in Falten. Nicht über mich, eher über sich selbst, als könne er nicht so recht fassen, mit was er hier im Bett liegt.

"Na schön," brummt er dann, und wendet sich von mir ab. Na schön - was?!

Er dreht mir seinen kräftigen, ebenmäßigen Rücken zu und öffnet eine Schublade an seinem Nachttisch. Er blickt stumm hinein, als sei er selbst erschrocken darüber, was drin ist. Es vergeht todsicher mindestens eine Minute, bevor er sich wieder mir zuwendet.

Ich erkenne es sofort, als ich es sehe. Mein Magen stülpt sich über, und bevor ich's verhindern kann, ist so ein Krächzlaut aus mir entwichen.

Ich hab diesen Anhänger so verdammt lange nicht mehr gesehen.

Seto trägt seinen nicht mehr. Ich denke, er würde, aber er hat ihn aus Respekt vor Mokuba abgenommen.

Ich schlucke schwer. "Ist das deiner oder der von...-"

"Es ist nicht meiner," sagt Seto schnell, als wolle er verhindern, dass ich in seinem Zimmer diesen Namen sage. Klar, als ob ich das gewagt hätte.

Eigentlich sagt keiner mehr Mokubas Namen, seitdem. Alles, was daran klebt, ist hässlich und beschämend.

Er legt den Anhänger in meine Hand, und es ist so feierlich, so intim, dass ich am liebsten unter der Decke verschwunden wäre. Weil ich nicht weiß, was er von mir erwartet, folge ich einfach meiner eigenen Neugier.

Ki-tchack.

Da drin ist Seto, aber ein komplett anderer Seto. Kein Kaiba. Nur ein kleiner Kerl, der vor einem Schachbrett sitzt und den Fotografen mit matten Augen anlächelt. Oder so halb lächelt, weil ihm das Lächeln höchstwahrscheinlich schon vergangen ist.

Trotzdem. Dieses Kind - dieses kleine Kind mit dem brünetten Pilzkopf und dem schäbigen Pullover hätte...errettet werden können. Wenn es nicht so verdammt fest entschlossen gewesen wäre, in die schlechtesten Hände überhaupt zu fallen.

Dieser Anhänger hat mal zwei Brüdern ne Menge bedeutet, als alles noch anders war.

Ich könnte sofort wieder heulen.

Ein Räuspern bewahrt mich davor, mich auf der Stelle aufzulösen. Seto - der heutige Seto - sieht mich an, wie ich den früheren Seto anschaue.

Er hat einen zusammengefalteten Zettel in der Hand. Er wartet ab, bis meine Lippe nicht mehr zittert. Ich nehm mich zusammen. Etwas sagt mir, dass er es nicht begrüßen würde, wenn ich über sein einziges erhaltenes Kinderbild flenne.

"Als ich den Anhänger zurückbekam," sagt er seltsam schüchtern, "bekam ich auch das hier."

Er reicht mir das Stück Papier.

Seto sitzt mittlerweile im Schneidersitz auf dem Bett. Nachdem er den Zettel losgeworden ist, legte er die schmalen, feinnervigen Hände in den Schoß und sieht mich an.

Seine Augen sind für seine Verhältnisse riesengroß. Er sieht aus wie ein Kind, das zum ersten Mal seine Geheimnisbox für einen Spielkameraden aufmacht. Nur dass in seinem Fall da eben keine kleinen Autos und Bilder von nackten Weibern drin sind.

Ich falte den Zettel auf. Es ist ein Brief. Er ist überschrieben mit Seto, , ohne irgendeinen Zusatz. Er ist nicht so besonders lang, aber dicht beschrieben. Es ist eine irgendwie noch recht kindliche Schülerschrift, aber sehr sauber, als hätte der Schreiber ihn mehrmals abgeschrieben. Er hat kein Datum, aber ich weiß, dass er älter sein muss.

Es ist Mokubas Schrift.

Ich lasse den Brief aufs Bett fallen, als hätte ich einen 80-Volt-Hau abbekommen. Ich hüte mich, die Worte anzusehen, so dass sie einen Sinn für mich ergeben.

Ich bin nun wahrscheinlich die einzige Person auf Erden außer Seto und Mokuba Kaiba, die diesen Brief mal erblickt hat und weiß, dass er existiert, aber ich will das nicht sehen. Ich kann nicht.

Ich will nicht lesen, was Mokuba Seto zu sagen hatte, nachdem er ihrer beider Leben in einem Akt des Irrsinns ruiniert hat. Es kann nichts Gutes sein.

Seto lächelt müde. "Angst? Hatte ich auch beim ersten Mal, als ich ihn las."

Seiner Stimme entnehme ich, dass er ihn seitdem an die 1000 Male gelesen haben muss.

Er belauert meine Miene, und er sieht die Schwäche darin. Seine blauen Augen tasten verschiedene Punkte in meinem Gesicht ab. Schließlich befeuchtet er die schmalen Lippen.

"Dank deiner Unachtsamkeit ist das Bier inzwischen pisswarm. Ich werd's mal in den Kühlschrank bringen und sehen, ob ich was für uns zu essen finde."

Ich seh ihn verständnislos an. Erstens, er hat da Leute für, und zweitens, was kümmert ihn nun das Bier...?!

Aber ich bin schon länger mit Seto Kaiba zusammen, wisst ihr, und darum begreife ich dann doch.

Er lässt mich allein mit diesem Brief. Er will, dass ich ihn lese, er will, dass ich alles weiß. Ich schlucke schwer, als ich erkenne, was das bedeutet. Seto Kaiba will mich in seinen inneren Kreis aufnehmen, Einwohner: Seto Kaiba.

Ich bin kein Fickfreund mehr.

Zum Glück sitze ich. Mir werden die Knie weich. Seto erhebt sich vom Bett, hebt die Bierdosen auf und schwebt so, wie er ist - nämlich nackt bis auf eine Shorts - auf die Tür zu. Schöner Anblick. Ich beiße die Zähne zusammen und starre auf den Brief.

Ich versuche, mir vorzustellen, wie ein schwarzhaariger Teenager von 15 sich hinsetzt, um einen Brief an den Mann zu schreiben, der ihn erst seines Vertrauens beraubte und ihn dann ins Krankenhaus brachte, der ihn auf alle Arten verraten hat, auf die man einen Menschen nur verraten kann. In einer einzigen Nacht.

Ich versuche mir vorzustellen, wie Mokuba Kaiba diesen Brief an seinen Bruder, sein Vorbild, seinen Vergewaltiger schreibt. Ich schaff's nicht.

Also wickle ich mich in Setos schmeichelnde Decken und lese einfach.

Seto,
Ich weiß, was Du Dich fragst, und ich kann dir antworten: Ich hasse dich nicht.
Ich sollte wohl. Ich hab's auch versucht. Aber ich kann nicht. Wiedersehen werden wir uns trotzdem nicht. Ich denke aber auch nicht, dass Du das von mir erwartet hast.
Du sollst wissen, dass ich weiterleben werde, aber damit ich das kann, werde ich diese Stadt verlassen. Alles in dieser Stadt trägt Deinen Namen, und ich will diesen Namen nicht mehr. Du kannst ihn für Dich allein haben. Wie Du alles für Dich allein haben willst, auch mich.

Meine Anteile an der Kaiba Corporation kommen mit diesem Anhänger an Dich zurück.
Es ist eine tolle Firma, und Du kannst stolz auf sie sein.

Ich kann nicht mehr zurück zu dem, was wir mal waren. So, wie die Dinge nun sind, ist dieser Kettenanhänger eine Lüge, meine Anteile an der Firma sind eine Lüge, und uns Brüder zu nennen kommt mir auch nicht mehr echt vor.

Ich weiß, dass Du immer behauptet hast, Du hättest das eigentlich alles für mich errichtet. Nun musst Du Dir einen anderen Grund suchen, um weiterzumachen. Du wirst einen finden. Ich versuch's auch.

Mein Hals trocknet aus, als ich die nächsten Sätze lese. Niemand anderes als Seto Kaibas kleiner Bruder könnte solche Sätze in einen Brief schreiben, nehm ich an.

Ich weiß, dass Du mit dem Gedanken spielst, aber ich möchte Dich bitten, Dich nicht umzubringen. Das, was Du mir angetan hast, lässt sich nicht wiedergutmachen, und Dein Tod würde nichts ändern. Ich will Dich nie mehr hören und nie mehr sehen, aber ich wünsche Dir auch nicht den Tod. Du bist zu weit durchgekommen, es wäre schade um Dich.

Ich habe mit angesehen, was Du wurdest, ich respektiere es, aber ich will kein Teil davon mehr sein. Ich habe mir so lange vorgemacht, ich würde Dich retten... Aber inzwischen muss ich mich wohl selber retten.

Du wirst feststellen, dass ich nichts von Deinem Geld mitgenommen habe. Und nichts von dem, was Du von Deinem Geld für mich angeschafft hast. Nur ein paar Klamotten und meine Gewinne aus den Capmon-Turnieren. Es käme mir unehrlich vor, Deine Geschenke anzunehmen.

Ich habe nur eine einzige Bitte an Dich. Mir ist klar, dass Du mich mit Deinen Ortungscomputern in 5 Sekunden findest. Wenn Du mir wirklich noch einmal zeigen willst, dass Du mich respektierst, wenn du mir zeigen willst, dass ich Dir doch mehr wert war, als es am Ende aussah, dann suchst Du mich nicht.

Ich will Dich nicht wiedersehen. Ich schreibe das nur ein einziges Mal. Such mich nicht. Wenn Du mich findest und zurück zu Dir bringen lässt, machst Du alles kaputt, was noch da ist.

Ich liebte Dich, und ich habe Dich bewundert. Ich bewundere Dich noch immer für das, was Du mal warst. Ich werde mich immer an den Bruder erinnern, der mal mein Vorbild war, und ich werde ihn immer lieben.

Aber das ist vorbei. Ich hab nichts mehr, was Dir noch nützen könnte. Also lass mich frei. Bitte.

Mokuba.

Ich seh plötzlich nicht mehr sonderlich viel. Die Linien verschwimmen. Seto braucht verdammt lange, um zwei Dosen Bier in den Kühlschrank in seiner verlassenen, unbenutzten Küche zu stellen.

Vielleicht ist er auch nur, wie er es seitdem öfter macht, irgendwo im Flur stehengeblieben und starrt mit leeren Augen eine Wand an.

Schwer atmend lasse ich mich in die Kissen zurückfallen.

Es war dieses Bett. Dieses Bett hier. Hier war es.

Ich schließe die Augen, und mein Herz rast, als die Ereignisse dieses schrecklichen Sommers vor 4 Jahren zu mir zurückkommen. Die Wut, der Hass, die Raserei, der Wahnsinn. Mokubas Verschwinden.

Ich brauche eine Weile, bis ich merke, dass Seto in der Tür lehnt und mich ansieht. In seinem Gesicht kann ich so etwas wie Trauer ausmachen.

"Wenn du denkst, es ist das selbe Bett," liest er meine Gedanken, seine Stimme ist leise, "dann bist du wirklich ein Idiot. Ich habe es verschrotten lassen. Was denkst du denn...?"

yugioh, one shot, 2005, mokuba/rebecca, seto/joey, rape, darkfic, german, angst

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